Selige Ida von Nivelles, Beghine und Nonne von Rameige, + 11.12.1231 - Fest: 11. Dezember

       

Schon in der zarten Kinderseele pflegen sich die guten oder bösen Eigenschaften auszuprägen, die sich im späteren Leben mehr und mehr entwickeln und als Tugenden oder Laster in Erscheinung treten, wie das Sprichwort es mit den Worten ausdrückt: „Jung gewohnt, alt getan.“ Die selige Ida von Nivelles in Südbrabant zog sich schon als Mädchen von den Spielen der Kinder zurück, um nicht deren Unarten zu lernen. Regelmäßig ging sie jeden Morgen zu einer entfernten Kirche, obgleich der Weg, besonders im Winter, so kotig war, dass sie oft stecken blieb und von erwachsenen Personen herausgezogen werden musste. Den Armen schenkte sie ihren letzten Bissen Brot und ging sogar für sie betteln.

 

Nach dem Tod ihres Vaters wollten ihre Verwandten sie durch Verehelichung versorgen, sie aber wollte Gott allein dienen als keusche Jungfrau und entfloh heimlich in ein Dorf, wo sieben arme Jungfrauen ein klösterliches Leben führten. Hier übte sie sich in der Tugend der Demut, indem sie am liebsten die niedrigsten Dienste tat und nie die geringste Empfindlichkeit zeigte. Besonders pflegte sie mit unermüdlicher Ausdauer die kranken Mitschwestern und bettelte für sie Kleider und Nahrung.

 

Um Gott noch vollkommener zu dienen und öfters die heilige Kommunion empfangen zu können, wünschte sie in einen von der Kirche genehmigten Orden zu treten, und fand Aufnahme in einem deutschen Zisterzienser-Kloster. Da sie als Niederländerin die deutsche Sprache nicht verstand, konnte sie sich anfangs mit den deutschen Nonnen nicht in Gespräche einlassen. Umso mehr verkehrte sie mit Gott und betrachtete gar innig seine Allmacht, Weisheit und Güte in seinen Werken. Durch ihren steten Umgang mit Gott verklärte sich ihr Angesicht so schön, dass sich alle Klosterfrauen bei ihrem Anblick erfreuten und in trüben Stunden durch sie aufgeheitert wurden.

 

In ihrer großen Liebe zu Gott gründete auch ihre aufrichtige Nächstenliebe. Sah Ida an ihren Mitmenschen einen gottseligen Wandel, dann freute sie sich und dankte dem Lenker der Menschenherzen, bemerkte sie aber Sünden an anderen, dann redete sie ihnen zu, auf den Weg der Buße zurückzukehren. Deshalb sahen viele Sünder und Bedrängte zu dem mütterlichen Herzen Idas ihre Zuflucht und fanden jederzeit Trost und Besserung. Unbilden und Beschimpfungen nahm sie an, wie ein geduldiges Lamm, und dankte Gott dafür. Hatte sie keine Widerwärtigkeiten zu leiden, dann kniete sie vor dem Kruzifix nieder und klagte: „Warum, mein süßester Herr, lässt du mich, deine Magd, so lange Mangel leiden an Trübsalen?“

 

Idas höchste Seligkeit war der öftere Empfang der hl. Kommunion. Einst war sie mit der Priorin und einigen anderen Klosterfrauen auf dem Land, um die Ernte des Klostergutes einzuheimsen. Hier konnte sie nicht so oft kommunizieren. Sie bekam deshalb ein schmerzliches Heimweh, so oft sie zur Wandlung läuten hörte, nach dem Brot des Lebens. Da kam nun in der Nähe eine alte Frau zum Sterben und wurde mit den hl. Sakramenten versehen. Die Klosterfrauen nahmen an der Andacht teil. Als aber der Priester die hl. Hostie der Kranken auf die Zunge legte, war sie nicht mehr imstande, sie zu genießen. Der Priester nahm bestürzt die nasse Hostie wieder aus dem Mund der sterbenden Frau. Was aber dem Priester große Angst machte, erfreute die fromme Ida mit seliger Hoffnung. Sie sprach: „Ich bitte, mein Herr, beunruhige dich nicht! Gib mir den Leib des Herrn, ich bin bereit, ihn zu empfangen.“ Der Priester war froh, der Verlegenheit zu entkommen und reichte der gottseligen Jungfrau die hl. Hostie. Sie aber wurde dabei von einer solchen Fülle himmlischer Liebe und Wonne übermannt, dass sie den äußeren Sinnen entrückt einige Zeit am Boden lag. – Am Tag des heiligen Andreas sah sie einst, als der Priester bei der Wandlung die hl. Hostie in die Höhe hielt, dass sie gerade so rot leuchtete, wie die aufgehende Sonne und es gingen aus ihr sieben Strahlen hervor, die in ihr Herz hineinleuchteten und es mit den sieben Gaben des Heiligen Geistes erfüllten. Den folgenden Tag sah sie nach der Wandlung die drei göttlichen Personen in einer einzigen Wesenheit wunderbar und unaussprechlich auf dem Altar beisammen, nicht die ganze Dreifaltigkeit unter der Gestalt des Brotes, weil nur Jesus, die zweite Person, Mensch geworden ist, sondern wie die anderen göttlichen Personen bei dem heiligen Sakrament des Altares mitwirken.

