Heilige Zedislava von Berka, Gräfin, Witwe von Mähren, + 1.1.1252 - Fest: 1. Januar

       

Wenn in dieser Beschreibung ein Heiligenbild gezeichnet wird und dies die erste Blüte aus dem dritten Orden des heiligen Dominikus genannt wird, so soll damit nur gesagt sein, dass diese Heilige, die selige Zdislava, die erste und älteste Tertiarin ist, der die Ehre der Altäre zuteilwurde. Zweifelsohne werden schon vor ihr zahlreiche Tertiaren durch musterhaftes Tugendleben den schönen Himmelslohn erlangt haben, da ja in den glaubenseifrigen Zeiten des 13. Jahrhunderts kurz nach der Stiftung des dritten Ordens vom heiligen Dominikus heiliger Wetteifer und geradezu heroische Tugendübung unter den vielen Tausenden von Dominikus-Kindern herrschte; aber deren Tugendgröße und Himmelslohn ist Gott allein bekannt. Zdislava ist die erste Tertiarin, die feierlich selig gesprochen wurde. Es geschah dies durch Papst Pius X. am 28. August 1907. Zdislavas seliges Hinscheiden fällt auf den 1. Januar 1252. Somit sind es jetzt gerade 760 Jahre, dass sie im himmlischen Paradies weilt, zusammen mit so vielen, vielen anderen, die nach St. Dominicis Satzungen ihr Leben geheiligt haben.

 

Es wäre sicher interessant, etwas vorauszuschicken über die Entstehung des dritten Dominikanerordens, seine Tätigkeit, seine Verbreitung, seine Satzungen zu Zeiten des heiligen Dominikus. Schon das ursprüngliche Verhältnis des Ordens von der Miliz (Streitmacht) Christi zu den Genossenschaften von der Buße, sowie die spätere Verschmelzung beider zu dem jetzigen dritten Orden vom heiligen Dominikus bieten viel Beachtenswertes. Miliz Christi und Buße, das ist die ganze Bedeutung des Dominikaner-Wahlspruches: Veritas (Wahrheit). Das sind die beiden hohen Ziele, die St. Dominikus allen drei Zweigen seiner großen Ordensstiftung vorstellte.

 

