Selige Martyrinnen von Valenciennes, elf Ursulinerinnen und andere Ordensfrauen, + 17. und 23.10.1794 – Gedenktag: 23. Oktober

 

Weder Gott, noch Herr! Los von Gott! Los vom Glauben! Fort darum mit dem christlichen Unterricht! Dieser Schlachtruf der schrecklichen französischen Revolution (1789-1795) ist auch von den nachfolgenden Revolutionen bis in unsere neue Zeit herein nachgeahmt worden. Wegen treuer Anhänglichkeit an den katholischen Glauben, nicht politischer Gründe wegen, sind damals viele Priester, Ordensleute und Laien hingerichtet worden. Nicht immer wird es möglich sein, diesen ausschlaggebenden Beweggrund unumstößlich genug nachzuweisen. Bei fünfzehn Ordensfrauen, die am 13. Juni 1920 selig gesprochen wurden, ist dies gelungen. Gleich Sternen in dunkler Nacht leuchtet das Beispiel ihres Heldenmutes wie ein tröstliches Himmelslicht in jene düstere Schreckenszeit hinein und erhellt auch unsere traurigen Tage mit ihrem Glanz.

 

Elf dieser Martyrinnen gehörten dem Ursulinenkloster von Valenciennes im nördlichen Frankreich an, das durch seine Regeltreue und seinen Eifer für die Ehre Gottes weithin bekannt war. Die würdige Oberin und Führerin der seligen Schar war Klothilde Paillot, eine Frau von seltener Tugend und männlich festem Charakter. Schon mit siebzehn Jahren hat sie das Ordenskleid empfangen. Den Eltern war es kein geringes Opfer, ihre älteste Tochter ins Kloster gehen zu lassen. Aber „zu den Ursulinen muss ich,“ so bat sie, „ich muss die Kinder unterrichten! Lasst mich gehen! Der Vater meint, ich sei zu jung; aber ich weiß ganz gut, was ich tue, es ist mein Beruf.“

 

Bei der Verfolgung der Ordensleute nach „Abschaffung“ der christlichen Religion und Einführung eines „Kultus der Vernunft und Moral“ (7. November 1792) flüchteten die Klosterfrauen von Valenciennes nach Mons in Belgien. Nach schier zweijähriger Verbannung, als mit der Hinrichtung des Hauptwüterichs Robespierre die gemäßigtere Partei das Übergewicht erhielt, kehrten die Frauen wieder in ihr liebes Kloster zurück, in der Hoffnung, sich wieder der jetzt umso dringlicher erforderten Erziehung der Kinder widmen zu können. Doch der Religionshass der Revolutionäre war noch nicht gestillt. Würden die Ordensfrauen ihren Beruf aufgegeben, von der Kirche sich losgesagt und auf die sogenannte Zivilkonstitution, den rein weltlichen Kultus, geschworen haben, so würde man sie ruhig in ihrem Heim belassen haben. So aber warf man sie ins Gefängnis, weil sie nach der Auswanderung ohne Erlaubnis der Republik wieder zurückgekehrt seien. Mutter Klothilde Paillot sprach offen vor dem Gerichtshof den wahren Grund ihrer Verfolgung und des Martyriums, das ihrer und ihrer Gefährtinnen harrte, aus: „Ich weiß, dass ich sterben muss, weil ich meinem Gott, meinem König und meiner Regel treu gewesen bin. Aber ich sterbe nicht für die Republik, ich sterbe für den römisch-katholischen Glauben, in dem ich unterrichtet habe, weil gerade dazu die Genossenschaft gegründet worden ist.“ Übrigens hatte sie schon vorher erklärt, wenn man sie nur bestrafen wolle, weil sie ausgewandert und unbefugt wieder zurückgekehrt seien, so sei sie allein die Schuldige. Sie sei die Oberin und die Schwestern seien verpflichtet zu gehorchen. „Auf meine Anordnung kamen sie. Nehmt also mich und tötet mich und lasst diese hier in Frieden.“ Da erhoben alle Schwestern lebhaft Widerspruch in heiligem Wetteifer um die Siegespalme: „Nein, nein, Mutter, wir wollen mit dir sterben. Wir sind zurückgekommen, um die Kinder in dem Glauben an eine heilige, katholische und apostolische Kirche zu unterrichten.“ Namentlich aufgerufen, legte jede freudig ihr Bekenntnis ab. Die Seligen verdienen es, dass ihre Namen und ihr Bekenntnis hierher gesetzt wird:

