Gottseliger Bruder Franz vom Christkindlein,+ 25.12.1604 – Gedenktag: 25. Dezember

       

Ehrwürdiger Franz ab Infante Jesu, OCarmDisc, geb. 1544 zu Villa Palacios (Toledo), gest. 26.12.1604 zu Madrid; von wunderbarer Herzenseinfalt, unermüdlich tätig für die Armen und die Bekehrung der Sünder; ausgezeichnet durch übernatürliche Gnaden. Seligsprechungsprozess eingeleitet (1769 Dekret über den Tugendgrad).

 

Das Leben des frommen Bruders Franz, eines Spaniers.

 

Gesammelt und mit einem Anhang: „Über die Einfalt“ vermehrt und herausgegeben von einem katholischen Geistlichen.

Landshut, 1833, Verlag der Krüll`schen Universitätsbuchhandlung.

 

Vorrede des Herausgebers.

 

Lieber Leser! ich biete dir hier in der Lebensgeschichte des frommen Bruders eine angenehme Seelenweide, auf der du gern dein Herz, wenn es von der Falschheit der Welt – matt und müde geworden – auf einige Zeit sich trennen möchte, ausruhen lassen wirst. Die Aufrichtigkeit scheint ohnehin, so wie die Einfalt täglich mehr von der Erde zu verschwinden. Ich glaube daher keineswegs, Wasser in ein durchlöchertes Fass gegossen zu haben, wenn ich in diesem Gewand den frommen Bruder deinem Herzen vorführe. Gott ehrte und liebte ihn – zürne also auch du nicht mit ihm. Und mit den beigefügten Anmerkungen kannst du tun, wie es dir gut dünkt – lesen, wenn dich deine Zeit nicht reut, oder ungelesen lassen, wenn du etwas Besseres zur Hand hast. Sieh, dem menschlichen Herzen dringen sich manche Gefühle und Überzeugungen auf, die einem anderen in einer anderen Lage oft unwahrscheinlich vorkommen. Indessen wenn wir nur Gott lieben, und Demut üben, sei die Überzeugung wie immer – wird uns doch der Gott der Liebe einstens in seinem Reich in der Klarheit des ewigen Lichtes zur Einheit des Sinnes, wie des Herzens, gelangen lassen.

 

Züge aus dem Leben frommer und heiliger Diener Gottes.

 

§. I.

 

Der Bruder Franz vom Christkindlein.

 

Das Leben dieses Bruders ist voller Einfalt, Geduld und Barmherzigkeit. Hierin glänzt er und als vollkommener Tugendspiegel, in den jeder nicht ohne Nutzen sehen mag.

 

1) Der gottselige Bruder Franz vom Christkindlein genannt, ist geboren zu Villa Palacios, einem Dorf in Spanien. Seine Eltern waren Bauersleute. Er hatte von Natur aus so wenig Anlage und Fähigkeit, dass alles, was er tat oder sprach, seine Plumpheit und ungeschlachtes Wesen verriet, und er zu allem unfähig erklärt wurde. Seinen Eltern war er zu einer bitteren Last, und machte ihnen lauter Verdruss, weil er nichts recht tun und ausrichten konnte. Alles, was er in die Hände bekam, das zerbrach er, verschüttete es, oder ließ es fallen. Ja er war so untauglich, dass er nicht einmal das wenige Vieh seines Vaters hüten konnte. Nach seiner Mutter Tod nahm sein Vater eine andere Frau, die diesen plumpen Buben gar nicht leiden konnte; weswegen ihn der Vater, damit er ihr aus den Augen käme, alle Tag mit den Hirten ausschickte. Als die Hirten eines Tages ihn bei ihren Ranzen gelassen, und er indessen im Wald einiges Holz zum Feuermachen gesammelt hatte, wollte der Förster des Waldes ihm zur Strafe einen Ranzen nehmen; der Bruder Franz aber wehrte sich so tapfer, dass er endlich den Förster mit einem Stein auf der Stelle totwarf. Diese Mordtat achtete er in seiner Plumpheit nicht mehr, als wenn er einen Hasen totgeworfen hätte, ging ganz unerschrocken heim, und sagte, als ihn der Vater fragte, warum er so früh heimkäme: Weil ich einen Mann umgebracht habe. Der ganz erschrockene Vater sprach: Was hast du getan? Bruder Franz antwortete wieder ganz einfältig: Der Förster hat mir einen Ranzen genommen, als ich im Wald Holz gesammelt, und da habe ich ihn totgemacht. Der Vater schrie vor Schrecken auf: O du loser Franz! Was hast du getan! Du bringst mich und dich in großes Herzensleid.

 

2) Als er noch redete, sieh da kam die Wache, und wollte ihn gefangen nehmen; er aber sah sie unerschrocken an, und sagte, er wolle gleich mit ihnen gehen, ging aber zur Tür seines väterlichen Hauses und zum Dorf hinaus. Nach vier Tagen kam er aus dem Wald, worin er herumgegangen, wieder heim, in der Meinung, es würde alles schon vergessen sein. Der Vater aber war über seine so baldige Heimkunft sehr erschrocken, und ermahnte neuerdings ihn zur Flucht. Hierzu wollte sich indessen Bruder Franz nicht verstehen, indem er sich zu Hause ganz sicher glaubte. Der Vater aber ließ sich hierdurch nicht abwendig machen von seinem Entschluss, und machte die Sache mit einem fremden Mann ab, der ihn weit hinwegführen und in der Fremde irgendwo verdingen sollte. Der führte ihn nun nach Alcala, und empfahl ihn da einer armen Witwe mit der Bitte, dass sie ihm um Gottes willen einen Winkel ihres Hauses zur Nachtherberg einräumen wollte; was sie denn auch gern tat.

 

3) Hier ging nun der arme Tropf ganz verlassen umher, bettelte sein Brot um Gottes willen, und weil er sonst nichts zu tun wusste, brachte er die meiste Zeit in einer Stiftskirche Vor- und Nachmittag mit Beten zu. Er sah einmal das Gewölbe der Kirche, und konnte nicht begreifen, wie es möglich wäre, dass das Gewölbe nicht herunterfiele, und ohne Säulen stehen bliebe, was er für ein großes Wunder ansah. Als nun der Glöckner der Kirche, dem das Geschäft der Reinigung und das Läuten übertragen war, den Bruder Franz oft den ganzen Tag in der Kirche so daknien sah, sagte er einstens zu Bruder Franz: Hilf mir, Bruder, die Kirche auskehren und läuten! Es war aber der Bruder Franz so plump, dass er weder das eine noch das andere recht verrichten konnte; ja, was er in die Hände bekam, das zerbrach oder verschüttete er; weswegen ihm der Glöckner nach einiger Zeit mit Unwillen jede Arbeit verbot, und ihn also wieder abdankte. Der gute Franz wich aber deswegen nicht aus der Kirche, sondern kniete fast immerdar vor dem hochwürdigsten Sakrament, von dem er gehört hatte, dass unser Herr Gott darin wäre, und wiederholte oft diese Worte: Herr! diese stoßen mich heraus – und wo will ich hingehen? Der Glöckner wurde hierdurch zum Mitleiden bewegt, und nahm ihn wieder an. Kaum aber waren acht Tage vergangen, da stieß er ihn wieder von sich. Er nahm ihn endlich zum dritten Mal an, und dankte ihn wegen seiner unerträglichen Plumpheit wieder ab.

 

4) Nun wusste der arme Franz nirgends wohin, und niemanden mehr seine Not zu klagen, als dem hochwürdigen Sakrament. Vor ihm saß er immerdar, und klagte ihm seine Not, und sprach: Herr! diese stoßen mich heraus, und wo will ich hingehen? Auf diese Worte hörte er einmal folgende Stimme aus dem heiligsten Sakrament, die sprach: Gehe hin und suche, wo du mir unter Vielen dienen mögest. Diese Worte verstand er ganz klar, behielt sie auch in seinem Sinn, konnte aber nicht wissen, was sie bedeuteten.

Nachdem er nun über drei Jahre in diesem Zustand gelebt, und der Spitalmeister mehrmals von ihm gehört hatte, sprach er zu ihm: Willst du wohl in diesem Spital Gott dienen? Da sagte der Bruder Franz: Was ist denn ein Spital, sind auch Leute darin? Der Spitalmeister sagte: Ja, es sind deinesgleichen viele darin, und du wirst dich wohl unter sie schicken. Da sagte Franz: Dann will ich mitgehen; ihr müsst mich aber nicht herausstoßen. Also ging der Franz mit ihm ins Spital, und verrichtete alles, was man ihn tun hieß. Es war aber nichts so stark, noch so schwer, das er nicht zerbrach oder umstieß. Der Spitalmeister hatte große Geduld mit ihm; die anderen Diener des Spitals hatten ihn nur zum Besten, und brauchten ihn nur zu den allergröbsten Arbeiten, als zum Hausauskehren, Abspülen der Schüsseln, und Austragen des Unrats der Kranken. Dies tat zwar der gute Franz mit allem möglichen Fleiß, weil er aber in allem sich so ungeschlacht und ungeschickt stellte, da hättest du das Leiden sehen sollen, das dem Bruder geworden von den übrigen Dienern des Spitals, die ihn beschimpften, verlachten, verachteten, bespöttelten und heruntersetzten auf jegliche Weise, und überdem ihm harte Streiche und Stöße gaben.

Der arme Franz litt dies alles mit solcher Geduld, dass er sich niemals entschuldigte, vielweniger dawider klagte oder murrte.

 

5) Da denn der liebe Gott seine große Geduld ansah, so erbarmte Er sich seiner, und gab ihm allmählich etwas Verstand, seine Geschäfte mit größerer Geschicklichkeit zu verrichten. Deswegen vertraute man ihm immer mehr und mehr, bis endlich die ganze Last des Spitals fast ihm allein auf den Hals kam, besonders die Arbeit, den Kranken zu dienen, und den Armen ihre notwendige Nahrung zu schaffen. Darum musste er vielmals in die Stadt gehen, für die Armen zu betteln, und den Kranken die nötigen Medizinen zu verschaffen. Der liebe Gott gab ihm auch sonderheitliche Gnade, dass er mehr bekam, als die anderen, und bei den Leuten beliebter war, als andere Sammler. Deshalb gab man ihm eine besondere Truhe (oder Kasten), seine Almosen zu verwahren, und eine besondere Kammer, die zum Spital nötigen Dinge darin zu verschließen.

 

6) Auf diesen seinen Almosenkasten stellte er ein schönes, hölzernes Jesuskindlein, das er seinen Bürgen nannte, und zu dem er eine besondere Andacht trug. So oft er ausging, zu betteln, kniete er zuvor bei seinem Kindlein nieder, und sprach: Mein liebes Jesuskindlein! jetzt gehe ich aus, zu betteln. Ach! beschere mir etwas für deine Hofbedienten (also pflegte er die Armen und Kranken zu nennen). Wenn er bettelte, sprach er: Ihr guten Leute! wollt ihr mir etwas für die Hofbedienten des Christkindleins geben? Ich will`s euch zum Bürgen setzen, dass es euch alles wieder geben soll. Wenn du dies tust, sprachen die Leute, so wollen wir dir etwas geben. Also bekam der einfältige Bruder Franz viel Almosen, trug es mit Freuden heim, legte es zu den Füßen des Christkindleins, und sprach: Siehe, mein liebes Kindlein! wie viel mir die Leute für deine Hofbedienten gegeben haben. Ich habe Dich ihnen zum Bürgen gesetzt, darum musst Du zusehen, dass Du es ihnen wiedergibst. Auf diese Weise fuhr der gute Franz fort, und war Tag und Nacht beschäftigt mit Almosensammeln und Krankendienst, und seiner starken Natur ungeachtet hätte er doch die schwere Last seiner Arbeiten nicht tragen können, würde ihn Gott nicht auf besondere Weise unterstützt haben. Sein Leben ordnete er auf folgende Weise:

 

7) Am Morgen stand er sehr früh vor allen anderen auf, ging von einem Kranken zum andern, wusch ihnen den Mund mit kaltem Wasser aus, trug ihre Unreinigkeit hinweg, und versah sie mit allem Nötigen. Hierauf verrichtete er sein Gebet mit gegen Himmel erhobenen Augen, nahm dann eine Disziplin (Selbstkasteiung vom lat. Castigatio) vor, und ging zur heiligen Messe. Nach der Messe ging er in die Stadt zu betteln, oder andere Geschäfte zu verrichten, und hierauf nahm er eine geringe Nahrung zu sich. Den ganzen Nachmittag brachte er mit Betteln und Geschäften zu, und kam vielmals vor acht oder neun Uhr nicht nach Hause. Dann besuchte er wieder seine Kranken, gab ihnen Schleckerhaftes, so er ihnen mitgebracht hatte, und verwendete auf ihren Dienst beinahe die halbe Nacht. Es war sodann nur eine schlechte Bank, auf die er sich mit seinen Kleidern niederlegte, und nie mehr als drei Stunden schlief. Wenn er aber auch zuweilen aus Müdigkeit etwas länger geschlafen, und also morgens nicht Zeit genug hatte, sein gewöhnliches Gebet zu verrichten, so zürnte er den ganzen Tag über seinen Leib, und gab ihm manchen harten Streich und Stoß.

