Heiliger Johannes von Kapistran, italienischer Priester und Bekenner, + 23.10.1456 - Fest: 23. Oktober

       

Zum Unterschied von den zahlreichen anderen Heiligen gleichen Namens wird der heutige Tagesheilige nach seinem Geburtsort, einem Dorf in Italien, Johannes von Capistrano genannt. Sein Vater soll ein Deutscher unbekannten Namens gewesen sein, der auf einem Kriegszug in Capistrano hängenblieb und sich dort verehelichte. Nach glänzenden Studien wurde Johannes, sehr jung noch, Bürgermeister und oberster Richter der Stadt Perugia, und hervorragend bewährte er sich in beiden Ämtern. Sein Ansehen stieg, der Reichtum vermehrte sich, und schon war der Tag der Hochzeit mit einem Edelfräulein angesagt, da brach ein Aufstand aus, und ehe sich der verbissene Streber nach irdischem Glück versah, fand er sich in einem tiefen, fensterlosen Turmverließ wieder, mit Ketten angeschmiedet zur lebenslänglichen Haft. Da gingen dem Dreißigjährigen die Augen auf über die Flüchtigkeit und Nichtigkeit von Erdenglanz und Menschengunst, und als es ihm später gelang, sich gegen ein hohes Lösegeld die Freiheit zu erkaufen, sagte er der trügerischen Welt leichten Herzens ade, ging ins Kloster und wurde Franziskaner.

 

Es war ein Glück für den Neuling, dass sein Lehrer im Ordensleben ein Heiliger war, der heilige Bernardin von Siena, der als gewaltiger Bußprediger durch die Städte und Dörfer Italiens zog, und Johannes durfte den Meister auf den Missionsreisen begleiten und von ihm lernen, bis er selbst ein Redner war, so mächtig, wie es alle Jahrhunderte nur einmal einen gibt.

 

Vierzig Jahre lang predigte Johannes von Capistran mit Erfolg in Italien, Ungarn und Deutschland. In Augsburg hat er gepredigt, in Eichstätt, Regensburg, Nürnberg, Bamberg, Erfurt, Weimar, Jena, Halle, Magdeburg, Leipzig, Dresden, Breslau und vielerorts anderswo. Weil der Prediger der deutschen Sprache nicht mächtig war, redete er lateinisch, drei Stunden lang. Drei weitere Stunden dauerte es, bis ein Mitbruder die Worte des Heiligen verdeutscht hatte, und sechs Stunden lang harrten die Zuhörer aus, nicht zwanzig oder dreißig oder sechzig, sondern zwanzig- und dreißig- und sechzigtausend, Menschenmengen, die kein Gotteshaus fassen konnte, die, weil die Predigten unter freiem Himmel gehalten wurden, die größten Plätze der Städte füllten wie Trauben an den Bäumen hingen und dichtgedrängt auf den Dächern der Häuser saßen. Es war aber nicht Zuckerbrot, was der Prediger den Massen reichte, sondern die bittere Kost der ewigen Wahrheiten. Trotzdem nahm der Zulauf des Volkes nicht ab, und wo der kleine, schmächtige Mönch mit den glutvollen Augen auftrat und mit hinreißenden Worten die Laster geißelte, da erlitt Christi Widersacher, der Teufel, Schlappe auf Schlappe, so dass beispielsweise die Nürnberger nach einer aufwühlenden Predigt des wortgewaltigen Mannes sechs große Wagen voll von Spielkarten, Würfeln, eitlem Tand und schlechten Büchern öffentlich verbrannten.

 

Capistrans größte Stunde sollte jedoch noch schlagen. Es war damals, als nach dem Fall von Konstantinopel im Jahre 1453 die Türken siegreich vordrangen. Bei der Uneinigkeit der christlichen Fürsten, die sich nicht zur Gegenwehr aufraffen konnten, wäre Europa auf ein Haar von den grausamen Janitscharen des Sultans überrannt und versklavt worden, wenn nicht Johannes von Capistran gewesen wäre, der mit weltweitem Blick die Gefahr, die dem christlichen Abendland für alle Zeiten drohte, überschaute und der in unablässigem Bemühen aus Bauern und Bürgern ein Heer von sechzigtausend Mann auf die Beine brachte, an deren Spitze er mit dem Kreuz in der Hand am 2. Juli 1456 bei Belgrad die Türken aufs Haupt schlug.

 

Ein siebzigjähriger Mönch hat damals Europa vor Untergang und Verderben gerettet. Wie war das nur möglich? Ganz einfach, denn Johannes von Capistran war ein mutiger Mann und ein Heiliger dazu. Solchen Menschen ist der Teufel, der bloß mit Schwächlingen fertig wird, von vornherein unterlegen.