Zur Zeit der Regierung des Kaisers Lizinius lebte zu Heraklea im Land Pontus ein edler Fürst, Theodorus mit Namen. Die Christgläubigen waren damals außerordentlich hart bedrängt, doch Theodorus, der selbst ein eifriger Christ war, wusste bisher durch sein kluges Wesen von seinem Gebiet die Verfolgungen abzuwenden. Auch bekehrten sich auf sein Zureden und wegen seines tugendsamen Lebens willen viele Heiden zum christlichen Glauben. Es werden vom heiligen Theodorus sehr viele ruhmreiche Taten erzählt. Bei Euchaida soll er einen ungeheuren Drachen erschlagen haben. Dieses Untier ängstigte die ganze Gegend, fraß viel Vieh weg, und bedrohte sogar Menschen. Das Volk schrie zu Theodorus um Hilfe. Aber der heilige Fürst schrie um Hilfe zu Gott. Es geschah, dass ihn, während er lange und inbrünstig betete, der Schlaf überwältigte. Im Schlaf erschien ihm der Engel Gottes, der ihn ermahnte, den Drachen anzugreifen im Namen des Herrn und zu erschlagen. Der Heilige stand sogleich auf, bestieg sein Pferd, und trug ein goldenes Kreuz in seiner Hand. Vor der Höhle des Drachen betete er nochmal inbrünstig zu Gott, dann erhob er sich, und rief mit starker Stimme: „Komm heraus, du grimmiger Drache! Ich beschwöre dich durch den Namen des ewigen Königs, meines Herrn Jesus Christus.“ Ein dumpfes Gebrüll erscholl aus der Höhle, das Ungeheuer kroch hervor, und bereitete sich, einen gewaltigen Anfall auf den Ritter zu wagen. Allein Theodorus besann sich nicht lange, rannte pfeilschnell hinzu, und bohrte dem Drachen seinen Speer mitten in die Brust. Nach dieser Heldentat lobte er den Allerhöchsten, und dankte für den Beistand des Himmels und ritt freudig wieder heim.
Um dieselbe Zeit kam Kaiser Lizinius nach Nikomedien, und hörte dort nicht ohne Neid den ausgebreiteten Ruhm des Theodorus, und nicht ohne Schadenfreude, dass er ein eifriger Christ sei. Der Kaiser ließ ihn durch Abgesandte zu sich berufen. Der heilige Theodorus behielt aber die Abgesandten drei Tage an seinem Hof, und entließ sie mit einem Schreiben an den Kaiser, in dem er ihn, seine Stadt zu besuchen und seine Untertanen mit seiner Gegenwart zu beehren, demütigst einlud. Denn Theodorus ahnte, dass seine Stunde für den Glauben zu sterben gekommen war. Und er wollte lieber unter den Seinigen das letzte Zeugnis seiner Liebe zu Jesus geben, um durch seine Marter sie im heiligen Glauben zu befestigen. Lizinius hielt mit seinen Hofleuten wegen des Briefes Rat, und entschloss sich schließlich, selbst nach Heraklea zu ziehen. Theodorus bereitete sich auf den Tod vor. Und als der Kaiser seinem Gebiet sich näherte, zog er ihm auf dem gleichen Ross entgegen, auf dem er den Drachen erlegt hatte. Der Kaiser stellte sich ihm gegenüber freundlich, und lobte ihn wegen seines Heldenmutes. Aber, sprach er nun, schwere Beschuldigung laste auf ihm, morgen müsste er sich vor dem kaiserlichen Richterstuhl verantworten.
Zur bestimmten Stunde erschien Theodorus vor dem Kaiser, der zu ihm sprach: „Höre Theodorus! Man sagt, dass du ein Christ bist. Es ist dir leicht, diesen Vorwurf zu entkräften. Hier habe ich die Götter Roms aufgestellt, opfere ihnen, damit jedermann sieht, dass du ihr treuer Verehrer bist.“ Der heilige Martyrer antwortete: „Lass die Götter in mein Haus tragen, und morgen, wenn es dir beliebt, sollst du sehen, wie sehr ich deine Götter ehre.“ Der Kaiser ließ es sich gefallen und versprach, Zeuge einer, wie er hoffte, feierlichen Opferhandlung zu sein.
