Ehrwürdiger Johann Baptist Stöger, Redemptoristen-Laienbruder, + 3.11.1883 – Gedenktag: 3. November

 

Am 4. Oktober feiert die Kirche das Fest des großen heiligen Franziskus von Assisi. Am gleichen Tag, 4. Oktober 1810, wurde zu Enzersfeld, fünf Stunden von Wien, ein Bauernkind geboren, auf das der liebe Gott gleichfalls wohlgefällig schaute wie einst auf das reiche Kaufmannskind von Assisi. Sein Name war Johann Baptist Stöger; am Geburtstag wurde es in der Taufe zugleich auch ein Gotteskind. Als Knabe hegte Johann ein großes Verlangen, Priester zu werden, aber sein Vater hielt ihn ab aus törichter Furcht, der Sohn könnte auf Abwege geraten. Den Drang zu studieren konnte dieser aber nicht völlig bezwingen, denn er brachte jeden freien Augenblick, besonders abends bis spät in die Nacht hinein, mit den Büchern zu, die er sich verschaffte. Er lernte die lateinische Sprache, erwarb sich große Kenntnisse in der Geschichte, auch die Heiligenlegende wurde ihm geläufig. In der Arbeit versäumte Johann durch sein Lesen und Studieren nichts. Er war immer der erste und letzte dabei und half noch anderen, wenn er fertig war. Besuch von Gesellschaften liebte er nicht. Gegen seine Eltern war Johann voll Ehrfurcht und Gehorsam. Daher kaufte ihm sein Vater stattliche Pferde und suchte jeden Wunsch des braven Sohnes zu erfüllen. Nur einmal gab es eine abschlägige Antwort. Johann wollte mit seiner Schwester nach Wien, um die große Fronleichnamsprozession sich anzuschauen. „Da ist viel Eitelkeit und wenig Andacht zu sehen,“ wehrte der Vater ab. Johann wurde darüber missgestimmt. Wenn er auch nicht mit Worten seinem Herzen Luft machte, so konnte er doch einige Stunden lang ein gewisses finsteres Gesicht nicht überwinden. Diesen Fehler beweinte er zeitlebens mit bitteren Tränen. Öfters fuhr er mit Gemüse nach Wien und besuchte dort fleißig die Kirche „Maria vom Gestade“, wo unter dem ehrwürdigen Pater Passerat das religiöse Leben und die Feier des Gottesdienstes in schönster Blüte stand. Dort lernte Johann die Redemptoristen kennen und wählte sich Pater Michalek zum Beichtvater.

 

Im Herbst 1835 kam der heiligmäßige Kapuzinerbruder Didakus nach Enzersfeld zur Sammlung. Dieser sprach zu Stöger: „Sie sind in die Redemptoristenkongregation berufen. Bitten Sie nur, man wird Sie aufnehmen.“ Johann tat es und wurde am 2. Januar 1836 als Laienkandidat aufgenommen und ins Kloster nach Weinhaus geschickt. Das Stillschweigen und die religiösen Übungen entsprachen ganz seinem frommen Gemüt. Alle wurden erbaut durch seine Andacht und tiefe Demut. „Ich bin nur für die groben Arbeiten,“ sagte er, aber alle Brüder verwunderten sich, wie geschickt er die feinsten Arbeiten angriff, wenn er dazu gerufen wurde. Vierzehn Monate verbrachte hier der Ordenskandidat, hatte aber keine geringe Versuchung zu bestehen. Weinhaus hatte keinen eigenen Obern, sondern wurde von Wien aus versehen. Bald kam Pater Minister und ordnete an. Dann kam Pater Rektor aus Wien und verlangte das Gegenteil. So kam Unordnung. Aber Johann Stöger hielt diese harte Probe mit musterhafter Treue aus. Ins Noviziat nach Eggenburg versetzt, erhielt er am 19. März 1837 das Ordenskleid. Da er in Weinhaus die Gärtnerei erlernt hatte, wurde er hier mit der Pflege des Gartens betraut. Da ging alles in Ruhe und Ordnung her, und dem Frater Baptist, wie er seit der Einkleidung genannt wurde, war leicht ums Herz. Am 18. März 1840 legte er die heiligen Gelübde ab und blieb bis zum Tod diesem Haus zugeschrieben. Nur einmal musste er es auf zwölf Tage verlassen. Im Sturmjahr 1848 kamen die Aufrührer auch nach Eggenburg und vertrieben die Patres. Bruder Baptist fand bei einem Freund im nahen Roggendorf Unterkunft. Die braven Einwohner von Eggenburg aber, die ihre Redemptoristen, nicht zum wenigsten den frommen Bruder Gärtner hochschätzten und liebten, erwirkten durch eine Bittvorstellung in Wien ihre Rückkehr.

