Selige Luitgard von Wittichen, Stifter-Oberin von Wittichenstein, Baden, III. OFM, + 16.10.1348 – Gedenktag: 16. Oktober

 

Diese Selige gehört noch einer Zeit an, in der tieffromme Seelen, besonders in den Klöstern, Blüten eines mystischen, innig mit Gott verbundenen Lebens hervorbrachten. Als Kind des Badener Landes, als Tertiarin des heiligen Franziskus, ist die bewunderte Meisterin des religiösen Lebens heute noch vielen lieb und verehrungswert. Dabei sind wir so glücklich, einen Lebensbericht ihres Zeitgenossen und Gewissensrates, des „Kirchherrn von Bombach“, Berthold, zu besitzen, der wie kein anderer befähigt war, über die verborgenen Geheimnisse zu berichten, die Gott in ihre Seele legte. Bei seiner genauen Kenntnis der Seligen versichert er uns: „Ich spreche die Wahrheit aus, dass dieses Buch nicht den hundertsten Teil all des Wunderbaren enthält, das Gott durch Luitgard wirkte. Durch ein Wunder aber übertraf sie alle Menschen, von denen ich jemals auf Erden reden hörte. Alle anderen nämlich, die in unseren Zeiten zu einem beschaulichen Leben kamen, übten sich vorher im tätigen Leben, während sie in Mitte des schauenden Lebens zum wirkenden gezwungen wurde, dessen ungeachtet um kein Haar breit von den Obliegenheiten des beschaulichen Lebens abwich. Sie übte vielmehr das wirkende Leben gerade so, als ob sie niemals ein schauendes gekannt hätte und oblag hinwiederum dem letzteren so vollkommen, dass ihr das erstere zu heiligen Übungen nicht im mindesten im Wege stand.“

 

Eine „Luitgard“, der „Leute Garten“, war das Töchterlein einer überaus tugendhaften Bauersfrau „unterhalb Wickestein“ in Schwaben geboren 1290. „Einen lieblichen Garten zieren blaue Veilchen, weiße Lilien und rote Rosen, zu allermeist aber ein grüner Rasen und ein Brunnen mit erquickendem Trunk.“ Schon das Kind und Jungfräulein verriet all das, was einen anmutigen Garten anziehend macht. Eine still blühende Herzensgüte ließ das Kind immer eher zu Armen als zu Reichen sich hinneigen. Sie fand keine Ruhe, bis nicht auch vorübergehende Bettler oder Arme einen Anteil von ihrem Tisch hatten. Rein und lauter war ihr Gemüt. Nie hörte jemand Ungehöriges aus ihrem Mund. Als sie erstmals von der jungfräulichen Keuschheit reden hörte, sprach sie entschlossen: „So will ich denn Gott meine Jungfrauschaft aufopfern und mich mit seiner Hilfe lauter halten.“ So eifrig hing das Kind dem Gebet an, dass es selbst im Spiel daran dachte. Die Weichlichkeit verabscheute es als den Untergang des geistlichen Lebens und legte sich darum ein Brett ins Bettlein, um schneller wieder auf ein Neues zum Gebet gehen zu können. Der Herr führte auch gnadenvoll das „Luitgardlein“ auf seinen himmlischen Rasen und ergötzte es mit den Blumen lieblicher Gesichte. Auf Unserer Lieben Frauen Fürbitte reichte ihr einmal Jesus einen Becher daraus zu trinken. Reichlich sprudelte hinfort des göttlichen Brunnens Lehre und Weisheit. Der Herr wurde geheimnisvoll ihr Lehrer. Franziskusgeist wehte in dem glückseligen Kind.

 

