Heiliger Peter Alois Maria Chanel, Priester, Missionar und 1. Martyrer in Ozeanien, Marist, + 28.4.1841 – Fest: 28. April

       

„Auf dass unsere Zeit keinen Grund hätte, die vergangenen Zeiten zu beneiden, so hat die göttliche Vorsehung unseren Tagen es vorbehalten, dass in diesen letzten Jahren den äußersten Grenzen Ozeaniens und seinen so weit entlegenen Bewohnern das Licht des Evangeliums durch Boten des göttlichen Wortes aufging, die nach dem Vorbild der alten Apostel die Lehre Christi, welche sie verbreiteten, auch mit ihrem Blut zu bekräftigen verlangten. Einen so edlen Herzenswunsch sah erfüllt der ehrwürdige Diener Gottes Petrus Aloysius Maria Chanel, dessen Leben ein Beispiel, dessen Tod eine Zierde des christlichen Namens ist.“ (Papst Leo XIII. im Dekret der Seligsprechung)

 

Chanel ist geboren am 12. Juli 1803 zu Cuet in Frankreich, Diözese Belley. Er war das Kind einfacher, schlichter Landleute. In der Taufe erhielt er den Namen Peter. Aloys nannte er sich von dem Tag an, da er gefirmt wurde, dem Fest des heiligen Aloysius. Den Namen Maria fügte er hinzu, als er vernahm, dass ihn seine fromme Mutter schon vor der Geburt der Mutter Gottes geweiht habe. Sie hatte ihm nämlich überdies von zarter Kindheit an eine innige Andacht zur seligsten Jungfrau eingepflanzt, die ihn sein ganzes Leben auszeichnete und wie ein schützender Engel begleitete. Sieben Jahre alt, musste er die kleine Schafherde seines Vaters hüten, und nie kehrte er von der Weide heim, ohne ein duftiges Sträußlein gepflückt zu haben, um es zu Hause zu den Füßen des Muttergottesbildes niederzulegen, vor dem er sein Morgen- und Abendgebet zu verrichten pflegte. „In aller Herrgottsfrühe“, so erzählt er selbst von diesen Tagen seliger Kindheit, „Stand ich jeden Morgen auf. Während meine gute Mutter mir die Hirtentasche umhing, die ihre Liebe stets mit etwas Gutem zu füllen wusste, fragte sie mich immer: „Peter, hast du auch dein Morgengebet schon verrichtet?“ Dann umarmte sie mich und ermahnte mich, brav zu sein, und fröhlich zog ich hinaus, gefolgt von meinem treuen Hündlein.“

 

Solchen Anfängen entsprach der Fortgang. M. Trompier, Pfarrer von Cras, hatte in seinem Haus eine kleine Lateinschule eingerichtet, wo er gut veranlagte Jungen um sich sammelte, um ihnen die erste Vorbereitung zum priesterlichen Beruf zu geben. Eines Tages traf er den kleinen Peter beim Hüten, und da ihm die Antworten des munteren, unschuldigen Jungen gefielen, nahm er ihn nach Rücksprache mit seinen Eltern, die dann ebenfalls nach Cras übersiedelten, zu sich. Peter wurde bald eine Zierde der Schule, das „Blümchen der kleinen Herde“, wie sich der Pfarrer später auszudrücken pflegte. Dreizehneinhalb Jahre alt, empfing Peter die erste heilige Kommunion, mit welchem Ernst und ungewöhnlichem Verständnis, zeigen die Lebensregeln, die er sich an diesem Tag niederschrieb. Ungefähr in seinem fünfzehnten Lebensjahr wurde Peter von einem eigentümlichen Ekel und Überdruss an seiner bisherigen Lebensweise befallen und er beschloss, aus der Einrichtung zu entfliehen. Schon war er auf dem Weg, da begegnete ihm die Lehrerin der Mädchenschule und fragte: „Nun Peter, wohin so eilig?“ „Fort! Ich kann nicht länger bleiben!“ „So! Hast du die Mutter Gottes auch schon um Rat gefragt?“ Peter schwieg verlegen. „Nun gut, Peter, bevor du gehst versprich mir eines: dort ist die Kirche, gehe hin und frage erst die Mutter Gottes.“ Peter ging und nach einer Weile kam er freudestrahlend zurück, schwang seine Bücher in der Luft und rief: „Ich bleibe, ich bleibe!“ Sein Leben lang blieb er der Mutter Gottes für den Schutz in dieser verhängnisvollen Stunde dankbar.

