Heiliger Norbert, Erzbischof von Magdeburg, Ordensstifter, + 6.6.1134 – Fest: 6. Juni

       

Die Barmherzigkeit Gottes kennt mancherlei Mittel, um die Verirrten auf den rechten Weg zurückzuführen und aus ihnen geeignete Werkzeuge zur Förderung seiner heiligen Absichten zu bilden. Ein solches Werkzeug in der Hand des Allbarmherzigen war der heilige Norbert. Zu Xanten im Herzogtum Cleve um 1082 aus vornehmem Geschlecht geboren, war er als schöner, reicher, heiterer und fein gebildeter junger Mann allgemein beliebt. Zwar ließ er sich zum Subdiakon weihen und genoss als Kanonikus seiner Vaterstadt eine einträgliche Pfründe, lebte aber am Hof des Erzbischofs Friedrich von Köln und des Kaisers Heinrich V. mehr den Vergnügungen, als seinem Beruf.

 

Als er einst zu einer Lustbarkeit über Land ritt, überraschte ihn ein furchtbares Gewitter, ein Blitz fuhr gerade neben ihm nieder, das prächtige Ross bäumte sich auf, warf seinen Reiter ab und ging durch. Einige Zeit lag er bewusstlos am Boden. Als er sich erhob, fiel er auf die Knie und rief, wie einst Saulus von Damaskus: „Herr, was willst du, das ich tun soll?“ Der bessere Geist sagte ihm: „Meide das Böse, tue das Gute, suche den Frieden und richte dahin all dein Tun!“

 

Norbert vertauschte seine kostbaren Kleider mit einem härenen Bußkleid, fastete streng bei Wasser und Brot, legte eine Lebensbeichte ab und bereitete sich im Kloster Siegburg bei Köln unter Leitung des frommen Abtes Conon durch eifriges Studium der Heiligen Schrift auf die Priesterweihe vor.

 

32 Jahre alt empfing Norbert die Priesterweihe und hielt bei seiner Primiz in Xanten eine erschütternde Predigt über die Eitelkeit der Welt, die Kürze des menschlichen Lebens und der Strafgerechtigkeit Gottes, dass das anwesende Volk zu Tränen gerührt wurde. Am anderen Tag rügte er in einer Predigt vor den versammelten Chorherrn die eingerissenen Missbräuche. Dafür wurde er beim päpstlichen Legaten als Neuerer und Heuchler verleumdet und von einem niederen Kleriker sogar angespuckt. Geduldig nahm Norbert die Schmach hin, übte noch fleißiger das Gebet mit Fasten und Wachen und fand seine Freude in der Darbringung des heiligen Messopfers. Mit unermüdlichem Eifer predigte er und ließ sich durch Widersprüche nicht abschrecken. Auf der Synode zu Fritzlar 1118 musste er sich gegen die Anschuldigung verteidigen, dass er ein Mönchshabit trage, ohne Mönch zu sein, und dass er sich das Predigtamt angemaßt habe. Die Verteidigung war ihm leicht. Um aber niemand Grund zur Klage zu geben, legte er seine Pfründen nieder, verkaufte alle seine Güter, verteilte den Ertrag unter die Armen und pilgerte barfuß und in härenem Bußkleid nach St. Gilles in Languedoc, wo er Papst Gelasius II. traf, der ihm die Vollmacht erteilte, zu predigen, wo immer er wollte.

 

Mitten im Winter zog Norbert barfuß, streng fastend und predigend von St. Gilles nach Valenciennes. Drei Schüler gesellten sich ihm zu, erlagen aber bald der harten Lebensweise in seligem Tod. Dafür gewann er an Hugo, einem Hofkaplan seines Jugendfreundes Burkhard, Bischof von Cambrai, einen treuen und seeleneifrigen Schüler. Mit ihm setzte Norbert seine Missionstätigkeit fort und gewann zahllose Seelen für das Reich Gottes. Kam er in die Städte oder Dörfer, so wurden die Glocken geläutet, alles eilte zur Kirche und wohnte seiner heiligen Messe und Predigt bei. Er ermahnte zur öfteren Beichte, zu Eifer im Dienst Gottes und im Gebet, zur Treue im Beruf, zur Versöhnlichkeit und Beharrlichkeit im Guten. Zahlreiche Bekehrungen krönten die eindringlichen Predigten. Besonders war ihm die Gabe eigen, entzweite Gemüter wieder zu versöhnen und Frieden zu stiften.

 

Im Jahr 1119 besuchte Norbert der Papst Calixtus II. zu Reims, als dieser dort ein Konzil abhielt. Die versammelten Bischöfe, Äbte und der Papst empfingen ihn sehr ehrenvoll. Der Papst bestätigte die ihm von seinem Vorgänger erteilte Vollmacht zum Predigen und empfahl ihn dem Bischof Bartholomäus von Laon zur Fürsorge. Dieser bat den Heiligen, an einem beliebigen Ort seiner Diözese ein Kloster zu bauen. Norbert wählte das das wilde Tal Prémonstré im Wald von Coucy zur Niederlassung. So entstand 1120 die erste Stiftung des Ordens der Prämonstratenser oder Norbertiner nach der Regel des heiligen Augustinus, die die Seelsorge und Predigt mit den Pflichten der Kanoniker verbinden sollten. Die Mönche trugen ein weißwollenes Ordensgewand, zur Erinnerung, dass sie beim heiligen Opfer und bei der Sendung der heiligen Sakramente die Reinheit der Engel vertreten sollten. Außerdem schrieb er strenges Fasten, Stillschweigen und gastliche Pflege der Armen vor.

