Seliger Engelbert Kolland von Tirol, Priester und Martyrer von Damaskus, OSB, + 10.7.1860 – Gedenktag: 10. Juli

 

Das allen Christen teure Grab des Erlösers in Jerusalem ist seit siebenhundert Jahren den Mitgliedern des Franziskanerordens, den „Vätern vom heiligen Grab“, zur Obhut übergeben. Mit opfervollster Hingabe versehen sie unter den schwierigsten Verhältnissen bis in die neueste Zeit diesen Ehrendienst. Tausende von Mitbrüdern fanden schon ihren Tod durch den Fanatismus der Türken. Aus neuerer Zeit ist noch das furchtbare Blutbad in trauriger Erinnerung, das im Juli 1860 von den Mohammedanern in Damaskus angerichtet wurde. Unter den Franziskanern, die damals den Tod fanden und die von Papst Leo XIII. am 17. Dezember 1885 als „ehrwürdig“ erklärt, von Papst Pius XI. aber am 10. Oktober 1926 seliggesprochen wurden, verdient der Tiroler Pater Engelbert Kolland im Andenken des deutschen Volkes bewahrt zu werden.

 

Die Heimat Michael Kollands ist das Dorf Ramsau im Zillertal, der Geburtstag der 21. September 1827. Seine Jugend fiel in jene traurige Zeit der Zillertaler Religionswirren, wo der alte Geist der Irrlehre, wie schon früher öfter, sich wieder erhob und zur Auswanderung von 414 Protestanten nach Preußisch-Schlesien führte, 1837. Auch Kollands Vater Kajetan, der den größten Teil des Jahres in Steiermark verbrachte, neigte mit seiner Familie zum Protestantismus. Als 1836 der Erzbischof Friedrich Fürst Schwarzenberg das Zillertal durchzog, um als guter Hirte seine verirrten Schäflein wieder zurückzugewinnen, da saß er auch im Hause Kollands in der niedrigen getäfelten Stube und sprach ihm und seinen Nachbarn ins Gewissen. Die Sorge des Oberhirten hatte Erfolg. Die Familie Kolland ließ sich umstimmen. Wie konnte sie ihr zeitweiliges Schwanken besser sühnen als dadurch, dass sie dem wahren Glauben einen Missionar und Martyrer schenkte?

 

Das Söhnlein Michael zeichnete sich in der Schule durch Frömmigkeit, Talent und Fleiß aus. Deshalb wurde er nach Salzburg geschickt, wo er die ersten vier Jahre im bischöflichen Knabenseminar, dann als Stadtstudent das Gymnasium besuchte. Nach Vollendung der Studien trat er bei den Franziskanern ein. Der junge Frater Engelbert nahm es ernst mit der Ordensdisziplin. Während des ganzen Noviziates genoss er kein geistiges Getränk, auch nicht Kaffee. Die höheren Studien machte er in Schwaz, Hall, Kaltern und Bozen und empfing 1851 in Trient von dem ehrwürdigen Fürstbischof Tschiderer die Priesterweihe.

 

Schon in jenen Vorbereitungsjahren auf den priesterlichen Beruf fühlte Kolland den Zug in sich, dem lieben Gott als Missionar unter den Ungläubigen Seelen zuzuführen. Deshalb verlegte er sich mit allem Eifer und großem Erfolg auf das Erlernen von Sprachen, darunter auch des Arabischen. 1855 reiste er zur Mission ins Heilige Land ab. Welch Opfer fordert für einen Missionar schon allein der Abschied von der Heimat, von Eltern und Geschwistern! Pater Kolland, der ein weiches, frohes Gemüt besaß, kostete die ganze Schwere des Opfers. Drei Geschwister, mit denen er noch in Graz zusammentraf, wollten ihn mit aller Gewalt von seinem Vorhaben abbringen. In einem Brief, den er noch vom Schiff aus heimwärts richtete, schrieb er: „Mein Blick war, so lange er ausreichte, nach Triest gewandt. Mein Herz blutet beim Gedanken, dass ich nun so fern von meinen lieben Eltern und Geschwistern mich befinden soll.“ Je größer das Opfer, um so süßer der Lohn!

 

Tiefe Glückseligkeit und erhebende Andacht durchzogen das empfängliche Gemüt des Ehrwürdigen beim Besuch der heiligen Stätten. Brachte die Wache am Heiligen Grab auch mannigfache Strapazen mit sich, „die Nähe des Kalvarienberges, wo der Herr so viel gelitten hat, machte ihm alles leicht“. Doch durfte Pater Kolland nur einige Wochen im Grabeskloster zu Jerusalem bleiben. Er wurde bald mit der Seelsorge in Damaskus betraut, die neben der religiösen Tätigkeit noch viele andere Müheleistungen in weltlichen Angelegenheiten und später auch den italienischen Schulunterricht mit sich brachte. In Anerkennung der ungewöhnlich regen Tätigkeit des eifrigen Missionars gedachten nach vier Jahren seine Oberen ihn als Definitor nach Jerusalem zu berufen. Allein die Christen von Damaskus wollten ihren Seelsorger gerne noch länger behalten und diese Liebe der Seinen wurde ihm zum Untergang, vielmehr zur frühen Vollendung im Martyrium.