 

„Mutter Ursula Bourla, Ursuline, katholische Christin. In meinem Glauben will ich leben und sterben.

 

M. Augustina Dejardin. Ich bin katholisch, ich bin Ursuline und bleibe es bis zum Tod.

 

M. Marie Luise Ducrez. Ursuline bin ich und katholische Christin; nichts wird mich von meinem Glauben und meinem Beruf abwenden.

 

M. Anne Maria Erraux heiße ich, katholisch und Ursuline bin ich und bleibe ich.

 

M. Franziska Lacroix, katholische Christin, Ursuline bis in den Tod.

 

M. Scholastika Leroux, katholische Christin, Ursuline bis zum letzten Atemzug.

 

M. Josephine Leroux. Wie meine Schwester! Meinem Glauben und meinem Beruf entsage ich nicht, wenn ich auch sterben soll.

 

M. Laurentine Prin. Ich bin Ursuline, ich bin katholische Christin bis in den Tod.

 

M. Natalie Vanot. Leben und sterben will ich als Katholikin und Ursuline.

 

Schwester Kordula Barré. Meinen Glauben verleugne ich nicht. Ich bin Ursuline im Leben und im Sterben.“

 

Nach dem Verhör ins Gefängnis zurückgebracht, sprach die selige Mutter Luise: „Meine teuren Mütter, jetzt werden wir uns vorbereiten, vor Gott zu erscheinen.“ Alle knieten nieder und Mutter Natalie, die älteste von ihnen, begann die Sterbegebete zu beten. Dann dankte sie der Oberin für ihre mütterliche Sorge und bat um ihren Segen. M. Klothilde, tief bewegt, konnte nur schweigend jeder Mitschwester ein Kreuzchen auf die Stirn drücken. Alle Schwestern umarmen sich. Am heitersten und frohesten sind die fünf, an denen das Urteil zuerst vollstreckt werden soll. Dies sollte nämlich in zwei Abteilungen erfolgen, wohl weil man hoffen mochte, dass durch die Hinausschiebung die Zurückbleibenden wankend werden könnten. Vier Barmherzige Schwestern vom heiligen Vinzenz von Paul waren schon einige Monate vorher enthauptet worden. Auf sie verweist Mutter Klothilde. Wie diese wollten auch sie alle mutig ausharren. Der 17. Oktober 1794 wurde der Siegestag der ersten Schar. Die Trommeln wirbeln; Soldaten nahen, sie abzuholen. „Wohlan, rief die sonst so schüchterne M. Natalie ihnen zu, der Tag unserer Glorie ist angebrochen“ – die Worte des Revolutionsliedes auf ihren Ehrentag beziehend. Mutter Laurentine fügte hinzu: Das ist die erste Sprosse der Himmelsleiter.“

 