Sobald Theodorus des Kaisers Götzenbilder in sein Haus erhielt, schlug er sie in Stücke, und teilte das Gold und Silber davon unter die Armen aus. Am folgenden Tag begab sich der Kaiser mit seinem ganzen Hofstaat in den Palast des Theodorus, um der feierlichen Anbetung seiner Götter beizuwohnen. Wer will nun das Erstaunen, den Ärger, die Wut des Kaisers beschreiben, als er statt seiner Götter nur herumliegende Trümmer fand! Er ließ den Theodorus alsbald entkleiden und so lange geißeln, bis er ganz mit blutigen Wunden bedeckt war. Höhnisch rief ihm der Kaiser zu: „Warte nur ein wenig, o Theodorus! Dein Gott wird dir bald helfen.“ Der Heilige antwortete: „Mich wird keine Angst, keine Marter von der Liebe Christi abwenden können.“ Der Kaiser ließ ihn mit Kolbenschlagen, dann schrie er ihm wieder zu: „Wo ist denn, o Theodorus, dein Gott hingegangen? Er kommt so lange nicht, dich aus meinen Händen zu erlösen.“ Der heilige Theodorus sprach: „Mein Gott und Herr, Jesus Christus, ist allzeit bei mir. Er ist es, der mir Mut und Kraft gibt, deine Wut zu verachten. Er ist es, der mich stärkt, die Marter mit Geduld zu ertragen, und der meinen Glauben bald mit einem unverwelklichen Siegeskranz belohnen wird.“
Diese heldenmütige Rede reizte noch mehr des Kaisers Zorn. Er gab die grausamsten Befehle, die Marter zu steigern, bis er sich selbst des Mitleids nicht mehr erwehren konnte. Er sprach: „Willst du denn nicht, o Theodorus, dass dir meine Güte in diesen schrecklichen Peinen zu Hilfe kommt?“ Der Heilige antwortete: „Der Herr ist mein Helfer, ich will nicht fürchten, was der Mensch mir tut.“ Um dieser Antwort willen wurde der Kaiser aufs Neue erzürnt. Er ließ Fackeln bringen und den mit Wunden bedeckten Theodorus sengen. Theodorus aber sprach mitten in der Pein: „Wenn du noch tausend Martern an mir versuchst, so frage ich nichts danach. Denn ich bin bereit, nicht allein den Leib, sondern auch meine Seele für den Glauben zu opfern, gleichwie mein Herr, Jesus Christus getan hat. Für die Ehre seines göttlichen Namens will ich gerne den allerbittersten Tod ausstehen.“ Der Kaiser versuchte durch noch grausamere Qualen die Standhaftigkeit des Heiligen zu besiegen, dann ließ er ihn in den Kerker abführen.
Mehrere Tage schmachtete er in dem Kerker. Er war vor Schwäche einem Sterbenden ähnlich. Der leise Atem war noch das einzige Lebenszeichen. Nun kamen die Schergen und schrien: „Erwähle zwischen Zweien Eines: entweder bete die Götter an, oder stirb am Kreuz!“ Theodorus sprach: „Christus ist mein Leben, sterben ist mein Gewinn!“
Da führten ihn die Schergen auf den Richtplatz, banden ihn an ein Kreuz, und richteten es auf. Dann spannten sie ihre Bogen und schossen eine Menge von Pfeilen auf ihn. Sie hatten Befehl, seinen Leib bis zum dritten Tag an dem Kreuz zu lassen. Der heilige Märtyrer war nun durch ein Wunder noch am Leben geblieben. Er sehnte sich nach Erlösung und betete: „O Herr Jesus Christus, du König aller Kreaturen, der du für uns arme Sünder am Kreuz gestorben bist, erhöre meine Stimme, und nimm auf meinen Geist! Lass nicht zu, dass meine Feinde sich rühmen und sagen: „Wo ist dein Gott?“ O Herr, der du zu mir gesagt hast: „Bleibe standhaft, denn ich bin bei dir“, komm mir zu Hilfe, dass der Fürst der Bosheit nicht an mir finde, ihm zugehörig zu sein. Denn du bist mein Gott, den ich geliebt und gesucht habe, und den ich anzuschauen heftig verlange. So steh mir denn bei, o Herr Jesus Christus, und nimm meinen Geist zu dir auf!“
