Wohlehrwürdige Mutter Seraphica von Jesus, Ursulinerin von Beaucaire, + 30.12.1667 - Gedenktag: 30 Dezember

Wappen des Ursulinenordens

 

(Frei nach dem Originaltext: „Leben der gottseligen Ordens-Genossen

aus der Gesellschaft der Heiligen Ursula“, Landshut 1720)

 

1. Großes Unrecht würde getan der Mutter Seraphica, wenn darüber keine Meldung geschehen sollte, dass sie nicht allein eine Tochter des ganzen Ordens, sondern auch eine Mutter kann genannt werden: eine Tochter war sie, da sie noch in dem Stand der Kongregation begriffen war, in welcher sie ihre Jugend zubrachte; eine Mutter aber, nachdem sie den geistlichen Stand angenommen und alle Schwestern zu Beaucaire durch sie denselben anzunehmen vermochten. Sie war aus adeligem Geschlecht und von vortrefflichen Sitten; ihr Herr Vater Herr von Clausonne ein klug-verständiger Edelmann; und noch in seinem calvinischen Irrtum einen ganz ehrlichen Wandel führend, der dann auch nach seiner Bekehrung zu der wahren katholischen Lehre sich ganz eifrig um den heiligen Glauben angenommen hat; ihre Frau Mutter aus dem hoch-adeligen Haus von Taraud, das sich rühmen kann, die Anzahl der heiligen Märtyrer vermehrt zu haben, weil einer dieses Geschlechtes während der bürgerlichen Kriegs-Empörung von den Calvinischen hart verfolgt und endlich in einem Ziehbrunnen versteinigt worden ist, weil er lieber für den allein seligmachenden Glauben sterben wollte, als es mit den Irrgläubigen zu halten. Gabriela, oder wie sie später im heiligen Orden genannt wurde, Seraphica, kam auf die Welt zu Tarascon den 6ten Jenner des 1602ten Jahres, nachdem sie nur 7 Monate im Mutterleib gelegen hat.

 

2. In ihrem 5ten Lebensjahr wurde sie in der Abtei des heiligen Benedicti in die Kost geschickt, allwo sie in anständigen Sitten und in der Frömmigkeit große Fortschritte machte und auch eine große Lust zum geistlichen Leben bekommen hat: nachdem sie aber wieder nach Hause berufen und von den schönen Tugend-Exempeln entfernt worden, ist ihr Eifer bald wieder erkaltet: besonders weil ihre Eltern, deren einzige Tochter sie war, ihr zur Eitelkeit durch kostbare Kleider und Geschmuck genug Gelegenheit gegeben hatten. Es geschah aber, dass sie da und dort etwas von ihrem Geschmuck verlor, obwohl sie sich befleißigte darauf die beste Obsicht zu haben: was sie dann der vergänglichen Eitelkeit ermahnte und in ihrem Gemüt den alten guten Gedanken vom Kloster-Leben erweckt hat, daraus dann eine neue Begierde entstand, die Welt zu verlassen, die sich auch auf keine Weise mehr hat auslöschen lassen. Es stärkte sie in diesem heiligen Vorhaben ein gewisser Religios aus dem Orden des heiligen Dominici, der ihr zwar auch alle Beschwernisse vorlegte, die im geistlichen Stand sich ereignen, absonderlich in äußerer- und innerlicher Abtötung seiner selbst, und verschiedene Leibes-Strengheiten, die doch alle nichts anderes waren, als Öl ihrem nunmehr schon entzündeten feurigen Vorhaben zugunsten und eine noch größere Lust zum süßen Joch Christi erweckten.

 

