Gottseliger Matt Talbot, Drittordensbruder, Büßer, Patron der Trinker und Suchtkranken, + 7.6.1925 – Gedenktage: 7. Juni / 19. Juni

 

So wie es einen ersten Heiligen in Gehrock und Lackschuhen gibt, den seligen Contardo Ferrini, so gibt es auch einen im kalkbespritzten Arbeitskittel, den Maurer Matt Talbot, der ein ganz eigenartiges Heiligenleben geführt hat. Zunächst muss von Matt Talbot berichtet werden, dass er als junger Mann von der Heiligkeit weit entfernt war. Die Eltern, bettelarme Leute, gehörten dem Arbeiterstand an und wohnten in der irischen Hauptstadt Dublin, wo Matt, was auf Deutsch wohl Matthäus oder Matthias heißt, im Jahr 1856 geboren wurde. Obwohl der Junge einen gescheiten Kopf hatte, brachte er es nur bis zum Lesen und Schreiben. Für ein weiteres Lernen blieb keine Zeit, und mit zwölf Jahren musste er sich als Laufbursche und Handlanger das tägliche Brot selbst verdienen. Zur gleichen Zeit begann auch sein Unglück.

 

Man begeht keine Ehrabschneidung, wenn man sagt, dass das Hauptübel des irischen Volkes vor hundertfünfzig Jahren in der Trunksucht bestand. Auch Matt Talbot verfiel dem Laster. Gewissenlose Gesellen ließen es sich angelegen sein, ihn zum Trinken zu verleiten, und der Erfolg blieb ihnen leider nicht versagt. Aus dummer Großmannssucht tat Matt mit, und bald soff er wie ein Alter, und haltlos glitt er schnell in die schreckliche Sucht. Wenn ihn jeweils nach einem schweren Rausch der Katzenjammer quälte, so ekelte er sich wohl vor sich selbst und versprach der jammernden Mutter hoch und heilig, sich zu bessern, aber sein Vorsatz hielt nie länger als bis zum nächsten Lohntag. Aus dem anfänglichen Gelegenheitstrinker entwickelte sich ein Gewohnheitssäufer, der einmal sogar die Schuhe von den Füßen für billiges Geld verkaufte, nur um an Schnaps zu kommen. Das rotaufgedunsene Gesicht und die zittrigen Hände des erst vierundzwanzigjährigen jungen Mannes redete eine klare Sprache und deuteten darauf hin, dass sich bald auch an ihm das Sprichwort bewahrheiten werde: „Wer im Galopp lebt, fährt im Trapp zum Teufel.“

 

Förmlich über Nacht setzte die Wende ein, und der Trinker rührte fortan kein Glas mehr an. Wie es dazu kam, wird wohl nie geklärt werden können, aber die Tatsache, dass Matt Knall auf Fall ein anderer wurde, steht unleugbar fest. Nach außen hin gab sich der junge Maurer wie bisher. Es fiel nur auf, dass er nie mehr betrunken war, dass er aller Neckerei zum Trotz beim Umtrunk auf der Arbeitsstelle die Schnapsflasche unbenutzt vorübergehen ließ und dass er den kirchlichen Pflichten, die er zehn Jahre lang versäumt hatte, wieder treu nachkam. Im Übrigen aber blieb Matt der alte, liebe und freundliche Kamerad, der jedem half, unter der Arbeit gern ein Lied sang und alle mit seinem ansteckenden Humor auch über die trostloseste Lage hinwegbrachte. Auf diese Weise verdeckte Matt Talbot in männlich schöner Art das heiligmäßige Leben, das er im Geheimen führte und das nur durch einen Zufall erst bei seinem Tod bekannt wurde.

 

Am 7. Juni 1925 brach Matt Talbot siebzigjährig auf der Straße tot zusammen. Als man die Leiche für das Begräbnis herrichtete, stellte man fest, dass der Tote eine schwere eiserne Wagenkette um den Leib trug – eine Bußkette. Man staunte und forschte nach und stieß dabei auf ein neuzeitliches Heiligenleben von ganz eigener Prägung.

 

Was nämlich Matt Talbot in jungen Jahren durch Unmäßigkeit gesündigt hatte, suchte er in harter Buße durch den Verzicht auf die erlaubten Freuden des Lebens zu sühnen. Seit seiner Lebensbesserung gab er nicht nur das Trinken, sondern auch das Rauchen auf, las keine Zeitung mehr, verzichtete auf die Ehe, gönnte sich bei zehnstündiger Schwerarbeit täglich bloß eine volle Mahlzeit am Abend und schlief nur drei Stunden, während er den Rest der Nacht auf den Knien verbrachte. Auf diese Weise hat Matt Talbot die Verfehlungen der Jugend gesühnt, still und verborgen, herrlich und groß, und auch die Tatsache kam erst nach dem Hinscheiden an den Tag, dass er durch seine Sparpfennige vier junge Männer zu Priestern und Missionaren heranbilden ließ. Sollte die Kirche, was zu erwarten ist, Matt Talbot eines Tages zur Ehre der Altäre erheben, so hat dieser neuzeitliche Arbeiterheilige den Beweis erbracht, dass der Christ auch in der Gegenwart und auch im Arbeiterstand heilig werden kann.

 

1931 eröffnete der Dubliner Erzbischof eine Untersuchung, um die einsetzenden Forderungen nach seiner Heiligsprechung zu überprüfen. Der Seligsprechungsprozess wurde 1947 eingeleitet. 1972 wurde sein Grab in die Kirche Unserer Lieben Frau von Lourdes in dem Dubliner Stadtteil übertragen, wo Talbot sein Leben verbracht hatte. 1975 erklärte ihn Papst Paul VI. zum Ehrwürdigen Diener Gottes. 1978 wurde im Dubliner Stadtzentrum die Talbot Memorial Bridge über der Liffey eröffnet. An ihrem Südende steht seit 1988 ein Denkmal Talbots.

 

Bei nordamerikanischen Katholiken, die beruflich oder als Betroffene mit Alkoholmissbrauch zu tun haben, ist die Verehrung Talbots sehr verbreitet. In den USA tragen einige Einrichtungen der Suchtberatung und -hilfe seinen Namen. Im australischen Sydney versorgt das 1938 gegründete Matthew Talbot Hostel täglich 600 obdachlose Männer mit einer warmen Mahlzeit.

 

Siehe auch hier: https://bistum-augsburg.de/Heilige-des-Tages/Heilige/MATT-TALBOT

oder hier: http://www.kath-info.de/talbot.html