Dieser Heilige lebte mehrere Jahre in der Einsamkeit auf dem Gebirge von Nitria, als ihn der heilige Athanasius auserkor, um ihn zur Priesterwürde und zum Amt eines Xenodokos, oder Spitalverwalter von Alexandrien zu erheben. (Die Pflicht eines solchen Vorstehers war, im Spital für die Verpflegung der Kranken und Fremdlinge zu sorgen.) Er war durch seine echt christlichen Tugenden die Erbauung der ganzen Stadt. Öfters geschah es, dass er bei Tisch mit Tränen in den Augen sagte: „Ich, ein vernünftiges Geschöpf, erschaffen, um Gott zu genießen, ich bediene mich tierischer Nahrung, statt das Brot der Engel zu essen!“ Er trug bis in seinen Tod nichts von Leinwand, die Binde ausgenommen, die die Priester um das Haupt trugen. Niemals ging er in ein Bad und aß kein Fleisch. Nie ging er vom Tisch, dass er sich ganz gesättigt hätte. Sein Geist war so in Gott vertieft, dass er öfters während der Mahlzeit so sehr entzückt wurde, dass er weder reden noch sich bewegen konnte. Er blieb allzeit dem heiligen Athanasius, der die Lehre der katholischen Kirche verteidigte, unveränderlich ergeben, und nach dem Tod dieses heiligen Bischofs verteidigte er mit edelmütiger Unerschrockenheit dessen Andenken. Ebenso edel benahm er sich unter Peter II. und Timotheus I., die nach dem heiligen Athanasius der Kirche von Alexandrien vorstanden. (Petrus II. stand der Kirche von Alexandrien bis 380 vor, und Timotheus I. bis 385.) Zuletzt hatte er die Ehre, mit den Katholiken alle Verfolgungen der Arianer zu teilen. Von Zeit zu Zeit zog er sich in die Wüste von Nitria zurück, um in sich den Geist inneren Sammlung und Abtötung stets zu kräftigen.
Theophilus, der Timotheus I. auf dem bischöflichen Stuhl von Alexandrien nachfolgte, gab anfangs dem heiligen Isidor die sprechendsten Beweise der Hochachtung und des Vertrauens. Er sandte ihn sogar nach Rom zum heiligen Papst Damasus, und wollte, nach dem Tod des Nektarius, des Patriarchen von Konstantinopel, ihn an seine Stelle erheben. Allein Isidor verlor die Gunst seines Patriarchen, weil er sich nicht nach dessen Absichten bei der ungerechten Verfolgung, die er gegen Petrus, den Erzpriester von Alexandrien, erregte, missbrauchen lassen wollte. Ein anderes Ereignis, von dem Sokrates erzählt, steigerte die einmal aufgeregte Leidenschaft des Theophilus gegen den heiligen Priester aufs höchste. Eine reiche Witwe hatte Isidor tausend Goldstücke gegeben, um die armen Frauen der Stadt zu unterstützen und zu kleiden, allein mit der Bedingung, dass der Patriarch nichts davon wissen sollte. Diese Vorsichtsmaßregel gebrauchte die wohltätige Matrone, damit dieser, der von einer unbegrenzten Bauwut besessen war, diese Summe nicht nach seinen Absichten verwenden möchte. Isidor versprach Stillschweigen. Allein Theophilus erhielt bald durch seine Späher von allem Kunde. In seiner Erbitterung sann er sogleich auf Mittel sich zu rächen. Er überschritt alle Schranken, und da er an seinem Feind keine Blößen finden konnte, nahm er seine Zuflucht zu erdichteten Vorwänden, um ihn aus seiner Kirche zu vertreiben. Der Heilige flüchtete sich auf den Berg Nitria, wo ihn die Einsiedler mit viel Ehrfurcht aufnahmen.
Der Ruf seines unbescholtenen Lebens war so fest begründet, dass Palladius, der Bischof von Helenopolis, als er nach Ägypten gekommen war, um sich da dem beschaulichen Leben zu widmen, sich zuerst bei diesem Heiligen Rat einholte. Isidor forderte nun von ihm, bevor er ihm eine bestimmte Weisung geben wollte, dass er sich einige Zeit verschiedenen Bußübungen hingeben möge, unter der Leitung eines im geistlichen Leben gewandten Meisters. Dorotheus, der Thebaner, der jeden Tag nur sechs Unzen Brot mit wenig Kräutern zu sich nahm, befand sich auch in dieser Einöde. Als diesem Palladius vorstellte, er erschöpfe durch eine so strenge Lebensweise vollends einen schon von Alter geschwächten Leib, erhielt er zur Antwort: „Ich töte diesen Leib, weil er mich töten will.“
Die Rache des Theophilus war jedoch noch nicht abgekühlt. Er verfolgte Isidor bis in die Wüste. Er beschuldigte ihn der Origenistischen Irrtümer, denen einige Mönche von Nitria ergeben waren, und ließ ihn, wie diese, die unwürdigsten Misshandlungen erdulden. Unser Heiliger zog sich im Jahr 400 nach Konstantinopel zurück, wo ihn der heilige Chrysostomus in seine Gemeinschaft aufnahm, nachdem er jedoch vorher sowohl von ihm, als von den Einsiedlern, die ihn begleiteten, eine ausdrückliche Verdammung der Irrtümer, deren man sie beschuldigte, begehrt hatte. Der offenkundige Schutz, den ihm der heilige Chrysostomus angedeihen ließ, rechtfertigte ihn vollkommen von der Irrlehre des Origenismus, dem er nebenbei das Anathema sprach. Theophilus versöhnte sich endlich auch wieder mit Isidor und den übrigen Mönchen von Nitria, mit einer leichten Nachgiebigkeit, und nahm sie wieder in die Kirchengemeinschaft von Chalcedon auf, in der Kirchenversammlung unter der Eiche, ohne nur die geringste Untersuchung hinsichtlich ihres Glaubens anzustellen, und ohne von den Büchern des Origenes zu sprechen. Es ist zwar wahr, dass der heilige Hieronymus den Isidor unter die Origenisten zählt. Allein dies kam daher, weil er durch die Anschuldigungen des Theophilus getäuscht wurde, der ihn auch so sehr gegen den heiligen Chrysostomus eingenommen hat, dass er ein Werk, das dieser Patriarch gegen jenen großen Heiligen geschrieben hatte, ins Latein übersetzte. Isidor starb im Jahr 404 zu Konstantinopel. Die Griechen und Lateiner verehren ihn. Einige Schriftsteller halten ihn für den Isidor, der am 15. Januar im römischen Martyrologium erwähnt wird. Aber es ist wahrscheinlicher, dass dort vom heiligen Isidor von Scete die Rede ist.