3. Um dieselbe Zeit reiste sie mit ihrer Frau Mutter in die Stadt le Pont de S. Esprit, allwo sie öfters zu den Ursulinerinnen kommen, von deren Gespräch und geistlichem Lebenswandel sie ganz eingenommen war, und nun von der Frau Mutter inständig begehrt hat, bei ihnen zu bleiben. Es wollte aber die Frau Mutter anfangs nicht daran, aus Ursachen, weil die Ursulinerinnen allda eine ganz magere Kost hatten und noch nicht in rechter Ordnung eingerichtet waren: weil aber die Tochter in ihrem Begehren beständig war, hat sich die Frau Mutter endlich bereden lassen und ihr liebes Kind der Obsorg der damaligen Oberin und Stifterin des Hauses, der Mutter von Luynes, anvertraute. Die Kost-Präfectin, die mit der Jugend umging, als sie vermerckte, mit was schönen und edlen Geistes- und Gemüts-Gaben die Seele von Gott begnadet sei, auch von dero heiligem Vorhaben berichtet worden ist, hat selbe eben auf dem Fuß angefangen zu tractieren, so wie die alten Väter gehandelt haben mit denen, die in ihre Gesellschaft kommen wollten, nämlich auf eine harte und raue Weise. Unter anderem, um ihre gar zu lebhafte und unruhige Natur zu dämmen, auch ihren Kloster-Geist zu prüfen, legte sie ihr wohl gar Fuß-Eisen an und gab ihr wenig gute Worte, sondern zeigte sich in allem ganz streng gegen sie. Fräule Gabriela von Clauson (so wurde sie damals noch genannt), konnte sich aber ganz wohl darein schicken und ertrug alles ganz beherzt; entwöhnte sich auch nach und nach der schönen Kleider-Pracht, legte von den Fingern die goldenen Ringe, vom Hals die Berlein (Perlen) ab; und zeigte, dass sie alles was weltlich war gar leicht verlassen könne. Diese freiwillige und ungezwungene Verachtung der weltlichen Üppigkeit, machte sie der göttlichen Gnade also fähig, dass ihr auch die gemeine, schlechteste Hausverrichtung nicht die mindeste Beschwernis verursachten: sie stand mit andern in aller Frühe auf; kehrte das Haus aus; begoss den Garten; diente in der Kuchel (Küche), als ob sie zu einer Hausmagd wäre auffgedünget (verdingt?) worden, nur ihrem Eifer zum geistlichen Leben an den Tag zu legen. Weil nun die vornehmsten Glieder der Versammlung mit dieser anhaltenden Ursulinerin ganz und gar zufrieden waren, nahmen sie dieselbe auf und gaben ihr das geistliche Kleid auf den Tag der Opferung unserer lieben Frauen im Jahr 1620 und ließen sie auch nach vollendetem Noviziat zu, die einfachen, dazumal noch allein gebräuchlichen Gelübde abzulegen, wurde also mit ihrer größten Freude Gabriela in die Versammlung einverleibt.

 

4. Bald darauf musste sie mit der Mutter de Luynes nach Paris reisen und einigen kranken Schwestern, die sie mit sich dahin führten, unterwegs aufwarten: sie hatte gegenüber ihren Krankheiten eine natürliche Abscheu, so dass ihr diese Reise freilich mehr eine Mortification (Demütigung), als Ergötzung gewesen war. Was sie aber am meisten schmerzte, war die genaue Obsicht, die Mutter Luynes auf sie hatte, und allen Eintritt in die geistlichen Häuser der gesperrten Ursulinerinnen verhinderte, worin doch das einzige Verlangen Gabrielas bestand, die nichts mehr wünschte, als in einem rechten geistlichen Stand zu leben. Inzwischen wurde sie mit ihrem größten Verdruss sowohl an den Hof und in andere vornehme Häuser geführt, wo sie Zeit verbringen musste, die sie lieber zu Hause in Verfertigung der schönen Handarbeiten für die Altäre und priesterliche Kleidungen wie auch in geistlichen Übungen verlangte zuzubringen. Nach der Rückkehr nach Pont de S. Esprit wurde sie als Oberin in die Ursulinerinnen-Versammlung nach Valence geschickt, obwohl sie erst 21 Jahre alt war: denn ihre reife Klugheit und ihr männlicher Geist ersetzten das übrige Alter: wie sie dann selbiges Haus durch ihre weise Regierung in den besten Stand gebracht und besonders die Einsamkeit, das Stillschweigen, das Gebet, die Abtötung und einen unermüdlichen Eifer in christlicher Unterweisung der Jugend eingeführt hat. Nach 5 Jahren rief man sie wieder auf Pont de S. Esprit zurück und wurde bald darauf auch allda durch die allgemeine Wahlabstimmung in Gegenwart des Bischofs zur Oberin erwählt: in welchem Amt sie sich dermaßen löblich aufführte, dass alle Schwestern ob ihrem Eifer höchst erbaut den häufigen göttlichen Segen in der ganzen Versammlung verspürt haben.

