Alljährlich finden vielerorts Radrennen statt, die zuweilen wochenlang dauern und sich auf Tausende von Kilometern durch ein ganzes Land hinziehen. An allen Straßen der Rennstrecken stehen die Leute zuhauf, und die Zeitungen berichten spaltenlang vom Verlauf der Fahrt.
Frohgemut und siegesgewiss starten die Teilnehmer, doch bald macht hier einer schlapp, bald dort einer, andere stürzen und brechen sich die Knochen. Immer kleiner wird die Zahl der Fahrer, immer größer der Abstand der einzelnen voneinander, bis endlich der Sieger, von Tausenden umjubelt, am Ziel anlangt. Meistens gewinnt derjenige, der sich am eifrigsten, bereits wochenlang vorher, übend einfuhr, streng fastete, um das Federgewicht nicht zu verlieren, und dann vom Beginn der Fahrt ab mit eisernem Willen durchhielt.
Ist nicht auch das Leben des Christen eine Wettfahrt zum Himmel? Froh und leicht vollzieht sich in der Jugend der Start, aber je länger das Rennen währt und je schwieriger es wird, desto mehr Stürze gibt es und desto mehr Teilnehmer bleiben leider auf der Strecke. Nur die Heiligen halten eisern durch, bis sie, von Millionen im Himmel und auf Erden umjubelt, am Ziel anlangen.
Unter allen Himmelsstürmern ist der heilige Petrus von Alkantara, dessen Gedächtnis die Kirche heute begeht, einer der auffallendsten und ausgeprägtesten.
Petrus, ein Spanier, der Sohn des Statthalters Garavito, wurde im Jahr 1499 zu Alkantara geboren. Früh besuchte er die Schule, lernte spielend und war mit vierzehn Jahren bereits Universitätsstudent, ein vielbeachtetes Talent, dem die Zukunft glänzende Aussichten bot. Als daher der Sechzehnjährige die Welt verließ und ins Kloster ging, standen Lehrer und Mitschüler kopf. Wie konnte man nur so dumm sein?
Oder war Petrus doch der klügere? Sicher war er es, denn mit seinem klaren Verstand hatte er die Hohlheit und Nichtigkeit von irdischem Reichtum und weltlicher Ehre schnell und gründlich durchschaut, und deshalb fiel es ihm leicht, auf alles zu verzichten, was nach Ansicht der Leute das Leben schön und angenehm macht, um sich einzig nach dem zu strecken, was droben ist.
Wie ein Riese lief der junge Mönch seinen Weg, und es klingt fast unglaublich, was alte Bücher von seinem Fasten und Kasteien berichten. Im Winter ging er auch bei großer Kälte barfuß und im Sommer barhaupt trotz glutender Hitze. Nachts schlief er vierzig Jahre hindurch nur zwei Stunden lang, und alle drei Tage aß er bloß einmal. So behielt er stets das Federgewicht. Ein eiserner Wille herrschte in ihm, und der Leib mit seinen Sinnen konnte ihm beim Sturm auf den Himmel nicht hinderlich sein. Ganz hatte er sich in der Gewalt, und geradeaus ging der Weg dem Ziel entgegen, und wenn man ihn mahnte, von der allzu großen Strenge gegen sich selbst abzulassen, so entgegnete er:
„Ich habe mit meinem Leib einen Vertrag geschlossen, dass er während dieses Lebens leiden müsse, dafür werde er in der Ewigkeit für immer selige Ruhe genießen.“
Niemand ist selbstredend verpflichtet, das Tun des heiligen Petrus von Alkantara nachzuahmen. Man darf es nicht einmal, denn was der strenge Büßer tat, geht über die Kraft gewöhnlicher Menschen weit hinaus und verlangt eine besondere Berufung und Begnadung von Seiten Gottes. Wohl aber mahnt dieses Heiligenleben, dass man doch nicht allzu weichlich sei, sondern um des ewigen Lohnes willen auch Kälte und Hitze, Hunger und Durst, Zahnschmerzen und Leibweh starkmütig ertragen soll. „Das Himmelreich leidet Gewalt“, sagt der göttliche Heiland, „und nur die Gewalt brauchen, reißen es an sich.“
Der heilige Petrus von Alkantara ermahnt uns also, wenigstens keine wehleidigen Jammerlappen zu sein, sondern starkmütig die kleinen Leiden und Lasten des Lebens zu tragen, damit wir nicht, vom Irdischen zu sehr beschwert, auf der Strecke bleiben, sondern das Rennen der Ewigkeit, wenn auch schließlich nicht als erste, so doch immerhin gewinnen.