Heiliger Elphegus, Erzbischof und Märtyrer von Canterbury OSB, + 19.4.1012 – Fest: 19. April

 

Elphegus stammte aus einer sehr ausgezeichneten Familie. Seine Eltern, die ein Muster der Frömmigkeit waren, gaben ihm eine vortreffliche Erziehung. Er war noch jung, als er die Welt verließ. Seine Mutter, aus übertriebener Zärtlichkeit, wollte ihn davon abhalten. Allein er hatte den Mut, der Stimme Gottes folgen, der ihn in die Einsamkeit berief. Er zog also in das Kloster Derherste, in der Grafschaft Glocester, verließ es aber nach einigen Jahren wieder, um sich in die Einöde der Abtei Bath zu vergraben, woselbst er, den Menschen unbekannt, in allen Übungen der Beschaulichkeit und Abtötung lebte.

 

Doch konnte er seine Tugend nicht so gut verbergen, dass sich ihr Glanz nicht weit umher verbreitete. Viele Personen, sogar von hoher Geburt, übergaben sich seiner Leitung, um die wahre Weise Gott zu dienen von ihm zu erlernen. Einige Zeit später wurde er zum Vorsteher der großen Abtei Bath ernannt. Die lauen Mönche, die er da antraf, nahmen seinen ganzen Feuereifer in Anspruch. Er drang auf die Beobachtung aller Ordensregeln, überzeugt, dass die geringste Übertretung schädliche Folgen nach sich ziehen müsse. Sein Grundsatz war, es sei besser in der Welt zu bleiben, als ein unvollkommener Mönch zu werden. Man macht sich, pflegte er zu sagen, der Lüge und Gleißnerei schuldig, man beschimpft Gott, wenn man das Kleid eines Heiligen trägt, ohne auch von seinem Geist und Gesinnungen erglüht zu sein.

 

Als der heilige Ethelwold, der Bischof von Winchester, im Jahr 984 gestorben war, wurde Elphegus zu seinem Nachfolger gewählt. Man zog ihn aus seiner Einsamkeit, zufolge eines Traumgesichtes, das der heilige Dunstan gehabt hatte. Die Bischofswürde gab seinen Tugenden neuen Glanz. – Er stand jeden Tag um Mitternacht auf und betete lange mit bloßen Füßen, sogar in der strengsten Jahreszeit. Fleisch aß er nur bei außerordentlichen Gelegenheiten. Doch hatten seine harten Abtötungen keinen ungünstigen Einfluss auf seine sanfte Gemütsart. Er war liebe- und mitleidvoll gegenüber den Nächsten. Vor allem fanden die Armen stets an ihm einen zärtlichen und freigebigen Vater. Seine Almosen waren so häufig, dass man in seiner ganzen Diözese nicht einen einzigen Bettler sah.

 

Er hatte 22 Jahre der Kirche von Winchester mit erbaulichem Eifer vorgestanden, als man ihn gegen seinen Willen auf den erzbischöflichen Sitz von Canterbury, der durch den Tod Alfrichs verwaist war, erhob. Er war damals in seinem 52. Jahr. Nach seiner Rückkehr aus Rom, wo er sich zum Empfang des Palliums hatte hinverfügen müssen, war seine erste Sorge, die Bedürfnisse seiner Herde kennen zu lernen. Im Jahr 1009 hielt er zu Oeham einen Kirchenrat, bei dem 32 Canons verfasst wurden, die die Entfernung der Missbräuche und Irrtümer, so wie auch die Aufrichtung der verfallenen Zucht zum Gegenstand hatten. Dieses Konzil bestätigte die alte Satzung, die an den Freitagen zu fasten befahl.

 

Um dieselbe Zeit wurde der Friede, den ganz England damals genoss, durch einen Einfall der Dänen gestört. Diese Barbaren, die das Land ganz wehrlos antrafen, plünderten es ungestraft und verübten überall unerhörte Grausamkeiten. (England wurde damals regiert von Ethelred, einem sehr schwachen Fürsten, der unvermögend war, die Feinde von seinem Königreich abzuhalten.) Als der Graf Edrich, der Mächtigste des Reiches, trotz seiner Verpflichtungen gegen sein Vaterland sich ihnen zugesellt hatte, überfielen sie die Provinz Kent, und belagerten Canterbury. Der Adel, dem die Erhaltung des heiligen Erzbischofs sehr angelegen war, ersuchte ihn, die Stadt zu verlassen, ehe sie gänzlich eingenommen wäre. Elphegus erwiderte aber: „Daraus wird nichts; nur ein Mietling kann in dringender Gefahr seine Herde verlassen.“ Während der Belagerung ermahnte er unaufhörlich die Einwohner, sich gegen alle Zufälle mit unerschütterlichem Mut zu waffnen. Und nachdem er sie so gestimmt hatte, dass sie lieber alles zu leiden entschlossen waren, als den Glauben zu verleugnen, reichte er ihnen die heilige Kommunion und befahl sie in die Hände der göttlichen Vorsehung.