 

5. Nachdem sie alsgemach ihren Untergebenen das Herz abgewonnen hatte, gab sie ihnen deutlich zu verstehen ihr Vorhaben ein geistliches Leben in einem geschlossenen Kloster zu erwählen. Dies aber erweckte im Haus keine kleine Unruhe, indem einige diese Gedanken für eine Versuchung hielten, in der Meinung, das Institut der Ursulinerinnen komme mit einem gesperrten Leben nicht überein: sie gaben davon einen Bericht den Ursulinerinnen zu Avignon, deren einige Ältere alsobald nach Pont S. Esprit sich begaben, um das Vorhaben zu verhindern: die Oberin war wegen der unerwarteten Ankunft entsetzt, ließ sich aber bei ihnen wegen einer Veränderung nichts anmerken. Inzwischen stand sie mitten zwischen zwei streitenden Parteien, von denen einige für die Fortsetzung der Versammlung, andere für ein gesperrtes Kloster-Leben stritten; sie aber hielt sich ganz weißlich gleichsam unparteiisch, bis die hitzigen Gemüter in die Ruhe gesetzt wurden. Kurz darauf hat die Pestilenz in der Stadt eingerissen und die Ursulinerinnen genötigt, sich aufs Land zu begeben, allwo sie für ihre Wohnung ein altes Schloss gefunden, welches tauglicher schien eine Hütte für die wilden Tiere als ein Haus für Menschen abzugeben. In diesem wurde von ihnen nicht minder die geistlichen Übungen und Tugend-Werke in Abtötung, Bußwerken, Gebet und anderen standesmäßigen Verrichtungen fortgesetzt als es in der Stadt geschehen war. Die Oberin bestellte im Geheimen eine Schwester, von der sie nicht anders als eine Novizin sollte traktiert werden, welches von der Schwester auch mit heiliger Einfalt durchgeführt wurde; die anderen aber sind durch dieses demütige Exempel der Oberin also entzündet worden, dass eine jede wollte eifriger in der Lebens-Strengheit sich erzeigen. Wurde also diese Einöde zu einem Paradies und breitete sich der Geruch ihrer Heiligkeit in der ganzen Gegend aus. Gelangte also doch schon die fromme Oberin nach und nach zu ihrem Zweck, die ihr Untergebenen mit Begierde eines vollkommenen geistlichen Klosterlebens zu entzünden. Allein bald äußerten sich neue Hindernisse und gleichwie kein Trost in diesem Leben langwierig ist, so wurde auch die geistliche Freude, die die Oberin durch den Eifer ihrer Untergebenen hatte, bald versalzen; denn die leidige Sucht allbereit einige aus den Schwestern ergriffen und in die Ewigkeit geschickt hat: die liebreiche Oberin sonderte zwar diese von der Gemeinschaft ab, machte ihnen doch Gelegenheit zu beichten, suchte sie täglich öfters heim und tröstete sie bis an ihr Ende.

 