 

8) Merke, mein lieber Leser! was für ein gottseliges Leben dieser fromme Mensch geführt, und wie viele Bußwerke er heimlich verrichtet habe. Den wahren Grundstein aller Tugenden, nämlich der Demut, hatte er schon längst gelegt, wozu ihm seine eigene Natur sehr behilflich gewesen. Denn in seiner rohen Natur und grobem Wesen, wie in seinen Sitten, fand er nichts, weswegen er sich erheben könnte; er hatte vielmehr sehr vieles an sich, was ihn demütigen musste. Darum wurde der Spruch an ihm erfüllt, der da sagt: Auf wen soll ich sehen, als auf den Demütigen und Reuigen? Weil denn der liebe Bruder Franz demütig war, deswegen vermehrte Gott seine Gnade an ihm, und hat ihn endlich zu großer Vollkommenheit gebracht.

 

§. II.

 

Von der großen Geduld des Bruders Franz.

 

1) Derjenige, so von Herzen demütig ist, wird auch geduldig sein, weil er sich alles Übels würdig schätzt. Nachdem nun der fromme Bruder Franz den Grundstein der Demut gelegt hatte, fing er an, die Geduld darauf zu bauen. Hierzu gaben ihm die Dämonen sowohl, als die Menschen genugsame Gelegenheit, weil sie ihn sehr heftig angegriffen, und seine Geduld auf die härteste Probe gesetzt hatten. Es hatte zwar der arme Franz vom Anfang seines Lebens an allzeit viel leiden müssen, und ist von allen Menschen verachtet, verspottet und übelgehalten worden; als er aber anfing, in der Tugend zuzunehmen, da hat er erst recht angefangen, den Hass des Teufels und böser Menschen sich zuzuziehen.

 

2) Es war der Satan seinem frommen Leben sehr entgegen, und plagte ihn nicht allein mit manchen schweren Anfechtungen, sondern machte ihm auch fast alle Diener des Spitals abgeneigt, indem sie ihn beneideten, dass er angesehener wäre, als sie, und mehr Gutes ausrichte, was sie ihm übel auslegten.

Einst kam er vieler Geschäfte wegen erst nach neun Uhr heim; sie aber hatten ihm die Tür versperrt, und wollten ihn, wiewohl er etliche Male anklopfte, nicht hineinlassen. Darum legte er sich vor der Tür auf die Erde nieder, und wiewohl ihm der Satan selbige Nacht mit zornigen Eingebungen zusetzte, litt er doch diese Schmach mit freudiger Geduld. Als aber der Spitalmeister dies erfuhr, gab er den Dienern einen starken Verweis, und befahl ihnen, ihm allzeit aufzumachen, er komme so spät er wolle.

 

3) In seiner Kammer hatte er ein schönes Marienbild, so er sehr verehrte: hatte aber auch ein Täfelein, darauf der Teufel in abscheulicher Gestalt, im Feuer liegend, vorgestellt war. Wenn er nun ausging, etwas Wichtiges zu verrichten, hängte er dies Täfelein unter die Füße des Marienbildes, und sprach: Heilige Mutter Gottes! bewahre mir diesen Grindigen (so pflegte er den Teufel zu nennen), damit er mich nicht hindere in meinem Vorhaben, und damit er nicht hinauslaufe, und mir in der Stadt Händel anfange. Dies hat die Mutter Gottes allzeit treulich verrichtet, wie er vielmal in der Tat erfahren und andern erzählt hat. Wenn er dies zu tun bisweilen unterlassen oder vergessen hatte, so gingen ihm gemeiniglich seine Sachen übel ab; und dann sprach er zu seinen Gesellen: Ich habe gewiss vergessen, meinen Grindigen zu den Füßen der Mutter Gottes zu hängen, weil mir meine Sachen so gar übel gehen. Wenn er nun, nach Hause gekommen, dies also gefunden, warf er das Täfelein zu Boden, trat mit den Füßen darauf, und schändete den Teufel aufs Ärgste aus. Ingleichen wenn er abends sein Gewissen erforschte, und fand, dass er eine oder andere Sünde begangen, so sah er das Täfelein mit zornigen Augen an, und sprach: Du Grindiger! das hast du getan; halt, ich will dich lehren; und alsdann schlug er mit beiden Fäusten darauf, und gab ihm viele schändliche Schmachworte, was denn den hoffärtigen Geist so sehr verdross, dass er manchmal ein Gebell machte, als wenn alles drüber und drunter fallen wollte.

 

4) Hierbei aber ließ es der Bösewicht nicht beruhen, sondern machte ihm noch, um sich an ihm zu rächen, allerlei Ungelegenheiten. Der gute Bruder war sehr beflissen, seine lieben Armen, sowohl die vom Spital, als auch jene, die in der Stadt waren, bestens zu ernähren. Darum ging er alle Tage betteln, sowohl bei den Inwohnern der Stadt, als bei den Fremden und Durchreisenden. Alle Abende ging er in die Wirtshäuser, und fragte, ob keine fremden Gäste da wären. Wenn er dann dies vernahm, so ging er zu allen und jeden, und bettelte so lange im Namen des Christkindleins, bis er etwas bekam.

Es ging der arme Bruder gar schlecht gekleidet einher, so dass man ihn nur für einen groben Bauern ansah. Denn er war sehr groß und ungeschlacht und ungestaltet dem Leibe nach. Er hatte einen langen grauen Rock an, der ihm über die halben Beine ging. Um den Leib hatte er eine Binde von Tuch gebunden, die er von dem Ende eines Tuches zu nehmen pflegte. Seine Strümpfe und Schuhe waren ganz plump und schlecht, welche er niemals säuberte noch änderte, bis sie ganz zerrissen waren. Er hatte weder Kragen noch Hut, sondern ging bloßen Hauptes sowohl im Winter, als im Sommer. Wer ihn nun sah, und nicht kannte, der hielt ihn entweder für einen groben Bauernkerl oder Narren.

 

5) Als er einmal zu nachts seiner Gewohnheit nach in die Wirtshäuser betteln ging, kam er in das Zimmer eines Fremden, der von Adel war, und begehrte nach seiner einfältigen Manier ein Almosen. Der Adelige aber, der ihn für einen Narren hielt, sprach zu seinen Dienern: Warum habt ihr den Narren hereingelassen? Stoßt ihn nur bald zum Zimmer hinaus. Bruder Franz ließ sich nicht hinausstoßen, sondern fuhr fort zu betteln, und sprach: Ach mein Bruder! gib mir etwas für die Hofbedienten des Christkindleins. Da sprach der erzürnte Herr: „Ich will dir Narren geben, dass du es fühlen sollst!“ Hiermit fiel er über den armen Franz her, und gab ihm so harte Maulschellen, dass man es in der Küche hörte. Bruder Franz aber fiel auf seine Knie, und sprach: Bruder! verzeiht mir groben Bauern, dass ich euch erzürnt habe. Die Wirtin lief hin, zu sehen, warum der Gast so erzürnt wäre, fand den Bruder kniend, und wie ihn der Adelige gräulich ausschändete, und sprach sodann: Herr! behandelt ihr so den frommen Bruder Franz? Der Junker erschrak, als er den Namen hörte, weil er von ihm so viel Gutes hatte sagen hören, bat ihn um Verzeihung, und gab ihm ein reichliches Almosen. Als ihn die Wirtin danach fragte, was der Junker mit ihm gemacht hätte, sprach er: Er hat mir ein besseres Almosen, als alle andern, gegeben; denn andere geben mir allein ein Almosen für die Armen, dieser aber hat mir auch eines absonderlich für mich gegeben. O wohl eine tugendselige Antwort und herrliche Demut und Geduld dieses einfältigen Menschen. Wie weit sind wir von solcher Tugend! Ach, wir müssen uns schämen, dass uns ein schlechter Bauers-Sohn so weit vorangeht!

 

6) Ein anderes Mal ließ er, als er mit einem aus den Dienern des Spitals zu nachts in ein Wirtshaus ging, und einige adelige Herrn aus Burgund darin antraf, seinen Gesellen unten im Hause, und ging allein hinauf, Almosen von ihnen zu betteln. Diese aber schlugen, in der Meinung, es sei ein Narr, ihn jämmerlich mit Fäusten und flachen Händen, und stießen ihn zur Stube hinaus. Sein Gesell hörte das gewaltige Schlagen, lief hinauf, und fragte ihn, was das wäre? Er aber sprach: Es ist nichts, Bruder, es ist nichts. Diese, meine Brüder, haben mir ein Almosen für mich gegeben, und werden mir auch bald für das Jesuskindlein eines geben. Sein Gesell aber lief voller Zorn hinein, und sprach: Ihr sollt wissen, dass dieser Bettler kein Narr, sondern ein heiliger Mensch sei, der mit seinem demütigen Betteln die ganze Stadt erhält. Hierüber erschraken die Junker, und verwunderten sich über die große Geduld, mit der er so viele und harte Schläge gelitten hätte, baten ihn um Verzeihung, und gaben ihm zweihundert Königstaler zum Almosen.

 

7) Als er einst bei Nacht samt seinem Gesellen aus einem Wirtshaus mit einem reichlichen Almosen kam, begegneten ihm zwei Männer, welche er wohl, sein Gesell aber nicht kannte. Sie nahmen ihm das Almosen ab, schändeten ihn grausamlich, und zerschlugen ihn erbärmlicher Weise. Der arme Bruder Franz aber litt dies alles geduldig, und wollte seinem Gesellen nicht sagen, was dies für Männer gewesen wären. Sein Gesell klagte es aber dem Erzbischof, der sehr hierüber zürnte, und die beiden Diebe auf das Schärfste abstrafen wollte. Wiewohl nun der Bischof oft und stark in den Bruder Franz drang, ihm die Männer, die ihn bestohlen und geschlagen hätten, zu nennen, so wollte er sie doch nicht verraten, sondern entschuldigte sie aufs Beste, so gut er immer konnte. Inmittels bat er Gott inständigst für sie, dass er ihnen die Gnade verleihen möchte, ihre Sünde zu erkennen und zu bereuen. Er erhielt auch so viel, dass diese beiden Diebe nach etlichen Tagen heimlich zu ihm kamen, ihn demütig um Verzeihung baten, ihm das abgenommene Almosen wieder zurückgaben, und ihm sehr dankten, dass er sie nicht verraten hätte. Siehe, was die Demut und Geduld für eine Kraft haben, und wie leicht man damit auch seine Feinde überwinden und versöhnen könne!

