Heiliger Simeon, Bischof und Martyrer von Jerusalem, + 18.2.106 - Fest: 18. Februar

       

Der heilige Simeon, dessen wir heute gedenken, war ein Cousin des lieben Heilandes, und überdies war er der Bruder der heiligen Apostel Jakobus des Jüngeren und Simon Thaddäus.

 

Simeon soll nach der Legende sieben oder acht Jahre älter gewesen sein als Jesus. Er gehörte zu den zweiundsiebzig Jüngern, die der Heiland auswählte und aussandte, und als der Apostel Jakobus der Ältere und nach ihm der Apostel Jakobus der Jüngere, die zwei ersten Bischöfe von Jerusalem, den Martertod erlitten hatten, wurde Simeon mit fast achtzig Jahren ihr Nachfolger.

 

In die Zeit seiner bischöflichen Regierung fällt unter anderem auch die grauenvolle Zerstörung Jerusalems im Jahre 70 nach Christi Geburt, ein Strafgericht Gottes, das allen Menschen aller Zeiten eine eindringliche Mahnung bleiben wird, Gott nicht herauszufordern, weil er seiner nicht spotten lässt.

 

Auf der Höhe des Ölberges hatte der Heiland einst vor dem feierlichen Einzug in Jerusalem am Palmsonntag über die Stadt bittere Tränen geweint, weil sie den Tag der Heimsuchung nicht erkannte. Er hatte mit dem Untergang gedroht, und die Leute hatten ihn verlacht. Siebenunddreißig Jahre später stand an der gleichen Stelle auf dem Ölberg der römische Feldherr Titus, und als man ihm die Einnahme der verwüsteten Stadt meldete, weinte auch er wie ehedem der Heiland und sagte, nicht er habe gesiegt, sondern eine höhere Macht habe hier gerichtet. In Jerusalem lachte damals keiner mehr.

 

Für dreißig Silberlinge, den gewöhnlichen Preis für einen Sklaven, hatten die Juden von dem Verräter den Heiland gekauft. Siebenunddreißig Jahre später wurden Tausende von gefangenen Juden als Sklaven verschachert, dreißig für einen Silberling.

 

Jerusalem hatte das unschuldige Blut des Erlösers im frevlen Übermut auf sich und seine Kinder herabgerufen. Siebenunddreißig Jahre später floss in den Straßen der Stadt unschuldiges Blut in Strömen.

 

Christus, das Brot des Lebens, hatten die Juden abgelehnt. Siebenunddreißig Jahre später starben in der Stadt Zehntausende den Hungertod.

 

Christus, den Eckstein, hatte man verworfen. Siebenunddreißig Jahre später blieb in der Stadt kein Stein mehr auf dem anderen.

 

Jerusalem hatte den Messias außerhalb der Stadt auf Golgatha gekreuzigt. Siebenunddreißig Jahre später erhoben sich vor den Ringmauern Hunderte von Kreuzen, an denen täglich Hunderte von Juden gekreuzigt wurden.

 

Wahrlich, Gott lässt seiner nicht spotten, und es ist gut, dass man sich diese Tatsachen merkt und sie alle Tage vor Augen hat.

 

Alles das geschah zu jener Zeit, da der heilige Simeon Bischof von Jerusalem war. Allerdings hatte er mit der Christengemeinde, der Mahnung des Heilandes eingedenk, die Stadt vor der Zerstörung verlassen und war nach Pella im Ostjordanland geflohen. Dort wartete er das göttliche Strafgericht ab, und als es sich verzogen hatte, kehrte er nach Jerusalem zurück, wo auch er später das Martyrium durch den Kreuzestod erlitt. Mit ihm starb der letzte von denjenigen, die den Herrn mit eigenen Augen sahen.

 

Insgesamt fünfundvierzig Jahre hatte Simeon die Kirche zu Jerusalem regiert, während dieser Zeit unzählige Arbeiten und Leiden überstanden, und das seltene Alter von einhundertzwanzig Jahren erreicht, als er ein freudiges und edles Opfer der Verfolgung wurde, die unter dem römischen Kaiser Trajan in Judäa und ganz Syrien wütete. Die Römer suchten alle Abkömmlinge aus dem Geschlecht Davids auszurotten, weil die Juden einen König und Erlöser aus diesem Haus erwarteten. Der heilige Simeon wurde als ein Sprössling aus Davids Geschlecht bei dem Statthalter Artikus angegeben, und zugleich auch als Christ und als Bischof der Christen angeklagt. Artikus zog den ehrwürdigen Greis vor seinen Richterstuhl und ließ mehrere Tage nacheinander die schmerzlichsten Martern an ihm vollziehen, um ihn zur Abschwörung des Christentums zu bewegen. Allein dieser erduldete die grausamsten Peinen mit einer solchen Standhaftigkeit, dass selbst der hartherzige Richter in Erstaunen und Verwunderung geriet. Endlich wurde der heilige Greis, gleich seinem Herrn und Meister Jesus Christus, gekreuzigt im Jahr einhundertsieben.

 

Diejenigen, die aus Hass den heiligen Simeon bei dem Statthalter Artikus angeklagt hatten, wurden überführt, dass sie ebenfalls aus Davids Geschlecht abstammen, und deswegen auch getötet. So empfingen sie die verdiente Vergeltung für ihren boshaften Verrat.

 

Bis zum Tod des heiligen Simeon hatte sich die Kirche zu Jerusalem in jungfräulicher Reinheit, wie sich Eusebius ausdrückt, erhalten, indem bis dahin alles Unkraut falscher Lehre entweder in seinem Keim schon erstickt, oder doch an seinem Aufwachsen gehindert wurde. Jeder Irrlehrer musste verstummen, weil ihm Christen entgegenstanden, die selbst hörten und sahen, was Jesus gelehrt und getan hatte. Nachdem nun aber die heiligen Apostel und die unmittelbaren Schüler des Herrn durch verschiedene Todesarten der Kirche Jesu Christi entrissen waren, erhoben die Irrlehrer ihr Haupt empor. Und von dieser Zeit an musste die Kirche durch alle Jahrhunderte gegen sie sehr schwere Kämpfe bestehen, und mit der größten Sorgfalt beständig auf der Hut sein, dass nicht die reine Lehre des Heils durch falsche Lehre verdunkelt werde. Nur durch den Beistand, den Jesus seiner Kirche verheißen und von Zeit zu Zeit so reichlich und sichtbar bewiesen hatte, war es möglich, die heilige Lehre unverfälscht zu erhalten. Dafür sei hochgelobt und laut gepriesen unser himmlischer Lehrmeister Jesus Christus von Ewigkeit zu Ewigkeit.

 

Dem heiligen Simeon folgte in der bischöflichen Amtsführung zu Jerusalem Justus, ein gläubiger Jude. Zu dieser Zeit bekehrten sich sehr viele Juden zum Glauben an Jesus Christus, wie der Geschichtsschreiber Eusebius versichert.