Nicht Bibiana hat die Tagesheilige geheißen, sondern Viviana. Dass in dem Namen zweimal ein Buchstabe geändert wurde, nennen die Gelehrten Lautverschiebung.
Die heilige Bibiana hieß also eigentlich Viviana, und das ist ein schöner Name, denn Viviana heißt auf Deutsch die Lebensvolle, die mit Leben erfüllte, mit jenem heiligen übernatürlichen Leben, das Gott den ersten Menschen im Paradies geschenkt hatte und das uns das Christkind in der Heiligen Nacht wiederbrachte, nachdem es durch die Sünde der Stammeltern verlorengegangen war.
Die heilige Bibiana lebte im vierten Jahrhundert zu Rom. Der Vater, Flavian mit Namen, war ein städtischer Beamter. Die Mutter hieß Dafrosa. Zwei Kinder waren vorhanden, Bibiana und ihre Schwester Demetria. Es war eine gute christliche Familie.
Gleich beim Aufstehen in der Frühe wurde der neue Tag durch das gemeinschaftliche Morgengebet geweiht. Wenn es die Zeit erlaubte, ging man auch werktags in die heilige Messe. Einer aus dem Haus ging stets, um den Segen für alle zu holen, und die anderen, die verhindert waren, beteten im Geist die Wandlung mit. Mittag- und Abendessen waren nie ohne Tischgebet vorher und nachher. Am Abend dankten alle Gott gemeinsam für den Tag, auch unterließen sie es nicht, kurz das Gewissen zu erforschen und Reue zu erwecken, und zum Schluss baten sie um Gottes Schutz für die Nacht. So soll es ja auch sein, denn durch Gebet muss man jeden Tag heiligen, damit er ein gottgefälliger Tag sei.
Die Familie der heiligen Bibiana war eine gute und fromme Familie, und als eine Christenverfolgung ausbrach – die letzte der zehn römischen Verfolgungen –, bestanden, durch die Gnade gestärkt, alle, Vater, Mutter und die beiden Schwestern, glorreich das Martyrium, Bibiana zuletzt, die am härtesten gefoltert wurde. Mit gebundenen Händen wurde sie an eine Säule gefesselt, und rohe Henkersknechte schlugen mit Bleikolben auf sie ein, bis sie tot zusammenbrach. So sehr hat dieser schreckliche Martertod die Christen mit Hochachtung vor dem tapferen Mädchen erfüllt, dass sie ihr zu Ehren bald nach dem Ende der Verfolgung zu Rom eine prachtvolle Kirche bauten, in der unter dem Hochaltar ihre verehrungswürdigen Überreste zugleich mit den heiligen Überbleibsel der gesamten Martyrerfamilie bestattet wurden und heute noch mit Recht verehrt werden, denn eine Familie von der Art dieser Heldenfamilie ist für immer aller Ehren wert.
In einem alten Heiligenbuch lesen wir folgenden Bericht:
„... Nach Konstanzius kam Julian auf den kaiserlichen Thron und mit ihm der alte Lügengeist in neuer arglistiger Gestalt. Er erklärte die Christensekte für überflüssig, für dumm und gehässig und verfolgte sie mit Tücke und Gewalt. Da bewies Flavian, was ein Christ sei, und wie er handelt. Er nahm sich der Gläubigen an, ermahnte zur Standhaftigkeit, besuchte, tröstete, unterstützte die gefangenen Christen. Das Ansehen, das er früher genoss, war auch jetzt noch sein Schild, bis Schmeichler des Tyrannen den eifrigen Bekenner anzeigten. Der Kaiser befahl dem Statthalter Apronian die Verhaftung Flavians, und entweder das Opfer für die Götter, oder Verlust des Lebens. Apronian vollzog den Befehl. Der Diener Gottes erklärte freudig sein Christentum und den Willen, darin zu leben und zu sterben. Der Statthalter ließ ihm das Ehrenzeichen des Adels wegnehmen, und das Zeichen des Sklavenstandes auf die Stirn einbrennen. Wohl ein großer Schmerz, aber eine noch größere Beschimpfung! Der Heilige nahm freudig die Schmach des Kreuzes auf sich. Darauf schickte Apronian aus Furcht vor dem Volk den Diener Gottes ins Elend nach Aque Taurine, jetzt im Florentinischen; beraubte ihn seiner Güter, und gab den Soldaten Befehl, mit Härte gegen ihn zu verfahren. Der Heilige unterwarf sich von Gott getröstet seinen harten Leiden, nahm rührend Abschied von seiner Frau und