Seliger Karl Spinola und Gefährten, Jesuit, Märtyrer, + 10.9.1622 – Gedenktag: 10. September

 

Der 10. September 1622 sah das Martyrium, das in der Kirchengeschichte Japans unter dem Namen „das große“ berühmt ist, weil in ihm zweiundzwanzig Mitglieder verschiedener religiöser Orden und dreißig Japaner jeglichen Alters und Geschlechtes ihr Leben für Christus dahingaben. Gleichsam der Führer aller, wie sich das römische Brevier ausdrückt, war Karl Spinola.

 

Die Grafen Spinola, eine der ersten Familien Oberitaliens, hatten der Kirche ausgezeichnete Bischöfe, den deutschen Kaisern und spanischen Königen bedeutende Staatsmänner und Feldherren gegeben. Karl Spinola, Sohn des Grafen Oktavius, geboren 1564, war seinem Oheim, dem Kardinal Philipp Spinola, Bischof von Nola, zur Erziehung übergeben worden und hätte sicher nur glänzende Aussichten in Kirche und Staat vor sich gehabt. Doch angetrieben durch das Beispiel des seligen Pater Rudolf Aquaviva, der 1583 in Indien den Martertod erlitt, trat Karl am 23. Dezember 1584 zu Nola in Süditalien in die Gesellschaft Jesu, um als Missionar sein Leben für den Heiland hinzugeben. 1594 zum Priester geweiht, bat er um die Sendung nach Japan. „Ich überlasse mich ganz dem heiligen Willen Gottes,“ so spricht er seine Gesinnung in einem Brief aus, „kann ich noch nicht leiden, wie die heiligen Martyrer gelitten haben, so habe ich doch den Trost, ihre Leiden zu betrachten und mich durch Erwägung ihres Heldenmutes anzufeuern und vorzubereiten. Wann wird die Zeit kommen, in der mir ein ähnliches Los beschieden ist? O glücklicher Tag! O selige Stunde! Wenn es schon süß ist, nur an den Tod für den Heiland zu denken, welche Wonne muss es dann sein, ihn wirklich für ihn zu leiden.“

 

Am 10. April 1596 fuhr Karl Spinola in Begleitung des seligen Hieronymus de Angelis von Lissabon ab. Ein Sturm verschlug das Schiff nach Brasilien. Die lange, bedrängnisvolle Fahrt und die unfreiwillige Wartezeit gaben dem seeleneifrigen Missionar Gelegenheit, sich der Bekehrung des Schiffspersonals und der Pflege der Kranken zu widmen. Durch das häufige Verweilen bei so vielen Kranken im geschlossenen Schiffsraum wurde er selbst zweimal vom Fieber ergriffen. Nach fünfmonatigem Aufenthalt brachte eine neue überaus stürmische Fahrt die Missionare in größte Todesgefahr. Ende März 1597 landeten sie glücklich im Hafen von Portorico. Sofort begannen Pater Karl und Hieronymus eine überaus erfolgreiche Missionstätigkeit in der ganzen Umgebung. Infolge der übermäßigen Anstrengungen erkrankten beide.

 

Auf der Weiterreise, die endlich im August unternommen werden konnte, traf die seligen Jünger des gekreuzigten Heilandes, dessen Namen sie würdevoll trugen, ein neuer Unglücksfall. Sie wurden von englischen Seeräubern im Oktober 1597 gefangen genommen und nach London gebracht. Im Januar 1598 kamen sie wieder nach Lissabon zurück.

 

All die tausenderlei Gefahren, Leiden und Ungemach einer zweijährigen Irrfahrt hatten die Sehnsucht des Seligen nach noch größeren Leiden in der Mission in Japan nicht auslöschen können. Vergeblich bemühten sich auch seine hohen Verwandten, ihn in Europa festzuhalten. Nachdem er seinen Opfergeist durch Pflege der Pestkranken in Lissabon hatte reichlich erproben können, wagten die Missionare im März 1599 zum zweiten Mal die lange Reise. Am 30. Juli 1600 langten sie in Malakka an. Endlich im Mai 1602 war das Ziel erreicht. In Nagasaki betraten sie den Boden Japans. Zwanzig Jahre führte Spinola hier ein Leben apostolischer Tätigkeit und strenger Abtötung. Sehr oft geißelte er sich bis aufs Blut; fast ständig trug er ein raues Bußhemd.