 

Mit sechzehn Jahren trat Chanel in das Kleine Seminar von Meximieux. Was er in Cras gewesen, wurde er auch hier, der Liebling seiner Mitschüler und Lehrer. Er wurde einstimmig zum Präfekten der marianischen Kongregation erwählt, und seine Liebe zu Maria wusste dieser so segensreichen Einrichtung neuen Aufschwung zu geben. Einst schnitt er sich zufällig in den Finger. Sofort ergriff er die Feder und schrieb mit seinem Blut die Worte nieder: „Maria, lieben und machen, dass sie geliebt werde.“ So hat er es durch die Tat gehalten. Seine Fortschritte in den Studien, die er ebenso glücklichen Anlagen als ausdauernder Arbeitslust verdankte, sein musterhaftes Betragen, seine aufrichtige Frömmigkeit und bei aller Sanftmut und Gefälligkeit ein gewisser Zug von Festigkeit in seinem Wesen gewannen ihm ein großes Ansehen unter den Studierenden, das er nur zur größeren Ehre Gottes und zur Verherrlichung seiner geliebten Mutter Maria verwertete. „Geliebt von Gott und den Menschen“ fasst einer seiner Mitschüler die Erinnerungen an ihn aus jener Zeit zusammen. Am 15. Juli 1827 empfing Chanel die heilige Priesterweihe. Und jubelnd führte der alte Herr Trompier seinen einstigen Zögling nach Cras zurück, damit er dort seine erste Heilige Messe feierte.

 

Bald darauf wurde Chanel in die Seelsorge geschickt und zeichnete sich in dem Maße aus, dass ihm schon nach Jahresfrist die ganz hoffnungslos verkommene Pfarre Crozet übertragen wurde. Das erste, was Chanel tat, war, dass er die unglückliche Gemeinde unter den Schutz der Himmelskönigin stellte, und als er sie nach nicht ganz 3 Jahren verließ, konnte er sie am letzten Sonntag, der ihn in Crozet sah, der Mutter Gottes in feierlichster Weise als würdiges Weihegeschenk darbringen und für ewige Zeiten ihrer besonderen Huld empfehlen. Er hinterließ in der vollständig umgewandelten Gemeinde das Andenken „des guten, frommen Pfarrers“. Das hat sein echt priesterlicher Wandel, seine aufopfernde Liebe zu den Kranken und besonders seine grenzenlose Freigebigkeit und Mildtätigkeit zu Stande gebracht. Noch vor seiner Abreise verteilte er seine ganze Habe bis auf das letzte Stück Möbel an die Armen der Gemeinde. Nicht lange nach der Ankunft Chanels in Crozet hatte der Bürgermeister an den Bischof geschrieben: „Ich danke Ihnen von Herzen, dass Sie uns einen so ausgezeichneten Pfarrer geschenkt haben. Sie haben in ihm den Eifer und die milde Sanftmut des heiligen Franz von Sales in unserer Mitte wieder aufleben lassen.“

 

Aber bei aller so schönen und trostreichen Wirksamkeit zog es den Heiligen nach Höherem. Schon im Pfarrhof zu Cras und dann später wieder im Kleinen Seminar, war sein Blick durch fromme Lesung auf die auswärtigen Missionen gerichtet worden. „Die Annalen der Verbreitung des Glaubens“ gaben seiner Sehnsucht immer neue Nahrung, und zugleich wünschte er, zum Zweck seiner eigenen Vervollkommnung einer Ordensgenossenschaft sich anzuschließen. Seine Liebe zur Mutter Gottes lenkte seine Wahl auf die noch junge, erst im Jahr 1815 gegründete, Gesellschaft Mariä und nach langen, unverdrossen fortgesetzten Bitten erhielt er endlich auch von seinem Bischof die Erlaubnis, dem klar erkannten Ruf Gottes zu folgen. Als Marist bekleidete Chanel 5 volle Jahre die Stelle eines Professors und Direktors des Kleinen Seminars in Belley, und sein Herzenswunsch, die Missionstätigkeit, schien nun erst recht in die Ferne gerückt. Aber im Mai 1836 wurde die Gesellschaft Mariä von Gregor XVI. kanonisch bestätigt und ihr als besonderes Arbeitsfeld die schwierige Mission auf den Inseln der Südsee angewiesen. Sofort meldete sich Chanel, und sein Name stand an der Spitze der Liste jener, die für die neue Mission bestimmt waren. Der General der Maristen ernannte ihn zum Obern der ersten Missionsschar, und Msgr. Pompallier, der erste apostolische Vikar von Zentral-Ozeanien, zu seinem Provikar. „Dass Sie mich jetzt verlassen“, sagte ihm sein Bischof beim Abschied, „ist der erste Kummer, den Sie mir bereiten. Aber Gott ruft Sie. Sie müssen gehorchen. Die seligste Jungfrau, deren besonderer Schützling Sie stets gewesen, wird Sie schützend und tröstend begleiten und Sie über alle Schwierigkeiten siegen machen.“ „Sein Leben“, schreibt von ihm der Bischof später, „war das Vorbild echt priesterlichen Wandels für alle, zumal durch seine innige, wahre Frömmigkeit, seinen glühenden Seeleneifer, seine unwandelbare Sanftmut und Milde.“ „Er war ein Mann“, bezeugt ein anderer Bischof, „mit einem Herzen von Gold, der Glaubenseinfalt eines Kindes, den Sitten eines Engels.“

 

Am Vorabend vor Weihnachten 1836 verließen die Missionare Europa, und nach ungefähr 10monatiger Reise landete Chanel auf der Insel Futuna. Es war am 9. November 1837, als er von Msgr. Pompallier den letzten Segen und die Weisung erhielt, mit Bruder Nizier auf der Insel zu bleiben.

