Heiliger Anthimus von Nikomedien, Bischof und Märtyrer, + 303 – Fest: 27. April

 

Als Kaiser Numerian, der Sohn des Carus, im Jahr 284 gänzlich geschlagen worden war, bekleidete das in Chalcedon stehende Kriegsheer Diokletian mit dem Purpur. (Diokletian war ein Emporkömmling und stammte aus Dalmatien von einfachen und armen Eltern. Er nahm frühzeitig Waffendienste wahr und schwang sich stufenweise zu den ersten Ehrenstellen.) Im folgenden Jahr bekämpfte und besiegte der neue Kaiser einen anderen Sohn des Carus, mit Namen Carin, der im Abendland regierte. Dieser Sieg verbannte indes noch nicht alle seine Besorgnisse. Einerseits fürchtete er der Last der Geschäfte zu unterliegen, andererseits zweifelte er an der Treue des Heeres, besonders der prätorianischen Wache, die beinahe schon durch drei Jahrhunderte nach Willkür über das Reich herrschte und ihren Gebietern das Leben raubte. Da er außerdem in Erwägung zog, dass er keine männlichen Erben hinterlassen würde, beschloss er, sich einen Mitregenten bei zugesellen. Seine Wahl fiel auf Maximian Herkulius, auf den er sein ganzes Vertrauen setzte, und den er als einen vortrefflichen Kriegsmann kannte. (Maximian Herkulius war von unbekannter Herkunft. Geboren wurde er in einem Dorf bei Sirmium in Pannonien. Er hatte eine grausame Gemütsart und war ein Sklave aller Laster. Sein Emporkommen verdankte er seiner kriegerischen Tapferkeit.)

 

Da diese beiden Fürsten, bei den Gefahren, die von allen Seiten das Reich bedrohten, Ängste hatten und alle Hoffnung aufgaben, allen ihren Feinden Widerstand leisten zu können, ernannte sich jeder einen Cäsar, der ihnen in Verteidigung ihrer Staaten behilflich sein sollte. Dadurch wollten sie sich auch zugleich einen Nachfolger bestimmen. Diokletian ernannte Maximian Galerius für das Morgenland, und Maximian Herkulius ernannte Constantius Chlorus für das Abendland. (Maximian Galerius war ein Bauer aus Dakien, der in das römische Kriegsheer sich aufnehmen ließ. Alles verriet an ihm einen wilden und grausamen Menschen. Sein Blick, seine Stimme, sein ganzes Äußere flößte Schrecken ein. Nebenbei war er beinahe ein fanatischer Eiferer für die Abgötterei. – Constantius Chlorus entstammte aus einem bekannten Haus und vereinigte in seiner Person alle Eigenschaften, die einen großen Fürsten ausmachen.)

 

In den ersten Jahren seiner Regierung beunruhigte Diokletian die Christen nicht im Geringsten. Indes wurden doch einige gemartert, der alten Verordnungen zufolge, die noch nicht zurückgenommen waren. Galerius aber verfolgte sie bald in allen von ihm abhängigen Provinzen mit unbändigem Hass. Auch bot er alles auf, um zugleich Diokletian zu derselben Verfolgungswut aufzureizen. Während des Winters, den er 302 in Nikomedien zubrachte, setzte er besonders zur Erreichung dieses Zwecks alle möglichen Triebfedern in Bewegung.

 

Unterdessen ließ sich Diokletian noch nicht ganz dazu verleiten, sondern vermied, die Angelegenheit aufs Äußerste zu steigern, aus Furcht, das Vergießen des Christenblutes würde neue Unruhen im Reich erzeugen. Schließlich befragte man das Orakel des Apollos zu Miletus. „Die Antwort“, sagt Lactantius, „war so, wie sie ein Feind des Christentums erwarten konnte.“ Derselbe Schriftsteller erwähnt an zwei Stellen einen anderen Vorfall, der nicht wenig dazu beitrug, Diokletian gegen die Anbeter Jesu Christi aufzubringen. Da dieser Fürst 302 in Antiochien war, schlachtete er eine Menge Opfertiere, um aus ihren Eingeweiden die Zukunft zu erforschen. Einige christliche Hauptleute, die um ihn standen, bezeichneten ihre Stirn mit dem Kreuzzeichen. Daraufhin fanden die Zeichendeuter, Haruspexe genannt, nicht das, was sie in den Eingeweiden der Opfer suchten. Sie schlachteten neue ab, unter der Vorgabe, die Götter seien noch nicht genug besänftigt. Sie waren dabei aber nicht erfolgreicher als beim ersten Mal. Plötzlich schrie derjenige auf, der den Zeremonien vorstand, man solle sich über dieses Ereignis gar nicht wundern, weil Profane oder Unheilige zugegen seien, die den Opferdienst in Verwirrung bringen. Durch diese Unheiligen meinte er die Christen. Der erzürnte Kaiser befahl auf der Stelle, es sollen alla anwesenden Christen, wie auch jene, die am Hof angestellt seien, den Götzen opfern. „Ich will,“ fügte er hinzu,“ dass alle, die sich weigern dies zu tun, mit Ruten geschlagen werden.“ Auch ließ er an alle Kriegsoberste Befehle ergehen, dass sie alle Soldaten, die nicht opferten, aus dem Heer entfernten.