 

8) An einem andern Abend ging er mit etlichen armen Kindern über die Straße, das Almosen zu sammeln, und ließ die Kinder inmittels etliche Gesänglein, so er von dem Christkindlein gemacht hatte, mit heller Stimme singen. Sieh, da kamen von ungefähr zwei grausame, bewaffnete Männer daher, fanden den Bruder in einer Straße, die von der übrigen Stadt sehr abgelegen war, hießen ihn mit seinen vier Kindern niederknien, nahmen ihre Dolche in die Hand, setzten ihm dieselben auf die Brust, und sprachen: Du Gleisner! und ihr lose Kinder! verleugnet Gott, oder ihr müsst durch unsere Hände sterben! Bruder Franz aber sprach mit lauter Stimme: O ihr, meine Brüder! lobt das Jesuskindlein, was besser ist, als Gott erzürnen. Diese Bösewichter aber sagten zum zweiten und dritten Male: Verleugnet Gott, oder ihr müsst sterben; und wurden so erzürnt, dass sie mit ihren Pistolen und Degen ihn so grausam schlugen, dass man die Streiche weithin hörte, und der arme Bruder darnieder fiel. Die Kinder aber fingen ein so jämmerliches Geschrei an, dass alle Benachbarte, vom Schlafe erwacht, herbeiliefen, und Hilfe leisten wollten. Inzwischen liefen die Mörder davon, und die Leute hoben den zerschlagenen Bruder von der Erde auf. Der Bruder Franz stand fröhlichen Gesichtes vor den Leuten und beklagte sich nicht im Mindesten der empfangenen Schläge halber. Die armen Kinder aber lagen lange vor Schrecken gleichsam in Ohnmacht da, und konnten vor Angst kaum mehr zu sich kommen. Sie erzählten auch, wie grausam diese Mörder den armen Bruder zerschlagen, mit welcher Geduld er dieses gelitten habe.

 

9) Als er einst bei Nacht im Spital bei einem Kranken wachte, und merkte, dass er bald sterben werde, ging er eilends hinaus, einen Priester zu rufen, damit er ihm die letzte Ölung gäbe. Weil er aber zur Nachtzeit des Anstandes halber nicht gern allein über die Straße ging, und keinen Diener des Spitals aus dem Schlaf wecken wollte, klopfte er an einem Haus, wo er Licht sah, an, und nahm den Sohn des Hauses mit sich. Sie gingen beide zu dem Haus des Priesters, der die Kranken des Spitals zu versehen pflegte, und damals in tiefem Schlaf lag. Dies nötigte den Bruder, öfter und stärker anzuklopfen, als er sonst zu tun pflegte. Endlich erwachte der Priester, stand mit Ungeduld auf, und fragte, wer so ungestümig anklopfe? Bruder Franz sprach: Herr! es liegt ein Kranker in Todesnöten, und bittet um die letzte Ölung. Der Priester aber sagte: Du grober Gesell, musst du denn deswegen so ungeheuer anklopfen, und mich im Schlaf stören? Pack dich fort! ich geh nicht mit dir. Nach diesen Worten legte er sich wieder ins Bett, und ließ den armen Bruder stehen, so lange er wollte. Dieser aber, aus Not gezwungen, klopfte wieder an, und bat inständiger, als zuvor, durch die Liebe des Christkindleins, der Priester wolle doch den Kranken ohne das heiligste Sakrament nicht sterben lassen. Der Priester aber wurde hierüber so ungeduldig, dass er vor Zorn aus dem Bett heraussprang, die Tür mit Ungestümigkeit öffnete, den armen Bruder aufs allerärgste ausschändete, und endlich ihm einen so gewaltigen Backenstreich gab, dass der gute Bruder urplötzlich zur Erde niederfiel. Alsdann stand er wieder auf, fiel demütig auf seine Knie, und sprach: Ach! Ehrwürdiger Herr! verzeihet mir meine Ungestümigkeit, denn die große Not des Sterbenden hat mich dazu angetrieben. Ich bitte aber wiederum um Gotteswillen, lasst doch den armen Menschen nicht ohne die letzte Ölung sterben. Durch diese große Geduld und Demut wurde der Priester dermaßen erweicht, dass er zu dem Bruder demütig auf seine Knie fiel, und mit großer Reue sprach: Verzeiht mir um Gotteswillen, mein lieber Bruder Franz! dass ich euch so unbillig geschlagen und ausgeschändet habe. Der leidige Satan und meine große Ungeduld haben mich hierzu angereizt. Ich verspreche euch auch von nun an, ihr möget künftighin kommen, wann ihr wollt, bereitwillig zu dienen. Der Priester ging darauf mit ihm hin, gab dem Kranken die letzte Ölung, und derselbe starb zwei Stunden danach.

 

10) Als der Bruder eines Tages im Spital Messe hörte, und ein gewisser Kanonikus, der auch Doktor war, in jener Kirche neben dem Bruder Franz kniete, wurde selber über das ungewöhnliche Beten, das Franz an sich hatte, also zornig, dass er ihm auf selbigem Platz eine harte Maulschelle gab. Alle, so in der Kirche waren, ärgerten sich, dass der Doktor in der Kirche unter der Messe einen so frommen Menschen unschuldiger Weise so hart schlug; Bruder Franz aber wurde hierüber in seiner Andacht nicht gestört, sondern beugte sein Haupt gegen den Doktor, sagte ihm demütigen Dank und küsste die Erde. Nach der heiligen Messe ging er zu dem Doktor, fiel vor ihm auf die Knie, und sprach: Habt doch Barmherzigkeit mit mir, Bruder Doktor! denn ich bin ein gar plumper Mensch.

Eine vornehme Frau, die soeben vorbeiging, und Bruder Franz wohl kannte, sprach zu ihm: Fürwahr, mein Bruder, der zornige und hoffärtige Doktor hat eine große Sünde getan, dass er dich unschuldigen Menschen so hart geschlagen hat. Er aber sprach zu ihr: Nicht so, meine liebe Schwester! nicht so! Dieser unser fromme Vater hat mir eine große Lieb erzeigt. Denn weil ich so gar grob und ungeschickt bin, darum hat er ja wohlgetan, dass er mich gestraft und unterrichtet hat.

 

11) Wer muss sich nicht über diese große Demut und Geduld dieses einfältigen Menschen verwundern, und in Erwägung derselben seiner eigenen Hoffart und Ungeduld sich schämen. Billig sollte ein jeder von uns sie sich vor Augen stellen, und sich befleißen, diese nach Möglichkeit nachzuahmen. Höre aber noch Ferners:

Es kam einst ein Priester zu ihm, der so schlecht gekleidet war, dass man ihn eher für einen Schweinehirten, als für einen Priester gehalten hätte. Dieser brachte einen Schein, dass er ein Priester sei, und begehrte als Almosen ein neues Kleid. Bruder Franz ließ den Schein von jemanden vorlesen, und als er seine Echtheit erkannte, sagte er, der Priester wolle den andern Tag wieder zu ihm kommen, so bekäme er ein ehrliches Kleid. Der Priester kam zur bestimmten Zeit wieder, und Bruder Franz hatte ihm vom besten Tuch, inwendig mit Seide gefüttert, einen schönen Talar machen lassen. Damit er aber mit dessen alten Lumpen einen andern Bettler bekleiden möchte, sprach er zu dem Priester, er sollte seinen zerrissenen alten Rock ausziehen, dann wolle er ihm diesen neuen Talar anziehen. Der Priester aber fing an zu zürnen und zu toben und sich beim Spitalmeister zu beklagen, dass Bruder Franz mit ihm so übel umgegangen sei. Dieser kam dahin, hörte die Sache an, und erklärte, dass Bruder Franz recht, der Priester aber unrecht hätte. Hierüber wurde dieser so zornig, dass er aus Bosheit sein altes Kleid in Stücke zerriss, und die Fetzen dem Bruder Franz ins Angesicht warf, und sprach: Da hast du, was du verlangt hast. (O was ist es für ein Übel um den Zorn!) Der Spitalmeister erzürnte darob so sehr, dass er Bruder Franz um Gotteswillen bat, er solle doch diesem unwürdigen Menschen das neue Kleid nicht geben. Bruder Franz aber, ganz unerzürnt, antwortete: Um der Liebe des Jesuskindleins mag ich dieses nicht hören; denn es ist nicht gut. Wir müssen bedenken, Gott habe diesem Priester wenig Gnade gegeben; uns aber ist es verboten, Böses mit Bösem zu vergelten.

Er las demnach die zerrissenen Stücke auf, fiel damit vor dem Priester auf die Knie, und sprach: Ich bitte dich, Vater, verzeihe mir! Nimm vorlieb mit dem geringen Almosen, so ich dir gebe, und bitte das Christkindlein für mich. Über diese Liebe und Demut verwunderte sich der Spitalmeister dermaßen, dass er in seinem Herzen bekennen musste, der arme Bruder Franz sei weit vollkommener, als er selbst. Und wir alle müssen dies auch von uns bekennen, und uns im Vergleich mit Franz von Herzen schämen über unsere Ungeduld bei ähnlichen Vorfällen.

 

12) Eines Abends stand Bruder Franz bei der Spitalpforte, und redete mit zwei Soldaten. Der ungeduldige Pförtner aber sagte zu ihm: Mach deines Schwätzens ein Ende, oder ich schließe dir das Tor zu. Da aber der Bruder Franz mit der Rede noch nicht zu Ende war, und von ungefähr eine Hand zwischen der Tür und dem Pfosten derselben hatte, schlug der Pförtner die Tür mit solcher Gewalt im Grimm zu, dass er dem armen Bruder die Finger zerschmetterte und große Schmerzen verursachte. Der Bruder Franz aber fiel dem Pförtner, als er die Tür wiedereröffnet hatte, um den Hals, dankte ihm für empfangene Wohltat, und sang, als wenn ihm nichts geschehen wäre, dem Christkindlein ein Liedchen zu Ehren.

 

13) Dies und sehr vieles andere musste Bruder Franz nicht allein von Feinden, sondern auch von seinen Hausgenossen leiden. Ja, was noch ärger war, seine eigenen Armen und Kranken, denen er so viel Gutes getan, und alle Notwendigkeiten verschaffte, murrten immerzu über ihn, und taten ihm tausenderlei Schmach an. Etliche sagten: Er teilt das Almosen ungleich aus, und gibt denen das Beste, welchen er gewogen ist. Andere sprachen: Er gibt mir niemals nach meiner Notwendigkeit; denen aber, so es nicht nötig haben, gibt er allzeit im Überfluss. Andere sagten: Er hört keines Menschen Rat an, sondern tut alles nach seinem närrischen Kopf. Die armen Weiber tadelten seinen Namen, und sprachen heimlich und öffentlich: Bruder Franz geht lieber mit den Huren, als mit ehrlichen Weibern um; (wunderbar, dass der Mensch den pharisäischen Stolz nicht merkt, wenn er sich selbst gerecht und ehrlich nennt, und von andern als Huren, und Sünderinnen spricht, die aber nach Christus eher in das Himmelreich eingehen, als solche Selbstgerechte; dass sie den Neid nicht merken, der in ihnen haust, und die Liebe tötet, und den Geiz nicht fühlen, der in dem Empfang irdischer Habe seine höchste Seligkeit setzt) denn diesen hilft er, wo er nur kann, die ehrlichen Weiber aber sind bei ihm wie nichts geachtet. (O wie unerträglich muss einem bußfertigen Herzen die Sprache einer solchen Hoffart vorkommen, der diesen Höllenbund des Neides mit dem Geiz, in Verbindung mit dem Gestank der eitlen Ehre und ihrer Tochter, der Hoffart, recht erkennt!) Und endlich sagten andere: Der tolle Franz ist zu nichts anderem nütze, als nur durch die Straßen der Stadt zu laufen, und in allen Häusern zu fressen und zu saufen. (O wie wohl tut es einem rachgierigen Herzen, die Zunge zu schärfen, und den im Innern verbissenen Ingrimm zur gelegenen Zeit über einen frommen Diener Gottes gleich einer Schlange auszuschütten!)