 

Es brach jene obengenannte Verfolgung aus, die sich im Libanon und in Damaskus so viele Massenopfer holte. Der Jünger des göttlichen Kreuzträgers, der den Kreuzweg so gerne betrachtend an geheiligter Stelle ging, sah sich nun selbst auf seinem Kalvaria dem Tod gegenüber. Für einen noch jugendkräftigen, lebensfrohen Mann, wie der ehrwürdige Kolland war, musste begreiflicherweise ein gewaltsamer Tod seine natürliche Schrecklichkeit ausüben. Auch war das kein ruhmvolles Bekennen und Verurteiltwerden vor einem Richter, der irgendeine scheinbare Rechtsbefugnis für sich in Anspruch nehmen konnte. Nur der Ingrimm und Christenhass der Muselmannen marterte die Christen und hieb sie nieder, wo er sie traf. Der Verfolgte soll sich auch retten, so will es Gott und der liebe Heiland hat selber gesagt: „Verfolgt man euch in einer Stadt, so flieht in eine andere.“ Pater Engelbert zitterte wohl vor der drohenden Gefahr. Würde ihn Gott nochmal beschützen, so würde er gerne wieder zurückkehren in sein liebes Tirol, um die Mutter noch einmal zu sehen, so meinte er in seinen Briefen. Als schon der Tod lauter an die Klosterpforten pochte, riet Pater Engelbert an, unter dem Schutz des Emirs Abd-el-Kader zu flüchten, des berühmten Araberhäuptlings, der seinerzeit in Frankreich interniert, von Napoleon III. aber freigegeben, in Damaskus lebte und die Christen beschützte. Doch Kollands Rat drang nicht durch und der Gehorsam hielt ihn selbst im Kloster zurück. Als aber die Türken die Tore sprengten und über seine sieben Mitbrüder herfielen, da floh er doch noch über die Nachbardächer zu einer befreundeten katholischen Familie, verkleidete sich rasch und versuchte so zum Emir zu gelangen. Auf der Straße wurde er aber erkannt und trotz seines Sträubens festgehalten. Man wollte ihn zwingen das Kreuz seines Rosenkranzes mit Füßen zu treten. Hatte Pater Engelbert alles getan, was die Rechte der Natur, die Gebote Gottes und die christliche Klugheit forderten, sein Leben zu retten, nun vor die Entscheidung gestellt, den Feinden des Kreuzes offen zu zeigen, dass Jesus Christus der Gott seines Herzens war, da trat Gottes Gnade ins Werk, siegreich alle widerstrebenden Regungen der Natur aus dem Feld schlagend. Mit festem Mut erklärte der Martyrer, sie sollten ihn nur töten, seinen Glauben werde er als Christ und Priester nie verleugnen. Lautlos sank er unter den Säbelhieben der Mohammedaner zusammen.

 

Kollands Leichnam blieb einige Tage an derselben Stelle liegen und wurde von den Hunden angefressen, bis ihn endlich ein Lazarist auffand und ihn in einer wasserleeren Zisterne barg. Als es später in Damaskus wieder ruhiger wurde, konnte sein Leichnam erhoben und mit den anderen getöteten Franziskanern beigesetzt werden. Der Tiroler Jerusalem-Pilgerverein hat dem ehrwürdigen Martyrer im österreichischen Hospiz zu Jerusalem eine Gedenktafel errichtet, die dazu gehörige Kirche wurde in neuerer Zeit mit seinem Bild geschmückt.

 

Wie Aussaat und Ernte, wie Same und Frucht ist das Christentum, das göttliche „Senfkörnlein“. Ein Glaubensbote und Martyrer, Vigilius, aus der Fremde kommend, hat dem tirolerischen Gebirgsland den Glauben gebracht, das längst bekehrte Land schickt wieder einen Glaubensboten und Missionar als Frucht aus, in noch weniger glücklichen Erdteilen den christlichen Samen zu streuen. Unter Sturm und Wetter, unter Kampf und Leid vollzieht sich die Reife. In dem Land, das der Herr der Ernte selbst mit seinem Blut getränkt hat, scheint der christlichen Saat eine ununterbrochene Leidensgeschichte beschieden und die vollreife Frucht erst der letzten Zeit vorbehalten zu sein.