Dienerin Gottes Magdalena von Österreich, Gründerin des Damenstifts Hall, + 10.9.1590 – Gedenktag: 10. September

 

Die Kirchengeschichte Tirols kennt keine dunklere Periode als das sechzehnte Jahrhundert. In den Städten wie auf dem Land fand die Irrlehre Eingang. Überall stoßen wir auf eine erschreckende Missachtung des Gottesdienstes und der Sakramente, auf willkürliche Neuerungen in kirchlichen Dingen und große Verbreitung neugläubiger Schriften, auf beispiellose Unmäßigkeit und nicht geringe sittliche Verirrungen. Das Schlimmste war, dass diejenigen, die berufen gewesen wären die Übel zu bessern, die Geistlichen, damals leider selbst der inneren Erneuerung sehr bedürftig und ihrer Aufgabe nicht gewachsen waren. Die Guten unter den Weltgeistlichen und in den Klöstern blieben in der Minderheit. Es war ein gewaltiges Stück Arbeit, das die wahre Reformation leisten musste, um aus dem Tirol des sechzehnten Jahrhunderts das spätere „heilige Land Tirol“ zu machen. Die allmählich erwachenden kirchlichen Vorstände, neugegründete Orden und die mit Entschiedenheit vorgehenden Landesfürsten wirkten zusammen, um von innen heraus eine Erneuerung herbeizuführen. Nicht geringen Anteil an dem Wiederaufbau katholischen Lebens hat die Erzherzogin von Österreich und geborene Königin von Böhmen und Ungarn, Magdalena, die Tochter Kaiser Ferdinands I. und seiner Gemahlin Anna von Ungarn. Im Stillen durch ihr beispielhaftes treukatholisches Leben, öffentlich durch unmittelbares Eingreifen in die religiösen Zeitfragen beförderte sie die Wiedererstarkung Tirols im katholischen Glauben.

 

In Innsbruck, wo Magdalena 1532 geboren wurde, erhielt sie eine fromme und sorgfältige Erziehung im Verein mit ihren jüngeren Schwestern. Neben der Frömmigkeit, Einfachheit und Zurückgezogenheit trat auch bald ihre wohltätige Gesinnung deutlich hervor, so dass die „Königinnen“ – so hießen damals die kaiserlichen Prinzessinnen – weit und breit bekannt und gerühmt wurden. Von besonders ausschlaggebender Bedeutung für die Geistesrichtung und das geistliche Leben der kaiserlichen Töchter wurde die Berufung der Jesuiten durch den Kaiser nach Innsbruck, wo sie als Prediger und Beichtväter einen segensreichen Einfluss entfalteten. Unter anderen kam auch der heilige Petrus Canisius wiederholt dorthin und hinterließ dauernden Eindruck. Die Väter konnten an ihren Ordensgeneral, den heiligen Franz Borgia, berichten, dass der ganze Hof durch das gute Beispiel der Prinzessinnen ein ganz anderes Aussehen bekommen habe, der Empfang der Sakramente blühe und man allgemein sage, der Hof sei beinahe einem Kloster ähnlich. So sehr hatte sich der Gedanke des religiösen Lebens vertieft, dass die Prinzessinnen Margaretha, Magdalena und Helena das Gelübde ewiger Jungfräulichkeit ablegten.

 