 

14) Sieh, also wurde der fromme Bruder von seinen eigenen Leuten getadelt; was werden dann nicht erst die Feinde von ihm gesagt haben? Die Hofbedienten und weltliche Lebenden hatten so viel an ihm zu tadeln, dass sie dessen kein Ende zu finden wussten. Daher hörte man sie öfters sagen: Was bildet sich doch der grobe Franz ein, dass er so gern mit großen Herren umgeht, und sich mit ihnen so gemein macht? Er muss entweder ein Narr, oder ein ganz unverschämter Gesell sein, dass er sich dessen gar nicht scheut. (So wird der Fromme auf Erden gerichtet!) Auch sogar die Geistlichen und Klosterleute scheuten sich nicht, ihn zu tadeln, und alle seine guten Werke zum Übelsten auszulegen, (das ist ein schlimmes Zeichen für einen Christen, wenn er das offenbar Gute immer übel auslegen muss) und sprachen: Es ist nur lauter Gleisnerei hinter diesem Bruder, und eine unerhörte Manier zu leben. Es sind viele Heilige (O ihr Schafpelze, die ihr andere richtet und verdammt, lasst von den Heiligen ab, denn ihr würdet sie, wenn sie vor euch gelebt hätten, ebenso oft, oder noch öfters hämisch, stolz, frech, lieblos und neidisch getadelt haben, da ihr es ja Christus antut, der in allen Jahrhunderten gleich wirkt, wenn ihr so bitter tadelt und schmäht, wenn er in einem Herzen mehr wirkt, als euch und eurem Tadel beliebt!) große Almosengeber gewesen; sie haben aber nicht so gelebt und getan, wie dieser grobe Kerl zu tun pflegt. Es ist sehr zu fürchten, dass er sich heimlich Schätze mache, da er den Armen nicht gibt, was ihm für sie gegeben wurde.

 

15) Es wurden ganze Wägen voll Schmachreden dem unschuldigen Franz nachgesagt, und unzählbare Unbilden und Verspottungen zugefügt. Was meinst du aber, dass er hierzu getan oder gesagt habe? O wer kann es glauben, wer mag es sich einbilden? Er trug dies alles mit solcher Geduld und Demut, dass er niemals darüber zornig wurde, noch sich mit einem Wörtlein darüber verantwortete. Ja, er gab allen seinen Verleumdern Recht, und verklagte sich selbst ärger, als sie ihn verklagt hatten. Wenn er daher bisweilen hörte, dass jemand über ihn klagte, pflegte er zu sagen: Fürwahr diese guten Leute reden die Wahrheit; denn ich tauge ja zu nichts mehr, als alles Übel anzustiften. Er pflegte auch vor seinen Verleumdern niederzufallen, und sie um Verzeihung zu bitten, und sagte: Verzeiht mir, mein Bruder! dass ich euch erzürnt habe, und bittet das Christkindlein für mich, dass ich mich bessern möge.

 

16) Alle Ungeduldigen und Rachgierigen mögen sich an diesem frommen Bruder Franz spiegeln, und von ihm lernen, wie sie sich halten sollen, wenn ihnen hinfür einige Unbilden zugefügt werden, oder etwas Unrechtes nachgesagt wird. Lasset uns bisweilen in unseren Widerwärtigkeiten an die Geduld dieses frommen Bruders denken, und nach seinem Beispiel, dem lieben Christkindlein zu lieb, ein oder anderes Wörtlein mit Demut übertragen.

O du herzliebes Christkindlein! Welches du dich in der Einfalt, Demut und Geduld deines lieben Dieners Bruders Franz dermaßen erfreut hast, dass du ihn zu einem großen Heiligen gemacht, und mit vielen Tugenden geziert hast; wir bitten dich durch die Verdienste dieses deines treuen Dieners, verleihe uns, seiner Einfalt, Demut, Geduld und Freigebigkeit nachzufolgen, und auch eine besondere Liebe und Andacht zu dir, dem süßen Christkindlein zu tragen. Amen.

 

§. III.

 

Von dem reichlichen Almosen des Bruders Franz.

 

1) Es hat der liebreiche Gott mit seinem Diener ein neues Wunder anfangen wollen, indem er ihn, ungeachtet er keinen einzigen Heller hatte, zu einem solchen freigebigen Almosengeber gemacht, dass er alle Armen der Stadt Komplut, ja alle Armen des ganzen Landes fast allein ernährt hat. Dies haben wir in dem vorigen Abschnitt schon einigermaßen vernommen, wollen aber hier dieses noch mit einigen Geschichten bestätigen.

 

2) Der gute Franz fuhr in seiner Sorge und Pflege der Armen so großmütig fort, dass es schien, als wenn er aller Armen Vater und der Helfer aller Notleidenden wäre. Hierdurch wurde der Hand seiner Freigebigkeit täglich ein größerer Wirkungskreis eingeräumt, und es kamen je länger je mehrere Bettler und Notleidende, die seine Hilfe und Wohltätigkeit in Anspruch nahmen. Daher war es wunderbar, zu sehen, was er täglich für eine Ansprach hatte, und wie mitleidsvoll er jedem Hilfsbedürftigen beigesprungen war, und der Not aller abzuhelfen suchte. Es kamen zu ihm Geistliche und Weltliche, gemeine Bettler und Hausarme, verlassene Witwen und Waisen, arme Studenten und verheiratete Töchter, Kranke und Notleidende, wie auch diejenigen, die um Beiträge zur Erlösung der Gefangenen anhielten, und die zur Erlangung eines Amtes seine Fürbitte in Anspruch nahmen. Es machten ihn aber weder diese täglichen Ansprachen, noch der große Überlauf von so vielen Menschen müde und verdrießlich, sondern er nahm alle mit freundlicher Miene und liebreicher Begegnung auf, tröstete sie mit herzlichen Worten, kam ihnen zu Hilfe in ihren Nöten und gab ihnen reichliches Almosen; und konnte er der Not und dem Elend einiger nicht alsogleich abhelfen, so versprach er ihnen, für sie bei der Obrigkeit anzuhalten, oder bei Gott für sie zu bitten. Er ging sodann zu seinem Jesuskindlein, trug ihm die Not der Elenden vor, und ließ nicht nach zu bitten, bis er erhört wurde. Hatte er selbst kein Geld mehr, so sprach er gute Freunde an, ihm etwas vorzustrecken, und gab ihnen kein anderes Unterpfand, als allein diese Worte: Ich gebe euch das Christkindlein zum Bürgen.

Auf dieses süße Christkindlein setzte er all sein Vertrauen, und dieses ließ ihn auch nicht zu Schanden werden. Jedoch verließ es ihn, wenn er zuweilen kein vollkommenes Vertrauen auf selbes setzte, eine Zeit lang zur Strafe, wie wir mit einem Paar Geschichten erweisen wollen.

3) Ein frommer und reicher Kaufmann, namens Matthäus Pontanus, war sein geistlicher Vater, dem er alles Geld, so er für die Armen bekam, aufzuheben gab. Dieser pflegte ihm aber bisweilen, wenn er nichts mehr hatte, das Nötigste vorzustrecken, und erhielt dafür kein anderes Pfand oder Verschreibung, als das Jesuskindlein. Alle Monate rechneten sie miteinander ab, damit sie sähen, wer dem andern schuldig blieb. Einst fiel ein gar teures Jahr ein, in welchem das Spital nicht allein voller Kranken, sondern auch die Stadt voller Armen war, die der fromme Bruder alle in seinen Schutz nahm, und sie bestmöglichst versorgte. Unterdessen vermehrten sich die Armen und Kranken, und das Christkindlein zog auch seine Freigebigkeit ein wenig ein, um zu erfahren, wie stark Bruder Franz auf selbes vertraue. Als er nun mit seinem geistlichen Vater einmal abrechnete, zeigte es sich, dass er bei tausend Dukaten schuldig blieb; gleichwohl fuhr er fort, mehr Geld auszunehmen, und jener ihm mehr Geld zu borgen. Endlich als der Bruder einmal Geld zu lehnen kam, sprach Herr Matthäus zu ihm: Lieber Bruder! woher werdet ihr mich einmal zahlen? Bruder Franz sprach: Bruder Matthes! wir müssen alle unsere Hoffnung auf das Christkindlein setzen, denn dieses wird uns alles überflüssig zuschicken. Matthäus sprach: Hat dir denn jemand ein reiches Almosen versprochen? Der Bruder sagte: Ich weiß zwar niemanden, habe aber keinen Zweifel an dem Christkindlein, das keinen seinetwegen zu Schanden werden lassen wird. Der Kaufmann wurde hierüber beängstigt, weil ihm seine Freunde hart redeten und ihn aufhetzten, dass, obwohl er seine eigenen Kinder und die eigene Haushaltung zu versorgen hätte, er einem Bettler so viel Geld ohne Versicherung borgen könnte. Durch diese Überredungen und die teure Zeit verleitet, gab er, als Bruder Franz noch einmal kam, Geld zu lehnen, ihm nicht allein keines mehr, sondern kränkte ihn auch noch durch einen scharfen Verweis, und sprach: Ich habe dir schon so viel Geld geliehen, und so lang geborgt, in der Hoffnung, du würdest bezahlen. Nun aber sehe ich, dass ich durch dein leeres Versprechen betrogen, und mit meiner Frau und Kindern zum armen Mann geworden bin. Deshalb sieh zu, wie du mich mit Nächst bezahlst, und nicht eher wieder in mein Haus kommst, sonst werde ich dich bei der Obrigkeit verklagen, und ins Gefängnis werfen lassen. Hier wurde der arme Bruder zwar erschüttert, sprach jedoch zu seinem Schuldherrn: Seid zufrieden, Bruder Matthes! ich will das Christkindlein bitten, dass es euch bezahle. Darauf ging er traurig heim, kniete vor seinem Christkindlein nieder, und beklagte sich vor ihm also: Mein liebes Jesulein! Ich habe all das Geld in Deinem Namen zu leihen genommen, und keinen anderen Bürgen, als Dich, gegeben. Du aber hast schon lang gewusst, dass ich nichts zu bezahlen habe. Wenn Du mir nicht bald zu Hilfe kommst, so werde ich nichts mehr zu leihen bekommen, ja gar in den Turm geworfen werden. Nach diesem Gebet stand er fröhlich auf, und wurde von einem Diener befragt, was er seinem Bürgen geklagt hätte? Da sprach er: Bruder Matthes will mir kein Geld mehr borgen, das habe ich dem Kindlein geklagt, und es hat mir in den Sinn gegeben, ich sollte einen anderen geistlichen Vater suchen. Also ging er zu einem anderen reichen Kaufmann, klagte ihm seine Not, und der lieh ihm so viel er begehrte. Nach einigen Wochen kam des vorigen Kaufmanns Frau zum Bruder Franz, klagte ihm schmerzlich ihre Not, und sprach: Lieber Bruder, nachdem euch mein Mann mit Zorn abgewiesen hat, ist alles Glück aus unserem Haus gewichen, denn es wird nichts mehr in unserem Laden verkauft, es wird uns keine Schuld bezahlt, es ist keine Kundschaft mehr, es ist kein Glück noch Segen mehr. Mein Mann ist ganz unruhig und verstört, und stellt sich, als wenn er ganz von Sinnen kommen wollte. Darum kommt doch wieder in unser Haus, wie zuvor, und bringt uns wieder den Segen, den ihr uns hinweggetragen habt. Bruder Franz aber sprach: Ich gehe nicht mehr in euer Haus, denn das Christkindlein hat mir gesagt, ich soll einen anderen geistlichen Vater nehmen, weil ihm euer Mann diesen Dienst aufgekündigt hat. Als Herr Matthäus dies vernommen, ging er selbst zum Bruder, und sagte: Verzeihe mir, mein lieber Bruder, dass ich dich mit so rauen Worten angefahren und abgeschafft habe. Ich bitte dich aber durch das liebe Jesulein, komm wieder zu mir, wie zuvor, um zu leihen zu nehmen, denn alles, was ich habe, soll dein und des Jesuskindleins sein. Auf dieses Begehren ging er wieder hin, nahm Geld aus, wie zuvor, und dies währte noch vier Wochen lang. Nach dieser Zeit kamen drei bis vier fette Almosen, wodurch er seine Schulden alle bezahlte, und noch über hundert Dukaten übrigbehielt. Darüber musste nun jeder staunen, der darum wusste. Er sagte indessen dem lieben Christkindlein herzlichen Dank.

