Der heilige Gelasius I., Papst von 492 bis 496, war Römer, lebte zu einer Zeit, da die Welt unter der Herrschaft entweder heidnischer oder ketzerischer Fürsten seufzte. Der griechische Kaiser Anastasius war der Irrlehre des Eutyches ergeben, Theodorich in Italien ein Arianer und Clodwig der Frankenkönig noch nicht getauft. Nichts desto weniger leitete er die Kirche mit soviel Klugheit und Hochherzigkeit, dass er weder dem Ansehen seines Stuhles etwas vergab, noch auch die Verfolgung dieser Machthaber sich zuzog. Er trug Sorge, die Festtage, die Liturgie, das Stundengebet und den ganzen äußeren Gottesdienst in Ordnung zu bringen. 495 oder 496 hielt er zu Rom ein Konzilium, dem 72 Bischöfe beiwohnten. In ihm wurde bestimmt, welche Bücher zur Heiligen Schrift gehören und welche nicht. Auch beschloss man, die Entscheidungen der vier bisher gehaltenen allgemeinen Konzilien von Nicäa, Konstantinopel, Ephesus und Chalcedon als kanonische Schriften anzunehmen. Ferner wurden die Schriften der heiligen Cyprian von Karthago, Gregor von Nazianz, Basilius, Athanasius, Cyrill, Johannes Chrysostomus, Theophilus von Alexandria, Hilarius von Poitiers, Ambrosius, Augustinus, Hieronymus, Prosper und der Brief des heiligen Papstes Leo des Großen an den Patriarchen Flavian gutgeheißen. Zugleich wurden die unechten Schriften benannt und von den echten gesondert, die ketzerischen aber verdammt. Es sind mehrere Werke von diesem frommen und gelehrten Papst auf uns gekommen, darunter ein Buch von den zwei Naturen in Jesus gegen die Nestorianer und Eutychianer, eine Abhandlung gegen den Senator Andromachus, der das unsittliche Fest der Luperkalien wieder einführen wollte, und ein Sakramentarium. Um die unter seiner Herde eingeschlichenen Manichäer zu entdecken, befahl er, dass die heilige Kommunion unter zwei Gestalten empfangen werden solle. Dieses setzt voraus , dass man vorher die Kommunion unter zwei Gestalten nicht für notwendig erkannt habe, nach dem Ausspruch Jesu: „Wer dieses Brot isst, wird ewig leben.“