Heiliger Bernhard von Menthon, Erzdiakon von Aosta, Priester, Ordensstifter, + 15.6.1081 oder 1086, nach einigen Quellen am 28.5.1008 – Fest: 15. Juni

 

Bernhard von Menthon, aus einem der besten Häuser Savoyens, brachte seine ersten Jahre in der Unschuld zu, und zeigte viel Neigung zum Studium ernster Wissenschaften. Als er zum Mann geworden war, schlug ihm sein Vater eine ehrvolle Heirat vor, allein er lehnte sie ab, weil er Gott im geistlichen Stand zu dienen wünschte. Da man dennoch die Vorbereitungen zur Hochzeitsfeier machte, entfloh er heimlich, und übergab sich der geistlichen Führung des Archidiakons Petrus von Aosta. Unterstützt durch die Anweisungen dieses Gottesmannes, erwarb er sich eine vollkommene Kenntnis der Wege der Gottseligkeit, und erlangte eine große Gewandtheit in den für seinen Stand nötigen Wissenschaften.

 

Im Jahr 966 erwählte ihn der Bischof von Aosta zu seinem Erzdiakon, was die Würde der Gerichtsbarkeit eines Offizials und Generalvikars in sich schloss, und folglich einen großen Anteil an der Diözesanverwaltung gewährte. Bernhard erfüllte alle seine Pflichten mit großer Pünktlichkeit, und das Gebet und die Betrachtung, verbunden mit strengen Fasten, zogen des Himmels Gnaden auf seine Arbeiten herab. Er predigte 42 Jahre hindurch mit einem unermüdlichen Eifer, verbannte allerorten den Aberglauben und die Unwissenheit, und führte eine vortreffliche Verbesserung in den Bistümern Aosta, Genf, Tarantasia (die Tarentaise ist eine der historischen Provinzen Savoyens), Mailand und Novara ein. Er stürzte ein berühmtes Götzenbild Jupiters, das auf einem hohen Berg des Walliserlandes stand, und vernichtete das Ansehen der Priester dieses Götzenbildes, indem er zeigte, dass sie sich, um ihre vorgeblichen Orakelsprüche zu erteilen, in einen hohlen Pfeiler verbargen. Bei diesem Ort ließ er dann ein Kloster und ein Spital erbauen, die seinen Namen jetzt noch tragen. So hat man seiner Nächstenliebe ebenfalls die zwei Spitäler zu verdanken, wovon eines der große und das andere der kleine St. Bernhard heißt, deren Bestimmung es ist, die Reisenden aufzunehmen, die ohne diese Hilfe oft dem größten Elend und dem Tod ausgesetzt wären.

 

Der heilige Bernhard von Menthon starb zu Novara starb zu Novara am 15. Juni 1081 (28.5.1008), in einem Alter von 85 Jahren. Sein Fest wird in mehreren Kirchen von Piemont am 15. Juni gefeiert, an dem Tag, an dem er evtl. beerdigt worden ist. Sein Leib liegt zu Novara, mit Ausnahme seines Hauptes, das zu Monte-Joie, im Bistum Aosta, im Kloster seines Namens, aufbewahrt wird.

 

Die Hunde vom St. Bernhard

 

(Aus: „Tiere unterm Regenbogen“, Aloysius Roche, Berlin 1954)

 

Wer einen echten Bernhardiner besitzt, kann sich beglückwünschen, denn in einer Hinsicht muss man sie für die klügsten aller Hunde halten, mit Ausnahme vielleicht einiger Schäferhundrassen. Sicher, viele Hunde sehen besser aus und sind hübscher als diese schweren Kerle, sie sind ja fast einen Meter hoch.

 

Der Mann, nach dem sie heißen, ist im 10. Jahrhundert in Menthon geboren und heißt deshalb Bernhard von Menthon. Er ist ein Patron der Reisenden, besonders Patron derer, die über die Berge wandern, vor allem in den Alpen. Vierzig Jahre lang arbeitete er dort, und er erlebte immer wieder hautnah, wie gefährlich die Pässe sind. Es gab ja damals keine Eisenbahnen und Straßen über die Alpenpässe. Pilger und andere Reisende, die von Frankreich nach Italien und Rom wollten, mussten zu Fuß über diese Gipfel und Gletscher, die einen großen Teil der Schweiz ausmachen.