 

Das erste, was sie taten, war, das kleine Inselland der Königin des Himmels zu weihen und ihre Arbeit unter deren besonderen Schutz zu stellen. Nicht ganz 4 Jahre später sollte Chanel den anscheinend unfruchtbaren Boden mit seinem Blut begießen. Die erste Zeit unfreiwilliger Muße wurde mit ganzem Eifer der Erlernung der Sprache der Eingeborenen gewidmet. Nebenbei durcheilten sie die Insel nach allen Richtungen, um etwa sterbenden Kindern die Taufe zu spenden. Nachdem die Schwierigkeiten der Landessprache überwunden waren, wendete der Missionar seine ganze Aufmerksamkeit vor allem der Bekehrung des Königs zu, dessen Liebe er gewonnen hatte, und dessen Gastfreundschaft er durch zwei Jahre sich erfreuen konnte. Dann aber kam es anders. Der König war nämlich auch Oberpriester des Volkes und fing an, da ein großer Teil seiner Macht auf dieser Verbindung von Königtum und Priestertum beruhte, von der Tätigkeit des Missionars für seine Herrschaft zu fürchten. Sein Wohlwollen gegenüber dem Missionar verwandelte sich in Argwohn, bald in Hass. Er verlegte seine Residenz, zog sich von dem Diener Gottes zurück und versuchte ihm sogar auf jede Weise den Lebensunterhalt abzuschneiden. Aber der Heilige suchte sich sein Brot im Schweiß des Angesichtes, und wie oft auch die Eingeborenen seine Pflanzungen plünderten, was sie auch sonst in Bewegung setzen mochten, ihn zu zwingen, dass er die Insel verlasse, seine Anspruchslosigkeit, seine Geduld machte alle ihre Bemühungen zu Schanden. Hingegen gewann er die Herzen der Insulaner immer mehr, „der Priester mit dem guten Herzen“, wie sie ihn nannten. Sie kamen ihn zu hören, und fingen auch an, auf seine Predigt hin ihre schrecklichen Lebensgewohnheiten abzulegen. Das reizte die Feinde noch mehr, und als bekannt wurde, dass auch der Sohn des Königs der neuen Lehre sich angeschlossen habe, beschlossen sie, zu offener Gewalt zu schreiten und ihren Verkünder aus dem Weg zu räumen. Zuerst stürmten sie die Hütten der Gläubigen und misshandelten die Wehrlosen, dann eilten sie zu Chanels Wohnung, wo sie den Heiligen allein trafen. Mit Keulenschlägen und einem Lanzenstoß streckten sie den Bekenner zu Boden und töteten ihn dann vollends mit Axt und Beil wie ein Opfertier. Es war der 28. April des Jahres 1841.

 

Bald nach der bösen Tat, die auf der ganzen Insel Abscheu und Entsetzen hervorrief, erfolgte der plötzliche Tod des Bruders des Königs, eines der Hauptanstifter des Mordes. Der König folgte ihm noch vor Jahresfrist, von einer grässlichen Krankheit ergriffen, nachdem er vergeblich bei allen Götzen der Insel Hilfe gesucht hatte. Ebenso ereilte die strafende Hand Gottes noch einige andere Häupter der Verschwörung. Aber viel auffallender war der Segen, den der Opfertod des Heiligen brachte. Noch ehe 5 Monate verflossen waren, verlangte die ganze Insel Unterricht und Taufe. Ganz einzig aber ist die Gnade, die dem eigentlichen Mörder Chanels zuteilwurde. Auch er war von einer schweren Krankheit ergriffen worden und bereute unter vielen Tränen seine Untat und begehrte inständig die Taufe. Er genas wieder und diente dann, als es sich um die Feststellung der Tatsache und der einzelnen Umstände des Martertodes des Heiligen handelte, mit anderen Teilnehmern an der Tat, als verlässlicher Zeuge. Als es dann mit ihm zum Sterben kam, ließ er sich in das Zimmer tragen, wo der heilige Petrus den Tod erlitten hatte, um so seinen Frevel durch den Tod an der selben Stelle nach Kräften zu sühnen.

 

Es fehlte auch nicht an Wundern, durch die Gott seinen Blutzeugen verherrlichte, und so wurde unter Pius IX. am 24. September 1857 sein Seligsprechungsprozess eingeleitet. Seine heiligen Überreste waren schon im Jahr 1851 nach Frankreich zurückgebracht worden. Die feierliche Seligsprechung erfolgte durch Leo XIII. am 16. November 1889, 8 Tage nachdem sein Altersgenosse und Landsmann, der selige Martyrer Johann Gabriel Perboyre, auf die Altäre erhoben worden war. Seine Heiligsprechung erfolgte im Jahr 1954 durch Papst Pius XII.