Seliger Jordan Saxo (von Sachsen), Dominikanergeneral, + 13.2.1237 - Fest: 13. Februar

       

Das so vielgenannte und in schwerer Zeit so hartbedrängte Ruhrgebiet hat vor ungefähr 800 Jahren einen Mann hervorgebracht, der für die Kirche, insonderheit für den damals entstandenen Predigerorden von einflussreichster Bedeutung war. Bei dem Landstädtchen Ebersberg (Eversberg) liegen auf steilem Berg an der oberen Ruhr die Ruinen der Stammburg des vormals sehr begüterten und angesehenen Grafengeschlechtes der Eberstein. Aus dieser Familie entsprosste zu Borgentreich in der Nähe von Paderborn Jordanis Saxo, dessen Name nach nordischer Mundart „Eberhart“ bedeutet. Mit seltenen Geistesgaben ausgestattet, kam der lernbegierige und strebsame Schüler ums Jahr 1210 auf die hohe Schule nach Paris, wo er alle öffentlichen Studien durchlief und in der Theologie sich den Gelehrtengrad verdiente. Als der heilige Dominikus, der Stifter des Predigerordens, dorthin kam, fühlte sich Jordan sehr zu ihm hingezogen und bat um Aufnahme in die neue Ordensfamilie. Dominikus riet dem jungen heilsbegierigen Grafen noch einige Zeit der Vorbereitung an, bis ihm Reginald von Orleans, der Studien halber nach Paris geschickt worden war, am 12. November 1220 das Ordenskleid verlieh. Als Reginald bald unerwartet schnell starb, hatte ein Ordensbruder ein Traumgesicht. Er sah in seinem Kloster eine klare Quelle plötzlich versiegen, aber bald darauf an demselben Ort einen großen Bach entstehen, der durch die ganze Stadt strömte, von dort sich in alle Provinzen ergoss, alle tränkte und erfreute und immer wachsend endlich ins Meer floss. Ein treffliches Bild der Wirksamkeit des seligen Jordan im Orden.

 

Ungewöhnlich früh begann Jordan die Kraft seines Wirkens zu entfalten. Es war nicht allein bei dem erst aufgehenden Orden der Mangel an älteren Mitgliedern, als vielmehr die hervorragende Tugend und Gelehrsamkeit, der männlich kluge Eifer, das ungewöhnliche Rede- und Verwaltungstalent des „von der Gnade erfüllten, zu jedem guten Werk bereiten und geschickten“ Jüngers, was den heiligen Dominikus bestimmt haben mochte, den vielversprechenden Novizen zur Generalversammlung nach Bologna mitzunehmen und dort besonders auszuzeichnen. Dann begann Jordan auf der Hochschule in Paris mit außerordentlichem Erfolg die Lehrtätigkeit und das Predigtamt auszuüben. Auf der zweiten Versammlung im folgenden Jahr (1221) wurde der Orden in acht Provinzen geteilt und Jordan zum Provinzialprior der Lombardei ernannt. Im Jahr darauf, 1222, starb der heilige Stifter. Wen würden die Brüder für würdig erachten, an Stelle des Heiligen die ganze Ordensgemeinde zu leiten? Einstimmig wählte das Generalkapitel zu Paris den jugendlichen Jordan, der noch kaum zweieinhalb Jahre im Orden lebte, zu seinem ersten Generalvorsteher. Dieses schier beispiellose Vertrauen seiner Ordensbrüder auf seinen hohen Geist, seine tiefe Frömmigkeit und einzigartige Befähigung für das wichtige Amt des ganzen Ordens hat der Erwählte glänzend gerechtfertigt. Jordan Saxo hat dem Dominikanerorden als General seine endgültige Richtung gegeben und es verstanden, die verschiedenen, eine ziemliche Selbstständigkeit genießenden Provinzen und Klöster durch das Band einer hochsinnigen, die rechte Mitte innehaltenden Verfassung zusammenzuhalten.

 

