Heilige Betha (Elisabeth von Reute, Gute Beth, Elsbeth Achlerin, Bona: die Gute), Nonne von Reute, + 25.11.1420 - Fest: 25. November

       

Manch schönes Blümchen blüht auf einsamer Heide oder auf steiler Bergeshöhe ungesehen von den Augen der Weltmenschen, die nur der Glanz einer prunkenden Blüte anzieht, aber das Auge des Himmels blickt mit Wohlgefallen auf das einsame Blümchen und der Tau des Himmels erquickt es über Nacht. Einer solchen lieblichen und duftigen Blüte glich die Jungfrau, deren Gedächtnis der heutige Tag feiert.

 

In der Stadt Waldsee in Schwaben lebte ein ehrbarer Bürger, namens Hans Achler, dem seine fromme Gattin mehrere Kinder schenkte, von denen die am 25. November 1386 geborene Tochter in der heiligen Taufe den Namen Elisabeth erhielt. Dieses Kind wuchs in wunderbarer Anmut und Liebenswürdigkeit heran und übertraf alle ihre Freundinnen an Unschuld, Frömmigkeit und himmlischen Streben.

 

Zur blühenden Jungfrau gereift, trat sie in den Dritten Orden des heiligen Franziskus, sagte den Lüsten der Welt für immer Lebewohl und strebte mit freudigem Mut nach höherer Vollkommenheit. Da aber das Gesinde in ihrem Elternhaus öfters ausgelassene Reden führte, und das zarte Gewissen der unschuldigen Jungfrau Schaden zu leiden fürchtete, verließ sie ihre Heimat, eingedenk der Worte des göttlichen Heilandes: „Willst du vollkommen werden, so verlasse Vater und Mutter, Schwester und Bruder und alles, was du hast und komm und folge mir nach!“ Die Eltern waren über die Entfernung ihrer Tochter sehr ungehalten und entzogen ihr jegliche Hilfe. Elisabeth oder „die gute Betha“, wie man sie gewöhnlich nannte, sah sich genötigt, das Weben zu erlernen, um damit ihren Lebensunterhalt zu gewinnen, aber der Lohn war so gering, dass sie kaum ihr Leben fristen konnte. Gar oft nahm sie auf, was Hund und Katze übrig ließen, um mit dieser elendesten Speise ihren Hunger zu stillen.

 

Ihr langjähriger Beichtvater richtete für sie und einige andere fromme Schwestern ein Klösterchen in Reute bei Waldsee ein, damit sie vollkommener Gott dienen können. Hier lebte sie bis zu ihrem seligen Tod und wurde in wunderbarer Weise von Gott begnadigt. All ihr Tun vereinigte sie mit dem bitteren Leiden Jesu Christi. Spann sie, so betrachtete sie mit großem Mitleid, wie ihr himmlischer Bräutigam unbarmherzig mit Stricken gebunden und geschlagen und an den Haaren gerissen wurde, trug sie Holz, so dachte sie an das schwere Kreuz, das Christus zum Kalvarienberg schleppte, war sie allein, so erinnerte sie sich der Verlassenheit Jesu von seinen Jüngern. Sie versenkte sich so tief und mitleidig in das Leiden des göttlichen Heilandes, dass sie in übermäßigem Seelenschmerz erkrankte. Nach einiger Zeit brach ihr die linke Seite auf und es floss reichlich Blut heraus. Darauf erhielt sie die Wundmale Christi in Händen und Füßen. Um ihr Haupt bildete sich ein Wundenkranz, als ob sie mit Dornen gekrönt sei. Zu gleicher Zeit wurde ihr ganzer Körper vom Scheitel bis zur Fußsohle mit so viel Wunden bedeckt, als ob sie mit scharfen Geißeln zerschlagen worden wäre. Besonders an den Freitagen, und in der Fastenzeit an jedem Tag, floss reichlich Blut aus ihren Wundmalen und wurde von vielen Personen beobachtet. Wenn man mit ihren Qualen Mitleid empfand, pflegte sie zu sagen: „Ach, Herr, schone mich nicht. Gib mir dein Leiden zu erkennen und auch zu empfinden, so viel wie möglich. Hier in der Zeit kann niemand dein Leiden ergründen, aber am Jüngsten Tag wird es offenbar, den Guten zu ewiger Freude, den Bösen zu ewiger Verdammung.“ In ihren unermesslichen Leiden rief sie oft aus: „O Herr, ich danke dir für deine Gnade, dass du mir dein heimliches inniges Leiden, das vielen gelehrten und ungelehrten Menschen verborgen ist, offenbart hast.“ Es wurde ihr von Christus auch offenbart, dass ihm die Dornenkrone außer vielen anderen kleineren Wunden besonders sieben tiefe Dornenstiche versetzt habe. Diese Wunden erschienen auch an ihrem Haupt.

 

In der Betrachtung des Leidens Christi wurde die gute Betha oft im Geist verzückt. Dann lag ihr Leib ohne Empfindung und Bewegung, ohne Atem und Gebrauch der Sinne zwei oder drei Tage, dann brach ihr blutiger Schweiß aus, und wenn man sie fragte, wo sie so lange gewesen sei, erzählte sie von der Seligkeit, die sie empfunden habe in der Anschauung des dreieinigen Gottes und im Verkehr mit Maria und den Seligen des Himmels. Als man ihr entgegnete, warum sie denn in jener Freude nicht geblieben sei, antwortete sie, je mehr Tugenden einer auf Erden gewinne, desto herrlicher sei der Lohn.

 

Öfters hörte die gute Betha ein Vöglein so süß singen, dass ihr vor Freude das Herz zerspringen wollte. Ging sie zum Tisch des Herrn, so verharrte sie gewöhnlich längere Zeit in seliger Verzückung. Immer war ihr aber das Mitleid mit dem kreuztragenden Bräutigam ihrer Seele lieber, als die Verzückung. Nach dem Grund gefragt, antwortete sie: „Nach dem Schauen kann der Begnadete leicht in geistliche Hoffart verfallen, so dass er alles Verdienst verliert, aber im Leiden Christi bleibt man im Leiden und Verdienen.“

 

Am St. Katharinentag war die gute Betha geboren, an demselben Tag starb sie auch in einem Alter von 34 Jahren. Als sie ihr Ende nahe fühlte, sprach sie zu ihrem Beichtvater und ihren Mitschwestern: „Zündet die Kerzen an und lest mir die Leidensgeschichte Jesu.“ Bei den Worten: „Er gab seinen Geist auf“, verschied sie ruhig und selig am 25. November 1420. Vor ihrem Tod sprach ihr frommer Beichtvater zu ihr: „Gute Betha, bitte unseren Herrn, dass er die große Gnade offenbar mache, die er dir in dieser Zeit erwiesen hat.“ Sie erwiderte: „Ich will Gott mit größtem Fleiß bitten, dass es immer offenbar werde. Man hat das Leben Christi und Mariä und der zwölf Boten und anderer Heiligen; ich bin ein armer Mensch.“ Aus diesen Worten kann ihre tiefe Demut erkannt werden.