 

Das Apostolat aber, wie reich war es an Erfolg! Während seiner ersten Tätigkeit zu Arima gelang es dem Seligen innerhalb zwei Jahren mehr als fünftausend Heiden zu taufen. Und doch, wie bescheiden! Eines Tages bemerkte er einen Zusammenlauf von Menschen. Er ging darauf zu. Da sah er ein kleines Kind in den letzten Zügen liegen. Spinola tauchte rasch entschlossen ein Tuch in Wasser und benetzte damit die Stirn des Kindes. Die umstehenden Heiden mochten denken, er wolle durch das Wasser dem sterbenden Kind Linderung bereiten. Spinola aber sprach bei der Benetzung die Taufformel und eröffnete hierdurch dem Kind das ewige Glück des Himmels. Über diesen Vorfall schrieb der Selige: „Wenn der liebe Gott mir für all meine Leiden und Mühen, die ich bisher ertragen habe oder noch ertragen werde, keinen anderen Lohn erteilen wird, so halte ich sie dadurch allein für so überreich bezahlt, dass er mir vergönnt hat, diese eine Seele für den Himmel zu retten.“

 

In der Hauptstadt Meaco, dem heutigen Kyoto, leitete Spinola eine Kongregation von Katecheten und hielt zugleich für die höherstehenden Kreise wissenschaftliche Vorträge über Mathematik und Astronomie. Dieser weittragenden Tätigkeit war es wohl zu danken, dass in dem einen Jahr 1611 zu Meaco achttausend Erwachsene die Taufe empfingen. So blühte die japanische Mission nach der ersten Christenverfolgung vom Jahr 1588 wieder herrlich auf. Da brach eine zweite furchtbare Verfolgung über die junge Christengemeinde herein. Aus Handelseifersucht hatten die kalvinischen Holländer dem Kaiser von Japan vorgespiegelt, die katholischen Missionare seien vom spanischen König gesandt, um Volk und Land für ihn zu gewinnen. Seit zwei Jahren war Karl Spinola Prokurator der ganzen Mission. Nun begann seine langgehegte Hoffnung nach dem Martertod sich zu erfüllen. Trotz strengster Ausweisungsmaßregel gelang es ihm mit 23 Mitbrüdern und Mitgliedern anderer Orden noch vier Jahre lang im Verborgenen zu wirken. Im Dezember 1618 wurde er aber ergriffen und mit anderen Missionaren und einheimischen Christen in das Gefängnis von Omura geworfen. „Dieses ist meine Ruhestätte für immer; hier will ich wohnen, da ich sie erwählt habe.“ Unter dem Gesang dieses Psalmverses zog Karl mit seinen Leidensgenossen in dies elende japanische Gefängnis ein. Eine Qual begann hier, schlimmer als der grausige Kreuzigungstod später. Es war ein Käfig aus Bambusrohren, die man in den Boden eingerammt hatte, ein Raum von 20 Fuß Länge und 14 Fuß Breite. Das dünne Strohdach darüber bot wenig Schatten vor der sengenden Hitze. Der Wind pfiff durch die klaffenden Rohre, Regengüsse weichten den Boden auf und Schneegestöber verschüttete im Winter schier die ganze Hütte. Eine doppelt gemauerte Palisadenreihe sicherte die „Staatsgefährlichen“, die doch nur gekommen waren Liebe zu bringen.

 

Fast vier Jahre lang waren die Bekenner Christi, 33 an der Zahl, an diesen armseligen Raum gebannt. Sich in der Nacht hinzulegen war für alle nicht möglich; kaum dass sie bei Tag sich bewegen konnten. Nie durften sie ihren Käfig verlassen. Eine entsetzliche Lage! Man erlaubte den Gequälten nicht ihre Kleider zu waschen oder an der Sonne zu trocknen. Zehrendes Fieber und schleichende Krankheit mussten einziehen. Einige der Martyrer starben. Der selige Spinola lag hundert Tage krank am Fieber. Kein Trunk Wasser wurde ihm gereicht. An Nahrung gab man ihnen so viel, um den Tod zu verhindern, aber zu wenig, um den Hunger zu stillen. Die glaubensstarken Kämpfer aber harrten aus.

 

Am 28. August 1622 schrieb der Selige an seinen Provinzial: „Ich glaube, dass auch wir bald den Scheiterhaufen besteigen werden. O, der unendlichen Güte und Barmherzigkeit Gottes, die einen elenden Sklaven wie ich bin der großen Ehre gewürdigt, für ihn mein Leben hinzugeben! Wenn er mich des Eintrittes in seine heilige Wohnung würdigen sollte, werde ich nie der Liebe vergessen, die Sie mir stets erwiesen haben, noch meiner Mitbrüder in dieser Provinz und in der ganzen Gesellschaft, der ich mehr zugetan bin als je. Karl, zum Tod verurteilt um des Namens Jesu willen.“

 

Die Gefangenen wurden von Omura nach Nagasaki gebracht, wo sie am 10. September anlangten. Der Richtplatz war der heilige Berg. So hieß er, seitdem 1597 die 26 heiligen Martyrer dort am Kreuz starben. Der langsam ansteigende Hügel bildet ein natürliches Amphitheater. Zahlreiche Heiden und wohl 30.000 Christen hatten sich eingefunden. Die Bekenner wurden teils zum Feuertod, teils zur Enthauptung verurteilt. Spinola stimmte den Psalm „Lobet den Herrn alle Völker“ an, seine Gefährten stimmten ein. Darauf hielt er eine so ergreifende Ansprache an die Versammelten, dass alle zu Tränen gerührt wurden.

