Die Familie, der der Heilige entstammte, war eine der ausgezeichnetsten in der Lombardei. Sie brachte mehrere große Männer hervor, unter anderem Bischöfe und Kardinäle, die durch ihre Gelehrsamkeit und ihre Frömmigkeit berühmt geworden sind. Ihre Wappen sieht man noch an Spitälern und prachtvollen Kirchen.
Alexander kam zur Welt in Mailand in eben dem Jahr, in dem die Kongregation der regulirten Kleriker, Barnabiten genannt, gestiftet wurde. (Sie wurde so genannt von einer Kirche des heiligen Barnabas, auf die diese Kongregation anfangs beschränkt war.) Von Jugend an schien die Gnade sich überschwänglich über ihn erhoben zu haben. Seine Eltern gaben ihm geschickte Lehrer, unter deren Leitung er schnelle Fortschritte machte. Vor allem erlernte er aber die Wissenschaft der Heiligen in der Schule des Geistes Gottes, dessen Lehren er stets mit kindlichem Gehorsam befolgte.
Früh schon empfand er in sich einen großen Abscheu vor den rauschenden Weltvergnügungen. Als eines Tages das Volk um eine Komödiantengruppe versammelt war, trat er hinzu mit dem Kruzifix in der Hand und hielt eine so salbungsvolle und strömende Rede, dass die Schauspieler die Flucht ergriffen. Das Volk wurde tief gerührt und ging mit tränenden Augen nach Hause.
Einige Zeit darauf ergab er sich ungeteilt dem Dienst Gottes in der Genossenschaft der Barnabiten. Er härtete sogar seinen Leib durch Arbeiten und Nachtwachen ab und widmete sich mit Eifer dem Predigtamt und dem Beichtstuhl. Er besaß eine besondere Gabe, die Sünder zu rühren und zu bekehren. Dieselben Übungen setzte er fort, als er zum Lehrstuhl der Philosophie und Theologie auf der Universität zu Pavia den Ruf erhielt. Man sah ganze Körperschaften, die sich seiner Leitung anvertrauten, um von ihm die Wege zu erlernen, die am zuverlässigsten zur Vollkommenheit ihres Standes führten. Als er eingeladen worden ist, in der Kathedrale zu Mailand die Kanzel zu besteigen, brachten seine Reden die wundervollsten Früchte hervor. Der heilige Karl Borromäus wünschte der Kirche zu einem solchen Diener Glück und weinte Tränen der Freude beim Anblick seines apostolischen Eifers.
Alexander war erst 32 Jahre alt als er zum Vorsteher seines ganzen Ordens erwählt wurde. Diesem Amt stand er mit einer Tüchtigkeit vor, die neuen Glanz über die ganze Genossenschaft verbreitete. Allein Gott hatte ihn nicht zur Einsamkeit bestimmt, sein Licht sollte leuchten in der Welt und die Insel Korsika war der Schauplatz, wo seine erhabenen Tugenden erglänzten.
Dieses Eiland war ehehin durch römische Missionare zum Glauben bekehrt worden. Die Kirche zu Aleria scheint zuerst daselbst gestiftet worden zu sein. Besonders ist einer ihrer Bischöfe namens Petrus bekannt. Er lebte zur Zeit Gregors des Großen, der Briefe an ihn geschrieben hat. Allein diese Kirche war in einen schlimmen Verfall geraten, die Frömmigkeit und Zucht waren verschwunden, da Alexander Sauli im Jahr 1571 vom heiligen Papst Pius V. zu ihrem Bischof ernannt wurde.
Nachdem der neue Oberhirte vom heiligen Karl Borromäus konsekriert worden war, machte er sich sogleich mit drei Priestern seines Ordens auf den Weg. Die rührende Lage seines erlauchten Vaters, der gleichsam schon mit dem Tode rang, war nicht imstande ihn zurückzuhalten. Er hörte nichts als das Jammergeschrei seiner betrübten Kirche. Auch ließ er sich nicht zurückschrecken durch den Anblick der Sklaverei, die er von Seite der mohammedanischen Seeräuber, die alle Küsten der Insel Korsika durchkreuzten, zu befürchten hatte. Festen Vertrauens auf Gott schiffte er sich ein und die Überfahrt ging glücklich vonstatten. Er wurde von tiefem Schmerz ergriffen, als er allenthalben Gott verkannt sah. Aleria hatte nur noch den Namen einer bischöflichen Kirche. Kaum war noch im ganzen Umfang der Diözese ein Ort, wo man mit Anstand den Gottesdienst hätte verrichten können. Die Dörfer waren, mit Ausnahme von drei oder vier, unbewohnt. Das Volk war in Gehölzen oder auf den Bergen zerstreut, lag in der größten Unwissenheit versunken und wusste nicht einmal die ersten Anfangsgründe der Religion. Die Geistlichkeit bedurfte eben so sehr des Unterrichts als das Volk.