Zdislava ist eine herrliche Blüte des dritten Dominikanerordens. Ihr Leben und Wirken gleicht fast Zug um Zug dem der heiligen Elisabeth von Thüringen, die ja auch ihre Zeitgenossin war. Zdislava und Elisabeth sind beide aus hohem Geschlecht, werden beide jung verheiratet, finden beide in ihren Ehegatten kein oder nur wenig Verständnis für höhere Tugendübung und haben infolgedessen manche harte Behandlung zu ertragen. Beide wetteifern in der Liebe zu den Armen wie in der Strenge gegen sich selbst. Zdislava erhält sogar den ehrenden Beinamen „Mutter der Armen“. Die Wohltätigkeit beider mag wohl zuweilen die Grenzen einer kühl berechnenden Vernunft überschritten haben. Daher erleben sie Anfeindungen oder wenigstens strenge Überwachung. Aber Gottes Auge schaute wohlgefällig auf ihre liebevollen Werke der Barmherzigkeit. Das Wunder des verwandelten Kruzifixes findet sich im Leben beider Heiligen. Zdislava reichte schon in früher Jugend dem Grafen Gallus von Marquarde die Hand zum Ehebund. Wohl hätte sie lieber im jungfräulichen Stand Gott gedient, aber ihre Eltern verlangten von ihr die Einwilligung zum Ehestand. In dem Willen der Eltern glaubte sie aber Gottes Willen zu erkennen, und so nahm sie mutig das Ehejoch auf ihre Schultern. Ihr Ehegatte scheint ein rauer Ritter gewesen zu sein, der sie nichts weniger als zart und liebevoll behandelte, und der sie viele harte, kränkende Worte hören ließ. Trotzdem war Zdislava nicht missmutig, traurig oder ungeduldig. Im Gegenteil, freudig trug sie ihr schweres Ehekreuz und setzte der rauen Härte ihres Mannes unbesiegbare Sanftmut, Freundlichkeit und Liebe entgegen; Tugenden, die schließlich doch den Sieg über das barsche Gemüt ihres Gatten davontrugen. Der Ehe entsprossen vier Kinder, drei Jungen und ein Mädchen. Dieses, das jüngste der Kinder, nannte man wegen ihrer Anmut nur „die schöne Margaret“. Um diese Zeit lernte Zdislava zuerst den Dominikanerorden kennen, und zwar durch zwei hervorragende Männer: den heiligen Hyazinth und des seligen Ceslaus. Nun rastete und ruhte sie nicht, bis in der nordböhmischen Stadt Gabel, in deren Nähe ihr Schloss lag, eine Dominikanerniederlassung gegründet wurde. Mit großer Freigebigkeit spendete sie aus ihren reichen Mitteln zum Bau von Kirche und Kloster. Ja, sie soll sogar des Nachts mit eigenen Händen Baumaterialien zum Kloster- und Kirchenbau herbeigetragen haben. Endlich war der Bau vollendet. Aber Zdislava wollte noch mehr. Am liebsten hätte sie ihr gräfliches Schloss verlassen und wäre selbst ein Dominikuskind in einem strengen Kloster geworden. Indes das ging nicht. Sie war Mutter und Gattin und konnte den häuslichen Herd nicht verlassen. Da fand nun ihr glühender Eifer, verbunden mit kluger Beharrlichkeit, dennoch einen Weg, ihren Herzenswunsch zu befriedigen. Durch beständige, innige Bitten erlangte sie endlich von ihrem Gatten die Erlaubnis, in den dritten Orden des heiligen Dominikus einzutreten, und sie wurde im Jahr 1224 vom seligen Ceslaus selbst eingekleidet. Damals war es noch gestattet, dass auch die weltlichen Tertiaren das Ordensgewand öffentlich trugen, und so erschien denn die reiche Gräfin vom Schloss Lämberg im weißen Dominikanerhabit täglich in der von ihr gebauten Ordenskirche zu Gabel. Ohne auch nur im geringsten ihre Mutter- und Hausfrauenpflichten zu vernachlässigen, machte sie heiligen Ernst mit der Beobachtung der Ordenssatzungen. Nicht bloß dem Namen nach gehörte sie dem Orden von der Buße an, sondern sie übte auch eine straffe Selbstzucht in ihrem täglichen Leben. Was uns von ihrer treuen Beobachtung der Ordensfasten, von ihrer gewissenhaften Arbeitsfreudigkeit, von ihren verschiedenen strengen Bußwerken, von ihren großen Liebestaten berichtet wird, alles dies beweist, dass sie nicht bloß eine Edelfrau dem Geblüte nach, sondern auch der Gesinnung und Charaktergröße nach war. In der ganzen Umgegend nannte man sie nur „die Mutter der Armen“. Auf ihrer ganzen Erscheinung lag ein solch herzgewinnender Zauber, dass sie alle an sich zog, beglückte und beseligte. Selbst ihr rauer, gemütsarmer Ehegatte konnte auf die Dauer diesem Zauber nicht widerstehen. Eine völlige Gesinnungsänderung trat bei ihm ein. Er lernte das selbstlose, hingebende Wesen seiner heiligmäßigen Gattin schätzen, und ließ ihr nunmehr volle Freiheit, die reichsten Almosen zu spenden und auch sonst ihre mildtätige Liebe auszuüben. Trotz der fast grenzenlosen Freigebigkeit Zdislavas verminderte sich nicht das Stammvermögen ihrer Familie. Im Gegenteil, es wuchs, und noch jahrhundertelang waren die Grafen von Berka die Reichsten des Landes.

