Heilige Menna, Jungfrau von Fontenoy le Chatel bei Toul, + 4. Jhd. - Fest: 3. Oktober

(Symbolbild Allerheiligen)

       

Es gibt nur noch eine einzige alte Handschrift, die von dem Leben dieser heiligen Jungfrau berichtet und zwar auch nur vom Hörensagen; denn die heilige Menna war schon lange gestorben, als jemand anfing ihre Lebensgeschichte aufzuschreiben:

 

„Die selige Jungfrau Menna, würdig, von allen Rechtschaffenen gepriesen zu werden, glänzte in ihrem Dorf Segont wie ein Leuchter an finsterem Ort. Die Mutter eines so herrlichen Abkömmlings hieß Lientrud und hat eine Grabstätte in der Kirche des Apostelfürsten Petrus in der berühmten Stadt Romarichsberg. Der Vater wurde Mansuns genannt; der besaß ein ansehnliches Gut und ein vorzügliches Schloss, das aber jetzt ganz zerfallen und gleichsam vernichtet ist.

 

Die selige Menna zeigte schon bei der Geburt durch den Liebreiz körperlicher Anmut, welcher Gestalt später die Schönheit ihrer Seele sein werde. Ihr Vater, als Herr des Gebietes, ersuchte den heiligen Bischof Memmius, er möge selbst dem Kind bei dem geheimnisvollen Brunnen der Wiedergeburt Taufpate sein. Der Bischof wurde das mit Freuden. Da er aber ein Mann von wunderbarer Erleuchtung war, so erkannte er im Heiligen Geist den innewohnenden Keim der künftigen Heiligkeit und begehrte, man solle ihm das Kind wieder bringen, wenn es fünf Jahre alt geworden war. Die Eltern taten, wie sie gebeten wurden und brachten dem heiligen Paten das geliebte Pfand zurück, indem sie ihn freundschaftlich baten, das kleine Mädchen in allem Guten zu erziehen und zu bilden. Sehr erfreut übergab Memmius das Kind einem Haus von Jungfrauen, die Tag und Nacht Christus dienten, damit es hier fünf weitere Jahre lang in Kenntnissen und Sittsamkeit sorgfältig unterwiesen werde. Die Dienerinnen Gottes liebten die junge Schülerin ganz einzig und unterrichteten sie vortrefflich im göttlichen Gesetz und den Wissenschaften des Heils, soweit das jugendliche Alter es fassen konnte.

 

Nachdem nun fünf Jahre in diesem Lernen gottseliger Kenntnisse abgelaufen waren, fingen die Eltern an, wie es die Natur mit sich bringt, ein sehnliches Verlangen nach ihrer geliebten Tochter zu bekommen und sie zurückzubegehren; der heilige Bischof konnte sie aber unter keinem Vorwand länger zurückbehalten; sein edles Gemüt hätte solches ebenso wenig ihm zugelassen, als die bedeutende Macht des hochgestellten Vaters. Da sonach jeder Versuch, das Mädchen zurückzubehalten vergeblich war, sandte er das Kind zurück, wohl ausgestattet mit Kenntnissen und Tugenden, gab ihr aber vorher noch viele eindringliche Ermahnungen, wie sie in dem Guten, das sie gelernt und gewonnen habe, standhaft beharren solle. So tat nun auch die fromme Menna; was sie in klösterlicher Abgeschlossenheit gelernt hatte, das übte sie nun, soweit möglich, an dem väterlichen Hof aus. Alle, die ihren Wandel sahen, wurden von Verehrung und Liebe zu ihr erfasst. Sie war von sehr schöner Leibesgestalt, aber doch schöner war sie durch Frömmigkeit und durch unermüdliche Ausübung guter Werke; und es war natürlich, dass von jedermann die geliebt wurde, die mit der Zierde ausgezeichneter Tugend geschmückt war. Menna wurde daher von vielen Männern aus edlem Geschlecht zur Ehe begehrt, und die Eltern hatten auch wirklich im Sinn, sie zu verheiraten.

 

Als dies zur Kenntnis der Jungfrau kam, weigerte sie sich standhaft, ihre Jungfräulichkeit mit dem Ehebündnis zu vertauschen. „Nur das Lamm“, sprach sie, „begehre ich zum Bräutigam, der die süße Freude der Himmelsbewohner ist und dessen Schönheit nicht in Verwesung übergeht, der selbst die Toten lebendig macht. Einen sterblichen aber suche ich nicht, irdischen Schmuck verachte ich wie Auskehricht, Reichtümer wie Unrat, Landgüter wie Dunghaufen; denn meine Seele hat die unendlich schöne und kostbare Perle gefunden.

 

Der Vater verachtete solche Rede als Weibergedanken und strebte auszuführen, was ihm im Kopf feststand; der Hochzeitstag wurde anberaumt, reiche, prachtvolle Zurüstungen gemacht. Unterdessen betete die gottselige Jungfrau inständig unter vielen Tränen zu Christus, empfahl ihm ihre Jungfräulichkeit, dass er diese nicht vernichten lasse durch eine aufgezwungene Ehe. Christus aber schaute herab auf den frommen Kampf seiner geliebten Dienerin und brachte ihr Hilfe, indem er ihr einen heilsamen Ratschluss einflößte. Starkmütig fasste sie den Vorsatz, heimlich zu entfliehen, und von einigen Vertrauten Dienerinnen begleitet, nahm sie den Weg zu ihrem Taufpaten und Erzieher, zu dem heiligen Memmius. Als sie bei ihrem gottseligen Beschützer ankam, hielt er gerade eine geistliche Ratsversammlung; er nahm sie mit Anstand und Würde auf; sie hielt aber die Ursache ihres Kommens noch zurück, und gedachte, erst am anderen Tag sie kund zu tun.