Den Gott so sehr ergebenen Königinnen genügte das zurückgezogene Leben am Hof allein nicht. Sie wollten die Welt ganz verlassen. Obwohl Erzherzog Ferdinand seine besonders zärtlich geliebte Schwester Magdalena nicht gerne scheiden sah, erreichte sie es doch, dass er für sie in Hall ein adeliges Damenstift errichtete. Härteren Kampf kostete es, vom Ordensgeneral Borgia die Zustimmung zu erwirken, dass die Jesuiten die geistliche Leitung des Frauenstiftes übernehmen durften, zu welchem Behuf ihnen in Hall ein Kollegium erbaut wurde. Im Jahr 1569 siedelten Magdalena und Helena mit zehn Frauen ins neue Stift Hall über. Später traten noch vierundzwanzig andere Jungfrauen und Witwen aus den angesehensten Tiroler Adelsgeschlechtern unter Magdalenas Schutz und Führung. Die Statuten des Hauses, bei deren Abfassung auch Petrus Canisius behilflich war, wiesen sich als ein Ergebnis reifer Weisheit und Lebenserfahrung aus, ernst und entschieden im Ton, aber fern von übertriebener Strenge und süßlicher Frömmigkeit. Der Geist des Stiftes war ein beispielhafter, das gute religiöse Muster der Stiftsfrauen von neubelebender Wirkung. Allen voran, ein Engel im Gebet und in der Nächstenliebe, ging die ehrwürdige Stifterin Magdalena. Sie, die Tochter des Kaisers, die viel vermögende Schwester des Landesfürsten, war in ihrem Kreis die demütigste und eifrigste. Streng die Hausordnung haltend, verrichtete sie die gewöhnlichsten Arbeiten und wünschte nur die leiblichen Kräfte zu haben, um die Dienste einer Magd leisten zu können. Als kluge Hausmutter vergaß sie auch nicht die Sorge für das Zeitliche. Besonders die Pflege der Gesundheit ihrer Untergebenen lag ihr am Herzen.

 

Ihre mütterliche Liebe und ausgedehnte Umsicht blieb aber nicht auf die Mauern des Stiftes beschränkt. Ihr edles Herz war ja das einer Habsburgerin und schlug in fürsorgender Treue für das gesamte Volk. Den Armen und Kranken der ganzen Gegend wurde sie zum schützenden Engel. Zur Zeit des großen Erdbebens, das im Januar 1572 die Bevölkerung von Hall in Furcht und Schrecken setzte, bewies sich die Fürstin als die starkmütige Frau, die die Geistesgegenwart nicht verlor. Durch ihr Beispiel und ihre Sorge für die Hungernden und Obdachlosen hielt die Zagenden aufrecht. So weit ging ihre Liebe zu den Kranken, dass sie sich selbst Kenntnisse in der Arzneibereitung verschaffte, die Heilmittel verteilte und so vielen die Gesundheit wieder gewann. Wer nur immer ein Anliegen hatte, fand bei Magdalena Gehör. Ihre reichen Einkünfte wurden ausschließlich zu Werken der Nächstenliebe und der Frömmigkeit verwendet.

 

Dieses stille Wirken in Werken der Liebe ist nur eine Seite jenes großen Einflusses, den die edle Stifterin von Hall auf die Wiederaufrichtung und Befestigung des alten Glaubens ausübte. Bei ihrem tatkräftigen, vom Überdrang lebendiger Glaubensbegeisterung getragenen Wesen, dem Geist der Zeit folgend, die den Herrschenden das Recht zubilligte, auch über die Religion des Volkes zu entscheiden, und denen auch wirklich die Gewissenspflicht obliegt, nicht nur das Zeitliche sondern auch das ewige Wohl der Untertanen zu fördern, Glaube und gute Sitte zu schützen, ist es ganz begreiflich, dass sie auch mit allen ihr zu Gebote stehenden Mitteln in die religiöse Lage eingriff. Die alte wohlhabende Salinenstadt Hall war von jeher ein Hauptherd lutherischer Neuerungen. Trotz wiederholter bischöflicher Mahnungen durften lange Zeit hindurch protestantische Prediger die neue Lehre vor großen Volksmengen verkünden. Es herrschten dort in kirchlicher Beziehung unter Geistlichen und Laien besonders missliche Zustände. Da wachte denn die glaubenseifrige Magdalena sorgfältig darüber, dass die Religionsverordnungen der Staatsbehörden auch durchgeführt wurden, woran es nur allzu oft gefehlt hatte. Sie berichtete es nach Innsbruck, als die Haller sich widerspenstig zeigten und Kirchenbesuch und Sakramentenempfang mieden. Sie sorgte dafür, dass gute Priester angestellt, schlechte entfernt wurden. Irrgläubige Schriften wurden eingezogen. Eine heilsame, aufbauende katholische Bewegung ging von den Vätern der Gesellschaft Jesu aus, deren Niederlassung in Hall ja die Königin begründet hatte. Mit gründlichem Wissen und heiliger Begeisterung ausgerüstet, wussten sie in ihren volkstümlichen Predigten die Seele des Volkes zu erfassen und mit neuer Liebe für die Wahrheit des katholischen Glaubens zu erfüllen. Sie veranstalteten regelmäßige Christenlehren für die Stadt- und Landbevölkerung, an denen Magdalena meistens selber teilnahm und dabei die anwesenden Kinder beschenkte.

