Heiliger Angelus von Akri, Kapuziner-Ordenspriester, + 30.10.1739 – Fest: 30. Oktober

 

„Durch Maria zu Jesus!“ heißt ein Grundsatz des christlichen Lebens. Man könnte aus dem heiligen Evangelium, aus den Schriften der Geisteslehrer und dem Leben der Heiligen Gottes ganze Bände voll Sentenzen und Beispielen zusammenstellen, die erhärten, wie man im Gefolge Mariens am besten die getreue Nachfolge Jesu Christi übt. Jedes Jahrhundert weist seine Apostel der Marienverehrung auf. Sie preisen mit mystischer Zartheit, mit minnetrunkener Begeisterung und poetischer Sprachgewalt die Vorzüge und Tugenden Unserer Lieben Frau und himmlischen Mutter. Diese Frauen und Männer und Kinder verwirklichen das Marienideal im praktisch christlichen Tugendleben, indem sie ihre Seele und die ihrer Brüder und Schwestern in der Tugendschule Mariens zu getreuen Nachbildern Jesu Christi ausprägen.

 

Im 17. Jahrhundert berief Gottes Vorsehung einen kleinen Marienapostel im sonnigen Süden Italiens. Dort, wo die brennenden Lampen vor den Madonnenbildern nie erlöschen und fromme Muttergotteslieder beim Silberklang der Aveglocke in den Fischernachen auf dem Meer ertönen, wuchs der Knabe heran unter treuer Eltern sorgsamer Hut. Die Altärchen, die er baute und mit Bildern und Blumen schmückte, die Freude am Gottesdienst und Gebet ließen den späteren Beruf zum Priestertum ahnen. Die in Reinheit und christlicher Frömmigkeit verlebte Jugend verschaffte ihm die erbetene Aufnahme bei den Kapuziner-Vätern unter dem Ordensnamen Angelus. Wohl jubelte der glückliche Novize, kampflos im Klosterfrieden einen kleinen Himmel auf Erden gefunden zu haben – da brach der Sturm los. Satan, die Welt und die eigene niedere Natur erregten einen heftigen Sturm in der Seele des Novizen. Er däuchte sich im Kloster wie in einem Kerker lebendig eingemauert, während draußen in der Welt alles von Schönheit, Freude und Glück jauchzte. Zweimal „sprang der Novize aus“; aber statt des Friedens und Glückes fand seine Seele in der Welt nur Unfrieden und Unglück und bitterstes Herzweh, das ihn als Heimweh wieder in das stille Klösterlein zurückführte. Diese beschämende Prüfung und Läuterung zermalmte alle Eigenliebe und Selbstsucht und alles stolze Selbstvertrauen und zwang die Seele zu demütiger Hingabe an Gott. In dieser geistlichen Seelenkrise lernte er das kindliche Vertrauen zu der himmlischen Mutter, das ihn das ganze Leben begleiten sollte. Wie oft wiederholte er das Gebetchen: „O heiligste Jungfrau, du weißt, welche Gnaden du mir erwiesen hast, und welche Gnade ich hoffe von deinem liebevollsten Herzen.“ Sein Ausspruch: „Ein Religiose, der Maria verehrt, ist auch ein getreuer Beobachter der Regel“ bewahrheitete sich an dem Heiligen selbst zuerst. Als vollkommener Priester und Ordensmann, geschmückt mit Bußeifer, Demut, heiliger Wissenschaft, glühender Gottes- und Nächstenliebe, ein Muster in Armut, Keuschheit und Gehorsam, erhielt Pater Angelus die Berufung zum Missionsprediger.

