Heilige Unschuldige Kinder von Betlehem, Fest: 28. Dezember

       

Der Krippe zunächst steht der heilige Stephanus als Vertreter jener, die großmütig und hochherzig Gut und Blut für Christus in den Martertod dahingaben. Sankt Johannes schließt sich an, ein ehrwürdiger Greis, der an der Krippe jene unübersehbare Schar von heiligen Menschen vertritt, die durch ein gottgefälliges Leben dem Heiland in Treue dienten. Doch an der Krippe des göttlichen Kindes und Kinderfreundes dürfen auch die Kinder nicht fehlen, und deshalb ist heute zu Ehren aller Kinder der Kindertag, an dem unter Anführung der Unschuldigen Kinder von Betlehem alle Kinder auf der weiten Welt im Geist zur Krippe gehen und dem Christkind liebend und dankend ihr Herz schenken.

 

Aus der Biblischen Geschichte erinnern wir uns, dass der gottlose Herodes den drei Weisen aus dem Morgenland, als er sie nach Betlehem schickte, den Auftrag gab, nach dem neugeborenen König der Juden zu forschen und ihm Meldung zu machen, damit auch er hingehe und das Kind anbete. Das war, wie wir wissen, Lug und Trug, und deshalb zogen die heiligen Männer, in einem Traum gewarnt, auf einem anderen Weg in ihr Land zurück.

 

Nachdem die Weisen fortgegangen waren, erschien ein Engel dem Joseph im Traum und sprach: „Steh auf, nimm dein Kind und seine Mutter und fliehe nach Ägypten.

 

Als Herodes merkte, dass er von den Weisen hintergangen war, geriet er in heftigen Zorn, Er ließ in Betlehem und in der ganzen Umgegend alle kleinen Jungen ermorden, die zwei Jahre und darunter alt waren. Da entstand großes Wehklagen, und die Mütter wollten sich nicht trösten lassen.

 

So lautet in der Biblischen Geschichte der Bericht über die Unschuldigen Kinder von Betlehem. Wie viele Kinder damals zum Leid, aber auch zur höchsten Ehre ihrer Mütter getötet wurden, ist nirgendwo aufgeschrieben, es mögen vielleicht zwanzig oder dreißig gewesen sein, die, kaum zum irdischen Leben geboren, im eigenen Blut getauft wurden und als die Erstlinge der Martyrer in das ewige Leben mit seinen Freuden ohne Ende eingehen durften.

 

Auf den Abhängen der Alpenberge schmilzt der Schnee zum Teil erst im Hochsommer, wenn die Sonne ihre größte Wärme ausstrahlt, und dann kann man es erleben, dass gleich neben dem Schnee, noch in der Schneeschmelze, stark und kräftig Alpenblumen blühen.

 

So ähnlich verhält es sich mit dem Fest der Unschuldigen Kinder. Viertausend Jahre lang war es auf der Erde winteröde, kalt und dunkel gewesen, bis in der Heiligen Nacht das Licht erschien und in die Finsternis leuchtete, und kaum leuchtete und wärmte das Licht, als sich auch schon, noch in der Winterkälte des Unglaubens und im Froststurm der allerersten Christenverfolgung, Blumenknospen, stark und kräftig, zu Betlehem dem neuen Licht und der weihnachtlichen Wärme erschlossen, um als die Blüten der Blutzeugen die Krippe des Christkinds zu schmücken.

 

Doch damit nicht genug, denn mit den Unschuldigen Kindern zu Betlehem hat auf Erden ein Frühling der Herzen begonnen, der nie mehr enden wird, solange die Welt steht. Wo immer nämlich auf dem weiten Erdenrund Kinder sind, die das Jesuskind dadurch liebhaben, dass sie ihm zulieb brav und gut und fromm und folgsam und friedfertig sind, da blühen Blumen an der Krippe ohne Zahl, voll Duft und Schmelz, fein und zart. Solche Kinder sind wie ein großer, schöner Blumengarten, der dem Christkind zur Ehre und zur Freude rings um die Krippe zu Betlehem blüht. 

 

Als Herodes, der falsche Mann,

Den bösen Willen gewann,

Den neuen König zu töten, 

Entrann dieser den Nöten

Nach Ägypten. Ganz vergebens

Beraubte der Tyrann des Lebens

So viele Kinder an seiner Statt,

Des Blutvergießens nimmer satt.

 

O weh des Leides groß und schwer!

Wie viele Martyrer jung und hehr

Wurden da erschlagen!

Wie hörte man da klagen

Die Mütter, denen man aus den Armen

Die Kinder riss ohne Erbarmen

Und ihrer keiner schonte!

Gott aber selber lohnte

Ein Teil dem Könige Herode;

Denn auch ihm ward zu Tode

Seiner Söhne einer erschlagen,

Den die Amme sollte tragen,

Mit dem sie war dahin gekommen;

Er ward ihr von der Hand genommen

Und getötet den anderen gleich,

Mit denen er fuhr ins Himmelreich.

 

Gott grüß euch, Märtyrerblümelein,

Ihr lieben holden Kinderlein!

Ihr seid das erste Opfer zart,

Das Gott im Kampf geopfert ward

In Unschuld und in Reinigkeit;

Drum freut ihr euch in Ewigkeit

Und spielt um Gottes hohen Thron

Mit Palmenzweig und Siegeskron`.

 

(Aus: "Goldene Legende der Heiligen"

von Joachim und Anna bis auf Constantin den Großen

neu erzählt, geordnet und gedichtet von

Richard von Kralik, 1902)