 

Hoch schichtet der gewaltige Scheiterhaufen um die 25 Pfähle, an denen Karl und seine Freunde den qualvollen Feuertod erleiden. Doch zuvor soll noch das mordlustige Heidenschwert dreißig anderen Christen, meist Japanern, die Siegeskrone bringen. In langer Reihe knien die Todgeweihten da. Das Sausen und der scharfe Aufschlag des Schwertes übertönt noch das Schluchzen der umstehenden Glaubensbrüder. Von den Lippen der Martyrer steigen still, zuweilen laut Bitt- und Ergebungsrufe zum Himmel. Nun nähert sich der Henker auch der tapferen Bekennerin Isabella Fernandez. Noch einen letzten Gruß wagt sie jetzt dem treuen Missionar und Vater, dem seligen Spinola, ihrem Erretter aus Heidennacht zu bieten. Erst jetzt erblickt und erkennt er die Frau. Ihr vierjähriges Söhnchen, das neben ihr kniet, kann er nicht sehen. Darum fragt der Selige: „Wo ist denn dein kleiner Ignatius?“ „Er kniet hier neben mir“, antwortete sie. Sie nahm ihn auf ihre Arme und sprach zu ihm: „Sieh` dort den Pater, der dich durch die Taufe zu einem Kind Gottes gemacht hat, bitte ihn um den Segen.“ Fromm legte Ignaz die reinen Händchen zusammen und tat, wie ihm die Mutter geheißen hatte. Dem Seligen waren die Hände gebunden. So hob er seine Augen zum göttlichen Kinderfreund und sprach laut die Segensworte. Gleich darauf rollt das Haupt der Mutter in den Staub. Dem Kind wird nicht bange; es kreuzt seine Ärmchen über die Brust und neigt mutig und glaubensstark das Köpfchen dem Henker zu: „Jesus! – Lieb` Mütterlein, ich komme!“ Und empfing den Todesstreich.

 

Bald darauf erscholl der Befehl, das Feuer anzuzünden. In diesem Augenblick hörte man von allen Seiten des weiten Schauplatzes halblaut das Gebet der Christen für die starkmütigen Bekenner. Um den Todeskampf und die Qualen möglichst lange auszudehnen, war der Scheiterhaufen etwas von den Pfählen entfernt. Die Opfer sollten bei lebendigem Leib geröstet werden. Der selige Karl hörte nicht auf, seine nächsten Leidensgefährten zu ermutigen. Am Pfahl neben ihm war die achtzigjährige Witwe, in deren Haus man ihn verhaftet hatte. Auf ihre Bitte erteilte er ihr nochmals die Lossprechung. Dann stand er ruhig da und betete mit zum Himmel erhobenen Blick. Nach anderthalb Stunden unterlag er als der erste der Marter. Im 58. Lebensjahr, im 38. seines Ordenslebens erwarb er die Krone.

 

Der letzte, der nach dreistündiger Qual den glorreichen Kampf vollendete, war Pater Sebastian Kimura. Er war ein Neffe des ersten Japaners, den der heilige Franz Xaver getauft hatte, und der erste eingeborene Priester. Mit 19 Jahren trat er in die Gesellschaft Jesu. Nachdem er in Nagasaki die Priesterweihe erhalten hatte, waren die gefährlichsten Missionen sein Anteil. Den Martertod erlitt er im 57. Lebensjahr. Papst Pius IX. hat 1867 diese christlichen Helden seliggesprochen.

 

 

Was sollen wir an diesem großen Martyrium mehr bewundern, den Heldenmut der in Todesgefahren ergrauten Missionare oder die übernatürliche Kraft des kleinen Jungen und seiner Mutter wie der anderen Martyrer aus dem Laienstand? Gottes herrliche Gnade müssen wir dankbar und bewundernd anerkennen, die bei groß und klein, bei den auserwählten Seligen, wie bei uns schwachen Nachahmern Taten wirkt, die Menschenkräfte übersteigen. Der Allmächtige „schützt den ungerecht Verfolgten vor seinen Feinden, stellt ihn sicher vor seinen Nachstellern und lässt ihn siegen im harten Streit, damit er erkenne, dass die Weisheit mächtiger ist als alle Dinge“ (Weisheit 10,12), die persönliche, göttliche Weisheit nämlich, „die Herrlichkeit des Eingeborenen vom Vater, voll Gnade und Wahrheit“, für den wir leben und sterben.