Heiliger Johannes von Avila, spanischer Priester und Missionar, Kirchenlehrer, + 10.5.1569 – Fest: 10. Mai

 

Unter den eifrigsten Dienern der erhabenen Gottesmutter nimmt Johann von Avila eine hervorragende Stelle ein. An Maria wies er stets die Seelen, die dem Verderben am meisten ausgesetzt waren.

 

Als einst eines seiner Beichtkinder von dem Gedanken verfolgt wurde, seine Frau zu töten, riet ihm Johann von Avila, vertrauensvoll vor einem verehrten Bildnis Mariens zu beten. Die Versuchung wich und dieser Unglückliche gewann den Seelenfrieden wieder, den er verloren hatte. Er war für alles, was die Verehrung und Verherrlichung der heiligen Jungfrau betraf, so sehr entzückt, dass er eines Tages in einer Predigt sich nicht scheute, zu sagen, dass er, wofern man in Granada eine schöne Kirche zu Ehren Mariens errichten wolle, auf seinen Schultern alle zu diesem Bau erforderlichen Steine beizutragen sich verpflichtete. Dieser heldenmütige Vortrag brachte auf seine Zuhörer einen so lebhaften Eindruck hervor und rührte sie dermaßen, dass sie sich sogleich entschlossen, den Tempel zu bauen, von dem der fromme Apostel eben zu ihnen gesprochen hatte und sie führten den Bau mit solchem Fleiß aus, dass er in kurzer Zeit vollendet wurde. Unter anderen Gunstbezeigungen, mit denen Maria den Eifer ihres treuen Dieners belohnen wollte, offenbarte sie ihm den Tag und die Stunde des Todes. Und als er seine letzte Stunde kommen sah, erhob er die Augen zum Himmel und rief mit ersterbender Stimme: „O jungfräuliche Maria, die du im Angesicht Gottes weilst, gedenke, vor ihm unsere Sache zu verfechten.“ Bis zu seinem letzten Atemzug hörte er nicht auf, voll Liebe den wunderbarsten Namen Mariens, der Hoffnung der Christen, der Trösterin der Betrübten, der Vermittlerin eines glückseligen Todes, zu flüstern.

 

Papst Paul VI. hat Johann von Avila am 31.5.1970 heiliggesprochen und Papst Benedikt XVI. erhob ihn am 7.10.2012 zu Kirchenlehrer. 

 

Nachricht über das Leben des heiligen Johannes von Avila aus anderer Quelle:

 

Der heilige Johannes von Avila, den man den Vater so vieler Heiligen nennen kann, die im 16. Jahrhundert Spanien verherrlichten, wurde im Bistum Toledo geboren. In seinem vierzehnten Lebensjahr wurde er nach Salamanka geschickt, um dort die Rechte zu studieren. Von Kindheit an verrichtete er mit großem Eifer seine Andachtsübungen. Deswegen trat er auch frühzeitig in den geistlichen Stand, zu dem er allzeit eine große Neigung in sich gefühlt hatte. Der Hauptzweck, den er dabei hatte, war, aus allen Kräften dahin zu arbeiten, das Feuer der göttlichen Liebe in allen Herzen zu entflammen. Da ihn seine Eltern zurückberiefen, waren sie nicht wenig erstaunt über den Eifer ihres Sohnes, mit dem er sich allen Heldenübungen der Vollkommenheit hingab. Und da sie selbst gottesfürchtig waren, hüteten sie sich sehr, den Eindrücken des Heiligen Geistes, der in der zarten Seele wirkte, zu widerstehen. Sie gestatteten ihm seinem Hang zur Abtötung zu folgen, und Johannes wusste diese Erlaubnis wohl zu nutzen. Er zog immer, jedoch so ganz unvermerkt, die einfachste und weniger schmackhafte Speise vor, schlief auf Rebholzbündeln, trug ein Bußkleid und kasteite öfters seinen Leib. Mit den Abtötungen des Körpers verband er weislich auch die der Seele. Jeden Tag starb er sich selbst ab durch die Übung einer gänzlichen Selbstverleugnung, einer tiefen Demut und eines gänzlichen Gehorsams. Dem Gebet widmete er alle Augenblicke, die er frei hatte, empfing oft die heiligen Sakramente, besonders in der Heiligen Messe, zu der er von der zärtlichsten Andacht durchdrungen war. Er war gewohnt, die heilige Kommunion dann erst zu empfangen, wenn er sich lange Zeit durch die Übungen der Tugenden, die am geeignetsten sind das Herz zu reinigen und es mit Liebe zu Jesus Christus zu entflammen.