 

Während in den ersten Jahren ihres Ehestandes ihr Gatte sie kalt, ja abstoßend behandelte, waltete nun die innigste und edelste Gattenliebe zwischen ihnen. Zdislava war geschätzt und geliebt von allen, weil sie in allem nur Gott suchte, sich selbst vergaß, und jedem wohlzutun strebte. – Das Jahr 1251 ging seinem Ende entgegen, und mit ihm auch die irdische Laufbahn dieser großen Frau. Sie war reif für den Himmel, obschon sie nach menschlicher Berechnung noch lange hier auf Erden hätte wirken sollen. Das 40. Lebensjahr hatte sie kaum überschritten, aber sie fühlte ihr Ende nahe. In diesem Bewusstsein hatte sie in der von ihr gegründeten Dominikanerkirche zu Gabel sich eine Grabstätte herrichten lassen. Es war Ende Dezember. Von ihrem gräflichen Schloss Lämberg ließ sie sich herunterbringen nach Gabel in die Kirche. In ihrem Beisein wurde die Grabstätte eingesegnet. Sie empfing dann in der Kirche selbst die Sterbesakramente. Zurückgekehrt auf ihr Schloss, versammelte sie ihre ganze Familie um ihr Sterbelager. Ihr Gatte, der raue Ritter von ehemals, war untröstlich über den nahen Verlust seiner innigst geliebten Gattin. Heiße Tränen rannen über sein wetterhartes Gesicht. Aber Zdislava wusste ihn zu trösten mit der sicheren Aussicht auf baldiges Wiedersehen im Himmel, wo es keine Trennung mehr gibt. Sie verschied am 1. Januar 1252. Gallus, ihr Gatte, und mit ihm ihre Kinder und alle, die sie gekannt hatten, empfanden jetzt erst, was sie alles an Zdislava verloren hatten. Bei Gallus mögen auch brennende Gewissensbisse aufgetaucht sein. Er empfand es so bitter, dass er seine herzensgute, heiligmäßige, um ihn so besorgte Gattin früher nicht liebevoller behandelt hatte. Er grämte sich bei Tag und bei Nacht. Da erschien ihm, strahlend in himmlischem Glanz, angetan mit einem roten Gewand, seine verstorbene Gattin, tröstete ihn und bat ihn, nicht weiter über sie zu trauern. „Gallus, bald wirst du bei mir sein“, mit diesen Worten verschwand die Erscheinung. In der Tat starb Gallus zwei Jahre später eines seligen Todes.

 

In Böhmen wird die Zdislava als Schutzheilige der Armen und Leidenden verehrt. Bereits im 14. Jahrhundert berichtete der böhmische Chronist Dalimil über Zdislavas Heilungen von Kranken und die ihr zugeschriebene Auferweckung von fünf Toten. Franz Anton Graf Berka von Dubá errichtete zwischen 1699 und 1722 in Gabel zu Ehren seiner Ahnin, der hl. Zdislava, den Neubau der St.-Laurentius-Kirche. Sie wurde von Johann Lucas von Hildebrandt nach dem Vorbild der Wiener Peterskirche entworfen. In einer Gruft befinden sich die Reliquien der hl. Zdislava. Trotz der Bemühungen der Berka von Dubá erfolgte zunächst keine päpstliche Bestätigung der Erhebung Zdislavas zur Seligen der katholischen Kirche. Dies geschah erst 1907 durch Papst Pius X. 1908 wurden ihre Reliquien in diesen Stand erhoben. Auch nach der Machtübernahme der Tschechoslowakei durch die Kommunisten 1948 bemühte sich ab 1949 der damalige Bischof von Leitmeritz Stepán Trochta um Zdislavas Heiligsprechung, die jedoch erst am 21. Mai 1995 durch Papst Johannes Paul II. erfolgte. Am Wallfahrtsberg Svatá hora befindet sich eine Gedenkstätte. Eine Zdislava geweihte Kirche befindet sich seit 1994 in Lavičky. 1996 wurde die Laurentiuskirche von Jablonné v Podještědí, in der die Reliquien der Heiligen verehrt werden, zur Basilica minor erhoben und das Patrozinium der hl. Zdislava hinzugefügt.