Der heilige Bischof, ohne Kirche und sogar ohne Haus, ließ sich zuerst zu Talone nieder, das eine Art Marktflecken war, vier Stunden von den Trümmern Alerias entlegen. Er hielt daselbst eine Synode nach dem Muster derjenigen, die unter dem heiligen Karl Borromäus damals in Mailand gehalten wurden, und traf weise Maßregeln, um den Missbräuchen abzuhelfen. Hierauf besuchte er seine ganze Diözese. Er ging bis in die entlegensten Weiler und drang bis in die unzugänglichsten Orte. Der Anblick eines so liebevollen Hirten flößte sogar den Wildesten mildere Gesinnungen ein. Stromweise liefen sie herbei und warfen sich zu seinen Füßen, fest entschlossen, ihm zu gehorchen, noch sogar ehe er mit ihnen geredet hatte. Seine Worte erleuchteten mit dem Licht des Glaubens den Verstand und zündeten das Feuer der Liebe in den Herzen an. Überall musste er Missbräuche ausrotten, schändliche Gewohnheiten abstellen, Kirchen bauen, oder solche, die in Trümmern lagen, wieder herstellen, und für das Gottesdienst das Nötigste herbeizuschaffen. Er stiftete Kollegien und Seminarien, um die Jugend, geschützt vom Weltgetümmel, zum Dienst der Altäre heranzubilden.
Da die Mitarbeiter, die er mit sich gebracht hatte, vor seinen Augen unter der Last der Arbeiten erlagen, befand er sich in der größten Verlegenheit. Doch ließ er den Wunsch nicht fallen. Er verdoppelte seine Arbeiten, ohne Furcht, seine Gesundheit zu gefährden. Auch unterwarf er sich, ungeachtet seiner ununterbrochenen Beschäftigungen, beständigen Fasten und den strengsten Abtötungen. Obgleich er geringes Einkommen hatte, spendete er dennoch reichliches Almosen. Die Überfälle und Raubzüge der Kaperschiffe nötigten ihn oft, seinen Wohnort zu verändern. Er musste sein Seminar und seine Geistlichkeit von Talone, das an der östlichen Küste der Insel lag, nach Algagliola an der Westküste, von dieser Stadt nach Corte, in der Mitte der Insel, und schließlich nach Cervione verlegen. In dieser letzten Stadt erbaute er eine Kathedrale und setzte ein Domkapitel ein. Mit vorzüglicher Gewandtheit wusste er die getrennten Geister und Herzen zu vereinigen. Dadurch erwarb er sich auch in ganz Korsika den Beinamen: Engel des Friedens.
Der gottselige Alexander Sauli erlies sehr weise Hirtenbriefe an seine Geistlichkeit. Darin unterwies er die Seelsorger sowohl in Betreff ihrer Lebensweise als auch, wie sie die ihrer Leitung anvertrauten Seelen auf dem Weg des Heils führen müssen. Er setzte auch Gespräche auf, in denen er mit großer Bestimmtheit und Deutlichkeit die Lehre der Kirche erklärte. Der heilige Franz von Sales schätzte dieses Werk sehr hoch und sagte, das Thema sei darin ganz erschöpft.
Der heilige Oberhirte ging von Zeit zu Zeit nach Rom, wie es bei den italienischen Bischöfen gebräuchlich war. Dabei hatte er aber allzeit seine Augen auf den Mittelpunkt des Apostelamtes gewendet, und war mit solcher Andacht durchdrungen, dass er in sich selbst verspürte, was der heilige Chrysostomus sage, dass nämlich der apostolische Geist da immer fortlebt, und dass den Gräbern der Apostel in ihrer, wie wohl leblosen, Asche noch Funken des heiligen Feuers entsteigen, womit sie die Erde angezündet haben. Alle seine Reisen wurden ebenso viele Missionen durch die herrlichen Früchte, die seine Predigten, Ratschläge und Beispiele allenthalben hervorbrachten. Davon lieferten Genua, Mailand und Rom, mehr als einmal Beweise, die von vier Päpsten bestätigt wurden. Unter anderen wurde Gregor XIII. sehr gerührt als er ihn predigen hörte. Der heilige Philipp Neri ehrte ihn gleichfalls wegen seiner Kenntnisse und hohen Heiligkeit. Selbst die Feinde der Religion konnten der Kraft und Salbung seiner Reden nicht widerstehen. In einer Unterredung, die er mit einem Kalvinisten aus Genf hatte, der nach Korsika gekommen war, um da seine Irrlehre zu verbreiten, öffnete er ihm die Augen und führte ihn zurück in den Schoß der Kirche. In Rom entriss eine einzige seiner Predigten der Synagoge der Juden vier ihrer mächtigsten Stützen.
Die Verehrung, in der der Apostel Korsikas stand, bewog die Städte Tortona und Genua, ihn zu ihrem Oberhirten zu begehren. Allein er wollte seine erste Braut, die er zärtlich liebte, nicht verlassen. Bloß aus Gehorsam gegenüber dem Papst Gregor XIV. nahm er 1591 das Bistum Pavia an. Er war nicht so bald in seinem neuen Sprengel angelangt, als er sich schon vornahm, ihn zu bereisen. An jedem Festtag kam er nach Pavia zurück. Als er sich zu Calozza in der Grafschaft Asti befand, wurde er von einer Krankheit befallen, die ihn auch der Welt entriss. Er starb am 11. Oktober 1592. Seine Heiligkeit bestätigen mehrere Wunder. Seine Heiligsprechung geschah am 11. Dezember 1904 durch Papst Pius X. Er gilt als Patron von Genua, Pavia und Korsika.