 

Zu Alkala, wohin er geschickt worden war, um seine Studien zu vollenden, zeichnete er sich auf der Hochschule ebenso sehr durch seine Frömmigkeit als Fortschritte in den Wissenschaften aus. Der berühmte Dominicus Soto aus dem Dominikanerorden, dessen Lehrvorträgen er beiwohnte, schätzte und liebte ihn vor allen Schülern und erklärte mehr als einmal, dieser werde dereinst ein großer Mann werden, was auch die Folge zeigte. Petrus Guerrera, der spätere Erzbischof von Granada, war einer der größten Bewunderer des Johannes von Avila und er verband sich mit ihm durch eine Freundschaft, deren Bande mit jedem Tag fester geknüpft wurden.

 

Um diese Zeit verlor Johannes seinen Vater und seine Mutter. Jetzt dachte er nun mehr an die Vorbereitung zum würdigen Empfang der heiligen Weihen. Am Tag, als er seine erste heilige Messe las, kleidete er zwölf Arme, gab ihnen ein Mittagsmahl und bediente sie mit eigenen Händen. Da er hörte, dass ein junger Priester nach seiner ersten Messe gestorben ist, sagte er: „Das ist schon genug, um eine strenge Rechenschaft vor dem Richterstuhl Jesu Christi ablegen zu müssen.“

 

Nach seiner Rückkehr in sein Vaterland verkaufte er sein väterliches Erbe und teilte den ganzen Erlös unter die Armen aus, um den Aposteln nachzuahmen, denen Jesus die Lostrennung von allem Irdischen befohlen hatte. Dann trat er das Predigtamt an, worin er sich immer das Beispiel des heiligen Paulus vorhielt, den er sich zum Patron und Vorbild gewählt hatte. Er bereitete sich zu diesen erhabenen Verrichtungen eines Verkündigers des Evangeliums nicht nur durch gründliche Kenntnisse der Glaubens- und Sittenlehren, sondern auch durch die Übung der Demut, der Nächstenliebe und der Selbstverleugnung vor. Sein Grundsatz war, dass die Wissenschaft nur insoweit heilsam ist und zur Beförderung des Guten dient, als sie mit einer fest gegründeten Frömmigkeit in unzertrennlicher Verbindung steht. Da ihn ein junger Geistlicher eines Tages über die Mittel mit Frucht zu predigen um Rat fragte, antwortete er, es seien ihm keine bessere bekannt, als wahre große Liebe zu Jesus. Sein Beispiel bewies es, wie wahr und weise er gesprochen hatte.

 

Der Gottesmann widmete seine ganze Zeit dem Gebet und den Verrichtungen des heiligen Amtes. Die mühevollsten Arbeiten, die größten Gefahren waren für ihn ein neuer Antrieb, wenn es sich um die Bekehrung der Sünder handelte. Es schien sogar, dass die Hindernisse seinem Eifer neue Kraft und Tätigkeit verliehen. Seine Reden, denen seine Liebe zu Gott eine bewunderungswürdige Salbung erteilte, rührten auch die verstocktesten Herzen. Er hätte es sich zum Verbrechen gemacht, jene Prediger des Evangeliums nachzuahmen, die eifersüchtiger sind auf den Beifall der Menschen als auf die Vermehrung der Ehre Gottes. Nie bestieg er die Kanzel ohne vorher Beistand von oben begehrt zu haben, um den Segen des Himmels auf sich und seine Zuhörer herabzuziehen. Man hätte glauben sollen, der Heilige Geist selbst spreche durch seinen Mund, so eindringend waren seine Reden, so rührten und bekehrten sie die Herzen. Die Lasterhaften zog er aus dem Abgrund ihres Verderbens, und bestärkte diejenigen, die da wandelten auf den Wegen der Gerechtigkeit. Selbst diejenigen, die ihn nicht hören konnten, blieben seiner Unterweisungen nicht beraubt. Er schrieb ihnen Briefe, worin er ihnen die Mittel angab, die sie zu ihrer Heiligung ergreifen sollten.

