Wie schön und anmutvoll erscheint eine Lilie, die vom Tau des Himmels befeuchtet und von der Morgensonne beschienen, ihren Glanz und süßen Duft ausgießt. Aber noch schöner ist eine jugendliche Seele, die, mit himmlischer Gnade erfüllt, von Tag zu Tag sich herrlicher entfaltet in Tugend und Gottesfurcht. Eine solche prächtige Blume im Garten Gottes war der heilige Stanislaus, der am 28. Oktober 1550 zu Kostka in Polen das Licht der Welt erblickte. Sein Vater, Johannes Kostka, und seine fromme Mutter, Margareta Kriska, stammten aus einem alten Adelsgeschlecht. Der kleine Stanislaus wuchs in Unschuld und frommen Übungen heran und hatte eine solche zarte Schamhaftigkeit, dass er in Ohnmacht fiel, wenn er ein unkeusches Wort hörte.
Im Jahr 1564 kam Stanislaus mit seinem älteren Bruder Paul ins Konvikt der Jesuiten nach Wien, um sich weiter auszubilden, und zeichnete sich durch Eifer im Gebet und Studium, durch seine Zurückhaltung und Unschuld so sehr aus, dass ihn alle seine adeligen Mitschüler lieb gewannen. Doch schon nach zwei Jahren wurde das Konvikt vom Kaiser aufgehoben, und Stanislaus musste mit seinem Bruder Paul aus Mangel an Platz in einem lutherischen Haus Kost und Wohnung nehmen. Der fromme junge Mann widmete alle seine Zeit dem Studium und Gebet, fastete viel und suchte seine einzige Erholung im Besuch des Allerheiligsten in der Jesuitenkirche und im Preis der Himmelskönigin.
Die Demut und Zurückhaltung, die Enthaltsamkeit und Schweigsamkeit, die allsonntäglichen Beichten und Kommunionen seines jüngeren Bruders waren dem adelstolzen, genusssüchtigen Paul ein Dorn im Auge. Unaufhörlich quälte und beschimpfte und verhöhnte er ihn, schlug ihn und trat ihn mit Füßen. Auch sein Hofmeister tadelte ihn als Betbruder, der weniger auf feine, adelige Manieren achte, als auf seinen schwärmerischen Hang zu frommen Übungen. Stanislaus ertrug alle Unbilden mit himmlischer Geduld, aber mehr und mehr stieg in ihm der Wunsch auf, der Welt gänzlich zu entsagen und in die Gesellschaft Jesu einzutreten. Er teilte deshalb seinem frommen Beichtvater seinen Entschluss mit und bat den Ordensprovinzial Laurentius Magnus um Aufnahme in den Jesuitenorden. Es wurde ihm die Aufnahme unter der Bedingung gewährt, dass seine Eltern einwilligten, aber auf diese durfte er nicht rechnen.
Infolge der Fasten, Nachtwachen und ständigen Quälereien durch seinen Bruder, ergriff ihn im Jahr 1566 eine tödliche Krankheit. Stanislaus verlangte sehnlichst nach den heiligen Sterbesakramenten, aber weder der protestantische Hausherr, noch sein Bruder und Hofmeister ließen sich bewegen, sein Begehren zu erfüllen. Im tiefsten Seelenschmerz flehte Stanislaus zur heiligen Barbara, sie möge ihm die Gnade des heiligen Sakramentes verschaffen. Seine Bitte wurde erhört. Um Mitternacht erschien ihm die heilige Barbara, begleitet von zwei Engeln, die ihm die heilige Kommunion reichten. Bald darauf erschien ihm die Mutter Gottes, legte das Jesuskind in seine Arme, tröstete ihn und mahnte ihn, in die Gesellschaft Jesu einzutreten. Welche Freude mochte das Herz des frommen jungen Mannes in jener seligen Stunde bewegen.
Bald genas Stanislaus von seiner schweren Krankheit und begehrte Aufnahme in den Jesuitenorden. Der Provinzial verweigerte ihm aber die Aufnahme, bis er die Genehmigung seiner Eltern eingeholt habe. Darauf riet ihm ein frommer Priester, den Provinzial von Oberdeutschland, Petrus Canisius, oder den Ordensgeneral Franz Borgias in Rom zu Rate zu ziehen. Stanislaus sah diesen Rat als einen Wink vom Himmel an. Als ihn sein Bruder wieder hart behandelte, sprach er zu ihm: „Du zwingst mich, Bruder, dass ich dir entlaufe, und du wirst es bei unseren Eltern zu verantworten haben.“ Hierauf legte er seine Kleider ab, hüllte sich in ein Bettlergewand, hörte noch die Heilige Messe und begab sich auf die Reise mit dem festen Vorsatz, niemals zurückzukehren, und sein Brot so lange zu erbetteln, bis er Aufnahme in den Jesuitenorden gefunden hätte. Nach einigen Stunden jagten sein Bruder, der Hofmeister und Hauswirt ihm nach, holten ihn ein, erkannten ihn aber nicht. Stanislaus kam wohlbehalten nach Augsburg und da er den heiligen Petrus Canisius dort nicht fand, eilte er zu ihm nach Dillingen.