 

Am Morgen darauf, da der Bischof auf seinem bischöflichen Thron in der Versammlung saß, trat Menna vor ihn hin und begehrte von ihm eine Aussteuer oder ein Patengeschenk, was er ihr als Taufpate nicht verweigern könne. Die ganze Versammlung und der Bischof selbst wunderten sich und fragten, was sie damit meine? Da sprach sie: „Wie du weißt, mein Herr, habe ich es dir zu verdanken, dass ich den Weg des ewigen Lebens kennen gelernt habe; allein der Vater will das Vorhaben meines Herzens vernichten und will mich in die Banden der Ehe und die Angelegenheiten der Welt verstricken. Derartigen Dingen aber ist meine Seele ganz entgegen. Deshalb bin ich gekommen, um bei dir Hilfe zu suchen, überzeugt, dass wenn du ernstlich willst, du mich diesen Widrigkeiten entreißen kannst. Ich bitte daher deine Güte inständigst, vollende an mir das gute Werk, wozu du schon früher in mir den Grund gelegt hast; bedecke mein Haupt mit dem Schleier des Lammes, als Zeichen meiner unwiderruflichen, heiligen Verlobung mit Jesus Christus.“

 

Indem sie dieses sagte, zog sie den Schleier hervor, fiel auf die Knie nieder und bat unter vielen Tränen mit inbrünstigem Flehen, er möge sie doch unverzüglich einkleiden. Zwar zeigte sich das selige Kirchenhaupt stets begierig nach Rettung der Seelen, aber hier glaubte es, obschon ungern, sich weigern zu müssen, da die Macht und Gewalttätigkeit des Vaters, sowie auch desjenigen, welchem Menna schon zugesagt worden war, zu fürchten sei.

 

Während nun der Bischof zaghaft den Schleier ausgebreitet hielt, wurde er ihm von unsichtbarer Gewalt aus den Händen genommen und der Jungfrau über das Haupt gebreitet. Alle Anwesenden sahen es und sagten dem allmächtigen Gott unendlichen Dank, der an seiner Dienerin ein so wunderbares Zeichen tun wollte. Und es ist nicht zu verwundern, wenn diejenige von den Engeln zum Orden eingekleidet wurde, die durch so große Tugend in der Welt leuchten sollte. Das Gerücht von dem Wunderzeichen an seiner Tochter gelangte auch zu den Ohren des Vaters. Dieser, der vorher nicht gestatten wollte, dass Menna ausschließlich dem Herrn diene, gab nun freiwillig und gern seine Einwilligung dazu. Nachdem sie noch einige Zeit des Unterrichtes wegen bei dem heiligen Bischof verweilt hatte, sandte er sie zum Vater zurück, wo sie mit Liebe und Verehrung aufgenommen wurde.“

 

Die heilige Menna hatte es nach Gott hauptsächlich ihrem Taufpaten zu verdanken, dass ihr Geist eine so hohe gottselige Ausbildung bekam. Dies ist es gerade, weshalb die katholische Kirche die Anordnung getroffen hat, kein Kind zu taufen, ohne einen oder zwei Taufpaten. Diese sollen nicht bloß im Namen des Kindes versprechen, dass es den christlichen Glauben annehmen und ein christliches Leben führen wolle, sondern sie sollen auch darum besorgt sein, dass dieses Versprechen auch befolgt werde, sie sind Bürge vor Gott und der Kirche. Nun könnte man einwenden, die christliche Erziehung sei Sache der Eltern. Allein manchmal sterben die Eltern früh hinweg, oder sie sind unwissend, voll Weltsinn und führen selbst keinen guten Wandel; da sollen nun die Taufpaten sich um das Kind kümmern; sie sollen die Reserve der Eltern sein, oder vielmehr die geistlichen Eltern des Kindes selbst. Es ist darum ein schönes christliches Werk, ein Kind über die Taufe zu heben, aber nur dann, wenn du imstande und willens bist, dich ernstlich um das Seelenheil des Kindes anzunehmen, sobald es zu den Jahren der Vernunft kommt. Aus diesem Grund sollen aber auch Eltern bei der Wahl eines Taufpaten nicht vor allem fragen, ob er reich, angesehen, verwandt und dergleichen ist, sondern ob von ihm erwartet werden könne, dass er sich einmal wahrhaft um das Heil des Kindes annehme, und nicht die Sache mit einem Geldgeschenk abtue.

 

Sonst wird von der heiligen Menna noch weiter erzählt, dass sie nach dem Tod ihres Vaters mit einer Dienerin die Heimat verließ und am Fuß der Vogesen zu Fonteneto sich niederließ und dort ihr heiliges Leben vollendete. Ein Teil ihrer Reliquien wird in Metz aufbewahrt und verehrt.