 

4) Als er einst zu viel auf menschliche Hilfe traute, hat ihn Gott folgender Maßen gestraft.  Der Herzog von Savoyen kam nach Spanien, die Infantin Katharina zu heiraten. Bruder Franz war zur selben Zeit viel schuldig, und die Zeit, in der er zu zahlen versprochen hatte, war schon herangerückt. Deshalb hielt er es für ratsam, nach Madrid zu gehen, um bei den jungen Eheleuten eine Steuer zur Zahlung seiner Schulden zu suchen. Weil er am königlichen Hof allen bekannt, und bei der Infantin in großen Gnaden war, so dachte er, es könnte ihm ja nicht fehlen, bei dem Herzog etwas zu erhalten. Er ging daher nach Madrid, und bekam eine gnädige Audienz bei dem Herzog, klagte ihm seine große Not, und bekam von ihm die Zusicherung eines großen Almosens. Um den Herzog, wenn er darauf vergessen sollte, wieder an sein Versprechen zu erinnern, bestellte er verschiedene Herren, die immer um den Herzog waren, ihn von Zeit zu Zeit zu mahnen. Da aber der Herzog die Sache in die Länge zog, und mit der Erfüllung seines Entschlusses zu lange zögerte, indem er sich nie bestimmt ausgesprochen hat, wieviel er Almosen geben wolle, musste der Bruder, der nie lange vom Spital abwesend sein durfte, wieder ohne Almosen nach Komplut ziehen. Dennoch hoffte er, die besagten Freunde am Hof würden den Herzog ermahnen, und der Herzog würde, weil er überaus viele Geschenke und Reichtümer bei sich hatte, ihm ein reichliches Almosen hinterlassen, ehe er von Spanien fortzöge. Diese Hoffnung aber hatte ihn betrogen, und alle seine Anstalt hat ihm nichts geholfen. Denn der Herzog ritt mit der Braut nach Savoyen, und ließ dem armen Bruder nicht einen Heller Almosen zurück. Darüber betrübte sich nun der arme Bruder gar sehr, und fürchtete sich, sein Kaufmann würde ihm nichts mehr leihen, ja vielleicht ihn gar gefangen nehmen. Er klagte deshalb das große Herzeleid seinem lieben Kindlein, und sprach: Mein liebes Jesulein! Was ist das? Sind denn nicht die Gedanken der Menschen in Deinen Händen? Wie hast Du nun unseren Bruder, den Herzog, ohne alles Almosen hinwegziehen lassen? Auf diese seine Klage hörte er in seinem Herzen diese Antwort: Dies kommt daher, weil du auf deinen Fleiß, und nicht auf Gott allein vertraut hast. Der gute Bruder erkannte seine Schuld, warf sich demütig auf die Erde, bat mit weinenden Augen um Verzeihung, und versprach, hinfür auf keinen Menschen, sondern allein auf sein Jesuskindlein sein Vertrauen zu setzen. Darauf wurde er in seinem Herzen wieder getröstet und zweifelte im Geringsten nicht mehr an der göttlichen Hilfe. Eben an dem Tag, wo er versprochen, den Kaufmann zu bezahlen, und er zu Komplut durch die Hauptstraße ging, hörte er, dass ihn jemand rufe. Er sah sich um, und wurde eines Boten gewahr, der die Leute fragte, ob dies der Bruder Franz wäre. Deswegen eilte der Bote zu ihm, und sah ihn eine Weile starr an, da er glaubte, der Bruder Franz müsste ein ganz anderer, viel ansehnlicherer Mann sein, weil der Herzog ihn zu ihm schickte, und weil er auch oft große Herren löblich von ihm hatte reden hören. Da er ihn für einen groben Bauern und armen Bettler hielt, und sich betrogen glaubte, fragte er ihn selbst, und sprach: Bist du der Bruder Franz? Und als er dies vernommen hat, sagt er: Deinethalben allein habe ich einen so weiten Weg reisen müssen. Denn der Herzog von Savoyen schickt mich hierher, ich soll dir diese zweihundert Dukaten bringen, und du sollst fleißig für ihn beten. Der arme Bruder Franz nahm das Geld mit großer Dankbarkeit an, zahlte noch selben Tag seine Schuld, und dankte von Herzen seinem so freigebigen Christkindlein.

Aus diesen beiden Geschichten ist abzunehmen, was ein festes Vertrauen zu Gott auswirke, und wie kräftiglich man dadurch alle Gnaden bei Gott erwerben könne. Wenn du daher etwas Wichtiges von ihm zu begehren hast, ruf ihn von Herzen mit großem Vertrauen an, in Erwägung, dass derjenige Herr, den du bittest, ein unendlich gütiger Vater sei, der seine höchste Freude dareinsetzt, seinen Kindern etwas Gutes zu tun, und der ihnen auch unfehlbar gibt, was sie begehren, wenn ihnen das Verlangte zur Seligkeit nützlich, und seiner unendlichen Weisheit geziemend ist.

 

5) Unter allen Andachten, so der Bruder Franz hatte, war keine über die Andacht und Liebe zu dem Christkindlein, dessen Fest er alle Tage seines Lebens mit höchster Feierlichkeit und Freude zu begehen pflegte. Und damit sich auch alle Armen am selbigen Tag erfreuen möchten, pflegte er ihnen alle Jahre eine Mahlzeit zu halten auf folgende Weise: Am Sonntag vor dem heiligen Christtag ließ er auf allen Kanzeln verkündigen, dass alle Armen, die ein Zettelein bringen würden, das bezeugte, dass sie gebeichtet und kommuniziert hätten, in dem Spital sollten gespeist werden. Alsdann versammelten sich alle Armen, nicht allein in der Stadt Komplut, sondern auch aus dem ganzen Land, und erwarteten mit Freuden den heiligen Christtag. Bruder Franz aber ging zu allen seinen guten Freunden, besonders zu den vornehmen Herren, bettelte Fleisch, Gemüse, Korn, Kohlen und Geld. Als er das erste Mal diese Gasterei hielt, hatte er zwei Ochsen, dreißig Hammel, dreißig Geiße, zwanzig Malter Mehl, vierzehn fette Schweine, viele Säcke voll Rüben und Kohlen und über zwölfhundert Königstaler. Diese Sachen hatte er nicht alle erbettelt, sondern es war ihm vieles von verschiedenen, auch fremden, unbekannten Leuten verehrt worden. Was er nicht erbetteln konnte, das borgte er, und gab ihnen keine andere Handschrift, als diese drei Worte: Ich will´s bezahlen. Am heiligen Abend des Christtags kamen die Armen vor das Spital, und ihrer waren das erste Mal tausendzweihundert. Diese empfing er alle mit Freuden, ließ sie erstens dem Christkindlein zu Ehren beten, und fing dann an, von einem großen Tisch, worauf das Almosen lag, mit Hilfe der Spitals-Diener und anderer guten Leute jedem Armen die treffende Portion auszuteilen. Allen Männern und Frauen, so Kinder hatten, gab er zwei Pfund Brot, ein Pfund Rindfleisch, ein Pfund Hammelfleisch, ¾ Pfund Geißfleisch, ½ Pfund Schweinefleisch, gekochte Rüben, ein Körblein voller Kohlen, um dies alle kochen zu können. Ferner bekam noch überdem jeder Arme vom Bruder Franz einen Königstaler in einem Brief eingewickelt. Für jene, die sich selber nicht kochen konnten, hatte er gewisse Häuser bestellt, in denen sie am heiligen Christtag auf vorbesagte Weise ausgespeist wurden, und noch nebenbei einen Königstaler erhielten. Denjenigen Hausarmen, die sich schämten, das Almosen öffentlich abzunehmen, schickte er durch vertraute Leute ihre Portion heimlich hin. Der arme Bruder Franz hatte an dieser reichlichen Ausspeisung unaussprechliche Freude.

 

6) Dies war der Anfang seiner Gastereien, die er hinnach alle Tage seines Lebens so viel als möglich gehalten hat. Wie lieb aber dem Christkindlein dies Almosen war, hat es durch viele Wunderwerke zu erkennen gegeben. Als einstens der heilige Christtag gekommen, und der Bruder für die Ausspeisung der Armen noch nichts beisammen hatte, kniete er vor seinem Kindlein nieder und betete also: Liebes Christkindlein! unser Fest und der Tag, deine Höflinge zu speisen, ist vor der Tür! Dein Bruder Franz aber hat nicht einen einzigen Heller; und es hat ihm auch noch niemand etwas angeboten, wie sonst geschehen ist. Darum weiß ich nicht, was Du mir heuer verehren wirst, absonderlich, da es das Ansehen hat, als hättest Du meiner ganz vergessen. Das Kindlein aber redete ihm zu Herzen, er solle sich nicht fürchten, es wollte ihm alles verschaffen. Gleich darauf klopfte jemand an der Pforte an, begehrte zum Bruder Franz, und gab ihm eine große Summe von harten Silberkronen und sprach: Gelobt sei das Jesuskindlein! Nimm du das, und unterlass dieses Jahr die gewöhnliche Gasterei nicht. Nach diesen Worten ging er gleich fort, sagte nicht, wer das Geld geschickt hätte, und wollte auch keine Danksagung annehmen. Bruder Franz aber legte das Geld vor die Füße des Christkindleins, rief einige gute Freunde herbei und ermahnte sie, mit ihm das liebreiche Jesuskindlein zu loben.

 

7) Ein anderes Mal, als er sein Gastmahl zu bereiten über Feld gegangen, sah er bei einem Dorf, drei Stunden von Komplut, einen Bauern mit zwei Ochsen ackern. Einer von diesen Ochsen war sehr fett, und stund ihm wohl an. Der Bruder Franz handelte daher dem Bruder Bauer den Ochsen ab, bezahlte ihn alsbald mit barem Geld, und verpflichtete den Bauern, ihm den Ochsen vier Tag vor dem heiligen Christtag nach Komplut zu bringen. Der gute Franz fragte nicht, wie der Bauer heiße, begehrte auch keinen Schein wegen der Bezahlung, sondern ging in seiner Einfalt seinen Weg fort. Der Bauer lachte heimlich bei sich selbst, spottete des einfältigen Tropfens, und dachte an nichts weniger, als den Ochsen zu liefern. Inmittels kam der Christtag bald herbei, und die Diener des Spitals drangen in den Bruder Franz, einen Ochsen herbeizuschaffen; er aber sagte: Der Ochs ist schon gekauft und bezahlt, und wird von dem Bauern zur rechten Zeit gebracht werden. Der Ochs aber blieb aus, und zwar so lange, bis man anfing, die Portionen zu schneiden, und das Fleisch zu zerhauen. Inzwischen kam ein schöner fetter Ochs ohne einigen Führer in das Spital gelaufen, den Bruder Franz alsobald erkannte und sagte: Dies ist der Ochs, den ich bezahlt habe. Schlachtet und zerhaut ihn. Lange darnach kam der Bauer atmend und schwitzend, fragte aller Orten nach seinem Ochsen und sagte, dass derselbe, wiewohl er sonst ganz zahm und sanft gewesen, dennoch selbigen Morgen in der Früh sich vom Pflug losgerissen, und eines Laufes der Stadt zugerannt sei, und er ihn keineswegs habe ereilen können. Als er endlich gewahr wurde, der Ochs sei in das Spital gelaufen, ging er dahin, fand aber den Ochsen schon geschlachtet. Der Bauer fing an, sich über diese Unbild beklagen zu wollen. Bruder Franz aber sagte zu ihm: Bruder Bauer! hab ich dir denn nicht den Ochsen bezahlt? Hast du mir denn nicht versprochen, denselben zu liefern? Gehe geschwind hin zum Christkindlein, und bitte um Verzeihung, dass du es betrügen wolltest. Auf diese Worte warf sich der Bauer vor dem Bruder Franz nieder, bekannte seine Schuld und ging mit dem Bruder Franz zum Christkindlein, um vor ihm um Verzeihung zu bitten.

 

8) Einmal mangelte ihm Schweinefleisch, und er konnte ums Geld keines bekommen. Sieh da kam ein Sauhirt mit 14 fetten Schweinen, und verehrte ihm dieselben ohne einige Vergeltung. Bisweilen kamen der Bettler so viele, dass sie nicht alle zu zählen waren. Gleichwohl wollte Bruder Franz die gewöhnliche Portion nicht verringern. In solchem Fall machte das liebe Christkindlein, dass sich das Almosen in seinen Händen vermehrte, damit kein Armer seines Teiles beraubt würde.