Plötzlich schwebte in himmlischer Klarheit ein Engel herab, löste seine Bande und trug ihn sanft auf die Erde, sprechend: „Trost und Freude sei mit dir, o Theodorus! Siehe! Jesus Christus hat mich zu dir gesandt. Er ist und bleibt bei dir. Er hat es versprochen der Wahrhaftige! Zum Zeichen dessen macht er dich ganz gesund.“ Der Engel verschwand, und allsogleich fühlte sich der Heilige völlig stark und munter. Mit lautem Jubel sagte er seinem Erlöser Dank, und die Umstehenden begleiteten ihn voll froher Verwunderung. Als sie kaum fortgezogen waren, kamen zwei Abgeordnete des Kaisers, die den Leib des Theodorus vom Kreuz nehmen und begraben sollten. Das Kreuz fanden sie leer. Neugierig suchten sie umher, und trafen ihn schließlich auf dem Markt, umgeben von vielen Menschen, denen er das heilige Evangelium verkündete. Die Gnade Gottes erleuchtete die beiden, so dass sie wie mit einem Mund ausriefen: „Wahrhaftig, der Gott der Christen ist ein großer Gott!“ Sie fielen dem Heiligen zu Füßen, und begehrten die heilige Taufe. Nachdem Theodorus sie so gut als möglich unterrichtet hatte, wurden sie samt noch achtzig Seelen getauft.
Der Kaiser Lizinius wurde darüber bald informiert, und schickte sogleich vierzig Bewaffnete, die Neubekehrten und den Theodorus auf der Stelle umzubringen. Sobald sie der Versammlung der Christen, in deren Mitte Theodorus predigte, sich näherten, wurden sie uneins unter sich. Denn ihr Anführer Castus wurde mit einem Teil der Soldaten gläubig, und lobte laut Christus den Herrn. Die übrigen Soldaten kehrten unverrichteter Sache zurück. Theodorus ging aber umher, redete mit Begeisterung den Heiden zu, dass sie sich zu Christus wenden, und die falschen Götter verlassen sollten. Außerordentliche Wunder und Zeichen, die er an den Kranken tat, unterstützten seine Worte, und halfen zur Bekehrung vieler.
Der Kaiser war wütend, und schickte in großem Zorn einen seiner Schergen, der den Theodorus, wo er ihn immer antreffe, enthaupten solle. Theodorus redete eben mit einem seiner Freunde und bat, seinen Leib nach überstandener Marter wegzunehmen und zu Euchaide zu begraben. Jetzt kam der Henker mit gezücktem Schwert, und wollte den Heiligen töten. Theodorus erbat sich nur einige Augenblicke Frist, um zu beten. Da erhob er Augen und Hände mit großer Andacht zum Himmel, und sprach: „O du allmächtiger König, Herr Jesus Christus, durch dessen göttliche Kraft alle erschaffenen Dinge des Himmels und der Erde erhalten und regiert werden, erhöre mich und nimm zu dir meinen Geist. Errette mich aus der Gewalt des schrecklichen Fürsten der Finsternisse, und lass mich zu dir in Ruhe und Frieden kommen. Gedenke nicht an die Sünden meiner Jugend, und vergiss meine Unwissenheit. Sende deine heiligen Engel, dass sie meine Seele aufnehmen, und zu dir führen, der du mit dem Vater und dem Heiligen Geist lebst und regierst in Ewigkeit. Amen.“ Jetzt bezeichnete er sich mit dem Zeichen des heiligen Kreuzes, und der Henker schlug mit seinem Schwert, und das Haupt fiel, aber die schöne Seele fuhr auf in die ewige Freude.
Der fromme Eugerius erfüllte den Willen des heiligen Martyrers, und begrub den Leichnam auf seinem Landgut, wo später eine prachtvolle Kirche über sein Grab gebaut wurde.