6. Ihr Name wurde inzwischen in der ganzen Gegend bekannt und zog eine Menge von Weltleuten und auch geistliche Männer an diesen Ort; von welchen die gottseligen Schwestern zur Fortsetzung ihres heiligen Lebenswandels durch Predigten und geistlichen Zuspruch nur mehr aufgefrischt wurden; welches alles endlich die Oberin zum Entschluss führte, gar ein Gelübde zu tun ein klösterliches Leben anzunehmen: sie warb dazu einige von den Ihrigen und ganz in der Stille, auf dass nicht wieder, wie zuvor, einige Misshelligkeit entstünde. Als nun alles wohl veranstaltet war, schrieb die eifrige Oberin an ihre Frau Mutter mit der kindlichen Bitte, dass sie beim Bischof und beim Rat zu Nimes die Erlaubnis erhalten wolle, alldort ein Ursulinerinnen-Kloster aufzubauen: die Frau Mutter wendete hierin ihr Möglichstes an, aber konnte weder beim Bischof noch beim Rat etwas erreichen: Es schien nämlich so als ob Gott wolle diese Ehre der Stadt Beaucaire vorbehalten. Und zwar willigte der Erzbischof von Arles alsobald in dieses Vorhaben ein und machte also die Mutter von Clausone den glückseligen Anfang; sie nahm 8 gleichgesinnte Schwestern samt zwei Kostgängerinnen mit sich nach Beaucaire, und es geschah ihr Eingang allda den 6. Mai im Jahr 1630. Drei Tage darauf langte auch aus der Versammlung zu Bagnoli die Schwester Gabriela Dantragues samt zwei anderen an, die auch diesen Sinnes waren. Sie richteten ihre kleine Behausung so gut sie konnten in die Form eines Klosters. Die Oberin fing an die christliche Lehre öffentlich denen auszulegen, die zu ihr kamen: welche Neuigkeit allsobald die ganze Stadt in Verwunderung gesetzt und zu dieser geistlichen Unterrichtung anlockte: Ein gewisser Priester mit einigen anderen stutzten darüber und hielten es für eine große Unanständigkeit; sobald er aber die Mutter Clausone selbst angehört hatte, hat er bekannt, der Heilige Geist rede aus ihr; und so wollte sich niemand mehr dagegenstellen. In kurzer Zeit änderten sie ihre Wohnung, kauften einen Turm für ihre Behausung, die aber so alt und baufällig war, dass sie notwendig hat müssen niedergerissen und ein neues Gebäude für eine klösterliche Wohnung angelegt werden. Inzwischen lebten sie in höchster Armut und aller Sachen Abgang. Sie hatten keine andere Lagerstatt als die bloße Erde, bis sie endlich für die Kranken eine Bettstatt samt einem harten Strohsack erhielten; das Speisegeschirr war von Erden, die Teller von Holz und also der ganze übrige Hausrat so arm, dass er nicht schlechter hätte sein können. Nichts desto weniger lebten sie ganz getröstet und in solcher Zufriedenheit, dergleichen sie in allem Überfluss nicht würden gehabt haben: So viel vermag nämlich die göttliche Gnade und Salbung des Heiligen Geistes. Es ist gewiss hierbei verwunderlich und für ein absonderliches Gnadenwerk der göttlichen Güte zu halten, dass von einem so geringen und schlechten Anfang eine so herrliche Fundation (Gründung) und berühmtes Kloster erwuchs, wie es jetzt an diesem Ort zu sehen ist, und diejenigen Personen, welche des ganzen Ursprungs Wissenschaft gehabt, haben ungescheut bekannt, dass der Finger Gottes allda mitgewirkt habe, und haben sich in der Wahrheit einige augenscheinliche Wunderzeichen der göttlichen Vorsichtigkeit (Vorsehung) da sehen lassen. Dann bald hat es sich das Zeug, daraus sie sich kleideten, unter der Hand verlängert; bald die Fische im Wasser vermehrt; bald das Geldlein in der Truhe verdoppelt; es wurden auch jene, welche das Haus mit Notwendigkeiten versorgten, niemals mit leerer Hand zurückgeschickt, obwohl die Barschafft nicht vorhanden war, alles Gekaufte auf einmal zu bezahlen: Es stand nämlich ihre feste Hoffnung allzeit auf Gott, der die Seinigen, die auf ihn bauen, niemals zu verlassen pflegt.

 

7. Allein Mutter Clausone lebte doch nicht ruhig, weil sie innerlich zu einem mit Ordensgelübden verbundenen Leben unaufhörlich angetrieben wurde: daher ihre so große Begierde endlich zu sättigen, unternahm sie im kalten Winter durch Schnee und Frost mit einer Gefährtin eine Reise nach Montelimar in Delphinat, stellte sich dort den gesperrten Ursulinerinnen vor, von denen sie auch ganz liebreich aufgenommen wurde: und gleich darauf unter die Novizen gezählt wurden. Es war der erste Tag des Jahres 1631. Sie ließ sich mit ihrer Gefährtin auf das Beste unterweisen und nach etlichen verflossenen Monaten kehrte sie wieder nach Beaucaire zurück, allwo sie auch von den Ihrigen begütig erwartet wurde: Sie gab ihnen alsobald die Ordens-Regeln, die sie mit sich gebracht hatte, welche ihnen auch sehr gefielen, und alsobald mit nunmehr von allen gutheisten in die Übung gebracht wurden. Nach ihrem vollendetem Probier-Jahr hat sie ihre Profession in die Hände des wohl-ehrwürdigen Pater Hugues aus der Gesellschaft Jesu, welchen der Erzbischof von Arles dazu verordnet hatte, abgelegt, in Beiwohnung der Mutter de la Touche, Ursulinerin von Montelimar, welche nach Beaucaire gereist war, um die klösterliche Ordensbräuche allda einzurichten und einigen Schwestern, welche aus der Stadt Pont de S. Esprit ankamen, den Kloster-Habit mitzuteilen.