 

Noch ein anderer Umstand mochte Diokletian in seinem Rachegefühl gegen das Christentum bestärkt haben, obwohl er eine ganz andere Wirkung hätte hervorbringen sollen. Er wird erwähnt in einem Beschluss, den Constantin an das ganze Reich ergehen ließ. Hier stehen die eigenen Worte dieses Fürsten:

„Man sagt, Apollo habe zu jener Zeit aus einer dunklen Höhle, nicht durch den Mund der Priester, das Orakel vernehmen lassen, er könne nicht mehr Wahres ankündigen, weil die Gerechten, die auf Erden leben, ihn daran hinderten, und darum würden vom Dreifuß falsche Sprüche erteilt. Diokletian ließ die Haare wachsen, um dadurch seinen Schmerz anzudeuten und das traurige Schicksal der Menschen zu bedauern, die keine Orakel mehr hätten. Ich rufe dich, o Gott des Himmels, zum Zeugen, dass ich die Wahrheit sage. Ich hörte, als ich noch ein Junge war, den unglücklichen, wahrhaft unglücklichen und vom Irrtum verblendeten Kaiser bei seinen Hofleuten sehr emsig nachforschen, wer diese Gerechten auf der Erde seien? Worauf im einer seiner Opferpriester sagte, es wären die Christen. Dieser nun, der eine solche Antwort, wie Honig, mit gierigem Mund gehört hat, zog seine Schwerter, die nur gegen das Laster gewendet sollten, gegen die heiligen, tadel- und Makellosen Menschen, und daher jene grausamen, gleichsam mit blutigen Dolchen geschriebenen Verfügungen, in denen er den Richter befohlen hat, all ihren Scharfsinn zur Erfindung neuer Werkzeuge der Qualen anzustrengen.“

 

Die Verfolgung nahm ihren Anfang am 23. Februar, an dem Tag, an dem die Heiden das Fest ihres Gottes Terminus begingen. (Der Februar war bei den Römern der letzte Monat des Jahres als dieses Fest eingesetzt wurde und er blieb es bis zur Verbesserung des Kalenders durch Julius Cäsar.) Es war auf nichts anderes abgesehen als auf die gänzliche Vernichtung unserer heiligen Religion. Früh am Morgen begab sich der Statthalter, von mehreren Beamten begleitet, in die Kirche der Christen, sprengte die Türen auf, nahm die Bücher der göttlichen Schriften, die er finden konnte, und ließ sie verbrennen. Alles Übrige wurde der Plünderung preisgegeben. Von einem Altar herab sahen Diokletian und Galerius alles was vorging. (Da die Kirche auf einer Anhöhe stand, konnte man sie von dem Palast aus sehen.) Lange beratschlagten sie sich, ob sie die Kirche in Brand zu stecken befehlen sollten. Diokletian, der besorgt war, die Flammen möchten auch anderen Häusern der Stadt den Untergang bringen, war der Meinung, man solle sie nur abbrechen lassen. Man schickte daher eine beträchtliche Abteilung der prätorianischen Wache dahin, die sie auch wirklich in sehr kurzer Zeit schleiften.

 

Des anderen Tages wurde eine Verordnung bekanntgemacht, dass alle Kirchen niedergerissen und die heiligen Schriften verbrannt werden sollten. Auch hieß es darin, man würde alle Christen, egal welchen Standes sie sein mögen, zur Folter ziehen, und sie würden von nun an unfähig sein, irgendein Amt oder eine Würde zu bekleiden. Sie aber könnten niemals wegen Gewalttätigkeit, Schulden, Ehebrüche usw. das Gesetz anrufen. Sie sollen schließlich aller Rechte beraubt sein, auf die sonst alle Untertanen des Staates ein Recht haben.