Luitgarden zog es zum Ordensstand hin. Schon vor der Einführung des Franziskanerordens gab es in Süddeutschland religiöse Frauenvereinigungen ohne Regel, Gelübde und Namen. Jungfrauen und Witwen lebten in einem Haus zusammen und pflegten das Gebet, die Handarbeit, auch Krankendienst und Unterricht. Andere wie die Beghinen, die ursprünglich in kleinen Häuschen, die mit Kirche und Spital von einer Mauer umschlossen waren, wohnten, bauten sich Klausen im Wald oder stiller Abgeschiedenheit, wo sie mit der Strenge und Enthaltsamkeit frommer Einsiedler ihr Heil zu wirken suchten. Man nannte sie Klausnerinnen oder Waldschwestern. Dem Gottesdienst wohnten sie in der Pfarrkirche bei. Eine solche Klausnerin und Beghine wurde nun auch Luitgard. „Ach, mein Gott und Herr,“ sprach sie nach Erhalten des geistlichen Kleides, „hilf mir, dass ich dieses geistliche Gewand mit guten und geistlichen Werken schmücke.“ Und das tat sie auch. Sie erstarb ihrer selbst gänzlich. So groß war ihre freiwillige Armut, dass sie einen wirklich wehtuenden Mangel an allem litt. Gegen die arge Kälte schützte sie sich nur durch ein großes, graufarbiges Tuch, das sie geschenkt erhielt. Bei ihrem beschaulichen Versenktsein in Gott schien sie ganz der äußeren Kräfte beraubt, ähnlich einer Toten. Dennoch aber „verblieb sie in den Übungen guter Werke“. Die Echtheit der Tugenden Luitgardens bewährte sich, als sich die kirchliche Obrigkeit damals veranlasst sah, gegen die Beghinen das Verbot auszusprechen, weiterhin geistliche Kleider zu tragen. Das schmerzte die Selige gar sehr. Sie sprach aber zu ihren Mitschwestern: „Wir haben, liebe Kinder, uns dem lieben Gott gelassen und so müssen wir von ihm alles annehmen, was er nur immer haben will. Der Papst befielt es ja an Gottes Statt, weshalb wir ihm gehorchen müssen. Gewiss fehlt es ihm auch an der guten Absicht nicht. Wie dem immer sei, so wollen wir in Gehorsam leben, dann wird uns die Trübsal mehr zu Gott hin als von ihm wegführen.“ Darauf zog sie mit ihren Schwestern aus der Klause in die Kirche. Während sie dort, von Gott erleuchtet, ihre Bedrängnis ähnlich jener betrachtete, die Christus in seinem Spottkleid widerfahren ist, fiel sie in eine tiefe Ohnmacht, aus der sie ganz krank erwachte. Die Geistlichkeit erschrak beim Anblick der tiefen Krankheit, in die Luitgard geraten war, und ließ sie wieder mit ihren geistlichen Töchtern nach freiem Belieben gehen und leben.

 

Fünfzehn Jahre hatte so Luitgard in der obersten Klause von Wolfach gelebt, als Gott sie zu einem außerordentlichen, apostolischen Amt berief. Zunächst gelobte sie die Regel des Dritten Ordens des heiligen Franziskus und übte ihr gemäß die segensvolle Macht des Gebets und erbaulichen Beispiels. Als sie dann einmal am Fest der Himmelfahrt des Herrn um der Freuden seiner triumphierenden Menschheit willen ihn inständig anflehte, ihr endgültig seinen Willen kundzugeben, da sprach, während der Priester die heilige Hostie aufhob, eine Stimme daraus die Worte: „Du sollst ein Haus bauen und sollst vierunddreißig Leute zu dir nehmen, genau in der Meinung, worin ich vierunddreißig Jahre auf Erden lebte.“ Luitgard verschwieg diese Stimme jedermann und bat Gott beharrlich, sie doch vor einer falschen Offenbarung zu behüten. Da sah sie bei der Vorbereitung auf die heilige Kommunion ein gewaltiges Feuer und eine Stimme daraus belehrte sie zürnend: „Du hast gebetet und bist erhört worden; du willst aber nicht folgen.“ Noch mehrere Gesichte und ernster Mahnungen des Herrn bedurfte es, bis Luitgard daranging, das unmöglich Scheinende in Angriff zu nehmen. Sie begann nun Gefährtinnen zu sammeln und bei den Leuten Gaben zum Bau eines Klosters in Wittichen zu erbitten. Obwohl sie sich nicht selten als Närrin abweisen lassen musste, gelangte sie durch Gottes augenscheinliche Hilfe zu den nötigen Mitteln, den Bau aufzurichten und ihre Schwestern zu unterhalten.

