Heiliger Desiderius, Erzbischof und Martyrer von Vienne, Frankreich, + 23.5.612 (608) - Fest: 23. Mai

       

Der heilige Desiderius war aus einem vornehmen Geschlecht in der Gegend von Autun in Gallien um die Mitte des sechsten Jahrhunderts geboren. In früher Jugend schon widmete er sich den Wissenschaften, in denen er glänzende Fortschritte machte. Er kam nach Vienne. Da verehrte er den Erzbischof Ramatus wie einen Vater und wurde von ihm wie ein Sohn geliebt, sorgfältig unterrichtet in der Wissenschaft des Heils und geleitet auf der Bahn der Tugend. Er widmete sich dem Dienst der Kirche, anfänglich in den niederen Verrichtungen, dann als Diakon. Sein Eifer für die Ehre Gottes und für das Heil der Gläubigen war sehr groß und ganz unbefleckt sein Wandel. Deswegen wurde er nach dem Tod des Erzbischofs Verus, um das Jahr 594 zum Oberhirten der Kirche in Vienne bestellt. Die eifrige Amtsverwaltung und die Heiligkeit des Lebens erregte den Neid einiger seiner Mitbrüder. Dazu kam der Hass der Königin Brunehild, der ihm die bitterste Verfolgung und die schwersten Drangsale einbrachte.

 

Brunehild war die Tochter des Visigothischen Königs Athanegild, vermählt mit dem Austrasischen König Siegebert, der im Jahr 595 nahe bei der Stadt Doruik von erkauften Meuchelmördern getötet wurde. Während der Regierung ihres Sohnes Childebert und ihrer Enkel Theudebert und Theuderich maßte sich eine große Gewalt in der Reichsverwaltung an und überließ sich dabei einer sehr ausschweifenden Lebensweise. Nach der Erzählung einiger Geschichtsschreiber soll sie selbst mit ihrem Neffen, dem Meroveus, einem Sohn des Königs Chilperichs, in blutschänderischer Verbindung gelebt haben. Der heilige Desiderius verurteilte mit großem Nachdruck ihre Vergehen und erklärte, wie einst Johannes der Täufer, ihre Verbindungen für unerlaubt und sündhaft. Dadurch reizte er den Zorn der wollüstigen Frau und entflammte gegen sich ihre Rachsucht. Diese zu befriedigen, versuchte sie Hohe und Niedere, die Bürgerlichen und die Soldaten gegen den gottseligen Bischof einzunehmen. Sie ließ nichts unversucht, mancherlei Beschuldigungen und Anklagen gegen ihn aufzubringen und durch falsche Zeugen bestätigen zu lassen. Es wurde eine Versammlung von Bischöfen nach Chalons an der Saone berufen, die, irregeleitet durch die Anklagen und die falschen Zeugnisse, den Desiderius des heiligen Amtes enthob, worauf er um das Jahr 603 auf eine Insel verbannt wurde.

 

Gott war in diesem fremden Aufenthaltsort sichtbar mit seinem Diener, wie einst mit dem Josef in Ägypten, und bestätigte dessen Unschuld und Heiligkeit durch mehrere wundervolle Werke, die er durch ihn geschehen ließ. Die Bewohner der Insel bewiesen ihm große Verehrung und er stiftete unter ihnen großen Segen durch das heilige Evangelium. Nach vier Jahren wurde er zurück berufen zu seiner Kirche nach Vienne. Unbeschreiblich war der Jubel, mit dem er von seiner gläubigen Herde empfangen wurde. Unzählige Menschen strömten dem geliebten Hirten entgegen vor die Stadt, in die sie ihn unter lautem Freudengeschrei begleiteten.

 

