Tigrius kam am Ende des 4. Jahrhunderts als ein christlicher Sklave nach Konstantinopel, wo er sich durch seine Treue und Frömmigkeit so sehr die Liebe seines Herrn erwarb, dass er ihm die Freiheit schenkte und ihn wegen seiner hohen Tugenden und gründlicher Gelehrsamkeit dem Patriarchen empfahl. Der erteilte ihm nach einer langen und strengen Prüfungszeit die heiligen Weihen und stellte ihn als Priester an der Patriarchalkirche an. Tigrius machte seinem Stand durch sein heiliges Leben große Ehre, denn Gebet und die Lesung der heiligen Schriften, die Verkündigung des göttlichen Wortes und der Besuch der Kranken, Armen und Gefangenen, verbunden mit einem reinen, gottseligen Wandel, war sein Tagewerk. Geehrt und geachtet von allen Frommen als die Zierde der Geistlichkeit, wirkte der heilige Tigrius rastlos in seinem Beruf, bis zu der unglücklichen Zeit, wo unter der Regierung des Kaisers Arcadius in Konstantinopel eine Feuersbrunst unersetzlichen Schaden anrichtete und den Gläubigen die Schuld daran zur Last gelegt wurde. Optatus, damals Präfekt der Kaiserstadt, begünstigte die Ketzer und wartete schon lange mit Sehnsucht auf eine gute Gelegenheit, die wahren Gläubigen zu verfolgen und zu unterdrücken. Jetzt war sein Verlangen erfüllt und unter dem Schein der Gerechtigkeit wütete er wie ein Barbar und vergoss eine Menge unschuldiges Blut. Besonders traf seine Rache jene Priester, die bei ihm wegen ihres tätigen Eifers für die Erhaltung der Reinheit der christlichen Religion angeklagt waren. Unter vielen anderen wurde auch der heilige Tigrius von den Gerichtsdienern überfallen, in ein Gefängnis gebracht und nach einigen Tagen vor den Richter geführt. Als er auf seiner Unschuld beharrte und in einer rührenden Rede auch mit eindeutigen und guten Gründen die Unschuld der Gläubigen bewies, wurden ihm die Kleider vom Körper gerissen und auf einer Folter seine Glieder schmerzhaft ausgedehnt. Dann schlugen ihn die Henker so grausam, dass er unter den größten Schmerzen den Geist aufgab.
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Am selben Tag erhielt auch der heilige Eutropius, Lektor an der Patriarchalkirche zu Konstantinopel, die Marterkrone. Er war ein sehr junger Mann, der von seiner frühesten Jugend an sein Herz Gott und der Tugend geweiht hatte und durch seine seltenen Anlagen die schönsten Hoffnungen von sich gab, dass er einst ein ausgezeichnetes Licht in der Kirche Jesu werden würde.