Heiliger Warin, Abt und Bekenner von Korvey an der Weser, + 26.9.856 – Fest: 26. September

       

Hatte schon Karl der Große den Plan gefasst, in der bewohntesten und fruchtbarsten Gegend des Sachsenlandes, bei seiner königlichen Villa Huxori (Höxter) ein Kloster zu gründen, in dem die neubekehrten Söhne der vornehmen Sachsen erzogen werden sollten, so verzögerte sich doch die Ausführung wegen der fortwährenden Kriege. Erst seinem Sohn, Kaiser Ludwig dem Frommen, war es vergönnt, den Plan ins Werk zu setzen. Zu diesem Ende ließ er aus der berühmten Abtei Corbeille in Frankreich den dortigen Abt Adelhard nebst ausgezeichneten Mönchen herüberkommen und an dem genannten Platz ein Kloster aufbauen im Jahr 822. Wenngleich Adelhard bis zu seinem Tod der jungen aufblühenden Stiftung die liebevollste und tatkräftigste Sorge zuwandte, so behielt er doch die Abtwürde von Alt-Corvey. Zum ersten Abt in Neu-Corvey an der Weser wurde Warinus erwählt, der Sprössling einer der berühmtesten Grafengeschlechter Westfalens. Sein Vater, Graf Egbert, hatte seinen Herrschaftssitz zu Hovestadt an der Lippe, seine Mutter war die heilige Ida, eine nahe Verwandte des Kaisers und Stifterin der Kirche zu Herzfeld. Am kaiserlichen Hof erzogen, verlobte sich der höchst angesehene und reiche junge Mann Warin mit einer sehr edlen und schönen jungen Frau, verzichtete aber bald auf die Freuden des Weltlebens, verließ den Hof, um fortan nicht einem sterblichen König, sondern dem ewigen Herrn zu dienen. Die Pforte des Klosters Corbeille öffnete sich ihm und er widmete sich mit einem solchen Eifer dem Ordensleben nach der Regel des heiligen Benedikt, dass ihn der heilige Adelard schon damals zum Vorsteher des Klosters Neu-Corvey ausersah, denn obgleich er noch jung war, versprach doch sein reifes Urteil und ausgezeichnete Geistesanlage, dass er mit nicht geringerem Ruhm vollenden werde, was er mit solcher Vollkommenheit und Weltverachtung begonnen. Bald zeigte sich, dass sich Adelard nicht getäuscht hatte, denn als der heilige Abt bald am Fieber starb, wählten die Mönche in Alt-Corvey Walo, den Bruder des heiligen Adelard, die westfälischen aber Warin zum Abt, weil sie ihn für den heiligsten und verdienstvollsten unter den Ordensgenossen hielten.

 

Wie viele Vorteile diese Wahl nach sich zog, lehrten die folgenden Jahre. Denn abgesehen von seiner Gelehrsamkeit, seiner Weisheit, Unbescholtenheit und seinem Eifer in klösterlicher Zucht und Religiosität, wodurch er den heiligsten Vorstehern seiner Zeit zugezählt werden muss, stattete er durch seinen Einfluss bei Königen und Kaisern sein Kloster mit so viel Gütern aus, dass man ihn mit Recht den zweiten Gründer desselben nennen muss. Gleich beim Antritt seines Amtes erlangte er von Ludwig dem Frommen das königliche Landgut Huxori, aus dem später die Stadt Höxter entstand, samt allen Äckern, Wäldern, Weiden und Gewässern ringsumher. König Lothar schenkte ihm die ganze Insel Rügen in der Ostsee, König Ludwig noch viele Villen, Güter und Besitzungen, wodurch Corvey allmählich zu fürstlichem Besitztum und Ansehen gelangte. Mit dem steigenden Wachstum der Klostergüter nahm indes Warins Eifer nicht ab, himmlische Güter zu gewinnen.

 

Jahrelang bemühte sich Warin eifrig, für seine Kirche die Reliquien eines Heiligen zu erhalten. Vergebens bat er die Einwohner von Amiens in der Picardie, ihm Reliquien vom heiligen Märtyrer Viktorinus zu überlassen. Endlich bot ihm Hilduin, der Abt von St. Denis zu Paris, eingedenk der außerordentlichen Wohltaten des Bittstellers, den Leib des heiligen Märtyrers Vitus an, den einst Abt Fulrad von Rom nach Frankreich gebracht hatte. Warin nahm mit großem Dank das dargebotene Geschenk an, besonders da er erfahren hatte, dass seit der Zeit, wo der Leib in St. Denis ruhte, Blitz und Ungewitter niemals den Äckern und Menschen in der Umgegend geschadet hätten. Ohne Verzug eilte Warin mit einer auserwählten Schar von Mönchen und Vasallen nach Frankreich. Mit Zustimmung des Bischofs wurde in Paris das Grab des heiligen Vitus geöffnet, Warin empfing des heiligen Schatz am 19. März, und von Hilduin eine Strecke Weges begleitet, führte er unter den Gesängen der Mönche ihn zunächst zum Kloster Rebais, das Ludwig der Fromme jüngst der Leitung Warins übergeben hatte. Von da reiste der Zug über Aachen, Soest und Brakel und kam am 13. Juni 830 in Corvey an.

 

Aus ganz Sachsen waren die Menschen zusammengeströmt, da der Ruf unzähliger Wunder, die auf der ganzen Reise dem heiligen Leichnam gefolgt waren, sich schnell verbreitete. Tausende von edlen Frauen und Männern hatten sich auf den Feldern rings um das Kloster geschart, und aus keinem Mund hörte man einen Scherz oder ein anstößiges Wort, vielmehr waren sie Tag und Nacht im Gebet vertieft und sangen beständig Gott Lob und Dank.

 

Warin überlebte die Feier der Übertragung der Reliquien des heiligen Vitus 20 Jahre. Am 26. September 856 ging er zur ewigen Glorie, nachdem er 30 Jahre und 5 Monate dem Kloster Corvey höchst heilig vorgestanden hatte.

 

Mit den Gebeinen des heiligen Vitus kam das Zepter des Römischen Reiches, das mit dem Leib des heiligen Vitus in die Hände der Franken gekommen war, nach Sachsen zu den Deutschen, und von der Zeit an hörten bei den Franken die Bürgerkriege und äußeren Fehden nicht mehr auf. Deshalb sang man:

 

Freue dich, glückliches Sachsen, des teuren und heiligen Pfandes,

Welches das gütige Frankreich in Vitus Gebeinen dir schenkte. 

 

Klosterkirche Korvey