 

Unter den Bewohnern des neuen Gotteshauses herrschte eine solche Freude an den Tugendübungen, dass es eine der anderen darin hervortun wollte. Inmitten der unterschiedlichsten Leiden blieben sie so fröhlich, dass keine Klage aus ihrem Mund vernommen wurde. Die Liebe Gottes half ihnen alles zu ertragen. Die selige Mutter Luitgard unternahm selber Jahre lang Bettelreisen, um den Bestand ihres Hauses sicher zu stellen und immer mehr zu heben. Dabei war ihr großes Geschick bewundernswert, die Sorge für Vergängliches auf sich zu nehmen, ohne hierdurch im höheren beschaulichen Leben irgendwie beirrt zu werden. Ganz besonders trug die selige Mutter schon von Kindheit an das Leben und Leiden unseres Herrn in Herz und Sinn. Selbst im Getümmel der Leute war es ihr süßes Gedenken. Nach ihm richtete sie ihr ganzes Leben, ihre Worte und Werke ein. Es war auch ihr heißes Bestreben, jedermann zur Verehrung des Lebens und Leidens unseres Herrn hinzuführen. Sie konnte darüber reden, wie wenn sie es mit eigenen Augen gesehen und erlebt hätte. Auch über Christi heimliches Leiden konnte sie besser sprechen als ein Priester. Über alle Heiligen des Himmels, von denen man sonst niemand reden hörte, vermochte sie Leben, Namen und Martertum zu berichten. Gott offenbarte ihr viele große, zukünftige Dinge. Sie kannte auch die Art und Länge der Peinen bei vielen armen Seelen, regte zu ihrer Hilfe an und gab dann die erfolgte Erlösung kund.

 

Wie viele Sünder hat Luitgard durch ihr liebreiches, sanftmütiges Wesen gerettet. Zum Tod Verurteilte begleitete sie nicht selten unter frommen Gesprächen bis unter den Galgen. Berüchtigte Räuber begrüßte sie einmal im Wald: „Meine lieben Kinder, was habt ihr vor? Wie bin ich froh, dass mich Gott zu euch geschickt hat!“ Die Wirkung ihrer Rede war so ungewöhnlich, dass die Bösewichte die ebenso liebreiche wie mutige Lehrmeisterin um ihre Fürbitte anriefen, durch die sie von Gott Bekehrung zu erlangen hofften. Traf sie Verzweifelte, so sprach sie: „Mein Kind, ich selbst will, damit du keinen Zweifel an Gott habest, alle deine Sünden auf mich nehmen.“

 

Seelenrettung und Seelenheiligung war der apostolische Beruf Luitgardens. Und diesen Beruf übte sie getreulich und übt ihn noch jetzt durch ihre „Tugend- und Gebetsschule“. Es war die Lehre vom Himmel, als dem ewigen Ziel der Menschen, die unsere Selige wieder ins Bewusstsein weiterer Kreise einführen sollte. Nach ihren Gesichten war ihr die Vorstellung des Himmels unter dem Bild eines Hofes sehr geläufig, gleich der heiligen Theresia, die ja besonders von den Klöstern sagte, sie „sollten ein Hof des himmlischen Königs sein“. Wie nun Luitgard die göttliche Majestät im ewigen Himmelssaal umgeben sah von Maria, der Himmelskönigin, von den Aposteln, den Patriarchen und Propheten, den „vierundzwanzig Ältesten“, die alle gleichsam das Richterkollegium bilden, von den heiligen Engeln als den Dienern Gottes, von den glorwürdigen Martyrern, von all den zahlreichen Bekennern, den lilienbekränzten Jungfrauen, die als Hofleute den „himmlischen Saal“ zieren, so sollen auch, ganz in Übereinstimmung mit den Gesichten des heiligen Johannes in der Geheimen Offenbarung, „die heilige Stadt vom Himmel auf die Erde herabsteigen“ und die Glieder der streitenden Kirche jene der triumphierenden zum Vorbild nehmen. Alle sollen, jeder auf seine Art, ohne dass einer den anderen beneidet, Gott dienen. Zufrieden mit ihrem Stand, sollen die Guten als treue Untertanen ein Abbild des himmlischen Reiches sein. Aber nur jene dürfen Anspruch auf den dies- und jenseitigen „himmlischen Hof“ erheben, die in der Tugendschule Luitgardens die vier Tugenden üben:

 

Erstens müssen sie ein von irdischen Dingen losgeschältes und so sehr entledigtes Leben führen, dass ihre Begierden, ihr Herz und Wille sich allein dem Ewigen zuwendet. Zweitens müssen sie in Widerwärtigkeiten geduldig sein und all ihr Vertrauen und Hoffen auf Gott setzen. Drittens müssen sie friedsam und liebreich und endlich viertens von Herzen demütig sein.