 

Indes betrieben die Dänen, die durch mehrere Aufrührer, die sich zu ihnen schlugen, verstärkt wurden, mit ungestümer Hitze die Belagerung. Jeden Tag machten sie neue Fortschritte und schließlich erlag die Stadt einem heftigen Ansturm. Sie rächten sich für den mutig geleisteten Widerstand, indem sie alles, was ihnen begegnete, ohne Unterschied des Alters und Geschlechtes, über die Klinge springen ließen. Elphegus, den man in der Kirche zurückhielt, um ihm das Leben zu retten, entwand sich den Händen seiner Freunde und lief an den Ort, wo das Gemetzel am blutigsten war. Er hoffte die Wut der Barbaren zu sänftigen. „Schont der Unschuld,“ rief er ihnen zu. „Ist es wohl eine Ehre, ihr Blut zu vergießen? Richtet gegen mich allen euren Unwillen. Ich habe mir ihn zugezogen, indem ich euch eure Grausamkeit vorgeworfen, eure Gefangenen gespeist, gekleidet und losgekauft habe.“ Die Dänen, in Wut auffahrend über eine solche Freimütigkeit, fielen über den heiligen Erzbischof her, und taten ihm die schmählichsten Unbilden an. Danach musste er mit eigenen Augen seine in Flammen auflodernde Kathedrale und die Hinrichtung eines Teils seiner Mönche mitansehen, worauf man ich in einen finsteren Kerker warf.

 

Schon sieben Monate seiner Gefangenschaft waren verflossen, als die Dänen von einer ansteckenden Krankheit überfallen wurden, die unsägliche Verheerungen in ihren Armeen anrichtete. Sie zweifelten nicht, dass diese Geißel die verdiente Strafe ihrer Unmenschlichkeit sei, mit der sie den heiligen Erzbischof behandelt hatten. Sie zogen ihn daher aus seinem Gefängnis und beschwuren ihn, den Himmel um Erbarmen gegen sie anzuflehen. Ihr Vertrauen auf sein Gebet war auch nicht vergebens und bald sah man die gehofften Wirkungen. Ihre Anführer dankten dem Diener Gottes und berieten sich untereinander, ob sie ihm nicht für immer die Freiheit schenken sollten. Allein der Geiz erstickte in ihnen die Gefühle der Dankbarkeit, und sie begehrte für seine Befreiung drei tausend Mark Goldes. Der Heilige erwiderte ihnen, er könnte unmöglich das Erbteil der Armen zu einem solchen Zweck verwenden, besonders weil das Land in ein so großes Elend herabgesunken sei. Man sperrte ihn also aufs Neue in den Kerker. Am Ostersamstag führte man ihn nach Greenwich vor die Obersten der dänischen Flotte, die ihn mit dem Tod bedrohten, wenn er die verlangte Summe nicht bezahlen würde. Elphegus antwortete ihnen, er könnte ihnen kein anderes Geld anbieten, als die wahre Weisheit, die darin bestehe, dass man den lebendigen Gott kenne und ihm diene. Noch fügte er hinzu, dass, wenn sie ihre Augen dem Licht zu öffnen sich weigerten, sie dereinst noch strenger als Sodom würden heimgesucht werden. Auch prophezeite er ihnen, dass England nicht lange unter ihrer Herrschaft sein werde.

 

Die Barbaren, vor Wut ganz außer sich, stürzten auf ihn los, und stießen ihn mit ihren Äxten zur Erde nieder, worauf sie ihn steinigten. Elphegus nach dem Beispiel des heiligen Stephanus, betete für die Urheber seines Todes. Nachdem er sich dann ein wenig aufgerichtet hatte, sagte er mit lauter Stimme: „O guter, o unvergleichlicher Hirt! Erbarme dich der Kinder deiner Kirche, die ich sterbend dir anempfehle.“ Ein Däne, den er kurz vorher getauft hatte, gerührt durch den Anblick dieses jammervollen Zustandes, machte durch einen Zug des Mitleids, würdig eines Barbaren, dessen Qualen ein Ende, indem er ihm mit seiner Axt den Kopf zerspaltete. Also starb der heilige Elphegus am 19. April 1012, im 59. Lebensjahr. Man begrub ihn feierlich in die Kathedrale des heiligen Paulus zu London. Elf Jahre darauf wurde sein Leichnam, der noch ganz unversehrt war, nach Canterbury gebracht. Man legte ihn nahe an den Hochaltar in der Domkirche, wo er blieb, bis unter Heinrich VIII. die Reliquien der Heiligen zerstreut wurden. Der heilige Elphegus kommt auch im römischen Martyrologium vor. (Gott rächte den Tod seines Dieners. Hacon, Turkil und die anderen Häupter der Dänen kamen kurz darauf jämmerlich um. Ihre Flotte, aus mehr als 200 Segeln bestehend, wurde beinahe ganz durch die Stürme vernichtet.)

 

Die englischen Märtyrerbücher erwähnen unter dem 1. September eines anderen heiligen Elphegus, der von 935 bis 953 Bischof zu Winchester gewesen war. Er war ein Nachfolger des heiligen Brinstan und hatte den Beinamen „der Kahle“. Durch seine hohe Heiligkeit hatte er sich ausgezeichneten Ruhm erworben. Er war mit dem Geist der Weissagung begabt. Bei Wilhelm von Malmesbury findet man mehrere seiner Prophezeiungen.