 

In der heiligen Weihnacht saß Ida krank in ihrer Zelle. Da nun der Priester bei der ersten Messe die hl. Hostie erhob, kam es ihr vor, als sehe sie in seinen Händen ein außerordentlich schönes, neugeborenes Kind. Bei diesem Anblick überfiel sie Furch und Zittern, denn sie hatte nie den Wunsch gehabt, den Herrn in menschlicher Gestalt zu erblicken, sie wollte glauben und nicht sehen. Der Herr aber kannte die Stärke ihres Glaubens und wollte sie deshalb nicht lange in Unruhe lassen, er ermahnte sie innerlich, alle Angst abzulegen. So blieb sie nun in ihrer Zelle sitzen voll seliger Freude über die wunderliebliche Erscheinung. Als das zweite Hochamt gesungen wurde, ging Ida mit den anderen Klosterfrauen in die Kirche und setzte sich in einen Winkel des Chores. Hier sah sie nun wieder in den Händen des Priesters ein Knäblein von außerordentlicher Anmut und Holdseligkeit. Da nun die anderen kranken Schwestern zum Altar gingen, um zu kommunizieren, zögerte Ida erschrocken, vorzugehen, aus Besorgnis, sie könnte doch nicht ein lebendiges Kind essen. Sie flehte deshalb mit tiefer Inbrunst zu ihrem Heiland, dass er nach seiner großen Güte diese Erscheinung von seinem hl. Sakrament hinwegnehmen möge, damit sie ihn ungehindert empfangen und in ihr Herz aufnehmen könne. So blieb sie nun bis zum dritten Hochamt, ohne den Leib des Herrn zu empfangen. Da sah sie nun einen Jungen, der schon etwas erwachsen war und vom Altar sich nahte, zu ihr sich neigte und mit lieblicher Stimme sprach: "Meine liebe Freundin! Dass ich dir sichtbar die Gestalt meiner Menschheit in der Hostie zeige, geschieht nicht aus Zweifel an deinem Glauben, sondern um meine große Liebe zu dir darzutun.“ Da antwortete Ida in stillen Gedanken: „O Treuester, unendlich würde mein Herz sich freuen, wenn du mir auch zeigen würdest, wie herrlich du in deiner Gottheit bist.“ Der liebliche Junge Jesus antwortete: „Verlange dies nicht, meine Tochter, weil kein Sterblicher in diesem Leben meine Gottheit schauen kann. Wenn ich alles neu mache und dich zu mir genommen habe, wirst du die Glorie meiner Gottheit schauen von Angesicht zu Angesicht.“ Herauf bat Ida den geliebten Herrn, dass er ihr gestatte, ohne Hindernis seinen heiligsten Leib zu empfangen, damit nicht die Schwestern Ärgernis nähmen, wenn sie an einem so hohen Festtag nicht kommunizierte. Alsbald hörte die Erscheinung auf und sie trat in allem Frieden zum Tisch des Herrn. Die Fülle wunderbarer Empfindungen, womit sie an diesem Tag gleichsam berauscht wurde, dauerte in ihrer Seele bis Mariä Lichtmess.

 

Als Ida das 32. Lebensjahr erreicht hatte, lag sie mehrere Monate krank und führte mit ihrer leiblichen Schwester Hersindis geistliche Gespräche. Vor ihrem Ende bat sie, dass man das heiligste Sakrament bringe, damit sie durch dessen Anblick Stärke und Trost empfange. Ein Priester hielt ihr das Allerheiligste zur Anbetung vor. In diesem seligen Anblick löste sich ihre Seele vom Körper, um in ewiger Klarheit ihren lieben Jesus ewig zu schauen von Angesicht zu Angesicht.