Kindern, empfahl sie dem Schutz Gottes, wurde hinweggeführt ins Elend und starb bald hernach vor Hunger und Not, während er betete. Sein Festtag wird am 22. Dezember gehalten. Seine Frau Dafrosa wurde nun auch der Verfolgung ausgesetzt und musste vieles leiden. Schließlich wurde sie in den Kerker geworfen, und darin, weil sie von Jesus Christus nicht abweichen wollte, enthauptet. Ihr Fest fällt auf den 4. Januar. Diese heiligen Eltern hinterließen zwei Töchter Bibiana und Demetria, die Erben ihres Glaubens, Zeugen ihres Eifers, und in ihrer Vollendung die Frucht und Belohnung ihrer Gebete. Der Reichtum in Jesus Christus, die überschwängliche Gnade Gottes, die den Sohn hingab zum Lösegeld aller Schuld und zum Unterpfand ewiger Liebe, war den Töchtern der Ersatz ihrer zeitlichen Güter, da ihnen das väterliche Erbe entzogen wurde, und der Trost ihres Gemütes für den zeitlichen Verlust ihrer Eltern, da diese für Jesus Christus zu leiden sind gewürdigt worden. Von Gott also getröstet und gestärkt ertrugen die Schwestern die Schmach vor der Welt, den Verlust ihrer Eltern und die Armut mit stillem und geduldigem Herzen, ja freuten sich ihres armseligen Zustandes in der Armut Jesu. Es stand aber nicht lange an, sie wurden auch in den Kerker geworfen, mit Hunger und Durst gequält, um sie von Gottes Sohn abwendig zu machen. Allein der Herr wohnte in ihren erzen, stärkte, tröstete und erquickte sie; ihre Wohlgestalt nahm nicht ab, ihr Angesicht blieb ruhig und heiter. Jetzt nahm man Zuflucht zu einem anderen Mittel, da das erste ohne Wirkung blieb. Man versprach den Schwestern die Gunst des Kaisers, die Zurückgabe des väterlichen Gutes, ansehnliche Heirat: ein Verführungsmittel, welches Eifrige auf harte Probe setzt und die Lauen allzeit überwindet. Aber auch dieses Mittel vermochte nichts über die Jungfrauen. Diesem folgten Drohungen nach von allerhand Marter; aber vergeblich; denn die Jungfrauen sahen über die Trübsal hinaus in die Herrlichkeit, die ewig bleibt. Nur dies geschah, den vielen Stürmen unterlag der Leib der zarten schwachen Demetria, sie sank eines schnellen Todes zu den Füßen ihrer Schwester hin. Nun war der Vater, Mutter, Schwester hingegangen in die ewige Herrlichkeit, Bibiana noch im Kerker, und um so mehr der Wut und Arglist des Richters ausgesetzt. Er ergriff ein neues Mittel, die Heilige zum Fall, und durch den Sündenfall zum Abfall von Gott zu bringen. Bibiana wurde einer gewissen Rufina übergeben, mit dem Auftrag, in der blühenden Jungfrau das unreine Feuer der Wollust anzuzünden, ein Mittel des Falles sogar für Starke. Die Heilige aber verabscheute die Sünde, wachte über alle Neigungen, betete zu Gott, und siegte auch da, wo so viele fallen, durch Gottes Beistand bei den vielen Lockungen zur Sünde und Misshandlungen durch Schläge, weil sie unbeweglich blieb im Wandel vor Gott. Aber jetzt brach der Richter in Wut aus. Er ließ die Jungfrau von Henkern entkleiden, an eine Säule binden und mit Stricken, an deren Ende Bleikugeln befestigt waren, so lange geißeln, bis sie den Geist aufgab, im Jahr 362. Zwei Tage nach ihrem Tod wurde sie von einem frommen Priester, Johannes mit Namen, an der Seite ihrer Mutter und Schwester begraben. Ihnen zur Ehre hat mit der Zeit Papst Simplicius eine Kirche erbauen, Papst Urban VIII. dieselbe im Jahr 1628 auszieren und die Reliquien dieser Heiligen unter dem Hochaltar erheben lassen.“
Kirchengebet
Gott, du Spender alles Guten, du hast bei deiner Dienerin Bibiana mit der Blüte der Jungfräulichkeit die Palme des Martyriums verbunden; so verbinde auch auf ihre Fürsprache unsere Seelen durch die Liebe mit dir, damit wir, den Gefahren entrückt, den ewigen Lohn erlangen. Durch unsern Herrn Jesus Christus, deinen Sohn, der mit dir lebt und herrscht in der Einheit des Heiligen Geistes, Gott von Ewigkeit zu Ewigkeit. Amen.