 

Daneben sollte auf Geheiß Gottes die Selige ihre Zeitgenossen noch eine besondere Gebetsschule lehren. In ihrer Betrachtung der Himmelsbewohner nahm sie wahr, wie die Seligen die göttliche Majestät in höchst lieblichen Gesängen wegen der Geheimnisse des Lebens und Leidens Jesu priesen. Die Verehrung der Erlösungsgeheimnisse in der streitenden Kirche auf Erden mehr zu fördern, war Luitgard berufen. Der Heiland selber sagte einmal zu ihr: „In der Menschenbrust, worin das Andenken an die Geheimnisse meines Lebens und Leidens leben sollte, hat sich das Wohlgefallen am Irdischen eingenistet. Eine große Zahl achtet meine Taten gering oder gar nicht. Andere lästern mich sogar, ungeachtet des von mir so willig erlittenen Todes. Die Zahl dieser ist sogar im Zunehmen begriffen. Wirst du nun nicht einsehen, dass ich bei solcher Erkaltung meiner Liebe mich deiner mit vollstem Recht bediene, um die Geheimnisse meines Lebens und Leidens der Welt auf ein Neues bekannt zu geben?“ Luitgard hatte nämlich sich anfangs gesträubt, eine so außerordentliche Sendung, die in ihrer Art und ihrem Inhalt ganz der Sendung der heiligen Margaretha Alacoque hinsichtlich der Verehrung der Liebe des göttlichen Herzens gleicht, auf sich zu nehmen. „Mein Herr,“ hatte sie eingewendet, „zeige es ihnen selbst; denn mir kommt es zu schwer vor . . . O König der Herrlichkeit, weswegen nimmst du mich zu solchem Werk? Denn mir gebricht es an Tugend!“ Es wurde ihr die Antwort: „Sag an, wer die Leute tränke: die Kanne oder das Wasser?“ Es war ihr nämlich schon früher einmal, als sie zum Klosterbau aufgefordert worden war, ein fließendes Wasser gezeigt worden, daneben eine hölzerne Kanne mit der Aufforderung, damit für die Leute Wasser zu schöpfen. „Mir scheint die Kanne aber allzu unrein“, hatte Luitgard geantwortet, und plötzlich war die Kanne mitten aufs Feld gefallen und in hellen Flammen verbrannt. Daran jetzt erinnert, erwiderte sie der Stimme: „Das Wasser tränkte die Leute und nicht die Kanne.“ Darauf die Stimme: „Gerade so sollst du eine Kanne sein; Gott aber wird selbst die Menschen bewegen, dass sie zu ihr kommen.“

 

Diesem ausdrücklichen Ruf Gottes folgend, lehrte die Selige die Andacht zu den Hauptereignissen des Lebens und Leidens des Herrn in den vierunddreißig Lebensjahren (wobei die neun Monate vor Jesu Geburt mitgezählt sind), nämlich:

 

1. Die ewige Auserwählung Mariens zur Mutter Gottes,

2. ihre Unbefleckte Empfängnis,

3. ihre Geburt,

4. des Engels Verkündigung und die Empfängnis Christi,

5. das geheimnisvolle Leben des Herrn im Schoß der Jungfrau und Belehrung Josephs hierüber,

6. Geburt Christi,

7. Anbetung der Weisen,

8. Beschneidung des Herrn,

9. Reinigung Mariens im Tempel,

10. Flucht nach Ägypten,

11. dreitägiger Verlust Jesu,

12. dreißigjähriger Gehorsam Jesu und Verborgenheit in Nazareth,

13. die dreijährige Übung des Predigtamtes,

14. das vierzigtägige Fasten Jesu in der Wüste,

15. die zur Bekehrung des Volkes gewirkten Wunder,

16. Todesangst am Ölberg,

17. Verrat und falscher Kuss des Judas,

18. die schmerzliche Gefangennahme,

19. die falschen Zeugnisse und Anklagen,

20. die schmähliche Behandlung vor den Richtern,

21. der Backenstreich,

22. Geißelung,

23. die beschämende Entblößung,

24. Verspottung,

25. Dornenkrönung,

26. Ecce homo, die erniedrigende Vorführung vor Pilatus,

27. das ungerechte Todesurteil,

28. die schmerzliche Begegnung mit der Mutter Jesu,

29. die Annagelung am Kreuz, sieben Worte und Tod Christi,

30. glorreiche Auferstehung,

31. wunderbare Himmelfahrt,

32. Sendung des Heiligen Geistes,

33. Mariä Himmelfahrt,

34. Erhöhung und Krönung Mariens.

 

