Heiliger Plazidus, Mönch und Jünger des heiligen Benedikt, + 6. Jhd. - Fest: 5. Oktober

       

So sorglos und oberflächlich und unvorsichtig wie dieser Plazidus, was auf Deutsch Friedrich heißt, in seiner Kindheit eines Tages war, kann eben nur ein Junge sein. Doch bevor die Geschichte erzählt wird, soll sich der Held erst einmal vorstellen.

 

Fritzchen, der Sohn eines reichen römischen Bürgers, ein südländisch lebhafter Junge, der nur aus Auge und Ohr zu bestehen schien, musste überall dabei sein, wo etwas lief, bei den Parademärschen der Soldaten, bei Pferderennen, bei Straßenaufläufen und ähnlichen Dingen mehr. Einmal wäre er um ein Haar unter einen schweren Lastzug gekommen, ein anderes Mal hatte ihn eine bissige Dogge recht übel zugerichtet, und ein drittes Mal erhielt er von einem Pferd einen Tritt, dass ihm Sehen und Hören verging. Keiner glaube aber, dass er dadurch klüger geworden ist. So sind nun einmal manche Jungen.

 

Der Vater Anizius Tertullus ließ daher eines Tages anspannen und brachte den hoffnungsvollen Sprössling mit Sack und Pack nach Subiaco aufs Land. Da gab es weder Lastzüge noch Doggen noch Pferde. Er brachte ihn zum heiligen Benedikt, der damals dort das erste Kloster des nach ihm benannten Ordens gründete und wo sich bereits ein anderer Junge aus der Stadt Rom, der zwölfjährige Maurus, aufhielt. Eindringlich bat Tertullus die Mönche, neben Maurus auch seinen Sohn als Schüler aufzunehmen.

 

Gern bewilligten die Benediktiner den Wunsch des besorgten Vaters, und ihre Arbeit mit den beiden Jungen, die an sich nicht schlecht waren, machte schnell gute Fortschritte. Auch Fritzchen gab sich Mühe, aber von heute auf Morgen legt man Oberflächlichkeit und Unvorsichtigkeit nicht ab. Eines Tages hatte sich folgendes Ereignis zugetragen:

 

Abt Benedikt gab dem damals Neunjährigen den Auftrag, schnell vom nahen See einen Krug Wasser zu holen. Fritzchen sah sich das große Gefäß erst einmal an und schätzte mit den Augen ab, ob er es, wenn es mit Wasser gefüllt war, auch tragen kann. Und als er feststellte, dass es wohl gehen könnte, lief er mit lustigen Sprüngen, pfeifend und flötend, den Hang hinab. Am Ziel angelangt, legte er sich der längelang auf ein Brett, das, von Pfählen getragen, ein wenig in den See hinausragte, und ließ den Krug hinab. Gluck, gluck, gluck machte da beim Füllen das Wasser so lustig und drollig, dass Fritzchen vor Freude laut auflachte und sich vergnügt auf dem Brett noch ein Stück weiter nach vorn schob. Im gleichen Augenblick bekam er Übergewicht und kippte, den Kopf voraus, in den See, und die Wellen spülten ihn schnell vom Ufer weg. Da hatte das arme Fritzchen gewiss nichts mehr zu lachen.

 

Man muss es schon ein Glück nennen, dass Abt Benedikt vom Zellenfenster aus den Vorgang beobachtet hatte. So machte er denn zunächst mit der Hand das Kreuz, und wenn Heilige das tun, so wohnt dem Segen eine noch weit stärkere Kraft inne. Dann rief Benedikt dem Maurus zu, der auf dem Hof stand, er solle dem Freund zu Hilfe eilen und ihn aus dem Wasser ziehen. Kaum war das Wort gefallen, da war Maurus schon am See und ging hinein und merkte nicht einmal, dass das Wasser ihn trug, als sei es fester Boden, und half Fritzchen ans Land.

 

Wunderbar war das, und am wunderbarsten war noch dieses, dass der Gerettete nachher fest behauptete, nicht Maurus habe ihn aus dem Wasser gezogen, sondern Abt Benedikt, denn den habe er bei sich gesehen und nicht den Maurus.

 

Egal wie, fest steht jedenfalls die Tatsache, dass an diesem Tag aus Fritzchen ein Plazidus geworden war, ein ernster Junge, gläubig und gewissenhaft, der sich später den Mönchen beigesellte. Sein Eifer wurde sehr groß und als erster verpflanzte er den Benediktinerorden auf die Insel Sizilien, wo er nahe der Küste bei Messina ein Kloster gründete.

 

Nur fünf Jahre war Plazidus Abt, denn eines Nachts, als die Mönche im Klosterchor die Psalmen sangen, stiegen Seeräuber aus Afrika, wahrscheinlich Sarazenen, ans Land, legten den Abt und die Brüder in Ketten und quälten sie auf alle erdenkliche Weise, um sie zum Abfall vom christlichen Glauben zu bewegen.

 

Ihre Gebete aber wurden erhört und Gott hat sie aus allen ihren Nöten befreit. Als nämlich die Mohammedaner sahen, dass sie die mutigen Männer nicht vom Glauben abbringen konnten, töteten sie alle und führten sie durch den Martertod als die ersten Martyrer des Benediktinerordens ein in die ewigen Freuden des Himmels.