Um seinen Beruf zum Ordensleben zu prüfen, befahl ihm der Ordensobere, die Hausarbeiten im dortigen Kolleg zu verrichten und freudig verrichtete der Novize die niedrigsten Dienste. Nach kurzer Zeit schickte ihn Petrus Canisius mit zwei Jesuiten und Empfehlungsschreiben nach Rom zum Ordensgeneral Franz Borgias. Am 28. Oktober 1567 trat Stanislaus in das Noviziat. Wer kann die unendliche Freude beschreiben, die jetzt das Herz des frommen jungen Mannes bewegte? Sein Vater schrieb ihm Briefe voll der härtesten Vorwürfe, er beantwortete sie mit kindlicher Ehrfurcht und bewunderungswürdiger Weisheit, zog aber den Willen Gottes jedem anderen Willen vor.
Als Novize lebte Stanislaus wie ein Heiliger, himmlischer Friede lag in seinem Antlitz, Engelsunschuld strahlte aus seinen Augen, seine Demut, sein Gehorsam, sein Gebetseifer, seine kindliche Fröhlichkeit erregten die Bewunderung aller. In der Anbetung des heiligsten Sakramentes und bei der heiligen Kommunion genoss er ein solches Übermaß von Wonne, dass er oft in Verzückung geriet und einem Engel des Himmels glich. Seine Liebe und Verehrung zur Himmelskönigin kannte keine Grenzen, denn ihr verdankte er seinen Eintritt in den Orden. Den Rosenkranz legte er nicht aus den Händen und in seine Unterredungen flocht er immer das Lob Mariens. Sein ganzes Leben war ein fortgesetztes Gebet, eine strenge Bußübung und ein unermüdliches Ringen nach Vollkommenheit, ein inniges Sehnen nach dem Himmel.
Im ersten Jahr seines Noviziats und in den ersten Tagen des Monats August unterredete sich Stanislaus mit dem Pater Emanuel und rief in heiliger Entzückung aus: „O mein Vater! Welch ein seliger Tag war es für die Heiligen, als die allerseligste Jungfrau in den Himmel aufgenommen wurde. Ich bin überzeugt, dass sie alle Jahre, so wie wir, durch ein besonderes Jubelfest dieses Andenken erneuern und ich hoffe zuversichtlich, der ersten Feierlichkeit, die sie wieder begehen werden, beiwohnen zu können.“ Niemand dachte an die Erfüllung dieser Vorhersage. Er aber schrieb am Fest des heiligen Laurentius nach der heiligen Kommunion einen Brief an die Himmelskönigin, in dem er sie innig bat, ihn aus diesem Tal der Tränen hinweg zunehmen und an ihrer Himmelsfreude teilnehmen zu lassen, und er legte diesen Brief auf seine Brust. Schon am Abend fühlte er sich krank und sagte: „Ich werde von meinem Bett nicht mehr aufstehen.“ Am 14. August empfing er freudestrahlend die heilige Wegzehrung und letzte Ölung, brachte einige Zeit im Gebet zu und küsste mit inniger Zärtlichkeit das Bildnis der Mutter Gottes. Hierauf begehrte er ein Kruzifix, hielt es fest in der Hand, dankte dem Heiland für alle Gnaden, die er je in seinem Leben empfangen hatte, und küsste mit heiliger Inbrunst die fünf Wunden. Gefragt, ob er zum Sterben bereit sei, rief er aus: „Bereit ist mein Herz, o Gott, bereit ist mein Herz.“ Jetzt erschien ihm die Himmelskönigin mit einer großen Schar heiliger Jungfrauen, und den Namen Jesu und Maria auf den Lippen hauchte er seine reine Seele aus im Frührot des 15. August 1568, im achtzehnten Lebensjahr.
Papst Klemens VIII. sprach ihn selig, Papst Benedikt XIII. nahm ihn zugleich mit dem heiligen Aloysius im Jahr 1726 in das Verzeichnis der Heiligen auf. Viele Wunder verherrlichten sein Grab.