 

8. Dieses neue Kloster hat gleich angefangen wegen der geistlichen Disziplin, und Tugendglanz war in solchen Ruhm zuerwachsen, dass der Erzbischof, um einige Abteien in besseren Stand zu setzen, kein tauglicheres Mittel gefunden, als aus selben einige Klosterfrauen auf eine Zeit zu diesen Ursulinerinnen nach Beaucaire zu schicken, wo sie durch deren Exempel angeleitet, die Weise recht geistlich zu leben erlernen sollten. Wie sie dann in dem Geist bald zugenommen unter der schönen Anführung der Mutter Clausone, nunmehr Seraphica de Jesu genannt. Im Noviziat dieses neuen Klosters befanden sich 25 Personen, welche alle sich sehr verliebten in die Nachfolge der Heiligen, deren Leben sie lasen; wenn man sie bestrafte, warfen sie sich nicht allein der Regel gemäß, auf die Knie, sondern blieben so lange, dass es zuweilen in 3 bis 4 Stunden währte, ja auch die ganze Nacht hindurch; wenn nämlich die Novizen-Meisterin ihrer vergessen hatte. Gleichergestalt so fern man ihnen geboten hat stillzuschweigen, blieben sie oft einen ganzen Monat ohne ein Wörtlein redend: Alles unter guter Veranstaltung unserer Mutter Seraphica, welche zum andernmal für eine Oberin dieses Klosters bestellt worden war.

 

9. Danach hat sie der Erzbischof nach Salon beordert, dort den Ursulinerinnen vorzustehen; welcher Befehl ihr zwar hart ankam, indem sie erst angefangen hatte die Kirche zu Beaucaire zu bauen, doch ihr Gehorsam zu bezeigen, hat sie sich noch am selben Tag, an dem sie den bischöflichen Befehl empfangen, auf die Reise begeben hat, nicht ohne großes Leid der ihrigen. Zu Salon war sie bei der ganzen Gemeinschaft so beliebt, dass diese ihre kluge Weise zu regieren nicht genug rühmen hat können. Sie ist diesem Haus vorgestanden 3 Jahre und hat das Amt einer guten Hirtin bestens erfüllt; insbesondere durch ihr Gebet Wachtbarkeit und beständiger ihrer eignen sowohl inner- als äußerlichen Abtötung, wie auch durch mündliche Aufmunterung der ihrigen zu der Tugend und geistlichen Vollkommenheit. Inzwischen verlangten die Ursulinerinnen zu Beaucaire ihre liebe Mutter Seraphica wieder zu haben, und damit sie ihnen zurückgeschickt wurde, erwählten sie selbe für ihre Oberin: hat also Seraphica diese Gemeinde 40 ganze Jahre teils als Oberin, teils als Assistentin regiert, mit nicht minderem Fleiß und Sorgfalt als großen Trost der ihrigen und des ganzen Haus großen zeitlichen und geistlichen Nutzen.

 

10. Sie hatte ein männliches Gemüt, einen fähigen Geist und sehr erleuchteten Verstand, absonderlich zu geistlichen Erkenntnissen; wie solches jedermann an ihr schätzte, ausgenommen sie selbst nicht, weil sie von sich selbst redend oft sagte: Ich fürchte, meine lieben Schwestern, dass nicht ich als eine Blinde andere Blinde führe und beide endlich in die Grube fallen. In allem wandelte sie in heilsamer Furcht und großem Misstrauen auf sich selbst: man sah sie ihre eigene Meinung beiseits setzen, um anderer Rat zu folgen; ja auch von den jüngeren Schwestern verlangte sie eine gute geistliche Lehre zu empfangen; beklagte sich bei ihnen, dass sie in ihrer Andacht immerdar lauer werde und begehrte dazu von ihnen aufgemuntert zu werden: durch welche ihre Verdemütigung sie selbst in der Tugend gewachsen, andern aber große Auferbauung und Hochschätzung gegen ihr verursacht hat. Das hohe Alter und die Leibs-Schwachheiten, welche bei anderen den Eifer des Geistes zu vermindern pflegen, verursachten bei ihr ganz das Gegenteil; denn gleichwie ein Licht kein größeren Glanz gibt, als wenn es erlöschen will, also gab sie auch zum Ende ihres Lebens viel augenscheinlichere Exempel der Sanftmut, der Liebe, des Seelen-Eifers und insbesondere der Demut. Einzig ihre Gegenwart war allen den ihrigen ein sonderbarer Trost und sie hielten alle Zusammenkünfte fast ohne Leben, wo sie nicht gegenwärtig war. Es schien nämlich aus dem Angesicht der Mutter Seraphica eine wohlanständige Fröhlichkeit; aus den Augen eine geistliche Einfältigkeit; aus ihren Reden eine aufrichtige Redlichkeit; aus ihrer Weise zu handeln eine eindrückliche Liebe mit sonderbarem göttlichen Segen begleitet. Und haben 3 Kirchen-Häupter sich ihrer Hilfe gebraucht in Verbesserung dreier Klöster, wo man sonst nichts hat ausrichten können. Sie gab doch in allem diesem mit größter Demut Gott allein die Ehre und schrieb alles seiner Gnade zu.

