In der Zeit, als der heilige Magnus, der Schüler des heiligen Abtes Gallus, mit seinen beiden treuen Gefährten Theodor und Thosso einer göttlichen Weisung gemäß vom Bodensee nach Kempten gingen, um den noch heidnischen Bewohnern des Allgäus das Evangelium zu verkünden, saß auf dem bischöflichen Stuhl zu Augsburg der heilige Wicterp, der mit oberhirtlicher Fürsorge das apostolische Missionswerk dieser Glaubensprediger unterstützte.
Der heilige Wicterp, auch Wiktorp oder Wigo genannt, war zu Epfach, einem Pfarrdorf in Oberbayern geboren, vollendete seine wissenschaftliche und sittliche Bildung seit seiner frühesten Jugend im Kloster Ellwangen und wurde dort später Abt, dann Bischof zu Neuburg. Wegen seiner besonderen Kenntnisse und Tugenden wurde er dann auf den wichtigen Bischofssitz von Augsburg erhoben.
Wicterps erste Sorge war, die arianische Ketzerei, die in seinem weit ausgedehnten Bistum sehr verbreitet war, mit den Waffen des Gebetes, der Wissenschaft und des lebendigen Wortes Gottes wieder auszurotten, und er erfreute sich des glücklichsten Erfolges. Dann baute er die Kirche der heiligen Afra in Augsburg von neuem auf und zwar weit herrlicher, als sie zuvor gewesen war. Auf einer seiner Missionsreisen traf Wicterp in Epfach mit dem heiligen Magnus und dessen Gefährten Thosso zusammen und erteilte ihnen die Erlaubnis, in dem Engpass am Fuß der julischen Alpen, wo jetzt Füssen liegt, sich anzusiedeln und eine Kapelle zu errichten, die er dann selbst einweihte um das Jahr 750. Als der heilige Magnus im Auftrag Wicterps dem Lech entlang in eine große, schöne Ebene zog, wo jetzt das Dorf Waltenhofen liegt, gefiel es ihm dort so sehr, dass er sein Reliquienkästchen an einem Baum aufhing und dort zu Ehren der Mutter Gottes und des heiligen Florian ein Kirchlein baute, das der Bischof Wicterp einweihte. Da der Wunderruf des heiligen Magnus sich immer mehr verbreitete, so sandte ihm Wicterp mehrere junge Kleriker zum Unterricht und zur Vervollkommnung im geistlichen Leben, verschaffte ihm durch seinen Einfluss am königlichen Hof mehrere Schenkungen und erteilte ihm, nachdem er die von Theodor neuerbaute Kirche zu Kempten eingeweiht hatte, die Priesterweihe.
Der seeleneifrige Bischof Wicterp hielt mit aller Strenge auf die Sittenreinheit der ihm untergebenen Geistlichen, sowie auf strenge Zucht in den Klöstern. Um aber seinen heiligen Zweck sicherer zu erreichen, machte er es sich zur strengsten Pflicht, in allen Tugenden voranzuleuchten und sich als guten Hirten der ihm anvertrauten Herde zu bewähren. Nach einem ehren- und tatenreichen Leben starb er am 18. April um das Jahr 760 und wurde in der Laurentiuskirche zu Epfach begraben.
Als der Bischof Heinrich im Jahr 980 seine Gebeine erheben und nach Augsburg in die Kirche der heiligen Afra übertragen ließ, geschahen viele Wunder. Seit dem Jahr 1489 ruhen die Reliquien des heiligen Wicterp in der Kirche des heiligen Ulrich zu Augsburg.
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Eine besondere Verehrerin des heiligen Wicterp war die selige Herluka, eine Reklusin zu Bernried bei Starnberg (+ 18.4.1127), die, durch viele körperliche Leiden geprüft, bei den Reliquien des heiligen Cyriacus das verlorene Augenlicht wieder erhalten hatte, und dann sich gänzlich Gott weihte. Am Hof des Pfalzgrafen Mangold von Dillingen bekam sie einen Dienst und wurde von der Pfalzgräfin Adelheid und deren beiden gottgeweihten Schwestern Wielika und Hiltiburgis wegen ihrer besonderen Frömmigkeit sehr geachtet und zu allen ihren Andachtsübungen herangezogen. Der selige Abt Wilhelm von Hirschau und sein trefflicher Schüler Dietger waren ihre Beichtväter und Seelenführer. Als sie einst mit mehreren anderen das Grab des heiligen Wicterp zu Epfach besuchte, fühlte sie sich so sehr zu dieser Stätte hingezogen, dass sie dort ihren bleibenden Aufenthalt nahm. Dort lebte sie 36 Jahre als Eingeschlossene (Reklusin) im Dienst Gottes, ihrer eigenen Vervollkommnung und der Fürsorge für die Rettung der Sünder. Mehrmals erschien ihr der eilige Bischof Wicterp, tröstete, ermutigte und mahnte sie zur Beharrlichkeit. Einst blickte sie zum Himmel, klopfte an ihre Brust und rief: „Wehe, wehe, dass dieser Mensch geboren wurde!“ Auf die Frage ihrer frommen Genossin Hadewig nach der Ursache ihres Schreckens erklärte sie: „Ach, die Seele des abtrünnigen Priesters von Rot wird eben von einer großen Schar Dämonen in die Hölle geführt!“ Da Hadewig die Wahrheit dieser Erscheinung anzweifelte, ließ Herluka einen Boten in die Wohnung des Priesters senden, und der hörte, dass zur selben Stunde die Seele des Unglücklichen wirklich den Leib verlassen habe.
In der großen Verfolgung, die alle Anhänger des Papstes Gregor VII. traf, musste auch Herluka ihre Klause verlassen. Im Kloster Bernried am Würmsee fand sie gastliche Aufnahme und schloss dort ihr frommes Leben selig im Herrn am 18. April 1127.
Die selige Herluka, die Klausnerin zu Epfach, wird am 18. April zusammen mit dem heiligen Wicterp verehrt.