In dem Teil der Welt, in dem wir wohnen, werden wir durch diese Insekten nicht belästigt, aber im Ausland, in sehr heißen Gebieten, können sie wirklich eine Qual sein. Moskitos werden sogar zur Gefahr, denn durch ihren Stich bekommen die Menschen Malaria und gelbes Fieber. Es sind die Moskito-Weibchen, die stechen und Blut saugen. An vielen Orten muss man nachts die Betten mit Moskito-Netzen verhängen, sonst wäre ein Schlafen überhaupt unmöglich.
In Südamerika müssen die Insekten wirklich ernst genommen werden. Und doch lebte vor einigen Jahrhunderten ein junges Mädchen in Lima, der peruanischen Hauptstadt, die das Sommerhäuschen, in dem sie ihre meiste Zeit zubrachte, mit diesen giftigen Mücken teilte. Sie wurde nicht einmal gestochen! Dieses Mädchen hieß Rosa. Sie war die erste aus der Neuen Welt, die von der Kirche heiliggesprochen wurde, sie ist die Patronin von Amerika und den Philippinen.
Ursprünglich war sie auf den Namen Isabella getauft worden, aber als sie heranwuchs, hatte sie einen so schönen, rosigen Teint, dass ihre Eltern sie „Rosa“ nannten. Sie war überhaupt wunderhübsch, hatte sehr feine Haut und auffallend schöne Hände. Nun ist Schönheit sicher etwas, wofür man dankbar sein kann, aber man kann sie nicht als das „einzig Notwendige“ betrachten, das man begehren soll, wie das Himmelreich. Ein Mädchen, das weiter nichts als ein schönes Gesicht hat, ist nicht reich! Schon gar nicht, wenn man bedenkt, dass es seine Besitzerin recht aufgeblasen und eingebildet machen kann. Leider kann uns ja überhaupt fast alles eitel und überheblich machen. Rosa wusste das, und obwohl sie sich manchmal versucht fühlte, ihre Schönheit recht wichtig zu nehmen, gab sie dem doch nicht nach. Wenn ihr die Versuchung kam, rief sie sich selber zu: „Rosa, was fällt dir ein! Lass dich von deiner Schönheit bloß nicht zum Narren machen!“
Ihre Eltern waren ursprünglich wohlhabend, aber dann legte ihr Vater sein Geld etwas waghalsig an und verlor es. Da zeigte sich, aus welchem Holz Rosa geschnitzt war. Sie war sehr geschickt im Nähen und benutzte nun ihre Kunst, um die Einnahmen der Familie zu verbessern.
An diesem Punkt nun treten die Moskitos in unsere Geschichte ein. Um nämlich besser arbeiten zu können, nahm sie ihre Stickerei mit in das Sommerhäuschen am Ende des Gartens. Hier war sie die meiste Zeit des Tages.
„Bist du denn nicht sehr einsam, da unten?“ fragte ihre Mutter.
„Einsam? Nein, ich bin nicht einsam! Ich habe immer reichlich Gesellschaft.“
Und die hatte sie in der Tat. Eines Tages wurde ihre Mutter neugierig und wollte sehen, wen sie denn bei sich hätte und schaute zum Fenster hinein. Sie konnte zuerst ihren Augen kaum trauen: Wände, Dach und Boden sowohl wie das junge Mädchen selbst waren bedeckt mit Moskitos, und die, die keinen Sitzplatz mehr gefunden hatten, blieben fliegend in der Luft!
Natürlich gab es einen wahren Regen von Fragen. Dann kam heraus, dass dies schon seit einer ganzen Zeit so ging. Als Rosa zuerst diese Zuflucht in der Sommerhitze aufgesucht hatte, brummte es darin von Insekten. Aber sie hatte einen Vertrag mit ihnen geschlossen: „Wenn ihr mir versprecht, mir nichts zu tun“, sagte sie, „dann geb’ ich euch mein Wort, dass ich euch auch nichts zuleide tun will!“ Und dieser Vertrag war treu gehalten worden. Solch sonderbare Haustiere hatte ja nun noch niemand gesehen. Sie durften tun, was sie wollten und summen und brummen, wenigstens viele Stunden lang.
Dann freilich gab es Zeiten, wo Rosa darauf bestand, dass es vollkommen still war. Sie brauchte ihnen nur ein Zeichen zu geben und ein Wort zu sagen, und all die Flügelchen und Beinchen hielten still – man konnte eine Nadel fallen hören. Nachts zog die ganze Gesellschaft gewöhnlich davon, aber jeden Morgen, wenn Rosa ihre Zufluchtsstätte aufsuchte, brauchte sie nur zwei-, dreimal zum Fenster hinausrufen, und schon waren sie da. Manchmal sagte sie ihnen: „Jetzt, ihr kleinen Freunde, ist es Zeit, Gott zu lobpreisen!“ Auf diese Worte hin begannen die Insekten ein Brummen, das dem Tönen einer fernen Orgel glich.