 

Wir haben eine Sammlung der Briefe des heiligen Johannes von Avila, die in mehrere Sprachen übersetzt sind. Sie können nur das Werk eines von Liebe flammenden und in den Kenntnissen der Wege des Heils vollkommen erfahrenen Mannes sein. Die Leichtigkeit mit der sie geschrieben sind, gibt uns einen Meister zu erkennen, der bei seinem gründlichen Wissen auch die Gabe besitzt, seine Gedanken mit Genauigkeit und Klarheit darzustellen. Man fühlt, dass sie aus dem Herzen in die Feder geflossen sind. Die Tugend ist darin mit so liebenswürdigen Farben geschildert und das Laster so erschreckend und hässlich dargestellt, dass man sich nicht erwehren kann, jene zu lieben und dieses zu verabscheuen. Man findet auch darin für alle Umstände passende Lebensregeln, und ebenso weise als gründliche Belehrungen für die verschiedenen Stände der Gesellschaft, und kräftige Trostgründe für alle schwere Prüfungen, mit denen ein Christ heimgesucht werden kann.

 

Johannes von Avila verrichtete seine Tagzeiten und das heilige Messopfer mit einem wahrhaft englischen Andachtsgefühl. An den Altar ging er nur nach langer Vorbereitung und nie verließ er die Kirche, ohne vorher mit aufflammender Liebe für die erhaltenen Gnaden Dank zu sagen. Daneben widmete er jeden Tag vier Stunden der Betrachtung, zwei am Morgen und zwei am Abend. Um elf Uhr abends legte er sich zu Bett und stand um drei Uhr morgens schon wieder auf. Da er gegen Ende seines Lebens seiner schwachen Gesundheit wegen nicht mehr imstande war, die heiligen Amtsverrichtungen auszuüben, weihte er beinahe seine ganze Zeit dem Gebet. In seiner Kleidung und Nahrung war er allzeit arm und wollte nie Bediente haben. Bei dieser Lebensweise konnte er mit Nachdruck anderen Menschen die Liebe zur Armut empfehlen. Die Übung dieser Tugend, sagte er, tötet viele Leidenschaften und macht uns Jesus ähnlich, der arm geboren wurde, arm gelebt hat und arm gestorben ist. Er brachte es in der Lostrennung von der Welt zu einem so hohen Grad, dass ihn nur wenige hierin erreicht haben. Da ihm einstmals ein Edelmann seine Gärten und Häuser zeigte, in denen sich alle Schönheiten der Natur und Kunst miteinander vereinigten, konnte dieser sein Befremden nicht bergen, dass der Mann Gottes alles dieses so gleichgültig ansah, und fragte ihn deshalb nach der Ursache: „Ich gestehe ein,“ antwortete der heilige Diener Jesu, „dass mich hier nichts befriedigt, weil mein Herz an diesen Dingen kein Vergnügen findet.“ Sein Herz war auch wirklich so mit Gott und der Liebe der unsichtbaren Güter erfüllt, dass es an allem, was sich nicht geradezu auf dieses erhabene Ziel und Ende bezog, nur Missbehagen hatte.

 

Der heilige Priester predigte mit dem segenreichsten Erfolg zu Sevilla, zu Cordoba, zu Granada und in ganz Andalusien. Durch seine Unterweisungen führte er mehrere Personen beiderlei Geschlechts zur erhabensten Stufe der Tugend, unter anderen den heiligen Johannes von Gott, den heiligen Franz von Borgia, die heilige Theresia, Ludwig von Granada, die Gräfin von Feria und die Marquisin von Pliego. Zur Leitung der Seelen hatte er besondere Gaben. Anfangs schärfte er die Notwendigkeit ein, Gott und sich selbst zu erkennen, da diese zweifache Kenntnis die Grundlage der christlichen Vollkommenheit ist. Wenn man aber wissen will, wie weit seine Kenntnis in dem innerlichen Leben ging, braucht man nur die Abhandlung lesen, die er über die Worte des fünfundvierzigsten Psalms verfasste: „Höre meine Tochter, neige dein Ohr“ usw. Folgendes war die Veranlassung zu diesem Werk.