 

Kaum als diese Verordnung angeheftet worden war, wurde sie von einem Christen, der eine ansehnliche Stelle bekleidete, wieder abgenommen und in Stücke zerrissen. Sein Eifer, den Lactanz mit Recht als unvorsichtig bezeichnet, kam, wie Eusebius meint, aus göttlicher Eingebung. Letzterer Schriftsteller betrachtet nur die Absicht. Dieser Christ wurde verhaftet und zu wiederholten Malen auf die Folterbank gespannt. Schließlich legte man ihn auf einen glühenden Rost, auf dem er sein Opfer vollbrachte. Unter den Peinigungen zeigte er eine wundervolle Geduld und Standhaftigkeit.

 

Auf diese erste Verordnung erfolgte bald eine zweite. Es wurde darin angeordnet, die Bischöfe zu verhaften, sie in Ketten zu legen und mit allen erdenklichen Martern zum Götzenopfer zu zwingen. Man glaubt, der heilige Anthimus sei bei dieser Gelegenheit ins Gefängnis geworfen worden. Wie es auch immer war, die Stadt Nikomedia strömte damals über vom Blut der Christen.

 

Die Wut des Galerius gegen die Jünger des Erlösers war aber noch nicht gesättigt. Um auch Diokletian dahin zu bewegen, sie auf dieselbe grausame Weise zu misshandeln, bediente er sich eines Kunstgriffes, der die ganze Abscheulichkeit seiner barbarischen Gemütsart enthüllte. Durch seine Günstlinge ließ er im kaiserlichen Palast Feuer legen. Sogleich beschuldigten die Götzendiener die Christen als Urheber dieses Brandes und übten die schrecklichste Rache an ihnen aus. Dies hatte Galerius vorgesehen und das wollte er eben bezwecken. Man streute die Gerüchte aus, die Christen hätten, im Einverständnis mit etlichen Entmannten, nach dem Leben der beiden Fürsten gestrebt und sie in ihrem Palast lebendig verbrennen wollen. Diokletian glaubte diesen Gerüchten und ließ in seiner Gegenwart alle seine Hausgenossen aufs grausamste foltern, um die Mordbrenner ausfindig zu machen. Allerdings konnte man sie nicht entdecken, weil man mit der Dienerschaft des Galerius keine Untersuchung anstellte.

 

Vierzehn Tage darauf wurde neuerdings Feuer gelegt. Auch diesmal konnte man den Urhebern nicht auf die Spur kommen, denn es waren wieder die Leute des Galerius. Dieser Fürst verließ an demselben Tag noch die Stadt Nikomedien, obgleich es mitten im Winter war. Wenn man ihn hörte, tat er es ganz allein, um nicht durch die Christen verbrannt zu werden. Der Palast wurde wenig beschädigt, weil man sogleich das Feuer löschte. Die Christen wurden ebenfalls dieses zweiten Brandes für schuldig erklärt.

 

Von dieser Zeit an kannte Diokletians Wut keine Schranken mehr. Die unglücklichen Christen mussten die ganze Schwere dieser Wut fühlen. Die schauderhaftesten Peinigungen mussten diejenigen erdulden, die nicht opfern wollten. Valeria, die Tochter des Kaisers und Gemahlin des Galerius, und Prisca, des Kaisers Gemahlin, die beide Christinnen waren, sahen sich in der Gefahr, entweder eines grausamen Todes zu sterben oder den Götzen zu opfern. Sie wurden beide aus schmachvoller Feigheit abtrünnig, aber sie wurden dafür bestraft auf die schrecklichste Weise. Ihr Leben war von nun an ein Gewebe von Unfällen, nach denen sie, auf Befehl des Licinius, öffentlich enthauptet wurden. (Im Jahr 304 hat Licinius die ganze Familie Diocletians und die des Maximian Galerius umbringen lassen.)

 

Die mächtigsten der Kämmerlinge, die bis dahin die Aufsicht des Palastes gehabt und die Räte des Kaisers waren, wurden die ersten Schlachtopfer der Verfolgung. Sie wollten lieber in den Qualen sterben als ihrem Glauben untreu werden. Die Vornehmsten unter ihnen waren: der heilige Petrus, der heilige Gorgonius, der heilige Dorotheus, der heilige Indus, der heilige Migdonius u.a.m.