Aus den angeführten Geschichten erkennst du klar, wie viel tausend Arme der arme Bruder Franz ernährt habe, ungeachtet er nicht einen einzigen Heller hatte. Dies geschah aber wegen seiner großen Frömmigkeit und des festen Vertrauens, so er zu seinem lieben Christlkindlein trug. Folge du ihm hierin nach, du armer Mensch und elender Bettler! und du wirst empfinden, dass dich Gott nicht verlassen werde.

O du allersüßestes Jesuskindlein! ich sage dir Dank, dass du deinem lieben Bruder Franz wegen der herzlichen Liebe, und des Vertrauens, so er zu dir getragen, mit geistlichen und leiblichen Gütern reichlich begabt hast; ich nehme mir auch hinfür eine besondere Andacht und Liebe zu dir zu tragen für, und dich in deinem heiligen Bildnis demütiglich zu verehren. O du holdseligstes Jesulein! im Namen deines Bruders Franz grüße ich dich, und schenke dir mein armes Herz, und flehe, du wollest es mit deiner Liebe anzünden, und deine beständige Wohnung darin nehmen. Amen.

 

§. IV.

 

Wie der Bruder Franz geistlich geworden.

 

1) Nachdem nun der fromme Bruder Franz 27 Jahr in dem Spital Gott und den Armen treulich gedient hatte, empfand er innerlich eine große Begierde, die Welt zu verlassen, und ein Diskalzeat zu werden, d.h. in den Orden der unbeschuhten Karmeliter zu treten. Er rief deshalb Gott getreulich an, ihm seinen Willen zu offenbaren, und als er ihn klärlich erkannte, tat er ein Gelübde, und versprach Gott und der Mutter Gottes, in den Orden der unbeschuhten Karmeliter zu treten. Weil er aber dem König bekannt und angenehm war, und ohne sein Wissen und seinen Willen dies nicht tun durfte, reiste er nach Madrid, begehrte Audienz beim König und sprach, nachdem er sie erhalten, im Beisein vieler Minister also: Unser großer Bruder! (also pflegte er den König zu nennen) das Christkindlein hat mir in den Sinn gegeben, ich sollte ein Karmeliter werden, darum möchte ich gerne mit Eurer Erlaubnis in diesen Orden treten. Der König (Philipp II.) aber sprach: Nicht das Christkindlein, sondern der Teufel hat dir`s in den Sinn gegeben, um dich von der Sorge der Kranken und Hilfe der Armen abzuwenden. Bruder Franz aber sprach: Unser großer Bruder soll gewiss sein, dass mir das Christkindlein dies eingegeben hat, deswegen habe ich auch ein Gelübde getan, geistlich zu werden. Der König sprach: Sorge du nicht wegen deines Gelübdes, wir wollen schon nach Rom schicken, dass du davon absolviert wirst. Indessen frage du hierüber gelehrte Leute, und folge mehr ihrem Rat, als deiner eigenen Phantasie. Der König selber ließ viele Theologen darüber befragen, und vernahm von ihnen, dass es besser wäre, dass Bruder Franz in der Welt bliebe. Darauf schickte er nach Rom, und erhielt vom Papst Dispensation. Bruder Franz war anfangs hiermit zufrieden, wurde aber bald danach in seinem Gewissen sehr unruhig. Ja, das Christkindlein offenbarte ihm klärlich, dass es sein Wille sei, er sollte geistlich werden. Er tat deswegen noch einmal ein Gelübde, und ging wieder hin, dem König dies zu offenbaren. Der König empfing ihn gar unfreundlich, schickte ihn mit zornigen Worten fort, und erhielt wieder von Rom Dispensation. Der arme Bruder Franz war hierüber ganz betrübt, hatte keine Ruhe in seiner Seele, und wurde endlich genötigt, nach sechs Monaten zum dritten Mal zum König zu gehen, zu dem er so sprach: Unser großer Bruder! das Jesuskindlein hat mir in einem Gesicht geoffenbart, ich solle mein Gelübde halten, oder ich würde aus seiner Gnade kommen. Ich habe mich auch bei einigen frommen Leuten darüber befragt, welche mir dasselbige sagen. Darum bitte ich, unser großer Bruder wolle doch zufrieden sein, dass ich geistlich werde, und wolle den Diskalzeaten (Karmelitern) befehlen, mich aufzunehmen. Dies und dergleichen wusste der demütige Franz so einfältig und rührend vorzubringen, dass der König endlich in sein Begehren willigte, ihn ganz freundlich umfing, und alle Hilfe versprach. Die Patres aber hielten ihn noch ein paar Monate auf, um seinen Geist zu prüfen, um ihm auch Zeit zur Bezahlung seiner Schulden zu lassen und damit er alle Sachen in Ordnung und Richtigkeit brächte. Danach wurde er im Orden mit Betrauerung aller Armen eingekleidet, und von den königlichen Ministern herrlich traktiert.

 

2) Wie heilig er nun im Noviziat gelebt, welch schwere Bußwerke er verrichtet, wie viele Anfechtungen des Teufels er ausgestanden hatte, wie stark er vom Novizenmeister abgetötet worden ist, und wie vortrefflich er sich in jede Tugend eingeübt habe, das kann in Kürze hier nicht beschrieben werden, sondern muss notwendig ausgelassen werden.

Als endlich sein Professtag herbeikam, wollte der Pater General diesem Fest selbst beiwohnen, und der Bischof ihm die Predigt halten. Es kamen schier auch alle Hofbedienten von Madrid, dieser Solemnität beizuwohnen, und dem Bruder Franz auf seiner Hochzeit aufzuwarten. Er aber musste auf Befehl des Pater Generals im Refektorium predigen, wiewohl er sich deshalb lang entschuldigte. In dieser Predigt erklärte er ausführlich, was für ein ungeschickter und plumper Mensch er in seiner Jugend, und was für ein grober Bauer er in der Welt gewesen sei, darum könne er sich nicht genug verwundern, dass ihn die Patres in den Orden hätten aufnehmen mögen, oder ihn nicht schon längst wieder fortgejagt hätten. Durch diese Predigt wurden alle wohl auferbaut, und seine tiefe Demut klar erkannt. Wenige Tage nach seiner Profess wurde er nach Valenz geschickt, dort ein Konvent der Büßerinnen zu stiften, welches ihn sehr viele Mühe gekostet hat.

 

3) Zu Valenz waren viele Weibsleute, die, entweder weil sie sich nicht anders ernähren konnten, oder weil sie nicht mochten verheiratet werden, ein ärgerliches, ja öffentliches Hurenleben führten. Damit nun diese elenden Menschen von diesem bösen Leben abstehen, und sich nicht ewig verdammen möchten, hatten sich viele fromme Herren oft und äußerst, allein dennoch umsonst bemüht, ein gemeines Haus samt den nötigen Renten zu stiften, in welchem diese Weibsbilder unterhalten und ausgesteuert werden könnten. Weil denn Bruder Franz zur Ausführung dieses gottseligen Werkes am tauglichsten erklärt wurde, haben verschiedene große Herren beim Pater General das Ansuchen gestellt, und auch bewirkt, dass er den Bruder nach Valenz schickte. Es war eben damals Seine königliche Majestät Philipp der Dritte zu Valenz, der kurz zuvor nach dem Tod seines Vaters König von Spanien geworden war, und sich mit einer Österreichischen Prinzessin Margaretha verheiratet hatte.

Dieser ließ nun Bruder Franz zu sich berufen, erzeigte ihm große Liebe und Freundschaft, und sagte ihm auch, er sollte auch zu seiner Königin, die in einem gewissen Garten des Palastes war, hinuntergehen. Bruder Franz aber sprach in seiner Einfalt: Ich bitte euch, mein großer Bruder! Ihr wollt mir den Weg zeigen, denn ich weiß nicht, wo ich soll hingehen. Der König ging mit ihm bis zu einer Tür, welche er auch selbst aufmachte. Bruder Franz aber sprach: Sieh, wenn mein großer Bruder nicht wäre mit mir gegangen, so hätte ich die Tür nicht aufmachen können. Der König hatte Wohlgefallen an seiner Einfalt, und schickte ihn zur Königin. Mit dieser sprach er auch eben so einfältig, und machte ihr so viele Freude, dass sie ihn bei der Tafel behielt. Allda saß nun Bruder Franz an einem besonderen Tischlein nächst der königlichen Tafel, und die Königin schickte ihm die Speisen von ihrem eigenen Teller. Es war Bruder Franz sehr lieb, dass er in Bekanntschaft des Königs und der Königin gekommen war, weil er durch sie sein begonnenes Werk zu bewerkstelligen hoffte.

 

4) Den andern Tag ging Bruder Franz zum Erzbischof selbiger Stadt, welcher ihn zwar nicht kannte, aber dennoch viel Gutes von ihm gehört hatte. Der Bischof empfing ihn mit Freuden, und spürte gleich an ihm, dass er ein sehr frommer Mann wäre. Bruder Franz erzählte ihm die Ursache seiner Ankunft, und bat ihn, dass er ihm behilflich sein möchte, ein Haus samt Renten für die Büßerinnen zu bekommen. Es hatte die Stadt ein gemeines Haus, welches jährlich 40 Königstaler Einkommen hatte. In diesem Hause wurden die gemeinen, leichtfertigen Frauen alle Jahr in der Karwoche gezwungen, täglich Predigt anzuhören, und wurden in dieser Woche von den Renten des Hauses erhalten. Wenn sich nun eine bessern wollte, so behielt und verpflegte man sie ein viertel Jahr in selbigem Haus. Man verhalf ihr sodann entweder in ein Kloster, oder zu einer Heirat. Dies Haus hätte Bruder Franz gern gehabt, und die geringen Einkünfte desselben gern verbessert gesehen. Darum bat er den Herrn Erzbischof, ihm in seinem Vorhaben behilflich zu sein. Der Bischof brachte ihm viele Schwierigkeiten vor, die seinem Vorhaben entgegentreten, und dass sich schon längst große Herren und viele heilige Männer dessen vergeblich unterfangen hätten, und dass die Stadt dieses Haus nicht würde aus den Händen geben aus gewissen Ursachen. Er sagte dies in der Absicht, den Bruder Franz von seinem Vorhaben abwendig zu machen. Desungeachtet ließ Bruder Franz nicht von seinem Vorhaben, und was er durch die Menschen nicht bewirkte, hoffte er durch sein Christkindlein auszurichten. Darum sprach er endlich zum Erzbischof: Herr Vater! weil diese Sache Gott angeht, wird das Christkindlein sie schon ausmachen. Es ist ein gutes Zeichen, dass Gott so viele gelehrte und heilige Männer abgewiesen, und diese Sache einem armen Bauern in die Hände gegeben hat, damit die Ehre allein sein sei, und keinem Menschen könne zugeschrieben werden.

 

5) Inmittels tat Bruder Franz alles Mögliche, seine Absicht zu erreichen, ersuchte vielmals die Herren des Rates, sprach auch den König selbst darüber; dennoch fand er aller Orten lauter Hindernisse, weil der Satan, der schon vorsah, was Gutes daraus entstehen würde, ihm in allem entgegen war. Während dieser Zeit riss die Pest in Spanien gewaltig ein, und war schon so weit gekommen, dass sie bereits die ganze Umgegend von Valenz verheerte. In dieser  bedrängten Lage und Not riefen die Bürger den Bruder Franz an, dass er bei Gott für sie bitten und durch seine Fürbitte ihnen die Pest abwehren wolle.

Bruder Franz tat zu dem Ende viele schwere Bußwerke, und bat sein liebes Christkindlein so inständig, dass es ihm endlich offenbarte, wenn die Herren des Rates ihm das Haus geben, und mit mehreren Renten versehen wollten, so sollte die Stadt vor der Pest befreit bleiben. Des andern Tages ließ er die Herren des Rates erbitten, sie möchten sich belieben, zusammen zu kommen, denn er hätte ihnen im Namen des Christkindleins etwas zu sagen. Es waren ihm aber die Herren so entgegen, dass sie jede Zusammenkunft ausschlugen. Als sie aber hinnach durch vieles Bitten bewogen doch erschienen, verschworen sie sich dennoch, dem Bruder Franz wenigstens das Haus nicht zu geben. Ehe Bruder Franz aus seinem Haus ging, nahm er einen Prügel, und prügelte seinen Grindigen gar jämmerlich, weil er bisher so hinderlich in seinem Vorhaben ihm gewesen wäre. Danach hing er ihn unter das Marienbild und sprach: Heilige Mutter Gottes! halte mir diesen Grindigen stark gebunden, damit er mich in meinem guten Werk nicht verhindere.

