Heiliger Morandus, Propst von Altkirch im Elsass, Glaubensbote im Sundgau, + 3.6.1115 – Fest: 3. Juni

       

Morandus entstammte einem adeligen Geschlecht jenseits des Rheins und lebte in der zweiten Hälfte des 11. Jahrhunderts. Seine Eltern brachten ihn schon mit jungen Jahren nach Worms, um ihn dem Dienst des Herrn zu weihen. Vom göttlichen Segen betaut, wuchs das junge Bäumchen rasch heran in Tugend und Wissenschaft, sein Charakter reifte zu jener ruhigen Klarheit und klaren Offenheit, die sein Antlitz ständigen Sonnenschein widerstrahlen ließ. Zum Priester geweiht, erhöhte er seinen Eifer in der Tugendübung und die Andachtsglut seines Gebetes. Unter anderem machte er eine Wallfahrt zu dem berühmten Grab des heiligen Jakobus in Compostella in Spanien. Sein kindlich gläubiges Gemüt war noch nicht angesteckt von dem kritischen Geist unserer modernen Zeit, die für Wallfahrten, Reliquien u.ä. nur mehr ein mitleidiges Lächeln oder Spott und Hohn aufbringt. Morandus war noch von echt katholischem Geist beseelt und fühlte sich deshalb auch über Zeit und Raum hinaus verbunden mit jenen heiligen Männern und Frauen, die einst die Kirche mit Einsetzung all ihrer Kräfte erbauen halfen auf dem Grund Christi, die sie in ihrem Beistand festigten, die durch ihr Gebet unablässig die notwendigen Gnaden vom Himmel erflehten, die immer und auch jetzt noch am Thron Gottes uns durch ihre Fürbitte unterstützen, unser Heiliger kannte nicht mehr bloß, sondern fühlte noch lebhaft und erlebte die Gemeinschaft der drei Kirchen, der leidenden, streitenden und triumphierenden.

 

Auf der Wallfahrt nach Compostella kam Morandus auch nach Cluny, um sich dort dem Schutz der heiligen Apostel Petrus und Paulus zu empfehlen, denen das Kloster geweiht war. Doch die Wege der göttlichen Vorsehung sind unergründlich. Abt Hugo der Große erfuhr von ihm, rief ihn zu sich und sagte ihm voraus, dass der Mönch in Cluny werde, wenn ihm Gott eine glückliche Heimkehr von Compostella schenke. Und wirklich, er nahm den Rückweg wieder über Cluny und wurde Mönch. Mit einer harten Strenge gegen seinen eigenen Leib übte er voll Eifer die Werke geistlicher Nächstenliebe, wozu ja in einer großen Gemeinschaft wie Cluny so reichlich Gelegenheit gegeben war. Er befestigte die Schwankenden, versöhnte die Uneinigen und hielt mit seinem Gebet die Versuchungen vom Hause ab. Von Cluny ging damals eine Welle geistlicher Erneuerung in die Klöster aus, die eben unter Abt Hugo ihren Höhepunkt erreichte. Neue Klöster wurden von dort aus gegründet, schon bestehende, aber äußerlich und innerlich verfallende wieder mit frischen Kräften besetzt und neu belebt. Meist wurde mehrere Mönche der Reformabtei in ein solches Kloster abgeordnet, um die alte Zucht und Regeltreue wiederherzustellen. Ein solch herabgekommenes Kloster lag in der Auvergne in Frankreich. Sein Reformator wurde Morand, dessen Ruf schon weit verbreitet war und dem man die Lösung dieser schwierigen Aufgabe zutraute. Der Heilige rechtfertigte auch das in ihn gesetzte Vertrauen; konnte er doch reichlich zehren von seiner Erfahrung im geistlichen Leben und dem Gebetsschatz, den er sich in seinen Jugendjahren für sein praktisches Wirken gesammelt. Ähnlich wie mit dem vom Lebensbeschreiber nicht näher genannten Kloster in der Auvergne war es mit der Propstei Altkirch.

