Heiliger Wulstan von Worcester, Bischof und Bekenner OSB, + 19.1.1095 – Fest: 19. Januar

 

Der heilige Wulstan wurde zu Jcentum in der Grafschaft Warwick geboren. Da ihm in seiner Jugend der Anblick einer tanzenden Frau einige Versuchungen verursacht hatte, legte er sich auf Dornensträucher und weinte bitterlich über seine Armseligkeiten und über die Gefahr, der er ausgesetzt war. Seit jener Zeit wurde ihm die Gnade von Gott zuteil, so genau und streng über seine Sinne zu wachen, dass er niemals mehr ähnliche Versuchungen empfand. Seine wissenschaftliche Bildung begann er im Kloster Evesham und beendete sie zu Peterborough. Nachdem sein Vater und seine Mutter mit beiderseitiger Einwilligung sich dem frommen Klosterleben gewidmet hatten (Der Vater des Heiligen hieß Athelstant und seine Mutter Wulfgeva. Er zog sich in ein Männer-, sie in ein Frauenkloster zurück, die beide in der Stadt Worcester lagen.), unterzog er sich der Leitung des Bischofs von Worcester, Britheg, der ihn zur Priesterwürde erhob. Dieses erhabene Amt schien unserem Heiligen eine neue Verpflichtung zu sein, immer mehr in der Vollkommenheit voranzuschreiten, und er bemühte sich noch eifriger, als vorher, zu beten. Die strenge Lebensweise der Mönche konnte mit derjenigen, die dieser fromme Priester mitten in der Welt führte, nicht verglichen werden. Anfangs erlaubte er sich den Genuss des Fleisches, bald aber versagte er sich auch den. Einige Zeit danach trat er in die große Abtei von Worcester, die er durch die Unschuld und Heiligkeit seines Lebens erbaute. Man vertraute ihm da zuerst den Unterricht der Kinder an, dann wurde er Vorsänger und in der Folge Schatzmeister der Kirche. In den beiden letzteren Ämtern heiligte er sich besonders durch Gebet und lange Nachtwachen. Oft geschah es, dass er ganze Nächte in der Kirche zubrachte. Seiner Demut ungeachtet, die ihn immer bewog, nur die niedrigsten Stellen zu suchen, wurde er zuletzt noch zum Prior des Klosters und dann 1062, nachdem Aldred zum Erzbistum von Yorck befördert worden war, zum Bischof von Worcester erwählt.

 

Unser Heiliger erfüllte zur Auferbauung der Kirche Gottes alle Pflichten seines bischöflichen Amtes, und obgleich er mehreren hinsichtlich der Wissenschaften nachzustehen schien, unterließ er jedoch nicht das Wort Gottes zu verkündigen, wozu ihm eine solche Würde und Salbung gegeben war, dass er seine Zuhörer bis zu Tränen rührte. Der Psalter war sein Lieblingsbuch. Auch pflegte er diese heiligen Gesänge selbst auf seinen Reisen zu beten, um sich durch ihren tiefen Sinn zu erbauen. Kam er vor eine Kirche oder Kapelle, so ging er nie vorüber, ohne zuerst seine Seele in heiligen Empfindungen vor Gottes Gegenwart ausgegossen zu haben. Und sein Gebet war jedes Mal so innig und glühend, dass er nie, ohne viele Tränen zu vergießen, zurückkehrte.

 

Wilhelm, der Eroberer, der nur auf die Treue der Normänner zählte, gab ihnen die ersten Stellen in der Kirche und im Staat, nachdem er die Geistlichkeit und den Adel Englands derselben beraubt hatte. Der heilige Wulstan behielt seinen bischöflichen Stuhl durch ein Wunder, das sich auf folgende Weise soll zugetragen haben. Auf einer z Westminster gehaltenen Synode, auf der Lanfrancus, Erzbischof von Canterbury, den Vorsitz hatte, befahl man dem heiligen Wulstan zu erscheinen und seinen Bischofsstab und seinen Ring zurückzugeben. Als Grund führte man seine Einfalt und Untauglichkeit zur Geschäftsführung an. „Es ist wahr,“ sagte der heilige Bischof, „das bischöfliche Amt übersteigt meine Kräfte. Da mir aber diese Bürde durch den König Eduard, im Einverständnis mit dem Hl. Stuhl, aufgelegt worden ist, so muss ich auch ihm meinen Hirtenstab wieder zurückgeben.“ Sogleich entfernte er sich, steckte ihn in Eduards Grabstein, der in der Kirche von Westminster liegt, und zog sich dann unter die Mönche zurück. Man wollte den Bischofsstab herausreißen, allein man vermochte es nicht. Wulstan wurde hierauf wieder zurückberufen, mit dem Befehl, ihn wieder zu nehmen. Kaum hatte er ihn aber mit seiner Hand berührt, als er, wie von sich selbst, herausging. Wilhelm, betroffen durch dieses Wunder, hielt den Heiligen danach immer in hohen Ehren. Lanfrancus ließ ihm nicht nur das Bistum, sondern gab ihm auch noch den Auftrag, statt seiner das Bistum von Chester zu besuchen.

 

Wenn sich die Engländer über die Unterdrückung, unter der sie litten, bei dem Heiligen beklagten, pflegte er zu sagen: „Es ist eine Züchtigung, die euch Gott zuschickt, um euch wegen eurer Sünden zu bestrafen. Ihr müsst sie daher mit Geduld ertragen.“ Er hatte eine zärtliche Liebe zu seiner Herde, und besonders zu den reumütigen Sündern. Wenn sie zu ihm kamen, und vor ihm das Bekenntnis ihrer Unordnungen ablegten, nahm er sie mit väterlichem Herzen auf, und vereinigte seine Tränen mit ihren. Er starb 1095, nachdem er 32 Jahre das Bischofsamt bekleidet und ein Alter von 87 Jahren erreicht hatte. Im Jahr 1203 wurde er unter die Zahl der Heiligen erhoben.