Das Hass der Brunehild war aber noch nicht erloschen und noch nicht gestillt ihre grenzenlose Rachlust, im Gegenteil noch mehr angeflammt durch die große Verehrung, die dem Mann Gottes allgemein bewiesen wurde. Ein Beamter der Stadt Vienne ließ sich von ihr gewinnen und zum verabscheuungswürdigen Werkzeug ihrer Rache gebrauchen. Er quälte auf alle ihm mögliche Weise nicht allein den Bischof, sondern auch dessen Geistlichkeit. Jeder Anlass, die Diener Gottes zu lästern, zu verleumden oder auf was immer für eine andere Art sie zu drängen, war dem niederträchtigen Mann willkommen. Jede Schwierigkeit und jeder Kummer, die er ihnen verursachen konnte, verschaffte seinem bösen Herzen große Freude. Eines Tages ließ er zwölf Kirchendiener ergreifen, sie in Fesseln legen und in ein tiefes Gefängnis werfen, in dem sie lange Zeit schmachten mussten. Jede Verwendung für ihre Rettung blieb fruchtlos. Desiderius flehte für sie zu Gott ohne Unterlass. Gott erhörte sein Flehen, erbarmte sich seiner Knechte und erlöste sie auf wunderbare Weise. In einer Nacht stand der heilige Severus, der vor vielen Jahren als Priester zu Vienne gestorben war, im Gefängnis mitten unter ihnen, weckte sie auf vom Schlaf, löste ihre Fesseln und führte sie sie, wie einst der Engel Gottes den Petrus, aus dem Kerker. Sie gingen in die Kirche des heiligen Stephanus, wo das Grab des heiligen Severus war, dankten da, und priesen Gott für die Errettung, und dann zu Desiderius, dessen Freude unaussprechlich groß war. Groß war auch die Freude und der Jubel des gesamten gläubigen Volkes.

 

Der König Theuderich bezeigte große Verehrung für den Erzbischof. Er schickte Abgeordnete zu ihm mit der Bitte, dass er sich an sein Hoflager bemühen wolle, weil er in einer wichtigen Sache sich mit ihm zu beraten wünsche. Desiderius erschien und riet dem König auf die deshalb an ihn gestellte Frage, dass er sich verehelichen solle, wobei er die Worte des Apostels anführte: „Ein jeder Mann habe seine Frau, und eine jede Frau ihren Mann. Gott wird die Ehebrecher verdammen und die Entehrer seines Tempels zu Grunde richten.“ Dadurch wurde die Brunehild noch mehr als je zuvor gegen den Erzbischof erbittert. Denn sie hatte bisher die Verehelichung des Königs immer verhindert, aus Furcht, ihr Ansehen würde leiden, wenn eine Königin am Hofe wäre. Zudem musste sie sich durch die Erklärung des heiligen Mannes auch selbst in ihrer ärgerlichen Lebensweise sehr getroffen fühlen. Die Gottlose fasste den Entschluss, den Erzbischof töten zu lassen, und bestellte zur Ausführung des Mordes drei von ihren Günstlingen, die ebenso gottlos wie sie selbst waren. Diese lauerten dem Desiderius überall auf, selbst an den Kirchentüren, um ihn in ihre Gewalt zu bekommen und den Todesstreich ihm versetzen zu können. Die mörderischen Nachstellungen blieben dem Erzbischof nicht unbekannt. Dessen ungeachtet behielt er frohen Mut, setzte sein Vertrauen auf Gott, und war bereit, um des Herrn willen sein Blut zu vergießen. Er wurde schließlich ins Gefängnis geworfen und bald darauf bis an die Grenzen von Lyon geschafft. In der Gegend von Lyon, unweit des Flusses Chalorone, wurde er von Beffanus, Gasifredus und Beton angefallen, so hießen die oben erwähnten Günstlinge der Brunehild. Der Erzbischof warf sich auf seine Knie, betete und reichte dann freudig seinen Nacken dar, den Todesstreich zu empfangen. Er war von gläubigem Volk umgeben, das ein lautes Jammergeschrei erhob und seiner mit großem Eifer der Liebe sich annahm. Allein unvermutet wurde von einem der Mörder ein Stein geschleudert, der den Kopf des Desiderius traf und ihn zur Erde stürzte. Bald darauf rannte ein anderer herzu und schlug mit einem Pfahl den Heiligen vollends tot – im Jahr 612.

 

Die Leiche wurde ehrenvoll beerdigt an dem Ort, der heutzutage St. Didier heißt, und sein Grab durch vielfältige Wunder verherrlicht.

 

Wenige Jahre danach nahm die grausame Brunehild ein grausames Ende. Sie wurde gefangen und ihrem Gegner, dem König Klotar, vorgeführt, der sie drei Tage auf das schmerzlichste peinigen ließ, danach auf ein Kamel setzen, in der ganzen Armee zur Schau herumführen, endlich mit den Haaren, einem Arm und einem Bein an den Schweif eines unbändigen Pferdes binden und zu Tode schleifen ließ.