Der heilige Marcellus wurde zu Paris von Eltern aus niedrigem Stand geboren. Die Reinheit, Bescheidenheit, Sanftmut, Nächstenliebe und Enthaltsamkeit waren die Tugenden, worin er sich von Kindheit an auszeichnete. Sein ganzer Lebenswandel war heilig, sagt der Verfasser seiner Lebensgeschichte, dass er nichts mit der Welt gemein zu haben und nicht einmal die Neigungen des Fleisches zu kennen schien. Wegen seiner ernsten Sitten und der bewunderungswürdigen Fortschritte in den Kenntnissen der Heiligen Schrift gewann ihn Prudentius, der Bischof von Paris, sehr lieb, und weihte ihn, seiner Jugend ungeachtet, zum Vorleser an seiner Kirche. Man sagt, unser Heiliger habe seit jener Zeit bei verschiedenen Gelegenheiten bewiesen, dass ihm Gott die Wundergabe verliehen habe. Später wurde er zur Priesterwürde erhoben, und nach dem Tod des Prudentius erwählte man ihn einstimmig zum Bischof von Paris. Da er nur mit Zittern diese Würde übernommen hatte, wachte er auch unablässig mit der größten Sorgfalt über sich selbst, und oblag seinem Amt mit unermüdlichem Eifer. Man liest in seiner Lebensgeschichte, dass er das Land von einer Schlange befreit habe, die im Grab einer Ehebrecherin hauste. Allein der Verfasser dieser Lebensgeschichte schrieb 200 Jahre nach des Heiligen Tod, lebte nicht selbst an dem Ort, und scheint seine Erzählung einzig auf eine Volkssage zu stützen. Der heilige Marcellus starb zu Anfang des 5. Jahrhunderts, am 1. November. An diesem Tag ist sein Name im römischen Martyrologium verzeichnet, obgleich sein Fest erst am 3. November in Paris gefeiert wird. Er wurde in einem, eine Viertelstunde von der Stadt entfernten Dorf begraben, das aber jetzt die Vorstadt St. Marcel oder St. Marceau bildet. Zur Zeit Ludwig des Frommen, oder Karl des Kahlen, erbaute man eine Kirche unter dessen Namen, die bis auf die letzteren Zeiten, nach verschiedenen Ausbesserungen, sich erhalten hat. In der Folge versetzte man des Heiligen Reliquien in die Kathedralkirche.