 

Altkirch liegt vier Stunden von Basel entfernt im Sundgau. Dort hatte ein Edler des Geschlechtes von Pfirt eine Kirche erbaut, wo Chorherren den Bewohnern der Umgegend himmlische Gnade vermitteln sollten. Sinnen und Trachten jener Priester aber war wenig auf das Seelenheil der ihnen anvertrauten Gläubigen gerichtet und schließlich wurden ihrer auch so wenige, dass Graf Friedrich einen anderen Plan fasste. Er baute die Kirche neu, stattete sie mit weiteren Pfründen aus und bot sie so Abt Hugo von Cluny zu ewigem Besitztum an, wofür sie von Kluniazenser Mönchen versehen werden sollte. Abt Hugo schickte auch sofort mehrere Mönche mit dem erprobten Konstantius an der Spitze, die von neuem das Feuer auf dem göttlichen Herd entfachten, ja schon bald Nachwuchs unter den Einheimischen gewannen. Nur eines ward ihnen in ihrem Heilswirken zum großen Hindernis: sie verstanden die Landessprache nicht. Konstantius legte dem ehrwürdigen Vater Hugo diese Schwierigkeiten dar, worauf dieser Morand, der aus einem deutschen Geschlecht gebürtig war und in Worms am Rhein seine Ausbildung genossen hatte, aus der Auvergne zurückrief, zum großen Leidwesen der dortigen Gemeinde. In Altkirch konnte sich des Heiligen Gemüt in seiner tiefen Innerlichkeit und weiten Aufgeschlossenheit auswirken: Immer heiteren Antlitzes, verschenkte er sich selbst in seinen Kräften aus Liebe zu den ihm anvertrauten Seelen. Seine Liebe war großzügig, ohne streng zu werden, ein Sichversenken in die Nöte der einzelnen Seelen, ohne dabei den Blick auf das Ganze zu verlieren. Seine Liebestätigkeit floss aus einer Persönlichkeit, in sich geschlossen und fertig, die sich an Christus gebildet und ein getreues Abbild der Heilandsseele geworden. Wie sein göttlicher Meister kümmerte sich auch der heilige Morandus nicht um das Geschrei und Lachen, den Undank der Welt. Er war ja Glied des großen Leibes Christi, und wollte er das bleiben, so musste er auch mit Christus am Kreuz ausharren, um sich aus Liebe hinzuopfern. Sein Lebensbeschreiber trifft es, wenn er kurz sagt: „Er ward allen zur Form der Vollkommenheit.“ Der Ruf seiner Heiligkeit drang bald über die Grenzen, alle Schwerbedrängten trugen ihre Mühsale und Leiden zu ihm, um von ihnen durch seine wirksame Fürbitte, nicht selten auf wunderbare Weise, befreit zu werden.

 

Ein ständiger Liebesdienst war sein Leben, ein Arbeiten für andere, und das immerfort, ohne Unterlass, Tag für Tag, bis zum Ende seines Lebens. Ihn ermüdete es nicht, denn Liebe ist die immer fließende, nie versiegende Quelle neuer Kräfte, die sich selbst erschöpft, um sich neu zu schaffen, die in dem Aufzehren ihrer Kräfte neue gewinnt, sich selbst zum Nichts machend, zum Sein gelangt. Doch blieb auch des Heiligen Seele jung und kräftig wie in der Blütezeit ihres Gnadenlebens, der Leib sank immer mehr unter der Schwere des Alters, bis er gänzlich zusammenbrach. Schon sein Leichenzug wurde zu einem Triumphzug und als an seinem Grab Wunder geschahen, wollte schier der Strom der Wallfahrer aus Österreich wie Deutschland und Frankreich kein Ende nehmen. Sein Fest wurde in der kluniazensischen Benediktinerkongregation in die kirchlichen Tagzeiten aufgenommen. Gegen 1780 entstand in Altkirch eine Bruderschaft zu Ehren des heiligen Morandus mit dem hauptsächlichen Zweck Almosen zu spenden, die auch teilnahm an den geistlichen Schätzen der Kluniazenserkongregation.

 

„O wie wunderbar ist es Jesus zu lieben und andere zu lehren, ihn gleichfalls zu lieben!“ (Hl. Theresia von Lisieux)