 

11. Damit sie aber endlich zu dem Ehren-Kranz, den sie im Himmel durch ihre Verdienste erarbeitet hatte, gelangte, schickte ihr Gott eine schwere Krankheit zu; an der sie sich am heiligen Weihnachts-Abend in dem 1667sten Jahr legen hat müssen: und wurde dadurch ihres herbeinahenden Endes erinnert. Sie säumte auch nicht die notwendige Vorbereitung vorzunehmen, sondern ließ sich gleich folgenden Tags darauf mit der heiligen letzten Wegzehrung versehen: danach hatte sie alle die ihrigen um Verzeihung ihrer Fehler gebeten, ihnen die eifrigen Übungen des Glaubens, der göttlichen Gegenwart, der schwesterlichen Liebe untereinander, wie auch der wahrhaften Demut und Beharrlichkeit im geistlichen Beruf, Haltung der Regeln und Ordensdisziplin anbefohlen, also von ihnen unter größten deren Leid Abschied genommen. Der Beichtvater ermahnte sie, ihnen auch den letzten mütterlichen Segen zu erteilen, was auch so geschehen ist. Die Heftigkeit der Krankheit und bittere Arzneien konnten sie niemals zur mindesten Ungeduld bewegen. Ihre Erkenntnis (Dankbarkeit) aber für alle ihr angewendete Mühe und Sorgen zeigte sie mit vielen Worten, und nach verstrichenen 6 Tagen ihrer Krankheit ist sie den siebenten zur ewigen Ruhe abgeschieden. Welcher ein Samstag war und der letzte des 1667. Jahres, ihres Alters bei 66. Jahr. Es ist nicht zu beschreiben, in welche Betrübnis dieser Todesfall das ganze Kloster gesetzt hatte. So war auch der Zulauf des Volkes zu ihrem Leichnam unbeschreiblich groß und nicht minder die Verehrung, die sie ihm angetan haben. Es ist der Leichnam beigesetzt worden in der Kapelle des Göttlichen Kindlein Jesus, welche sie hat bauen lassen; zwar ohne besonderes Gepränge, weil sie es selbst bei Lebzeiten also ernstlich verlangt hatte. Man sagt, dass ihre Himmelfahrt einer gewissen frommen Person sei offenbart worden an einem Samstag, den dritten Tag im März, etwas länger als 2 Monate nach ihrem Tod:

 

Ihre Grundlehren:

 

1. Wenn wir das Kreuz recht verehren und damit Christus nachfolgen wollen, müssen wir uns gleichförmig machen seiner Armut und Demut; welche Tugenden ein großer Teil seines Kreuzes waren.

 

2. Wenn du durch dein Gebet bei Gott etwas erhalten willst, so befleißige dich gegen deinen Nächsten barmherzig zu sein; denn durch den Weg der Barmherzigkeit gelangt man zur göttlichen Freigebigkeit; und erhält hundertfältig von Gott, was man dem Nächsten getan.

 

3. Gott probiert uns oft durch anderer Bosheit: wenn wir uns aber gegen sie verhalten, als wie die heiligen Märtyrer gegen ihre Tyrannen, so wird Gott wissen selbe zu verändern und aus Feinden zu unseren Freunden zu machen.