 

Die apostolische Laufbahn sollte ebenso wie sein Ordensberuf durch eine zweifache, schwere Prüfung zu einem langen Kreuz- und Himmelsweg eingeweiht werden. Bei Beginn der Fastenpredigten in Corigliano und Neapel musste der Missionar einen vollständigen Misserfolg erleben und mit Schmach und Spott wieder abziehen. Als er im Kloster inbrünstig betete, der Herr möge ihm doch bei seiner Armseligkeit und Unwürdigkeit das schwere apostolische Amt abnehmen, da hörte er auf einmal die Worte: „Fürchte dich nicht! Ich will dir die Gabe der Predigt verleihen und von dieser Stunde an werden alle deine Mühen gesegnet sein. Du wirst von jetzt an in vertraulicher Redensart predigen, so dass jedermann dich versteht.“ Abermals begann Pater Angelus seinen apostolischen Kreuzzug und siehe, von der Gotteskraft seiner einfachen, schlichten Predigt wurden auch die Herzen seiner Spötter wundersam ergriffen. Mit dem heiligen Apostel Paulus predigte er nicht „in erhabener Rede oder Weisheit und überredenden Worten menschlichen Wissens, sondern in Erweisung von Geist und Kraft.“ Auch Pater Angelus wollte „nichts wissen, als Jesus Christus und diesen als Gekreuzigten.“ Auch ihn „drängte die Liebe“ zu Christus und den Seelen in heiligem Eroberungszug vorwärts für das Reich Gottes. Schien er unter der Überlast der Missionsarbeit zu erliegen, so dass man ihn bat sich zu schonen, erwiderte er mit heiligem Eifer: „Nein, nein! Was sagt ihr da! O, wie viel kostet Jesus eine einzige Seele! Man sollte alle Beschwerden dieser Welt leiden für den Gewinn einer einzigen Seele!“ - „Gepriesen sei Gott! Allezeit sei Gott gedankt!“ so lautete des Seligen vertrautes Losungswort. Die Feuerflammen der heiligen Gottesliebe in seinem Herzen, die der Heilige oft mit Kälte und Wasser kühlen musste, warf er auch in die Seelen seiner Zuhörer. Ganze Länderstriche mit neuem Jugendeifer und christlichem Leben bezeichneten seine apostolischen Wanderungen. In den Herzen entbrannte aufs neue die Liebe zum Leiden des Herrn und zu seiner heiligen Mutter. Die liebe Mutter Gottes erschien nach glaubwürdigen Berichten oftmals ihrem Apostel und innigen Verehrer, stärkte ihn in Misslichkeiten und Kämpfen, tröstete ihn mit reichen Gnaden.

 

In seiner Ordensprovinz wurde der heilige Angelus vom heiligen Gehorsam zu allen Ordensämtern berufen. Liebe, Klugheit, Milde und Ernst zeichneten ihn aus. Sein Eifer für die strenge Ordensobservanz und die Liebe zur Armut wurden mehrmals in wunderbarer Weise belohnt. Die göttliche Vorsehung öffnete gleichsam seinem kindlichen Vertrauen ihre Schatzkammern und der Heilige teilte daraus an die Armen mit vollen Händen aus, ohne dass seine Untergebenen den geringsten Mangel litten, auch nicht zur Zeit der Hungersnot. „Zweifelt ihr an der göttlichen Vorsehung?“ sprach er als Guardian kleinmütigen Herzen gegenüber. „Vertraut auf Gott! Er wird sorgen für alles!“

 

In den letzten Jahrzehnten seines Wirkens lebte der Heilige schon ganz in der Überwelt. Zahlreiche übernatürliche Gaben wie Wunder und Weissagungen, Anwesenheit an räumlich getrennten Orten, Herzenskenntnis usw. werden von seinen Lebensbeschreibern aufgezählt. Gegen Ende seines Lebens genoss der Heilige den Vorgeschmack des Himmels in häufigen Gebetsentzückungen, bis er im Alter von siebzig Jahren einging zur ewigen Ruhe mit den Worten „Jesus, Maria“, zu deren Ehre er sein ganzes Leben gearbeitet hatte.

 

Jesus und Maria! Durch Maria zu Jesus! Dies ist das Programm unseres christlichen Lebens. Im Gefolge Mariens zur wahren Nachfolge Christi! Das Marienbeispiel in Bethlehem ist uns eine Schule des Gebetes und geistlichen Lebens. Nazareth lehrt das praktische Christentum. Jerusalem ist eine Hochschule des Leidens, der Freude und des apostolischen Wirkens. Eine „kleine Maria“ zu werden, sei das Ideal jeder strebsamen Seele. Marientrost und Marienlohn wird einst ihr ewiger Anteil sein! Maria mit dem Kinde lieb, uns allen deinen Segen gib!