Der heilige Desiderius (französisch: Saint Didier oder Géry) wurde im Bezirk von Albi gegen das Jahr 580 aus einer edlen gallischen Familie geboren, und mit seinen zwei Brüdern Rusticus und Siagrius am Hof Clotars II. erzogen. Rusticus, der in den geistlichen Stand trat, wurde Diakon an der Kirche von Rodez, dann Abt oder Vorsteher der königlichen Kapelle und zuletzt Bischof von Cahors. Siagrius erhielt die Grafschaft Albi, und die höchste obrigkeitliche Würde in Marseille.
Desiderius machte große Fortschritte in den Wissenschaften, und erwarb sich einen berühmten Namen durch seine Beredsamkeit. Als Bewahrer der besonderen Kasse des Königs bewies er eine bewunderungswürdige Uneigennützigkeit. Er lebte am Hof wie der strengste Ordensmann; die von seinen Amtsgeschäften erübrigte Zeit widmete er dem Gebet, dem Lesen der heiligen Bücher, und der Betrachtung des göttlichen Gesetzes. Er untersagte sich alle weltlichen Lustbarkeiten, die so leicht das Menschenherz vergiften. Durch die Reden und Beispiele mehrerer damals am Hof lebender heiligen Männer, als: eines heiligen Arnulf, eines heiligen Audon, eines heiligen Eligius, wurde er mit jedem Tag mehr zur Tugend angefeuert. In diesen frommen Gesinnungen bestärkten ihn die Briefe seiner frommen Mutter Erchenefreda. Sie empfahl ihm besonders die Gegenwart Gottes nie aus den Augen zu verlieren, ihn stets zu fürchten und zu lieben, alles zu vermeiden, was ihn beleidigen könnte, dem König getreu zu sein, die zu lieben, mit denen er leben müsse, und sie durch seinen Lebenswandel zum Guten anzuregen.
König Dagobert schenkte, wie vorher sein Vater Clotar, dem heiligen Desiderius ein großes Vertrauen. Er überhäufte ihn sogar mit neuen Ehrenstellen. Und als sein Bruder Siagrius gestorben war, ernannte er ihn zu seinem Nachfolger, jedoch mit der Bedingung, dass er am Hof verbleiben müsse. Einige Zeit danach wurde Rusticus, Desiderius anderer Bruder, von einigen Bösewichten in Cahors gemeuchelt. Dieser Frevel wurde nach Gebühr bestraft. Als man hierauf zu Cahors erfuhr, dass der König gerne Desiderius als Nachfolger seines Bruders Rusticus auf dem bischöflichen Stuhl sähe, beeiferten sich die Geistlichkeit und das Volk, ihn zu ihrem Oberhirten zu erwählen. Der bei dieser Gelegenheit vom König erlassene Beschluss ist zu merkwürdig, als dass wir ihn hier nicht anführen sollten.
„Dagobert, König der Franken, an die Bischöfe, Herzoge und an das ganze Volk Galliens.
Wir müssen Sorge tragen, damit unsere Wahl vor Gott und den Menschen wohlgefällig sei; und weil uns der Herr die Leitung der Königreiche anvertraut hat, dürfen wir nur denen die Würden übertragen, die sich auszeichnen durch die Weisheit ihres Wandels, durch die Rechtschaffenheit ihrer Sitten und durch den Adel ihrer Geburt. Da wir demnach erkannt haben, dass Desiderius, unser Schatzmeister, sich von seiner Jugend auf durch seine Frömmigkeit ausgezeichnet hat, wie ein wahrer Krieger Jesu Christi, unter der Dienstkleidung der Welt; und dass der gute Geruch seiner englischen Sitten, des wahrhaft priesterlichen Wandels sich bis in die entferntesten Provinzen verbreitet hat, so gewähren wir den Wahlstimmen der Bürger und Äbte (Man muss unter den Äbten die Vorsteher der geistlichen Genossenschaften verstehen. Es waren damals nach dem Verfasser der Lebensgeschichte des Heiligen noch keine Klöster zu Cahors.) von Cahors, dass er ihr Bischof sei. Wir glauben, dass dies die Wahl und der Wille Gottes ist, dem wir folgen, weil wir uns selbst Gewalt antun, indem wir uns eines so notwendigen Beamten berauben. Allein was es auch kosten mag, wir müssen den Kirchen Hirten verschaffen, welche die von uns ihren Sorgen anvertrauten Völker, nach Gottes Willen leiten. Daher wollen und befehlen wir, dem Begehren der Bürger gemäß, und nach unserem mit dem ihrigen übereinstimmenden Willen, dass Desiderius zum Bischof geweiht werde, damit er für uns und für alle Stände der Kirche bete; und wir hoffen, dass Gott durch das Verdienst der Gebete eines so heiligen Oberhirten, und ein langes Leben verleihen werde.“
Diese Urkunde ist vom April 629.
Desiderius widmete sich als Bischof mit ganzer Seele seinem erhabenen Amt; er arbeitete unermüdlich an der Ausrottung des Lasters und an der Begründung des Reiches der Tugend; jedem Unglücklichen versuchte er Hilfe zu leisten, und benutzte sein Ansehen einzig zur Beförderung der Ehre Gottes und zur Unterstützung der Armen. Die bestehenden Kirchen schmückte er gemäß ihrer hohen Bestimmung mit neuen Verschönerungen, und ließ, wo es zweckdienlich war, neue erbauen. Vor ihm waren noch keine Klöster in Cahors; er stiftete daher zwei in dieser Stadt. Das erste davon, das nicht weit vom bischöflichen Palast entfernt lag, und dem heiligen Amandus von Rodez gewidmet war, bestimmte er zu seiner Grabstätte. Seinem Beispiel folgten nun mehrere Gläubige bei Stiftung von Klöstern, die teils die Regel des heiligen Columban, teils die des heiligen Benedikt annahmen, die man damals, soviel möglich, zu vereinigen suchte. Es scheint ein Irrtum zu sein, dass man unter die damals errichteten auch das Kloster Moissac gezählt hat; man setzt dessen Stiftung gewöhnlich in Clodwigs Zeiten. Unser Heiliger dehnte seinen Eifer sogar bis in die Landschaft Albigeois aus, wo er gleichfalls mehrere fromme Anstalten errichtete.
Sein hohes Alter und seine Körpergebrechen mahnten ihn endlich an sein herannahendes Ende; er machte deshalb sein Testament, worin er seine Kirche zur Erbin aller seiner Güter machte, der er zugleich aber auch die Unterhaltung der von ihm ernährten Armen empfahl. Er starb im Bezirk von Albi am 15. November 654. Sein Leib wurde nach Cahors gebracht, und in der Kirche zum heiligen Amandus beigesetzt. An seinem Grab sind mehrere Wunder geschehen. Zu Cahors steht eine nach dem heiligen Desiderius benannte Pfarrkirche; allein sein Leib ist nicht mehr dort.
Das Bistum Cahors war ehemals ein Suffraganat von Bourges; später aber kam es unter Albi, das unter Ludwig XIV. zu einem Erzbistum erhoben wurde.
Wir haben noch Briefe, die der heilige Desiderius geschrieben hat, oder die ihm von den berühmtesten Personen seiner Zeit geschrieben worden. Sie beweisen, dass der heilige Bischof für seine Zeit keine geringen Kenntnisse besaß; sie beweisen aber auch zugleich, dass man zu seiner Zeit den guten Geschmack und das gute Latein nicht mehr kannte.