Heiliger Konrad von Parzham, Kapuziner, + 21.4.1894 - Fest: 21. April

       

Gibt es in unserer modernen Zeit noch Heilige? Vermag unser Land Heilige hervorbringen? Ja, nämlich neben anderen den heiligen Bruder Konrad, der 1930 von Papst Pius XI. selig- und am 20.5.1934 heiliggesprochen wurde. Gottes Fügung hat diese Leuchte der christlichen Tugendhaftigkeit an einen Platz gestellt, wo möglichst viele Seelen in und außerhalb des Klosters von der Heiligkeit gewinnen konnten – an die Pforte des Kapuzinerklosters St. Anna im großen Marien-Wallfahrtsort Altötting. Unsere Zeit mit ihren Forderungen hat dort die herrliche Basilika „Neu St. Anna“ gebaut. Zu den Wohltätern des „Bauherrn und Baubettlers“ der Basilika zählt nicht zuletzt der heilige Pförtner des Klosters, dessen irdische Überreste neben der Basilika ruhen, auf dessen Anrufung in den Geldverlegenheiten und sonstigen Schwierigkeiten des Baues oft wunderbare Hilfe wurde.

 

Wer ist nun dieser „moderne deutsche Heilige“? Der Heilige, Kapuzinerbruder Konrad von Parzham, während einundvierzig Jahren Pförtner im Kapuzinerkloster St. Anna zu Altötting, ein Musterbild aller christlichen und klösterlichen Tugenden und Apostel des guten Beispiels.

 

Auf dem sogenannten Venushof in Parzham, Pfarrei Wenig, Diözese Passau, verbrachte Johann Ev. Birndorfer seine Jugendzeit bis zum 30. Lebensjahr in einem stillen, verborgenen Leben. In diesem großen, wohlhabenden Bauernhof herrschte noch der alte streng-christliche Geist, die christliche Hausordnung und tiefer religiöser Sinn. Hier, in diesem Nazarethheim, wuchs der Junge auf in Gebet und Arbeit, Lerneifer und Gehorsam und Unschuld. Wohl hätte er gerne seine Tugendhaftigkeit unter demütiger Unauffälligkeit verborgen, allein der kritische Blick seiner Umgebung hatte bald den „Ausnahmemenschen“ entdeckt, und man nannte ihn allgemein den „Engel“. Alle frommen Vereine und Bruderschaften der Umgebung zählten den frommen, angesehenen jungen Mann zu ihren eifrigsten Mitgliedern. Als Laienapostel ging er selbst voran durch sein ausgezeichnetes Beispiel, so durch den Eintritt in den Dritten Orden des heiligen Franziskus und in die berühmte Marianische Männerkongregation in Altötting. Der heilige Franziskus und die liebe Gnadenmutter in Altötting hatten diese Seele zu Höherem auserwählt; ein Klosterleben in der Welt führte der idealgesinnte junge Mann; beständig in Gebet und Sammlung und Stillschweigen auch während der Arbeit; in den freien Stunden eingeschlossen in seine Klosterzelle mit dem Hausaltärchen im Venushof oder bei Anbetung oder Sakramentenempfang in der Kirche. Immer gleichmäßig heiter und ernst, dienstwillig und opferfreudig, nur in heiliger Entrüstung glühend bei Beleidigungen Gottes und Gesinnungsschlechtigkeit.

 

Im 30. Lebensjahr erging an ihn wie einst an den reichen Jüngling im Evangelium der Gnadenruf zu engerer Nachfolge Jesu Christi und zur Befolgung der evangelischen Räte. Es kostete den innerlich gereiften jungen Mann kein sonderlich großes Opfer, auf das reiche, väterliche Erbgut zu verzichten und das raue Bußkleid der Kapuziner anzulegen unter dem Namen „Bruder Konrad“. Nach kurzem Aufenthalt in Burghausen und Laufen kam Bruder Konrad in sein liebes Muttergottesparadies nach Altötting zurück, um da über vierzig Jahre den schweren Dienst als Pförtner mit aller Liebe, Klugheit und Geduld zu versehen und seine Selbstheiligung zu wirken.

 

Der Heilige verstand in ausnehmender Weise das Geheimnis der Tugendübung, in und durch getreue Erfüllung seiner Ordens- und Berufspflichten zu hohem Grad der Vollkommenheit emporzusteigen. Vergeblich wird man in seinem Leben allzu viel Außerordentliches und Außergewöhnliches suchen; das Gewöhnliche mit außergewöhnlichem Eifer, das war Bruder Konrads heilige Kunst, und auf die Dauer durchgeführt, erfordert sie heldenmütige Selbstüberwindung. Chor, Zelle und Pforte waren die Übungsplätze seiner übermenschlichen Liebe und Sanftmut und Geduld, seiner Klugheit, seines Opfersinnes und Gebetseifers. Tag und Nacht war Bruder Konrad mit mündlichem oder betrachtendem Gebet beschäftigt; unter seinen aufregenden und zerstreuenden Arbeiten blieb er innerlich gesammelt; ein Blick auf das Kreuz, das nach seinen eigenen Worten ihm ein Buch sei, aus dem er Geduld Demut, Geistessammlung und übernatürliche, christliche Weltauffassung lerne, gab ihm immer wieder Leidensmut und Kraft zur Selbstaufopferung im Dienst der Mitmenschen, besonders der Armen und Kranken. Je weniger der aufwärts gerichtete Sinn des frommen Bruders sich um die Neuigkeiten aus der Welt bekümmerte, umso mehr Blicke durfte er tun in die Überwelt. Wer zu ihm kam, musste seine Seele und sein Gewissen gut in Ordnung haben, denn der greise Kapuzinerbruder sah wohl die Geheimnisse der Herzen und trieb manchen mit ernstem Blick zur Bekehrung oder schaute das Zukünftige wie das Gegenwärtige.

 

Über siebzig Jahre war der greise Bruder Pförtner alt und tat immer noch in gleicher Ruhe und Heiterkeit und Liebe seinen schweren Dienst. Da nahte sich im als Freund und Erlöser „Bruder Tod“ und schloss ihm nach kurzer Krankheit im Jahr 1894 die Himmelstür auf – und seitdem hat der heilige Bruder Konrad durch mancherlei wunderbare Hilfe sein früheres Amt als Helfer der Bedrängten in allen zeitlichen und geistlichen Anliegen getreulich fortgeführt, Gott zur Ehre und den Seelen zum Heil.

 

Gott sei Dank, dass es auch in unserer modernen Zeit noch viele Heilige gibt auf der Welt, meist solche Seelen, die von ihrer Tugendgröße am wenigsten selbst eine Ahnung haben. Nicht Wunderwerke und weltümstürzende Großtaten verlangt Gott von uns, nicht in Absonderlichkeiten und Extravaganzen besteht die Vollkommenheit, sondern in ganzer Hingabe an Gott und Abkehr von der sündhaften Anhänglichkeit an die Geschöpfe, in getreuer Erfüllung der Christen- und Berufspflichten, in hochherziger Nachfolge Jesu Christi und Gleichförmigkeit mit dem heiligen Willen Gottes. Von der heiligen Katharina von Siena heißt es: Sie war wie auch die anderen und doch war sie wieder mehr wie die anderen, durch ihr reines opferfreudiges Innenleben der Heiligkeit.