Die Ausbreitung und Befestigung des Ordens forderte vom General viele und weite Reisen. Wohl nahm er seine Lehrtätigkeit in Paris mit gesteigerter Frucht wieder auf, aber die Sorge für den Orden führte ihn alljährlich in die entlegensten Länder. Neunmal machte Jordan den Weg von Paris nach Bologna, da zwischen beiden Staaten jährlich das Generalkapitel wechselte. Deutschland besuchte er dreimal. Zu Oxford in England hielt er 1230 die Fastenpredigten, wie er es schon in Bologna, Paris, Padua und an anderen Orten getan hatte. All diese beschwerlichen Reisen machte er immer zu Fuß, was begreiflicherweise die mannigfaltigsten Beschwerden mit sich brachte. Vorzüglich waren es die Orte hoher Schulen, die Jordan, dem selbst der Ruf großer Gelehrsamkeit vorausging, gerne aufsuchte. Auch seine Ordensbrüder waren gesuchte Lehrer, aus deren Schülern der Orden stets neuen Zuwachs erhielt. Unter den talentvollsten Studierenden, die der Selige mit Vorliebe aufnahm, sind der heilige Kirchenlehrer Albert der Große, 1223 zu Padua aufgenommen, und der bei seinem Eintritt erst zehnjährige Peter von Tarentaise, der spätere Papst Innozenz V., die berühmtesten. Über tausend Brüdern soll der selige General persönlich die Ordensgelübde abgenommen und gegen 250 neue Klöster in Europa, Asien und Nordafrika gegründet haben.

 

Eine besondere Gabe hatte Gott unserem Seligen verliehen, dass er nämlich dem Volk durch die Predigt, dem Einzelnen in liebevollem Verkehr eindringlichst zu Herzen reden konnte. Die Güte und Sanftmut seines Wesens, seine Klugheit und mildreiche Teilnahme fand den rechten Weg in die Herzen der Bedrängten, Versuchten und Sünder, wie er auch besonders für die Armen schon von Jugend auf eine offene Hand hatte. In Bologna führte man ihm einmal einen Novizen vor, der für alles andere eher als für das Ordensleben Sinn hatte. Weltlich erzogen, ganz verweichlicht in Kleidung, Nahrung und Vergnügungen, in religiösen Dingen ganz ungebildet, hatte den ungebundenen, zornmütigen Menschen nur die Neugierde und die Gewohnheit, alles zu tun, was ihn reizte, ins Kloster getrieben. Jetzt bereute er freilich seinen unüberlegten Schritt und war zu Tode betrübt und tief unglücklich. Der milde Geistesmann sprach nun, im Vertrauen auf Gottes Gnade, dem Novizen Mut zu, führte ihn zum Altar des heiligen Nikolaus und hieß ihn das Vaterunser beten. Dann legte er ihm die Hände aufs Haupt und bat Gott inniglich, er möge alle Hindernisse und Schwierigkeiten von dem Jüngling nehmen. Und siehe! Wie Jordan nach langem Gebet die Hände wieder zurückzog, war der Jüngling ein anderer Mensch. Er fühlte eine große Freude in sein Herz einkehren und es von Jordans Händen wie zum Himmel getragen werden. Freudig blieb er nun im Kloster und wirkte später viel für den Orden und sein eigenes Heil.

 

Ein Mann, der vom Glauben abgefallen war, sich aber wieder bekehrt hatte, wollte ernsthaft Gott im Predigerorden dienen. Der General war geneigt, ihm die Aufnahme zu gewähren, wenn die übrigen Brüder damit einverstanden wären. Nur ein einziger war dagegen. Jordan sagte ihm: „Jener Mann hat zwar viele Sünden begangen, vielleicht tut er aber noch mehr, wenn wir ihn nicht der Welt entreißen und in den Orden aufnehmen.“ Das kümmere ihn nicht, meinte darauf jener. Da sprach der mitleidsvolle Seelenfreund das schöne Wort: „In Wahrheit, Bruder, wenn du für jenen Sünder auch nur einen einzigen Tropfen Blut vergossen hättest, wie Christus für ihn all sein Blut hingegeben hat, dann würdest du dich wohl anders um ihn kümmern.“ Der Bruder war von der ernsten Antwort so beschämt, dass er sich reumütig niederwarf und gerne einwilligte.

 

Wie sein Meister Dominikus hatte der Selige auch eine hohe Wertschätzung für das Gebet. Er wusste, dass sein Arbeiten fruchtlos sein würde, wenn es nicht vom Tau des Himmels benetzt würde. Er betete darum viel, und zwar gewöhnlich frei kniend und stundenlang. So groß war seine Gebetssammlung, dass weder die vielfältigen Amtssorgen, noch andere Geschäfte ihn zerstreuen konnten. Selbst auf dem Weg war er in Betrachtung versenkt. Auf den längeren Reisen führte, wenn er nicht sein Brevier betete, mit seinen Begleitern ein frommes Gespräch oder überließ sich der Betrachtung. Da er hierbei gerne hinter seinen Reisegenossen zurückblieb, kam er öfters in Gefahr, vom Weg abzuirren. Den hierüber besorgten Seinen pflegte er zu antworten: „Seid ruhig! Wenn wir nur den Weg zum Himmel nicht verlieren.“ Die innige Vertiefung ins Gebet und die seelische Ergriffenheit Jordans äußerte sich auch oft in vielen Tränen, was ihm später ein schweres Augenleiden zuzog. Der wirkliche Verlust eines Auges zeigte seine ganze glaubensvolle Hochgesinnung. Er rief seinen Ordensbrüdern zu: „Sagt Gott Dank, dass ich einen Feind verloren habe.“ So sehr war er innerlich gerichtet, so sorgfältig pflegte er seine Sinne zu beherrschen, damit nichts den Glanz der Herzensreinheit betrübte, dass er das natürlich so harte Geschick als übernatürlichen Gewinn hinnahm.