Rosa war ein mutiges Mädchen, denn als sie sich einmal beim Zuschlagen der Tür den Daumen zerquetschte, schrie und heulte sie nicht, sondern verbiss den Schmerz und versteckte die Hand unter der Schürze. Das war entschieden tapfer, wenn auch nicht gerade klug, denn später eiterte die Wunde, und der Fingernagel musste, natürlich ohne schmerzlindernde Betäubung, die damals noch unbekannt war, herausgeschnitten werden. Das tat weh, aber Rosa zuckte nicht einmal dabei und weinte auch nicht eine einzige Träne, indem sie sagte, Tränen seien zu kostbar für solche Kleinigkeiten, Tränen dürfe man nur über die Sünden vergießen, mit denen der liebe Gott von undankbaren Menschen schwer beleidigt werde. So tapfer war die Kleine, und so heilig dachte sie schon mit jungen Jahren.
Dass ein Kind wie Rosa auch gehorsam den Eltern gegenüber war, versteht sich von selbst, obwohl ihr die Mutter den Gehorsam nicht leicht machte. Es war nämlich die Mutter eine Frau von weltlicher Art, die wenig Verständnis für die gnadenvolle Frömmigkeit des Kindes besaß. Damit die Schönheit der Tochter den Nachbarn noch mehr in die Augen falle, hing sie ihr Kettchen um Hals und Arme, kräuselte ihr das Haar und schminkte die Wangen. Das alles war dem Mädchen, das über sein Alter übernatürlich klug war, zuwider, und es sträubte sich auch wohl dagegen, und wenn Rosa dann von der Mutter zurechtgewiesen wurde, so ließ sie die Mutter ruhig ausreden und gab nie ein Widerwort. Das war recht getan, denn selbst wenn die Eltern etwas nicht richtig machen sollten, so dürfen es deswegen die Kinder durchaus nicht an der schuldigen Ehrfurcht fehlen lassen. Vater und Mutter muss man immer ehren.
Wie schon erwähnt, waren Rosas Eltern unbemittelt, und weil sie noch zehn weitere Söhne und Töchter hatten, kann man sich denken, dass das heilige Kind früh für den Unterhalt der großen Familie mitverdienen musste. Zehn Stunden am Tag arbeitete das erwachsene Mädchen, sie nähte und stickte, wie erwähnt, für andere Leute, und fleißig flog die Nadel durch den Stoff. Dass sie bei der ununterbrochenen Beschäftigung während der Woche nicht zur Kirche kam, sondern nur an den Sonntagen zur Heiligen Messe gehen konnte, bedauerte sie sehr, doch wusste sie sich dadurch zu helfen, dass sie sich in einer abgelegenen Ecke des Gartens, von Rosen umrankt, ihre Einsiedelei einrichtete, in der sie nach des Tages Last betete und sang, während ringsum die Nachtigallen schlugen.
Gern wäre Rosa ins Kloster gegangen, aber die Armut daheim und die Sorge für die Ihrigen ließen es nicht zu. Auch den Heiligen erfüllt der liebe Gott nicht alle Wünsche. Dafür ließ sich Rosa in den Dritten Orden des heiligen Dominikus aufnehmen.
Auch das darf nicht unerwähnt bleiben, dass Rosa mit zunehmenden Alter immer mehr und immer härtere Bußwerke Gott zu Ehren auf sich nahm, um ihn dadurch für die Unehre zu entschädigen, die ihm durch die Sünden der Menschen zugefügt wird.
So sehr hat Rosa sich dem Dienst Gottes hingegeben, dass ihr Leben bereits auf der Scheitelhöhe vor der Zeit verblüht war. Rosa starb in Lima, im Alter von einunddreißig Jahren, um als die Rose des Herzens Jesu im Himmel ewig weiterzublühen. Gut fünfzig Jahre nach dem frühen Tod wurde Rosa von Lima durch die Kirche als die erste Wunderblume Amerikas heiliggesprochen.
Von Verlobung und Hochzeit, von Braut und Bräutigam reden heute die Messgebete. Sinnbildlich sind die Worte gemeint, denn unter dem Bräutigam muss man sich den Heiland und unter der Braut jene Seele vorstellen, die lebenslang danach trachtet, Gott zu gefallen, bis sie an ihrem Sterbetag feierlich heimgeholt wird zur himmlischen Vermählung. Zu den edelsten unter den Bräuten Christi gehört die heilige Rosa, deren Fest wir heute begehen.
Rosa von Lima und das Jesuskind