Seliger Antonius Neyrot, Priester und Märtyrer in Tunis, OPr/Dominikaner-Prediger, + 10.4.1460 – Gedenktag: 10. April

 

Auf den 10. April enthielt das Brevier der Predigermönche die nachfolgende Legende:

 

Antonius Neyrot, von Rivoli in Piemont gebürtig und vom heiligen Antonius, der damals Abt des Klosters St. Markus in Florenz war, in den Orden der Predigerbrüder aufgenommen, sollte sich einige Jahre nach seinem Eintritt nach Neapel verfügen. Auf der Fahrt dahin wurde er mit allen übrigen, die sich auf dem Schiff befanden, von Seeräubern gefangen genommen und nach Afrika gebracht. Der Herr, an den er als Sklave verkauft wurde, behandelte ihn anfangs sehr hart, als er aber die Ruhe und Ergebenheit, mit der er sein hartes Schicksal trug, einige Zeit beobachtet hatte, gewann er ihn lieb und suchte ihn durch glänzende Versprechungen für den Islam zu gewinnen. Lange widerstand Antonius auch diesen Versuchungen. Schließlich aber durch die Leiden der Gefangenschaft und die Sehnsucht nach Freiheit und das ihm verheißene Glück bewogen, schwur er seinen Glauben ab, bekannte sich zur mohammedanischen Lehre, brach das Gelübde seines heiligen Ordens und trat in den Ehestand. Im Genuss der zeitlichen Güter, die ihm sein Abfall und seine Verehelichung verschafft hatten, versuchte er die Vorwürfe seines Gewissens zu betäuben.

 

In dieser Zeit der Verblendung trug er kein anderes christliches Zeichen mehr an sich, als den heiligen Rosenkranz, den er vor den Augen der Mohammedaner zu verbergen wusste, und durch sein Beten er noch manchmal die heilige Jungfrau verehrte. „Wer, o gebenedeite Jungfrau,“ ruft der heilige Bernhard aus, „wer wird die Länge und Breite, die Höhe und Tiefe deiner Barmherzigkeit ergründen! . . . Ihre Tiefe hat auch denen, die in der Finsternis und im Schatten des Todes saßen, noch Errettung verschafft!“ Sie, „die hervorkommt wie die aufsteigende Morgenröte,“ brachte den ersten Dämmerschein in die Nacht dieses Unglücklichen, und in diesem Schein erkannte er immer mehr die Größe seines Vergehens. Die Gerichte Gottes erschreckten ihn, und weil er vor der Gerechtigkeit zitterte, flüchtete er zur Barmherzigkeit. Er rief zu Maria und entrichtete täglich, um ihre Fürbitte zu erlangen, den Psalter, und bald wuchs in ihm die Gnade, dass er sich entschloss, seinen Fehler so viel als möglich wieder gut zu machen.

 

Um diese Zeit kam unvermutet ein florentinisches Handelsschiff in Tunis an. Antonius erfuhr dadurch, als er sich nach dem Vaterland erkundigte, dass Antonius, sein ehemaliger Abt, der Erzbischof von Florenz geworden war, vor kurzem verstorben sei und mit Wunderzeichen leuchte. Diese Nachricht war im Herzen des Renegaten ein Blitzstrahl, der die letzten Überbleibsel des Irrtums niederwarf, und der Tod des heiligen Antonius, seines ehemaligen geistlichen Vaters, brachte dem verlorenen Sohn Antonius vollends das Leben der Gnade wieder. Nachdem er in die Hände eines Priesters den mohammedanischen Irrtum abgeschworen und nach einer reumütigen Beicht mit Gott und der Kirche ausgesöhnt war, trat er wieder mit seinem Ordenskleid angetan, das Kruzifix und den heiligen Rosenkranz in der Hand, unerschrocken vor das Angesicht des Königs von Tunis, klagte sich seines Abfalls an, erklärte die Lehre Mohammeds für Betrug und Irrtum und die christliche Religion für die allein wahre, von der ihn nun kein Versprechen und keine Drohung, keine Marter und kein Tod mehr abwendig machen könne. Der König ließ ihn in Fesseln und Bande legen und in den Kerker werfen. Unterdessen ließ er ihm die glänzendsten Versprechungen machen, um ihn wieder auf die vorigen Irrwege zu verleiten. Allein Antonius hatte bereits jene Waffenrüstung angezogen, die uns der heilige Paulus beschreibt, und war weder durch Schmeicheleien und glänzende Versprechungen, noch durch Drohungen und grausame Misshandlungen zu erschüttern. Nach fünf qualvollen Tagen wurde er schließlich zum Tode verurteilt und lebendig gesteinigt. Sein Herz war bis zum letzten Schlag voll Reue über sein Vergehen und voll Dank und Liebe zur Mutter der Barmherzigkeit, die ihren verirrten Diener noch Erkenntnis und Beharrlichkeit erwirkt hatte. Gott nahm seine Buße an und verherrlichte seinen Bekenner durch Wunder.

 

So ein Wunder geschah schon gleich nach seinem Tod, denn als die Ungläubigen seinen Leichnam verbrennen wollten, zeigte sich das Feuer ganz kraft- und machtlos. Durch dieses Ereignis bewogen, suchten sich genuesische Kaufleute, die sich in Tunis aufhielten den Leichnam, der überdies einen unerklärlichen Wohlgeruch von sich gab, um eine große Summe Geldes zu verschaffen, und ließen ihn nach Genua bringen, von wo ihn später Herzog Amadäus III. nach Savoyen bringen ließ. Da sich durch die Fürbitte dieses heldenmütigen Büßers mehrere Wunder ereigneten und seine Verehrung unter dem Volk immer mehr zunahm, versetzte ihn Papst Clemens XIII. in die Zahl der Seligen und verordnete, dass im gesamten Dominikaner-Orden sein Gedächtnistag gefeiert werde.