 

Immer schöner entfaltete Bruder Baptist die Blüten aller Tugenden, deren Wohlgeruch sich durch die ganze österreichische Provinz verbreitete. Bald wurde von ihm in allen Häusern nur mehr wie von einem Heiligen gesprochen. Nur er selbst hielt sich für ein unnützes Glied am Körper der Kongregation. „Ich bin der Niemand,“ war sein Lieblingswort. Bei gemeinsamen Arbeiten der Brüder übernahm er stets die letzten Posten. Überall wollte er der letzte sein. Nur in einem Punkt war er stets der erste: im Aufstehen am Morgen. Er hatte das Amt des Aufweckers bleibend übernommen und übte es bis zu seiner letzten Krankheit. Um drei Uhr morgens war er schon im Oratorium, betete den heiligen Kreuzweg und brachte die Zeit bis zum Aufwecken kniend in Betrachtung zu. Wenn die Patres um fünf Uhr in das Oratorium kamen, war Frater Baptist im Winter oft vor Kälte starr und blau, im Sommer vor Schlaf und Erschöpfung so matt, dass man meinte, er müsse umfallen. Er achtete aber keine Beschwerde und ging nach den heiligen Messen ohne je ein Frühstück zu nehmen zu seiner Gartenarbeit. Die heilige Kommunion, die er mit Ausnahme eines Tages in der Woche jeden Morgen empfing, war seine Kräftigung zum Tagwerk. Höchstens ging er in späteren Jahren, wenn die Kräfte ihn ganz verließen, zum Gefäß, in dem sich die Abfälle der Speisen befanden und suchte etwas, eine halb verfaulte Kartoffel oder dergleichen heraus, um sich zu kräftigen. Ebenso genoss er zum Mittag- und Abendessen, wenn es ihm gestattet wurde, nur einige Abfälle, indem er sagte, „sie seien ihm das Liebste“. Wein oder Bier trank er nie. Und bei so karger Nahrung arbeitete der gute Bruder in seinem Garten vom Morgen bis zum Abend wie der stärkste Mann. Er schien es zu seiner Aufgabe gemacht zu haben gegen die eigene Erschöpfung anzukämpfen. Dieses Leben voll der Opfer und Mühen führte der Ehrwürdige Tag für Tag durch volle vierzig Jahre. Einmal wäre er diesem Kampf mit der eigenen Natur beinahe zum Opfer gefallen. Ein Bein wollte seinen Dienst versagen; er arbeitete der Beschwerde zum Trotz fort, bis eine Ader sprang. Mit Mühe schleppte er sich noch bis nahe zur Haustür und wurde dort, nur durch einen glücklichen Zufall, halbtot in seinem Blut liegend, getroffen. Kaum hergestellt, nahm der Streiter Christi den alten Kampf aufs neue auf und setzte ihn fort bis zum letzten Atemzug.

 

Die Beispiele der Heiligen ermunterten den ehrwürdigen Bruder zu solcher Standhaftigkeit. Wenn er von der heldenmütigen Überwindung eines Gottesmannes las oder hörte, schlug er demütig auf die Brust und seufzte: „Das war eine große Seele! Ich bin der Niemand.“ Er setzte sein Vertrauen nur auf die Güte Gottes und die Fürsprache der heiligsten Jungfrau und sagte, er müsse sich an ihr Kleid anhängen und nicht auslassen, ja nicht auslassen, bis sie ihn in den Himmel hineinziehe. Seine Arbeit war Gebet und Opfer. Die einfachsten Arbeiten waren ihm die liebsten, weil er dabei am leichtesten beten und betrachten konnte. Gern sang er auch bei der Arbeit ein frommes Lied. An Sonn- und Festtagen brachte er die ganze freie Zeit in der Kirche zu.

 

Gott, der die Tragkraft seines treuen Dieners kannte, suchte ihn mit den schwersten inneren Leiden heim. Frater Baptist wurde immer wieder von so heftigen Versuchungen gegen die Hoffnung gequält, dass ihn manche Nacht der Kampf mit der Versuchung weit mehr erschöpfte als die Anstrengungen des Tages. „Heute Nacht habe ich wieder meine Schläge bekommen,“ sagte er nicht selten am Morgen zu seinem Beichtvater und sah dabei so erschöpft aus und zermalmt, als wäre er die ganze Nacht auf der Folterbank gequält worden.