 

Der neue Orden gewann von Tag zu Tag an Umfang und Ansehen. Der Zudrang gottbegeisterter Männer steigerte sich dergestalt, dass in kurzer Zeit eine Menge blühender Klöster entstanden. Norbert reiste in Frankreich, Flandern und Deutschland umher, um auf den Ruf von Geistlichen, Gemeinden und Fürsten das Wort Gottes zu verkünden und Klöster zu stiften. In der Bestätigungsurkunde des Norbertinerordens durch Papst Honorius II. vom Jahr 1126 wurden bereits acht Abteien genannt, Prémonstré, Laon, Viviers, Floreff im Bistum Lüttich, Cappenberg in Westfalen, Elostadt in der Diözese Mainz, St. Annalis in der Doözese Metz und St. Michael in Antwerpen. Im Jahr 1141 zählte man bereits 100 Prämonstratenserklöster, im 15. Jahrhundert über 1000 Abteien, 300 Propsteien und 500 Frauenklöster. Norbert hatte nämlich, unterstützt und ermutigt durch seinen Freund, den heiligen Bernhard, auch für Frauen einen Orden nach der strengen Regel des heiligen Augustin gestiftet und der Zudrang war trotz der strengen Zucht so stark, dass noch zu Lebzeiten des heiligen Norbert über 10000 Frauen und Jungfrauen vorzugsweise aus den vornehmen und reichen Ständen sich in den neuen Orden aufnehmen ließen.

 

Um diese Zeit verbreitete ein gefährlicher Schwärmer, namens Tanchelin, in Belgien Irrtümer der ärgsten Art. Er verwarf das Priestertum, das heiligste Altarsakrament, verbot den kirchlichen Zehnten zu entrichten, gab sich für Gott aus, in dem die Fülle des heiligen Geistes sei, ließ sich einen Tempel errichten und trieb öffentlich mit Frauen und Jungfrauen die empörendsten Ausschweifungen. Wie ein König, in Purpur und Gold gekleidet und von 3000 Bewaffneten umgeben, verbreitete er seine Irrtümer und wusste durch Schmeichelreden und üppige Mahlzeiten die Opfer seiner Wollust zu ködern. In dieser Not rief der Bischof von Cambrai seinen Freund Norbert zu Hilfe. Dieser erschien mit tüchtigen Arbeitern seines Ordens und es gelang ihm in kurzer Zeit, die Ketzerei auszurotten. Voll Sanftmut und Wohlwollen rief er den Verirrten zu: „Wundert euch nicht, meine Brüder und Schwestern, ihr habt nur aus Unwissenheit geirrt; weil ihr keinen Unterricht hattet, habt ihr die Lüge für Wahrheit gehalten.“ Solche Worte und die heiligen Werke des Bußpredigers bewirkten, dass Männer und Frauen die heiligen Hostien, die sie zehn, fünfzehn und mehrere Jahre in Kisten und Löchern versteckt hatten, herbeibrachten. Für die vielfachen Verunehrungen des Allerheiligsten wurde ein Sühnefest gefeiert, und die Verehrung des heiligsten Altarsakramentes entzündete von neuem die Herzen. Die St. Michaelskirche nebst einigen Häusern wurde ihm überwiesen und es entstand daraus eine berühmte Prämonstratenserabtei.

 

In Angelegenheiten des Grafen Theobald von Champagne reiste Norbert zum Kaiser Lothar II., der gerade einen Reichstag zu Speier hielt. Sächsische Abgeordnete hörten Norbert predigen und wünschten ihn zum Erzbischof von Magdeburg. Die Demut Norberts sträubte sich gegen diese Auszeichnung, musste aber schließlich dem Drängen des Kardinallegaten Gerhard und des Königs Lothar nachgeben. Barfuß und in ärmlicher Kleidung hielt er seinen Einzug in Magdeburg. Als der Festzug sich von der Kirche zum erzbischöflichen Palast wandte, wollte der Türsteher, der ihn nicht kannte, den arm gekleideten Fremden nicht einlassen. Eines besseren belehrt, wollte der Diener die Flucht ergreifen, aber lächelnd rief ihm der Heilige zu: „Fliehe nicht, mein Bruder, du kennst mich besser, als jene, die mich Armen und Geringen zu diesem hohen Palast genötigt haben.“

 

Der neue Erzbischof führte sein armes, bußfertiges Leben fort, predigte mit Wärme, drang mit Festigkeit auf Abstellung der Missbräuche, strafte die Widerspenstigen und führte seinen Orden auch in Magdeburg und an anderen Orten ein. Diese Umgestaltung war mehreren Geistlichen ein Dorn im Auge, sie hassten und schmähten ihren Bischof, wiegelten das Volk auf und dingten Meuchelmörder. Aber Gott offenbarte seinem treuen Diener den Mordplan und er sah sein Verlangen nach dem Martertod nicht erfüllt. Großmütig verzieh er seinen Feinden. Nach drei Jahren unausgesetzter Mühen und inbrünstiger Gebete gelang es ihm, die Missbräuche abzustellen und Ordnung und Kirchenzucht neu zu begründen.

 

Im Jahr 1132 reiste er mit König Lothar II. nach Italien und bot mit dem heiligen Bernhard all sein Ansehen auf, dass Papst Innocenz II. wieder eingesetzt und Lothars Haupt mit der Kaiserkrone geschmückt wurde. Voll Freuden sah er die Wiederherstellung der Ordnung. Auf der Rückkehr aus Italien erkrankte er schwer und starb nach viermonatlichem Leiden am 6. Juni 1134. Papst Gregor XIII. setzte ihn 1582 in die Zahl der Heiligen. Sein Leichnam wurde bis zur Einführung der Reformation in Magdeburg hochverehrt, dann aber vom Kaiser Ferdinand II. im Jahr 1627 feierlich nach der Norbertiner-Abtei in Prag übertragen. 

 

 

Bekehrung des hl. Norbert