 

Donna Sancha Carilla, die Tochter Ludwigs Fernandez von Cordoba, des Herrn von Guadalcazar, die mit großen Tugenden eine seltene Schönheit vereinigte, war im Begriff sich an den Hof zu begeben, um eine Stelle bei der Königin als Ehrendame einzunehmen. Schon war alles zu ihrer Reise fertig. Sie wollte aber noch zuvor bei Johannes von Avila beichten. Bei ihrer Rückkehr aus der Kirche kannte man sie nicht wieder, eine so große Veränderung war mit ihr vorgegangen. Alle Pracht der Erde war in ihren Augen nichts mehr als Eitelkeit, unwürdig ein christliches Herz zu fesseln. Sie entsagte ihrer Stelle und entschloss sich im väterlichen Haus zu bleiben, wo sie bis zu ihrem Tod das erbaulichste Leben führte. Als eine Unterweisung für sie verfasste nun der heilige Priester die erwähnte Abhandlung. Er zeigte ihr die Mittel an, die sie zur Besiegung ihrer Leidenschaften und besonders des Stolzes, zur Abtötung ihrer Sinne und ihres Willens, und zur Entzündung des heiligen Feuers der Liebe in ihrem Herzen, anzuwenden habe. Er empfahl ihr öfters über das Leiden Jesu Christi und über das Übermaß der Liebe, die ihn zum Kreuztod für uns bewog, Betrachtungen anzustellen.

 

Man sieht aus allen Schriften des heiligen Johannes von Avila, dass er eine ganz besondere Andacht zu Jesus dem Gekreuzigten hatte. Dasselbe bezeugen auch alle Schriftsteller, die von ihm reden. Durch die Betrachtungen der Leiden unseres Heilandes vervollkommnete er sich in allen Tugenden. Durch dieses Mittel entflammte er in sich das heftige Verlangen für Jesus zu leiden. Und deswegen ermahnte er auch so nachdrücklich alle Menschen, dem Herrn zu danken, wenn er ihnen Gelegenheit gibt, etwas für seinen Namen zu leiden. Die gute Anwendung der Prüfungen, sagte er, stärkt die Seele und macht sie fähig, noch größere Leiden zu ertragen.

 

Auf Zulassung Gottes wurde sein frommer Diener für einige Zeit das Opfer des Neides. Obgleich er nie etwas anderes als die Sittenlehre des Evangeliums gepredigt hatte, unterließ man doch nicht, ihn einer übertriebenen Strenge anzuklagen, wodurch er die Reichen aus dem Himmelreich ausschließe. Die Anklage hatte nicht einmal eine Wahrscheinlichkeit für sich, dessen ungeachtet wurde er in Sevilla verhaftet und in die Gefängnisse der Inquisition gesperrt. Die Misshandlungen seiner Verfolger ertrug er mit einer bewunderungswürdigen Geduld und Sanftmut. Und nachdem seine Unschuld erkannt war, ging er in seinem Großmut so weit, dass er sogar jenen, die ihn ins Verderben zu stürzen gedachten, dankte.

 

In seinem fünfzigsten Lebensjahr wurde er mit verschiedenen Gebrechlichkeiten heimgesucht. Allein mitten in den bittersten Schmerzen, die er empfand, hörte man ihn oft dieses Gebet wiederholen: „Herr, vermehre meine Leiden, verleihe mir aber zugleich die Geduld.“ Nachdem er siebzehn Jahre lange undenkbare Leiden ausgestanden hatte, starb er am 10. Mai 1569.

 

Der heilige Johannes von Avila war ein Mann mächtig in Wort und Werk, ein Wunder der Abtötung, die Ehre des Priestertums. Durch seine Lehre, seinen Eifer und alle seine Tugenden war er die Erbauung, die Stütze und das Orakel der Kirche. Er war ein allumfassender Geist, ein aufgeklärter Seelenführer, ein berühmter Prediger, ein von ganz Spanien geehrter, in der ganzen Christenheit gepriesener Mann, dessen Ruf so gegründet war, dass sich Fürsten seinen Entscheidungen unterwarfen, und dass ihn die Gelehrten um Aufklärung in ihren Zweifeln ersuchten. Zum Schluss seiner Lebensbeschreibung soll nur noch angemerkt werden , dass ihn die heilige Theresia als ihren Beschützer ansah, als ihren Meister um Rat fragte und ihm, als ihrem Führer und Vorbild folgte.

(Ludwig von Granada)