Bei einem so harten äußeren und inneren Leben kam aber nie ein Laut der Ungeduld oder Klage über die Lippen des Ehrwürdigen. Der Gedanke: „Es ist der Wille, die Schickung Gottes“ erhielt ihn aufrecht in jeder Trübsal. Im Umgang mit den Nächsten und besonders den Mitbrüdern war Bruder Baptist äußerst zart und achtsam, um ja bei niemand anzustoßen, kehrte aber mit Absicht den Abkömmling vom Lande hervor und wollte für einen Unwissenden und Ungebildeten gelten, der nur für seine Erdarbeit tauglich sei. Es begegnete ihm jedoch das Gegenteil. Wer eine kurze Zeit mit ihm redete, musste ebenso sehr den klaren Verstand des guten Bruders bewundern als seine Einfalt und Demut ihn erbaute. Sah er Gäste einsam in seinem Garten umhergehen und fürchtete er, dass sie etwa aus Versehen allein gelassen wurden, so ging er alsbald auf sie zu, grüßte freundlich und bescheiden und bot seine Gesellschaft an, zeigte ihnen seine Blumenanlage und redete auch mit hohen Herren in verständiger, taktvoller Einfalt.

 

So lebte Frater Baptist in Eggenburg als ein Muster der Abtötung, der Demut und aller Tugenden und zog durch sein Opferleben reichen Gnadentau auf die Kongregation herab. „Dieser Bruder rettet durch sein Gebet mehr Seelen als alle unsre Patres durch ihre Arbeiten,“ sagte Pater Rektor Hayker. Im Jahr 1880 hatte er bereits vierundvierzig Jahre in so harter Buße zugebracht, aber seine Krone war noch nicht vollendet. Da bildeten sich an seinem Bein ekelhafte Geschwüre, so dass er weder stehen noch liegen konnte, sondern Tag und Nacht wie ein zweiter Hiob in seinem Sessel sitzen musste und solche Schmerzen litt, dass er oft vor Übermaß der Leiden laut aufschrie.

 

Zu dieser äußeren Qual gesellten sich die heftigsten Versuchungen der Verzweiflung, so dass der Dulder im Kampf sich auf dem Boden wand und kein Wort hervorzubringen vermochte, außer dass er dem nebenstehenden Beichtvater von Zeit zu Zeit zurief: „Ich bitte um den heiligen Segen“, „Ich bitte um Weihwasser“, Ich bitte um das heilige Kreuzzeichen“. Es war der letzte entscheidende Kampf mit dem Feind des Guten. Der wohlgeübte Kämpfer bestand ihn glorreich, gab nie das leiseste Zeichen von Ungeduld oder Seelenschwäche. So musste schließlich der Satan weichen und die Engel kamen mit der Siegespalme, um den heldenmütigen Streiter Christi zum ewigen Triumph zu führen.

 

Frater Baptist starb, mit den heiligen Sterbesakramenten versehen, am 3. November 1883 im Ruf der Heiligkeit. Verschiedene wunderbare Gebetserhörungen sind erfolgt. Der Seligsprechungsprozess ist bereits in Rom anhängig. Somit dürfen wir hoffen, dass der demütige Frater Baptist erhöht wird und ihm die Ehre eines Seligen zuteil wird.

 

Demut sei auch unser Wesen und Leben: „Ich bin der Niemand.“ Je demütiger der Mensch aber ist, je weniger er auf sich selbst vertraut, um so mehr muss er auf Gott hoffen. Die christliche Hoffnung, vom Heiligen Geist gebildet und vermehrt, ist die Triebfeder unserer Tätigkeit. Die christliche Hoffnung heißt uns mit unerschütterlichem Vertrauen alle Mittel von Gott erwarten, die notwendig sind, um zur ewigen Glückseligkeit zu gelangen. Das ganze Leben des Gerechten ist von dieser Tugend beseelt, die eine Entfaltung des Glaubens ist. Deswegen hat auch der demütige Diener des Herrn, mehr als die Weltkinder, häufigere Versuchungen und die heftigsten und verborgensten Anfälle des Teufels gegen diese Tugend zu ertragen. Rufe oft: Heiliger Geist, behüte, stärke mir die Hoffnung!