 

Auch um die Würde und den Glanz des Gottesdienstes trug die umsichtige, kluge Reformatorin Halls Sorge. Sie stattete die Stiftskirche mit kostbaren Ornaten und Gefäßen aus, gründete einen eigenen Chor von Sängern mit einem eigenen Haus für die Singknaben, das sie später in ein Knabenseminar umwandelte. Nicht hoch genug ist auch ihr Einfluss einzuschätzen, den sie auf die Heranbildung echt katholischer Männer und tüchtiger, einheimischer Geistlichen in entsprechenden Schulen und Erziehungsanstalten ausübte. So hat die Dienerin Gottes, dieses „starke Weib“ im Sinne der Heiligen Schrift, mit erstaunlicher Klarheit ihre Zeit begriffen und gleich einer heiligen Theresia aus dieser Einsicht heraus mit ebenso fester Willenskraft zur rettenden Tat sich entschlossen. Die Geschichte wird sie darob für alle Zeiten segnen. Hall, in religiösen Dingen ehedem so zweifelhaft, ist heute eine der kirchlichsten Städte Tirols. Das ganze Land bleibt der edlen Haller Stiftsoberin zu Dank verbunden ob ihres kräftigen Eintretens für die Reinheit und Einheit des katholischen Glaubens.

 

Nach dem Zeugnis der venezianischen Gesandten genoss Prinzessin Magdalena schon zu Lebzeiten den Ruf einer wahren Heiligen. Nachdem sie am 10. September 1590 nach einem kurzen, tieferbauenden Krankenlager mit klarer, sicherer Ruhe, wie sie gelebt, zum ewigen Besitz dessen, was sie geglaubt, eingegangen war, blieb dieser Ruf ihrer Heiligkeit die Jahrhunderte herab lebendig. Ihr Bildnis wird in vielen Häusern ehrenvoll aufbewahrt. Die vertrauensvolle Anrufung Magdalenas bewirkte auch eine größere Anzahl von Gebetserhörungen, die in den Jahren 1719 und 1755 kirchlicherseits untersucht wurden. Erst in allerneuester Zeit wurde der schon lange angestrebte Seligsprechungsprozess wirklich eingeleitet und im August 1904 durch Papst Pius X. der Königin Magdalena der Titel einer ehrwürdigen Dienerin Gottes zuerkannt.

 

In trüber Zeit lässt Gott wieder helle Sterne aufleuchten als trostreiche Unterpfänder seiner erbarmenden Gnade. Glücklich das Volk, das dem Licht solcher Sterne nachgeht und in ihrem Glanz sich spiegelt! Aus einem lebendigen Glaubensleben kann ein Volk die sittliche Kraft schöpfen, sich aus tiefer Erniedrigung wieder zu erheben. Nur Sterne, die in die Ewigkeit leuchten, führen nach oben. „An seinen irdischen Göttern aber stirbt der Mensch“ und das Volk.