 

6) Sobald Bruder Franz in die Ratsstube eingegangen, sahen ihn schier alle mit grimmigen Augen an, er aber redete zu ihnen in seiner gewöhnten Einfalt also: Ihr Brüder! mir ist von meiner Obrigkeit befohlen worden, dass ich das Christkindlein für das Heil der Stadt bitten sollte. Dies habe ich getan, so gut ich konnte, und es hat mir in voriger Nacht angesagt, es wolle die Stadt vor der Pest bewahren, wenn ihr ihm das Haus für die Büßerinnen geben wollt. Und so lange ihr dieses Haus unterhalten wollt, so lange sollt ihr von der Pest befreit bleiben. Dies sage ich euch im Namen des Christkindleins an, und bin bereit, mich dessen zum Bürgen darzustellen. Ein Wunderding: Wiewohl sie sich zuvor verschworen hatten, seinen Offenbarungen nicht zu glauben, fielen sie dennoch seinen Worten also bei, dass unter den achtzig Ratsherren nicht ein einziger war, der ihm widersprach, sondern sie gaben ihm alsbald das verlangte Haus samt seinen Renten, und begehrten nichts mehr, als dass er sein Versprechen unterschreiben sollte. Also schrieb sein Gesell in seinem Namen folgende Worte, und er machte mit der Feder ein Zeichen darunter: Ich Bruder Franz von dem Jesuskindlein sage, dass, wenn mir die Brüder Ratsherren ein Haus mit seinen Renten geben wollen für die Büßerinnen, so sollte keine Pest die Stadt vergiften. Zur Urkunde dessen unterzeichne ich mich mit eigener Hand.

 

7) Von selbiger Stund an gaben sie ihm das verlangte Haus, gewannen auch solche Liebe und solches Vertrauen zu ihm, dass sie ihn oft in ihren Rat beriefen, und nichts Wichtiges ohne sein Gutheißen beschlossen. Sie vermehrten auch die Einkünfte des Hauses sehr reichlich, und bauten ein Kloster daneben, dass, wenn einige von den Büßerinnen geistlich werden wollten, selbe darin frei aufgenommen werden konnten. Der gute Bruder war darüber so herzlich erfreut, dass er nicht wusste, wie er dem Jesuskindlein genug dafür danken sollte. Als er nun meinte, seine Sache wäre im besten Stand, sieh, da kam ein neues Unglück, es kam nämlich die Pest auch in die Stadt und hatte schon etliche Menschen weggerafft. Dies setzte die ganze Stadt in gewaltigen Schrecken, und der Rat, zweifelnd an dem Versprechen des Bruders Franz, schickte zwei Herren zu ihm, die sich deswegen heftig beklagten, und darüber sehr unruhig waren, dass trotz des Versprechens vom Bruder die Pest doch in die Stadt gekommen wäre. Bruder Franz aber sprach freundlich zu ihnen: Ihr Brüder! das Jesuskindlein hat sich verpflichtet, eure Stadt vor der Pest zu bewahren, und in seinen Worten kann kein Betrug sein. Darum fragt fleißig nach, was denn das für Leute seien, die die Pest haben, und daran gestorben seien. Vielleicht sind es Fremdlinge, die mit der Pest hereingekommen sind. Vertraut aber auf das Jesuskindlein, die Pest wird nicht weiter einreißen, noch einen Menschen von Valenz angreifen. Bei angestellter Untersuchung hat man gefunden, dass es so war, wie Bruder Franz gesagt hatte.

 

8) Nun hatte Bruder Franz das lang verlangte Haus, hatte aber noch keine von den gemeinen Huren, die sich bessern, und darein ziehen wollte. Denn es hatten sich diese leichtfertigen Vetteln auch gleichsam verschworen, dass sich keine von ihnen bessern wollte. Deswegen ging Bruder Franz oft in die gemeinen Häuser, predigte den bösen Weibsbildern scharf von der Hölle und dem jüngsten Gericht, richtete aber anfangs wenig damit aus. Deswegen rief er des Nachts inständig zu Gott, und unterzog alle Nacht den schärfsten und blutigen Disziplinen sich, um die Bekehrung dieser Sünderinnen zu erwirken. Wenn er hörte, dass in einem Haus ein Beischlaf war, und er mit guten Worten keine Bekehrung zuwegebrachte, ließ er die schlechte Person durch den Stadtknecht aus dem Hause nehmen und in sein Bußhaus führen. So tat er auch, wenn einige in ihren eigenen Häusern heimlich sündigten, und er dessen gewahr worden. Die er dann also mit Gewalt in sein Haus gebracht hatte, denen predigte er so lange, und versprach ihnen so viel, bis sie sich endlich bekehrten, und freiwillig in dem Haus blieben. Es bekehrten sich auch etliche von den gemeinen Huren, so dass Bruder Franz nun allmählich ein ziemlich großes Konvent beisammen hatte. Unter andern war eine überaus schöne Person in einem Hurenhaus, die mit den Anlockungen und Reizen ihrer Schönheit manche Seele verführte. Bruder Franz, der diese Person bekehrt hatte, ging einst mit seinem Gesellen in selbiges Hurenhaus, und fragte nach ihrer Kammer. Sobald er hineinkam, sprach er zu ihr: Mein liebes Schwesterlein! sieh, ich bin hierhergekommen, dich herauszuführen, dass du dem Jesuskindlein dienst, um dem Grindigen hinfür nicht mehr zu dienen. Sie lachte darüber und sprach: Es ist mir noch nicht im Sinn, dem Christkindlein zu dienen, ich muss zuvor noch besser meinen Lüsten abwarten. Bruder Franz setzte auf alle Manier an sie, musste aber unverrichteter Sachen wieder davongehen. Auf der Straße sprach er zu seinen Gesellen: Bruder! Morgen um 8 Uhr wollen wir wieder hingehen, sie herauszuführen, denn obschon sie sich jetzt ganz halsstarrig gezeigt hat, wird sie doch Morgen gern folgen. Die folgende Nacht betete er eifrig für sie, und ging des andern Tages wieder dorthin. Als er in ihre Kammer kam, sprach er: Schwesterlein! ich suche euch, und will euch herausführen. O wunderliche Gnade Gottes! Dies einzige Wort war schon genug, eine so große Sünderin zu bekehren, denn ohne alle Widerrede sprach sie: So lasst uns denn in Gottes Namen gehen. Mit diesem Wort verließ sie das Haus der Sünde, und ging mit dem großen Diener Gottes in das Haus der Buße. Wie höchlich sich aber dieser samt allen Engeln im Himmel über die Bekehrung dieser verstockten Sünderin erfreute, überlasse ich dir, lieber Leser! zu erwägen. O wäre doch jetzt ein solcher Bruder Franz auf Erden, wie viele Seelen würden erhalten, die jetzt ewiglich verloren gehen.

 

9) Nun vernehme, was für große Mühe es den Bruder Franz gekostet, die bekehrten Sünderinnen zu regieren, und in ihrer Bußfertigkeit beständig zu erhalten. Denn, weil der Bruder Franz dem Satan auf diese Weise viele Seelen aus dem Rachen riss, und mit der Hilfe Gottes in sein Bußhaus brachte, verdross dies den grindigen Bösewicht dermaßen, dass er sich auf jede Weise befliss, seine gewesenen Leibeigenen dem Bruder Franz wieder aus den Händen zu reißen. Daher machte er diesem lieben Mann mit seinen bekehrten Huren solche Ungelegenheiten, dass er sich oftmals nicht daraus zu reißen wusste. Denn der Teufel fechtete diese armen Sünderinnen dermaßen mit unkeuschen Begierden an, dass es ihnen unmöglich schien, sich derselben zu entschlagen, und sie kurzum wieder aus dem Bußhaus zu ihren vorigen Wollüsten zurückkehren wollten. Und dies geschah besonders an jenen Tagen, wenn der gute Bruder vieler Geschäfte halber vergessen hatte, seinen grindigen Höllenhund unter die Füße Mariens zu hängen. Wenn er nun damals von ungefähr hinkam, seine Büßerinnen zu besuchen, fand er sie so unruhig, zänkisch und mutwillig, dass er sie weder mit süßen noch mit sauren Worten wieder zurechtbringen konnte. Sie schien ihm ins Angesicht, dass sie es ihm mit dem Teufel dankten, dass er sie in das verfluchte Haus geführt hätte. Darum wollten sie auch wieder hinaus, es koste, was es wolle. Hier war nun kein anderes Mittel für den Bruder Franz, diese Halsstarrigen zu bezwingen, als sie scharf strafen, in den Kerker werfen, ja oft sogar in eiserne Bande legen. Durch sein eifriges Gebet und durch Hilfe seines lieben Christkindleins brachte er sie wieder zurecht, und wirkte mit seiner großen Mühe so viel aus, dass etliche von ihnen gar fromme Menschen wurden.

 

10) Indessen, als er dies Bußhaus zuwege gebracht, unterließ er nicht, seinen lieben Armen zu Hilfe zu kommen, und für sie jetzt zu Valentia das Almosen zu sammeln, wie er vormals zu Komplut getan. Dies zu bewerkstelligen, mietete er bei einem Notar zwei Kammern, welche er die Schatzkammern des Jesuskindleins nannte, und hierin alles, was er bettelte, zusammentrug. Denn in diesen Kammern hatte er Schuhe, Strümpfe, Kleider, Hemden, Röcke, Hüte, Leilacher, Betten, Hausrat, samt andern notwendigen Sachen; und diese pflegte er teils zu erbetteln, teils zu kaufen, teils machen zu lassen. Aus diesen seinen Schatzkammern spendete er den Armen, Witwen, Waisen, Eheleuten, Studenten, Pilgern, Kranken, Gefangenen, Verurteilten, kurz allen sowohl Geistlichen, als Weltlichen, die irgend Not litten. Hier war auch der Zulauf zu ihm nicht geringer, als in Komplut, ja noch weit größer. Denn da er jetzt geistlich war, hatte er mehr Ansehen; es kamen nicht bloß gemeine Leute, sondern auch große Herren und Standespersonen zu ihm.

 

11) Wenn er über die Straßen ging, lief das Volk haufenweise zu ihm, küssten ihm andächtiglich das Skapulier und begehrten demütig seine heilige Benediktion. Das Gedränge des Volkes war bisweilen so groß, dass sie ihn in die Höhe hoben, ja wenn ihm die Wache nicht zu Hilfe gekommen wäre, ihn schier gar erdrückt hätten. An dieser äußerlichen Ehre hatte der demütige Bruder kein Wohlgefallen, noch eitle Ehrsucht, sondern schrieb alle diese Ehre seinem Christkindlein zu. Daher sprach er zuweilen zu seinem Gesellen: Pater! wir wollen sie andächtig sein und diesen groben Bauern, den sie nicht kennen, verehren lassen. Denn sie verehren nicht diesen Bauern, sondern beten das liebe Jesuskindlein in ihm an.

 

12) Der Erzbischof von Valentia nahm ihn öfters mit sich hinaus, besonders wenn er visitieren wollte, und alsdann war es wunderbar, zu sehen, wie die Leute diesen frommen Bruder verehrten, und wie er sie, besonders die Kinder, zur Liebe des Christkindleins bewegte. Ja der König selbst ehrte diesen einfältigen Bruder dermaßen, dass, als er einstmals spazieren fuhr, und von ungefähr den Bruder antraf, er ihn zu sich in die Kutsche nahm, und ihn durch die Stadt herumführte. Hier wäre Bruder Franz bald hoffärtig geworden, und hätte bald in den Stachel der eitlen Ehre gewilligt. Diesen sodann zu überwinden, wollte er durchaus nicht länger in der Kutsche bleiben, sondern sagte zum König, der ihn bei sich haben wollte: Unser großer Bruder! ich bitte, Ihr wollt mich herauslassen, denn mein Grindiger fechtet mich in dieser Kutsche mit eitler Ehre an.