 

Vom Palast verbreitete sich die Verfolgung über die Kirche von Nikomedien, wo der heilige Anthimus Bischof war. In seinem Triumph begleiteten ihn die Priester und die anderen Diener seiner Kirche, die mit allen ihren Hausgenossen für den Glauben starben.

 

Die gemeinen Gläubigen wurden so wenig als die Geistlichen verschont. In den Tempeln standen Richter, die alle jene zum Tode verurteilten, die zu opfern sich weigerten. Um sie zu peinigen, erfand man neue Werkzeuge. In allen Gerichtshöfen wurden Altäre aufgestellt und niemand konnte den Schutz der Gesetze in Anspruch nehmen, es sei denn, er hat zuerst der christlichen Religion abgeschworen. Man gestattete nicht, sagt Eusebius, dass das Volk kaufte oder verkaufte, Wasser nach Hause trägt, Getreide mahlt, irgendein Geschäft trieb, er habe denn zuvor gewissen Götzen geopfert, die an den Ecken der Straßen, bei den öffentlichen Brunnen, auf den Marktplätzen usw. aufgestellt waren. Aber alle Peinigungen waren unnütz und vergeblich würde man Ausdrücke suchen, die kräftig genug wären, den Mut zu schildern, mit dem eine unzählige Menge Christen für Jesus ihr Leben hinopferten. Truppenweise verbrannte man Personen jeden Standes und jeden Alters. Mehrere wurden enthauptet, andere ins Meer geworfen. Das römische Martyrologium feiert am 27. April das Andenken derjenigen, die bei dieser Gelegenheit die Marterkrone davontrugen.

 

Von Nikomedien ging die Verfolgung in alle Provinzen des Reichs. Es folgte ein Beschluss auf den anderen. Der vierte erschien zu Anfang des Jahres 304. Er befahl, alle Christen zum Tod zu verurteilen, wenn sie in ihrer Religion beharrten. Die Statthalter, sagte Lactantius, sahen es als einen großen Ruhm an, wenn sie über einen Christen siegten. Daher wandten sie auch alle Martern an, die die zynische Grausamkeit erfinden konnte. Das Blut der Christen floss überall. Obgleich Constantius ihnen günstig gesinnt war, so hatte er doch nicht Ansehen und Einfluss genug, um das Ungewitter von Großbritannien, wo er die Befehlsgewalt hatte, abzuhalten. Es wäre um unsere Religion geschehen gewesen, würde sie menschlichen Ursprungs sein. Gott aber, der über seine Kirche wachte, bediente sich zu ihrer Erweiterung derselben Mittel, mit denen die Menschen sie zu vernichten wähnten. Diejenigen, die ihre heftigsten Feinde gewesen waren, erlitten die Strafe, die sie durch ihre Ungerechtigkeit und Grausamkeit verdient hatten.

 

Die Urheber der ersten allgemeinen Christenverfolgungen empfanden ebenso sichtbar die Wirkungen des göttlichen Zornes. Dies ersieht man aus der trefflichen Abhandlung des Lactantius, mit dem Titel: „Von dem Tod der Verfolger.“ Während also die Märtyrer unsterbliche Kronen errangen, trugen ihre Feinde schon in diesem Leben die Strafe ihrer Verbrechen.

 

Erst in der Ewigkeit wird man die unendliche Verschiedenheit zwischen dem wahren und dem falschen Glück sehen. Alsdann wird der Zauber verschwinden und die Dinge werden erscheinen, wie sie in der Wirklichkeit sind. Wir werden die ganze Nichtigkeit der irdischen Größen und den Wert jener sogenannten Leiden, denen unser Leben ausgesetzt ist, erkennen. Weil die Märtyrer die Ewigkeit nie aus ihren Augen verloren hatten, haben sie solchen Mut bewiesen. Fest überzeugt, dass alles in der Liebe Gottes besteht, in der Erfüllung seines Willens und der guten Verwendung der Drangsale dieses Lebens, gingen sie dem grausamsten Tod freudig entgegen. Nichts vermochte sie zu erschüttern, wenn sie bedachten, dass nach diesem Leben alles wieder in seine Ordnung tritt, und ihre Mühseligkeiten durch eine ewige und unermessliche Herrlichkeit belohnt werden.