Seliger Luchesius von Poggibonsi, (auch Lucensis oder Lucius) 1. Tertiar III. OFM, + 28.4.1260 – Gedenktag: 28. April

 

Luchesius lebte zwar in friedlicher Ehe mit seiner frommen Gemahlin Bonadonna im Dorf Gaggiano, an den Grenzen des Gebietes von Siena in Italien, aber sein ganzes Streben richtete sich bloß auf den Erwerb zeitlicher Güter, und nur selten gedachte er seiner ewigen Bestimmung. Als er mit einigen seiner Nachbarn in bittere Zwistigkeiten geraten war, verließ er diesen Ort und zog mit seiner ganzen Familie in die florentinische Festung Poggibonsi, wo er einen Handel mit Früchten trieb und seine Pläne nur nach lieblosem Gewinn und zum Nachteil der ärmeren Klasse berechnete. Allein der allgütige Gott ließ nicht zu, dass er sie ausführte, machte sein Herz für bessere Gesinnungen empfänglich und plötzlich, wie vom Blitz getroffen, öffnete Luchesius die Augen und erkannte die Vergänglichkeit der irdischen Dinge. Über das Ziel und Ende des Menschen in glühender Betrachtung nachdenkend, verspürte er bald in sich das heißeste Verlangen, sich ohne Rücksicht dem Herrn zu widmen. Weil er aber durch das heilige Band der Ehe an seine Gemahlin geknüpft war, offenbarte er ihr sein Vorhaben, mit der dringenden Bitte, seine Absichten nicht zu vereiteln. Wunderbare Leitung der göttlichen Vorsehung! Bonadonna, anstatt ihn von seinen Gedanken abzubringen, wie man menschlicher Weise hätte erwarten sollen, warf sich ihrem Gatten zu Füßen und bat ihn mit weinenden Augen, er möge auch ihr die Aufnahme in irgendeine Genossenschaft vermitteln, weil sie ebenfalls mit dem Gedanken umgehe, sich ihrem Erlöser und himmlischen Bräutigam Jesus Christus in die Arme zu werfen.

 

Da sich der heilige Franziskus gerade zu Poggibonsi aufhielt und dort mit der Gründung eines Klosters beschäftigt war, eilten sie zu ihm und offenbarten ihm ihr Vorhaben. Der Heilige nahm beide auf und fing mit ihnen einen Dritten Orden an, schrieb diesem gleichfalls eine Regel vor, die er später von Papst Nikolaus IV. bestätigen ließ. (Man nennt diese Ordensleute Tertianer und die Regel ist für Personen beiderlei Geschlechts.) Dies geschah im Jahr 1221.

 

Die frommen Eheleute verkauften nun ihr Vermögen und teilten den Erlös unter die Armen aus. Luchesius war den Notdürftigen und Kranken gegenüber so voller Mitleid, dass er sie auf den Straßen, in den Dörfern und Flecken aufsuchte und sie öfters auf seinem Rücken nach Hause trug, um sie mit väterlicher Milde zu verpflegen. Als er eines Tages auf diese Weise einen Todkranken heimtrug, fiel ihn ein frecher Junge mit den spöttischen Worten an: „Wie magst du dich, Luchesi, mit so teuflischer Last beschweren?“ Über diesen mutwilligen Hohn betroffen, erwiderte er ihm etwas eifrig: „O Armseliger, was sagst du da? Trage ich in diesem Armen nicht Christus, der da gesprochen: Was ihr einem aus meinen Geringsten getan habt, das habt ihr mir getan?“

 

Sein Gebet war so glühend, dass er öfters in Verzückung geriet. Jede Woche pflegte er zwei Mal das Bekenntnis seiner Sünden abzulegen, und so oft er den Leib und das Blut unseres Herrn Jesus Christus empfing, zerfloss er in Tränen der Liebe und Dankbarkeit. Dass er dabei auch alle Bußwerke an sich selbst ausübte, bedarf kaum einer Erwähnung.

 

Das Gespräch und jegliche Gemeinschaft mit Personen des anderen Geschlechtes, sowohl des geistlichen als weltlichen Standes, floh er mit größter Sorgfalt. Unnützes Geschwätz lenkte er stets auf etwas Gutes und Heilbringendes, und niemand durfte es wagen, in seiner Gegenwart ehrverletzende Worte zu reden.

 

Luchesius starb reich an Verdiensten am 28. April des Jahres 1260. Gott verherrlichte ihn gleich durch augenscheinliche Wunder, weshalb auch Papst Gregor X. im Jahr 1273 ihm öffentliche Verehrung zu erweisen gestattete, und zu Poggibonsi wurde ihm sogar eine Kirche geweiht.