 

13) Der Graf und die Gräfin von Benevent nahmen ihn einstmals in einer Kutsche zu einer gewissen Wallfahrt mit sich, und als sie in einem Dorf ausstiegen, und das Volk ihn ersah, liefen sie alle mit Messern und Scheren auf ihn zu, und wollten ihm Stücklein aus seinen Kleidern als ein Heiligtum herausschneiden. Bruder Franz aber rief den Grafen um Hilfe an, und bat ihn, er wolle mit seinen Dienern das Volk abtreiben. Es war aber vergebens; denn das Volk wurde Meister, und zerschnitt ihm den Mantel und den Habit. Einer, der mit einem großen Messer ihm ein Stück von dem Kleid abschneiden wollte, aber vom Bruder Franz abgehalten wurde, setzte mit solcher Gewalt an ihn, dass er ihm unversehens schier den ganzen Daumen abgeschnitten. Der Graf und die Gräfin hatten großes Mitleiden mit ihm, gaben ihm Tüchlein, sich damit zu verbinden, und halfen ihm, weil kein Chirurg da war, so gut sie es vermochten. Er aber sprach: Ich bin von Erden gemacht, was gilt`s, die Erde wird mir helfen? nahm also ein wenig Erde in ein Tüchlein, machte das heilige Kreuz darüber und schlug sie auf die Wunde. Gegen Abend löste er das Tüchlein auf, und fand, dass die Wunde ganz geheilt war.

 

14) Dies Kleiderabschneiden wurde endlich so gemein, dass sich Bruder Franz auf der Straße nicht mehr sicher sehen lassen durfte. Weil ihn Gott auch mit Wundern zierte, und er schon vielen Kranken geholfen hatte, war der Zulauf zu ihm so groß, dass er kaum aus dem Kloster gehen durfte. Da man nun im Orden sah, dass dies in die Länge nicht mehr gut tun konnte, schickte der Pater eine Obedienz samt einer Kutsche, die ihn des Nachts heimlich hinwegnehmen sollte. Der Pater Prior vergönnte ihm noch einen Tag, um seine Geschäfte in Ordnung zu bringen, ließ ihn des Abends heimlich in die Vorstadt bringen, und des Nachts in aller Stille unvermerkt hinwegführen. Des andern Tages, wo er durchfuhr, wussten es die Leute schon, liefen ihm entgegen, und begehrten seinen Segen, und schnitten ihm Stücke vom Habit herunter.

 

15) Als es in der Stadt Valentia kund geworden, dass Bruder Franz hinweg war, war es ein Wunder zu sehen, was für ein Aufruhr in der Stadt entstanden, und wie die armen Leute den Bruder so schmerzlich beklagten. Besonders aber beklagte ihn der Erzbischof, und zürnte sehr über die Patres, dass sie den frommen Menschen, durch den die ganze Stadt beschützt wurde, hinweggenommen hätten. Der Pater General aber entschuldigte sich bei ihm durch das Schreiben des Königs, nämlich, dass der König und die Königin ihn begehrt hätten.

 

16) Also kam er endlich zu Madrid an (die Haupt- und Residenzstadt des Königs von Spanien) und wurde allda von allen und jeden mit großen Freuden empfangen, sonderlich aber vom König und der Königin, die ihm zu Ehren ein besonderes Freudenfest veranstalteten, und ihn nötigten wider seinen Willen den ganzen Tag dem Fest beizuwohnen. Er wurde nun gar oft nach Hof berufen, und musste da bei der königlichen Mahlzeit bleiben. Bei dieser verehrte ihn die Königin so, als wenn sie einen großen Fürsten geladen hätte, und ließ ihm allzeit Rüben und Milchspeisen, die er sehr gerne aß, bereiten und vorsetzen. Damals hatten sie noch keinen Erben, und es war auch geringe Hoffnung dazu vorhanden. Deswegen befahl ihm der König, dass er bei Gott ihm einen Erben erbitten wollte. Bruder Franz nahm den Befehl an, und versprach ihm, dass, wofern er den Armen ein Almosen geben wollte, sollte vor dem Ausgang des Jahres die Königin in gesegneten Umständen sein. Der König versprach ihm viertausend Dukaten, und Bruder Franzens Weissagung wurde erfüllt. Denn die Königin gebar eine Prinzessin, so Anna genannt wurde, und Bruder Franz bekam für seine Armen die 4000 Dukaten. Nun hätte der König auch gerne einen Prinzen gehabt, darum sprach er den Bruder Franz nochmal an, er sollte neuerdings beten. Dieser versprach ihm zwar sein Gebet, ließ aber, da er bald danach gestorben ist, dem König auf seinem Totenbett einen Brief schreiben, und ihn seines Begehrens versichern. Dies geschah denn auch bald nach seinem Tod, als die Königin Philipp den IV. nunmehr verstorbenen König geboren hat.

 

17) Gott hatte dem frommen Bruder Franz die letzte Nacht vor seiner Abreise von Valentia geoffenbart, dass er zu Madrid und zwar bald sterben werde, hat ihn auch versichert, dass ihm seine Sünden verziehen wären, und er gewiss sollte selig werden; dennoch bereitete er sich, als der letzte Tag seines Lebens herannahte, so eifrig zum Tode vor, als wenn er der größte Sünder auf Erden wäre. Er sonderte sich von allen Menschen ab, versteckte sich in verborgene Örter, und betete daselbst viel länger und eifriger, als er jemals zuvor getan hatte. Es war ihm nicht genug, dass er seine Sünden, so er von Jugend auf begangen hat, mehrmals dem Beichtvater beichtete, sondern er beichtete selbe auch seinem Jesuskindlein alle Nacht vor dem hochwürdigen Sakrament in solcher Reumütigkeit, dass er bittere Zähren (Tränen) darüber vergoss.

 

18) Endlich ergriff ihn das Fieber, das ihn sehr plagte, aber dennoch von den gemeinen Ordensübungen, sonderlich von der gemeinen Disziplin, die wöchentlich dreimal geschah, nicht abhalten konnte. Weil aber die Disziplin ihm verboten wurde, so stach er inmittels sich mit Nadeln. Das Fieber nahm indes je länger je mehr zu, und wiewohl die Doktores an keine Lebensgefahr noch glaubten, sagte er dennoch, dass er künftigen Christtag unfehlbar sterben werde. Endlich schlug sich zu seiner bisherigen Krankheit noch das Seitenstechen, das er selbst von Gott begehrt hatte, damit er nämlich bis an sein Ende den Verstand behalten möchte. Am Christabend diktierte er noch einen Brief an den König, wie auch an den Erzbischof und einige andere Freunde, denen er gute Nacht sagte, und sich ihrer Andacht empfahl. Darauf ergriffen ihn solche großen Schmerzen, dass er selbst sagte, er wisse nicht, ob im Fegfeuer größere seien. Gleichwohl litt er selbe mit solcher Geduld und Fröhlichkeit, dass sich die Doktores selbst darüber verwundern mussten. Am Christabend spät empfing er die heil. Sakramente mit solcher Andacht und so vielen süßen und bitteren Zähren, dass alle Umstehenden mit ihm weinen mussten. Unter der Christmetten musste ihm einer vorlesen, was inmittels im Chor gesungen wurde, und am Christtag las ihm ein Pater die heil. Messe in seinem Zimmer. Und weil er schier alle Jahre den Armen am Christtag eine Mahlzeit gehalten hatte, also führte ihm der Pater Prior zwölf Arme an sein Bett, gab ihm zwölf kleine Stücklein Brot und so viele Pfennige, sie auszuteilen. Dies tat er noch mit solcher Liebe und Freude, als wenn er es dem Christkindlein selbst gegeben hätte. Hierauf sang er, wiewohl er im größten Schmerzen lag, etliche Christliedlein, so er selbst gemacht hatte, und nahm sodenn ein kleines, überaus schönes Christkindlein in die Hand, in dessen Anschauung und Kuss er unaussprechliche Freude hatte, und das er mit den allersüßesten Worten anredete. Des Abends um acht Uhr brachen ihm die Augen, und er lag eine Viertelstunde in Todesnöten und starb selig im Herrn, im Jahr 1604, seines Alters im sechzigsten, seines Ordens aber im zehnten. Seine Seele sahen einige gegen Himmel fahren, begleitet von jenen Seelen, so durch ihn waren selig geworden.

 

19) Nach seinem Tod gab sein Leib einen überaus lieblichen Geruch von sich. Bruder Franz gab auch in seinem Leben desgleichen lieblichen Geruch vielmals von sich. Er war auch ganz lind und weich, wie der Leib eines Kindes, und brachte allen, die mit ihm umgingen, nicht den mindesten Eckel, sondern Liebe und Trost. Als er nach Ordensgebrauch bekleidet war, stellte man ihn selbige Nacht in eine Kapelle, mit starken Gittern versehen, dadurch er gesehen, aber nicht berührt werden konnte. Des Morgens am St. Stephanstag war ein solcher Zulauf des Volkes, dass es nicht zu beschreiben ist. Gleichwohl wurde unter so großem Gedränge niemand, wie es sonst zu geschehen pflegt, gedrückt oder beschädigt. Das gemeine Volk kam zwar nicht zum Leib, den großen Herren aber konnte man es nicht verweigern. Also wurde ihm der Habit vom Leib weggeschnitten, dass man ihn wieder von neuem bekleiden musste. Wegen des großen Zulaufs musste der Leib bis an den Neujahrsabend in der Kirche stehen bleiben. Am genannten Abend wurde er gar herrlich unter unsäglichem Zulauf des Volkes begraben. Die Stadt Valentia hielt ihm auch nach Anordnung des Erzbischofs in Beisein der ganzen Geistlichkeit ein herrliches Fest, wo man keine Messe von den Abgestorbenen, sondern von allen Heiligen gesungen, und der Erzbischof selber die Predigt vom Lob des Bruders Franz gehalten. Die Stadt Komplut, in der er über 30 Jahre gewohnt hatte, wollte durchaus den Leichnam haben, erhielt aber mit großer Mühe nur den halben Teil desselben. Der Erzbischof von Valentia hat den einen Arm bekommen, ihn allzeit mit großer Andacht verehrt und die Fürbitte des Bruders Franz in allen seinen Nöten angerufen. Es ist kein Haus in Valentia, Komplut und Madrid, in dem sein Bildnis nicht ist, und in der Pfarrkirche der Stadt Valenz geschehen bei seinem Bildnis viele Wunder. Deswegen hat man den Prozess seines Lebens verfertigt und nach Rom geschickt, um seine Seligsprechung zu betreiben.

 

Und nun, o liebreicher Bruder Franz habe ich die anmutige Geschichte deines Lebens aufmerksam durchlesen, und in Erwägung deiner großen Tugenden eine große Liebe und Neigung gegen dich empfunden. O wie höchlich bist du verbunden, Gott zu preisen, weil er dich, ohngeachtet deiner unbehilflichen, rohen Natur in den Stand der Vollkommenheit erhoben und allen frommen Menschen so annehmlich gemacht hat. O wie sehr bist du verpflichtet, das süße Jesuskindlein zu lieben, das dir in deinem Leben so viele Liebe und Guttaten erwiesen, und so viele reichliche Almosen für dich und andere Arme beschert hat. Ich preise zugleich mit dir das allersüßeste Christkindlein, und danke ihm in deinem Namen für alle geistliche und zeitliche Gaben, so es dir erteilt hat. Ich bitte auch dich, du wollest das liebe Jesulein in meinem Namen grüßen, und mich ihm treulich empfehlen. O du herzgoldenes Christkindlein! ich bitte dich um der Liebe willen, so du zu deinem Bruder Franz und er zu dir getragen hat, verleihe mir auch eine besondere Neigung zu dir. Amen.

 

Haec historia abbreviata est ex historia vitae ejusdem Ven. F. Francisci a puero Jesu. Ex Hispanico in Lat. Translata et Coloniae Anno 1628 impressa.