Nachdem den Ordensfrauen die Haare abgeschnitten und die Oberkleider genommen worden waren – eine Schmach, die sie mit ihrem geliebten Heiland teilen durften – baten sie den Offizier, ihnen das Taschentuch zu lassen, mit dem sie ihre Schultern bedeckt hatten. Er willigte ein. Darauf bot jede der Martyrinnen ihre Hände dem Henker dar, der sie ihnen auf dem Rücken zusammenband. So schritten die gottgeweihten Jungfrauen dem Richtplatz zu, zuerst das Misere betend, dann das Magnifikat singend. Eine ungeheure Volksmenge füllte den Platz. Aber seltsam! Statt des sonst üblichen wilden Geschreies, statt der Verwünschungen und Flüche herrschte Totenstille. Angesichts der Verklärung, die aus den Zügen dieser fünf Jungfrauen strahlte, wurden selbst die verstocktesten Zuschauer von Rührung ergriffen. An der Guillotine angelangt, sangen sie ruhig weiter: „Mein Geist frohlockt in Gott, meinem Heiland . . . Er übt Macht mit seinem Arm . . . Die Gewaltigen stürzt er vom Thron und erhöht die Niedrigen.“ Natalie Vanot wird aufgerufen. Festen Schrittes steigt sie das Schafott hinan. M. Laurentine und Ursula folgen. Die lebhafte M. Augustine wollte in edlem Wetteifer der M. Luise voraneilen, aber der Scharfrichter stieß sie zurück; als letzte legte sie ihr Haupt auf den Block.

 

Nicht weniger mutig starb die zweite Gruppe der Ordensfrauen am 23. Oktober. Sechsunddreißig Jahre waren es, dass M. Klothilde als junge Novizin das „Sucipe me Domine – Nimm mich hin, o Herr“ gesungen hatte. Nun erfasste sie ganz seine tiefste Bedeutung. Die Frauen verzeihen den Richtern, verzeihen dem Henker und allen, die ihnen das Glück verschafften, für Jesus sterben zu dürfen. Sie singen freudig das Salve Regina, während sie gebunden und dann in roher Weise hinausgeführt werden. Vor der letzten, der Schwester Kordula, fällt die Tür ins Schloss. Erschrocken schaut sie sich um. Sie ist allein im Gefängnis. Vergessen oder absichtlich übergangen? Sie klopft an die Tür. Keine Antwort. Weinend stürzt sie zur Erde nieder: „Mein Gott! Willst du mich nicht? Ach, ich bin nicht würdig die Martyrerkrone zu erlangen und ich wollte doch so gerne für dich sterben!“ Die Erinnerung an die heilige Kordula, die Gefährtin St. Ursulas, steigt in ihrem Gedächtnis auf. Sie, Kordula die ältere, hatte sich vor den ruchlosen Horden im Schiff versteckt gehabt, aber anderntags sich reuevoll selbst gestellt. Sollte nun auch sie, die Nachfolgerin, sich unwürdig gemacht haben? „O Herr, du weißt, das ich dich liebe! Suscipe me! Nimm mich auf und mache mich in meiner Erwartung nicht zuschanden!“ Und ihre Hoffnung wurde nicht getäuscht. Die Gefängnistür öffnete sich wieder; der Kommissar hatte sein Versäumnis bemerkt. Strahlend vor Glück eilte die kindlich gute Schwester hinaus zur Teilnahme am Martyrium.

 

Es war eine feierliche Prozession, die da in der „Straße der Karmeliten“ einherzog, nicht ein Gang zum Tod. Engelgleiche Bescheidenheit und Freude lag auf dem Antlitz der Frauen, ihre sanften Stimmen sangen in klösterlich-frommer Weise die Muttergottes-Litanei und das Te Deum. Eine nach der anderen, Klothilde als erste, stiegen sie das Blutgerüst hinan. Tiefe Stille trat wieder ein. So feierlich war es. Die Engel holten die Bräute des Herrn heim zur Hochzeit des Lammes. Die Leichname der elf Martyrinnen wurden auf Militärwagen in den neuen allgemeinen Friedhof gebracht. Die Gräber lassen sich nicht mehr feststellen.

 

So haben auch die christlichen Erzieher und besonders unsere trefflichen klösterlichen Erzieherinnen Blutzeugen für ihren Beruf und mächtige Fürbitterinnen im Himmel. Wie wichtig ist eine gute Kindererziehung! Nur auf religiöser Grundlage hat sie nachhaltige Wirkung. „Die Kindergebete waren der einzige Faden, an dem ich mich gerettet habe; alles andere hat nichts geholfen,“ schrieb der geniale Klemens Brentano im Jahr 1836.

 

Mutter Klothilde