Heilige Johanna (Jeanne) von Valois, Königin und Ordensstifterin in Frankreich, + 4.2.1505 - Fest: 4. Februar oder 14. Februar

       

Krüppel – Prinzessin – Heilige

 

Eine verstoßene Tochter, gehasste Ehefrau und enterbte Königin wurde am 28. Mai 1950 von Papst Pius XII. zu einer Heiligen im Himmel erklärt.

 

Dies ist die Geschichte von Jeanne de Valois, der missgestalteten Tochter König Ludwigs XI. von Frankreich, „der wie eine Spinne in der Stille sein Netz spann und auf die unglücklichen Fliegen wartete, die er damit fangen wollte“. Jeanne, die am 23. April 1464 geboren wurde, hatte sich schon vom Tag ihrer Geburt an den Hass ihres Vaters zugezogen. Dieser Hass kam aus der Enttäuschung darüber, dass sie ein Mädchen war (zwei Söhne waren im Kindesalter gestorben), sowie wegen ihres jämmerlichen körperlichen Zustandes. Jeanne drückte es noch milde aus, wenn sie sagte: „Ich weiß, dass ich weder so schön bin noch eine so gute Figur habe wie andere Frauen.“ Sie hatte einen Klumpfuß, und ihr ganzer Körper war durch Rachitis entstellt. Die eine Schulter war niedriger als die andere, und dazu hatte sie einen offensichtlichen Buckel. Daher verurteilte der Vater sie zu einem Leben der Einsamkeit, zuerst in Amboise bei ihrer Mutter Charlotte von Savoyen und später, nach dem Tod der Mutter, im Herrenschloss von Lignières im Herzogtum Berry. Er entzog ihr jegliche Unterhaltung und ließ sie selbst die dringendsten und selbstverständlichsten Lebensnotwendigkeiten entbehren.

 

Was aber ihre Willensstärke betraf, war sie eine echte Tochter des “schrecklichen Königs“. Von frühester Jugend an verschmäht und abgesondert, brachte sie es schon als Kind fertig, ihren Vater einen ganzen Tag auf eine Entscheidung warten zu lassen, die er auf der Stelle von ihr verlangt hatte. Aber während all dieser Jahre der Absperrung entwickelte sich kein Hass gegen den Vater in ihr, sondern nur ein tiefer religiöser Eifer und eine Wesensgüte, die ihr eigentlich eine bessere Behandlung hätten sichern müssen.

 

Aus politischen Gründen war der Vater schon bei ihrer Geburt entschlossen, Jeanne mit ihrem Vetter Louis, dem Erben des Herzogs von Orléans, zu verheiraten. Am 4. Januar 1456, als Jeanne kaum ein Jahr alt war, wurde sie Louis, der auch erst ein Kind war, zur Ehe versprochen. Die Trauung sollte stattfinden, wenn das junge Paar das entsprechende Alter erreicht hätte.

 

Manche glauben, der König habe diese Verbindung aus Bosheit gewünscht, da er hoffte, dass das entstellte Mädchen kinderlos bliebe und so die Orléans aussterben würden. Weder Jeanne noch Louis wünschten diese Ehe, als sie heranwuchsen. Aber keines wagte, dem König zu widersprechen. Als Louis und seine verwitwete Mutter Einwände machten, drohte der König mit der Beschlagnahme ihres Eigentums und sogar mit körperlichen Strafen. Jeanne war schon oft das Opfer der Zornesausbrüche ihres Vaters gewesen. Bei einer Gelegenheit hatte er sogar befohlen, sie hinzurichten, ein andermal hatte er selbst das Schwert gegen sie erhoben.

 

Am 8. Oktober, als Jeanne neun Jahre alt und Louis kaum ein paar Jahre älter war, wurde der Ehevertrag erneuert. Drei Jahre später, am 8. September 1476, wurden die beiden getraut. Jeanne erklärte selbst: „Ich empfing den Ehesegen unter Tränen, da ich zu dieser Heirat gezwungen und nur mit Gewalt so weit gebracht worden war. Louis andererseits hatte Urkunden anfertigen und Zeugenaussagen schriftlich niederlegen lassen, dass diese Ehe gegen seinen Willen geschlossen sei.

 

So begann das 22jährige Martyrium, bei dem Jeanne de Valois die immer ergebene Frau eines Mannes blieb, der sie verabscheute und sie privat und öffentlich demütigte.

 

Die Ehe war ein entsetzlicher Fehler. Louis von Orléans war hübsch, heiter, stark und geschmeidig. Wenn er von seiner Ehe sprach, sagte er: „Ich wollte, ich wäre tot!“ Von Jeanne erklärte er: „Ich habe sie nie als meine Frau betrachtet.“

 

Zweiundzwanzig Jahre dauerte diese Verbindung, bis Karl VIII., der kurzlebige Nachfolger Ludwigs XI., im Jahr 1498 starb. Nun folgte Louis seinem Schwager und Vetter auf den Thron. Eine seiner ersten Taten war, dass er seine Ehe als erzwungen und von Anfang an ungültig erklären ließ.

 

Er verstieß Jeanne als Frau und Königin, gab ihr jedoch das Herzogtum Berry in Besitz. Hier regierte sie mit Umsicht und Entschlossenheit, so dass sie bald die Herzen ihrer Untergebenen gewann. Ihre Liebe zu den Armen und Kranken war grenzenlos. In den langen Jahren ihrer Ehe hatte sie niemals etwas Liebloses über Louis gesagt und ihm nichts Unrechtes angetan.

 

Als Louis als Mitglied einer Verschwörung gegen ihren Bruder, König Karl VIII., entdeckt und ins Gefängnis geworfen wurde, eilte sie ihm mit Nahrungsmitteln und Kleidern zu Hilfe. Durch beständiges Bitten bei ihrem königlichen Bruder erreichte sie seine Freilassung. Doch erwies er ihr keine Dankbarkeit dafür, sondern schrieb das Verdienst dem König selbst zu. Als Louis erkrankte, eilte Jeanne sofort an sein Lager, allerdings nur, um wieder von ihm weggeschickt zu werden.

 

Bis zu ihrem Tod betete sie unablässig für ihren Mann und für ihren Vater. Für beide ließ sie auch stets die Schwestern ihres Annunziatenordens beten, den sie im Jahr 1500 gegründet hatte, und trug selbst unter ihren königlichen Kleidern das Habit.

 

Jeanne starb am 4. Februar 1505 in Bourges. Das französische Volk verehrte sie bald als eine Heilige. Doch wurde sie erst am 21. April 1742 von Papst Benedikt XIV. seliggesprochen. Dann verhinderte die unruhige Geschichte Frankreichs für lange Zeit weitere Schritte zu ihrer Heiligsprechung, bis sie endlich 200 Jahre später erfolgte.