Heute gedenkt die Kirche einer heldenmütigen Jungfrau, in deren Herz die Liebe zur Tugend so fest gewurzelt war, dass sie eingedenk des Wortes Christi: „Wer sein Leben um meinetwillen verliert, der wird es erhalten“, lieber das Leben hingab als die Blume der Reinheit sich knicken ließ.
Die selige Maria, die schmerzhafte genannt, im Jahr 1260 in dem brabantischen Dorf Wolna geboren, war schon von Jugend auf ein Muster der Frömmigkeit und eine eifrige Verehrerin der seligsten Jungfrau, nicht nur in Gebet und Andachtsübungen, sondern auch durch Nachahmung ihrer Tugenden. Sich ganz dem Dienst der Gebenedeiten zu weihen, zog sie mit Einwilligung der Eltern aus dem väterlichen Haus und nahm ihre Wohnung in der Nähe einer Liebfrauenkirche, wo sie leben und sterben wollte. Vor dem Bild Mariens legte sie das Gelübde ewiger Keuschheit und freiwilliger Armut ab, indem sie allen Ansprüchen auf künftige Erbschaft entsagte und nur vom Erwerb ihrer Hände und von Almosen leben wollte. Ihre schöne Gestalt, obwohl mit ärmlicher Kleidung bedeckt, erweckte in einem leichtfertigen Menschen das unreine Feuer, und er gab sich alle erdenkliche Mühe, sie zu verführen. Die gottesfürchtige Jungfrau wies seine schändlichen Anträge mit Entsetzen zurück, und betete um so inniger zur Königin der Jungfrauen um Schutz und Beistand in den Versuchungen.
Da entwendete der Bösewicht in dem Haus, wo Maria öfter Almosen erhielt und zu Mittag bewirtet wurde, einen silbernen Becher, und wusste ihn heimlicher Weise in den Bettelsack der Jungfrau zu stecken. Bald wurde der Becher vermisst. Der gottlose Mensch ging zu Maria, sagte, dass man Argwohn gegen sie habe, nahm, als sie ihre Unschuld an dem Diebstahl beteuerte, dem Becher aus dem Sack, und drohte sie anzuzeigen, wenn sie noch länger taub gegen seine Wünsche bliebe. Welch harte Prüfung für ein Mädchen! Ihr guter Name – ja ihr Leben stand auf dem Spiel –, aber von Gott und der seligsten Jungfrau gestärkt wollte sie als eine zweite Susanna lieber guten Namen und Leben verlieren, als Gott beleidigen und ihr Gott und Maria gemachtes Gelübde verletzen. Der Versucher, von Zorn und Rachgier entbrannt, vollführte wirklich seine Drohung und klagte die Jungfrau öffentlich des Diebstahls an. Da sie, durch die Tortur gepeinigt, keine Lüge sagen wollte, und nicht leugnete, dass der Becher bei gefunden worden war, obwohl sie beteuerte, sie habe ihn nicht entwendet und wisse nicht, wie er in ihren Bettelsack gekommen ist, so wurde sie für schuldig gehalten und zum Tode verurteilt. Am nämlichen Tag noch spät abends führte man sie ganz in der Stille, um vor dem Volk kein Aufsehen zu erregen, auf den Richtplatz. Als man auf diesem Gang an ihrer Wohnung vorbeikam, bat sie um die letzte Gnade, vor dem Bild der seligsten Jungfrau noch einige Augenblicke beten zu dürfen. Es wurde ihr gestattet, und nun warf sie sich auf die Knie nieder, flehte zu Gott und Maria um Beistand für ihren Todeskampf und betete mit Inbrunst auch für ihren Verleumder und für den Richter. Da sie nebst des Diebstahls auch der Zauberei angeklagt war, so wurde ihre Todesart nach den Gewohnheiten der Zeit eine schreckliche. Es wurde auf dem Richtplatz eine Grube gemacht, so groß, dass sie den Körper der Verurteilten fassen konnte. Es wurden ihr die Augen verbunden, Hände und Füße mit Stricken zusammengeschnürt, und sie so lebendig in die Grube gelegt, die man nun mit Erde verschüttete. Auf den Erdhügel wurde hierauf ein spitzer Pfahl gesteckt und mit gewaltigen Schlägen eingetrieben, so dass der Leib der lebendig Begrabenen gespießt werden musste.
Bald erreichte den gottlosen Ankläger die göttliche Gerechtigkeit. Er wurde von einem bösen Geist besessen und so wütend, dass man ihn in Ketten legen musste. Seine Verwandten brachten ihn an verschiedene Wallfahrtsorte, um seine Befreiung zu erlangen, aber vergeblich. Sieben volle Jahre dauerte sein schrecklicher Zustand, der böse Geist selbst schrie aus ihm, dass er nur am Grab der schmerzhaften Maria ausgetrieben werden könne. Man brachte ihn endlich dahin, was nur mit größter Gewalt geschehen konnte, betete für ihn und der höllische Geist wurde genötigt, ihn zu verlassen. Reuevoll gestand er seine falsche Anklage gegen die selige Maria und tat aufrichtig Buße.
Die Stelle, wo die unschuldige Maria den so schaudervollen Tod erlitten hat, wurde durch Wunder verherrlicht. Man sah dreizehn schöne Jungfrauen vom Himmel herniederschweben und sich auf das Grab niederlassen, an ihrer Spitze eine im Lichtglanz strahlende majestätische Frau mit einer Krone auf dem Haupt. Sie gingen dreimal um das Grab herum, als wollten sie ein Leichenbegängnis halten, dann entschwanden sie den Augen der Beobachtenden. Über dem Grab wurde eine Kapelle erbaut, und viele Unglückliche fanden hier Tröstung und Hilfe in ihren Leiden.