 

 Man konnte immer nur einer der Passwege folgen, die sich zwischen den Bergen erst hoch und dann wieder hinunter winden, aber auch die waren gefährlich. Da war zum Beispiel ein Pass, der immer mit hohem, teilweise fünfzehn Meter hohem Schnee bedeckt war. Er führte aus dem Schweizer Kanton Valais direkt hinüber nach Italien, nach Aosta. Dieser Pass war viel begangen. Es war auch die Strecke, die Napoleon nahm, als er unerwartet im Jahr 1800 in Italien einfiel. Er ließ besondere Schlitten herstellen, um die großen Kanonen zu transportieren, die er so schätzte. Natürlich wartete er auf den Frühling, wenn Eis und Schnee zu schmelzen begannen. So machten es natürlich die meisten Reisenden. Aber das Frühjahr war auch die Zeit der schwersten Lawinen, da dann Schnee und Felsbrocken zugleich alles unter sich begraben, wo sie niedergehen.

 

Kein Mensch kannte das alles besser als St. Bernhard, und er beschloss, etwas zu unternehmen. Was er dann tat, blieb bis auf den heutigen Tag erhalten, wenn auch das Risiko einer solchen Reise jetzt nicht mehr so groß ist.

 

Hoch auf den Gipfeln dieses viel begangenen Passes baute er ein Hospiz, das den Mönchen unterstellt wurde, die wir heute „Mönche vom St. Bernhard“ nennen. Das war im Jahr 962. Das Hospiz steht noch da, aber die heutigen Gebäude sind später gebaut worden. Es gab noch einen anderen Pass, der fast genauso gefährlich war. Über diesen Pass führte Hannibal seine Armee mit Elefanten, 218 v. Chr. Bernhard hat auch dort ein Hospiz gebaut. Beide lagen mehr als 2000 Meter hoch über dem Meeresspiegel.

 

Wir Menschen müssen zugeben, dass Hunde manches sehr viel besser können als wir mit all unserem Wissen. Sie laufen schneller, sie haben ein viel feineres Gespür für Geruch und Gefahr, sie finden so manches, was man mit den Augen nicht sieht, und sie können über Schnee hinlaufen, in dem wir versinken würden. So beschlossen die Mönche bald, eine ganz besondere Rasse von Hunden zu züchten und auszubilden, die ihnen bei ihrem schwierigen Rettungswerk helfen sollten; denn natürlich waren die Hospize nicht nur errichtet worden, um Durchreisenden Nahrung und Obdach zu bieten. So hielten sie, als Napoleon vorüberzog, viertausend große Brote für seine hungernden Soldaten bereit, dafür hatte er ihnen extra das Mehl heraufsenden lassen. Aber diese Männer in St. Bernhards Hospiz wollten vor allem Menschenleben retten, die armen Verschütteten ausgraben und die Erschöpften in Sicherheit bringen. Viele Wanderer sterben bei dem eiskalten Klima der hohen Berge, weil die Kälte sie so schläfrig macht. Geben sie diesem Schlafbedürfnis nach, so wachen sie nie wieder auf, wenn nicht jemand kommt und sie weckt.

 

All diese Dienste haben die Hunde von St. Bernhard seit Hunderten von Jahren geleistet. Einmal retteten sie sogar die Mönche, ihre eigenen Herren, vor dem Untergang.

 

Es war im Frühjahr, zur Zeit der Schneeschmelze. Im Kloster verlief der Tag wie gewöhnlich. Da trat einer der Mönche zum Pater Superior.

„Ich glaube fast“, sagte er, „Sie sollten einmal herunterkommen und nach den Hunden sehen.“

„Ja, was ist denn los?“

„Sie sind so sonderbar, ich habe sie noch nie so gesehen!“

Als der Obere hinkam, fand er die Tiere in wilder Erregung. Zum Glück verstand er sie besser als irgendjemand sonst im Haus. Er gab sogleich seine Anordnungen.

„Schnell“, rief er, „es ist keine Zeit zu verlieren! Läutet die Glocke und versammelt alle!“

Als alle zusammengekommen waren, befahl er ihnen, schnellstens das Hospiz zu verlassen und die Hunde mitzunehmen.

Sie waren kaum draußen, da donnerte eine Lawine über die Gebäude hinab.

 

Tausende von diesen Hunden lebten und taten ihren treuen Dienst und starben da oben bei den gefährlichen Pässen. Aber die höchste Zahl an Geretteten erzielte „Barry“, der vor etwa einhundertfünfzig Jahren lebte. Das ausgestopfte Fell dieses wunderbaren Hundes wird im Museum in Bern aufbewahrt. Er rettete vierzig Menschen das Leben in der kurzen Zeit seines Daseins. Seine bedeutendste Leistung war die Rettung eines kleinen Jungen, dessen Mutter von einer Lawine getötet worden war. Wie Barry es genau gemacht hat, weiß niemand, aber er schleppte den Jungen auf seinen Rücken und brachte ihn sicher zum Kloster.