Mit der Betrachtung und Verehrung dieser Geheimnisse werden eine „längere Reihe von Vaterunser und Ave Maria“ verbunden. Ja so groß war der Gebetseifer der Mitglieder des „Gebets- und Sühnevereins“ der seligen Luitgard, dass von Anfang an zu jedem der bezeichneten Geheimnisse nicht weniger als tausend Vaterunser gebetet wurden. Uns weniger gebets- und heilsbeflissene Nachgeborene überkommt bei solcher Forderung ein nicht geringer Schrecken. Es ist aber zu bedenken, dass die Mitglieder des Vereins in Sektionen zu vierunddreißig Teilnehmern abgeteilt waren, sich also wohl in einem „ganzen himmlischen Hof“ teilen konnten, dass ferner die Gebetszeit eine unbeschränkte ist, so dass man also beliebig viele Jahre brauchen kann, dass endlich auch die Möglichkeit eingeräumt ist, Mitglied „des himmlischen Hofes“ zu werden durch Halten von vierunddreißig heiligen Messen oder Almosen, Fasttagen, Kreuzwegen, Psaltern und dergleichen. Die auch hierbei erforderliche Betrachtung der genannten vierunddreißig Geheimnisse kann auch im Anschluss an ein diese Geheimnisse kurz darstellendes Gebet erfolgen, das die Selige selber zu verrichten pflegte und das als eigentliches Vereinsgebet auch bischöfliche Approbation erhalten hat. Übrigens finden sich tatsächlich auch heute noch Liebhaber und Beter des „Himmlischen Hofes“, besonders in Klöstern, und das ist auch ein Grund, warum wir glaubten, das Gedächtnis der seligen Luitgard und ihrer Sendung für ihre Zeit wieder aufzufrischen. Erneuerung des Gebetsgeistes und Sühne bedürfte auch unsere Zeit mehr denn je.

 

Über die Wirksamkeit Luitgardens in den letzten Jahren ihres klösterlichen Lebens fehlen uns die Nachrichten. Ein Chronist meldet noch ihren seligen Tod mit den Worten: „Nachdem Luitgard in wunderbarer Heiligkeit zwanzig Jahre zu Oberwolfach und weitere fünfundzwanzig Jahre zu Wittichen geglänzt hatte, starb sie am 16. Oktober des Jahres 1347. Sie erreichte das 57. Lebensjahr.“ Ihr Grab wurde bald zu einem Wallfahrtsort, den jahraus jahrein viele Menschen besuchten. Eine Menge Wunder wird berichtet und bezeugt das große Vertrauen der hilfesuchenden Verehrer. Als im Jahr 1658 der Leib der Seligen von dem Franziskaner und Theologiedoktor Pater Johann Ludwig a Musis erhoben wurde, „fand sich in der Hirnschale noch das frische Gehirn mit allen Äderlein und Fugen vollständig und unverwest beisammen, gerade als wäre es zur selben Stunde hineingelegt worden“. Nach den Erklärungen katholischer und nichtkatholischer Doktoren und Physiker ist diese Unverwestheit des Gehirns „mehr einer verborgenen göttlichen Kraft als natürlichen Ursachen zuzuschreiben“. Die selige Luitgard wird darum gerne um Verhütung von Kopfschmerzen und zur Bewahrung im Glauben bis zum Tod angerufen. Ihr Kloster wurde 1803 aufgehoben.

 

„Drei Dinge habe ich von Gott begehrt: das eine ist, dass er unsere Armut nimmer abnehmen lasse, das andere, dass er mir alles Wissen unnützer Dinge nehme, das dritte, dass er mich nie ohne arges Siechtum und viele Plage lasse.“ (Worte Luitgardens)