 

Von Jordans Klugheit und Weisheit im Reden werden viele Beispiele erzählt. Gefragt, ob das Vaterunser im Mund eines Laien so viel gelte als im Mund eines theologisch Gebildeten, der es besser verstehe, antwortete er: „Ebenso viel als ein Edelstein in der Hand eines Menschen, der seinen Wert nicht kennt; er bleibt immer Edelstein.“

 

Die Predigten eines Ordensbruders Johannes von Vicenza brachten in Bologna großen Eindruck hervor. Die Bürger der Stadt baten daher den Ordensgeneral, er möge ihnen den Prediger für immer belassen, damit die Früchte seiner Predigten nicht wieder verloren gingen. Jordan lobte die gute Gesinnung der Bürger, gab aber zu bedenken, dass es nicht gebräuchlich sei, dass ein Sämann, wenn er ein Feld angesät habe, sich dort niederlege und abwarte, bis der Same Frucht trage. Er empfehle vielmehr Gott den Samen und gehe, ein anderes Feld zu bestellen. Selbst der Heiland habe gesprochen: Ich muss auch anderen Städten das Reich Gottes verkünden.

 

Ein Klosterbruder, der viel zeitliche Geschäfte zu besorgen hatte, bat um Enthebung von seinem Posten. Des weisen Oberen Antwort war: „Mit einem solchen Amt können zwei Dinge verknüpft sein: Nachlässigkeit und Ungeduld, aber auch zwei andere, Mühe und Verdienst. Von den ersten zweien entbinde ich dich, die anderen zwei aber lege ich dir zur Genugtuung für die Sünden auf.“

 

Die herrlichen Gaben an Geist und Gemüt, womit Gott den Seligen schmückte, noch weniger die Gabe wunderbarer Krankenheilung, die ihm zuteil war, würden ihm nicht die Heiligkeit gebracht haben, wenn er nicht die Krontugend der Heiligen, die Demut, besessen hätte. Der Mann aber, der durch die bezaubernde Liebenswürdigkeit seines Wortes Wunder der Bekehrung vollbrachte, war aufrichtig demütig. Ehren suchte er auszuweichen. Einmal wurde ihm beim Generalkapitel ein Fehler zur Last gelegt. Die Definitoren meinten, er könne sich rechtfertigen, wenn er wolle. Da erwiderte Jordan bescheiden: „Darf man wohl einem Schuldigen glauben, wenn er sich rechtfertigt?“

 

Das hohe Vermächtnis des Stifters für den Orden, die eifrige Verehrung der seligsten Gottesmutter, war auch dem Nachfolger heiliges Herzensgut, das er treulich wahrte. Vom Generalkapitel 1225 wurde das feierliche Singen des Salve Regina als tägliche Abendpflicht eingeführt. Dafür verlieh die Mutter der Gnade ihrem treuen Diener eine außerordentliche Gunst. Am Fest Mariä Reinigung sah er sie mit ihrem göttlichen Kind auf dem Altar in wunderbar mildem Antlitz erscheinen und mit dem Arm des Sohnes die versammelten Brüder segnen.

 

Der selige Jordan, der auch einige der Schrifterklärung und Erbauung dienende Bücher geschrieben hat, stand im fünfzehnten Jahr mit Umsicht und Weisheit seiner Ordensfamilie vor. Als er von einer Reise ins Heilige Land, das schon länger Ordensniederlassungen besaß, wieder zurückfuhr, geriet das Schiff in einen schweren Sturm, der den Seligen nebst der Schiffsmannschaft in den Wellen begrub, am 13. Februar 1237, nebst der Küste von Satalia. Sein Leichnam trieb an die syrische Küste und wurde im Dominikanerkloster Akka (Ptolemais) beigesetzt.

 

„Wenn du nur vom Weg zum Himmel dich nicht verirrst, alles andere hat wenig zu bedeuten.“ Diesem Grundsatz des seligen Jordan setzen die Weltmenschen den anderen Gegenüber: Suche in der Welt dein Glück zu begründen, alles Übrige mag dir gleichgültig sein! Doch was gilt mehr: Zeitliches Glück und ewiges Unglück oder zeitliches Unglück, danach ewiges Glück?