Heiliger Bartholomäa Maria Capitanio, Nonne, Ordensstifterin, Italien, + 26.7.1833 – Fest: 26. Juli

 

Bartholomäa Capitanio (später Stifterin einer Erziehungs-Anstalt unter dem Namen: „Töchter der christlichen Liebe“) war zu Lovere, einem Dorf am Iseo-See am 13. Januar 1807 geboren und nach ihrem elften Lebensjahr von ihren Eltern den Klosterfrauen des Dorfes zur weiteren Erziehung anvertraut.

 

Das Mädchen war noch nicht lange in jener heiligen Zufluchtsstätte, da geschah es, dass eine Lehrerin, voll Eifer für das Heil ihrer Schülerinnen, eines Tages alle um sich versammelte, und, wie sie es zu gewissen Stunden zu tun pflegte, anfing, vom Wert einer guten Erziehung zu sprechen, von unserer Pflicht, die von Gott verliehene Zeit zu benützen, mit der Gnade mitzuwirken, und von anderen ähnlichen Dingen der Erbauung, und die zarten, unschuldigen Seelen horchten ihr zu mit aller Stille und Aufmerksamkeit.

 

Am Ende dieser Ermahnungen stellte sie die Frage: „Welche von euch möchte eine Heilige werden?“ „Ich, ich,“ antworteten alle mit einer Stimme. „Nun gut,“ setzte die weise Lehrerin bei: „Und welche von euch wird zuerst eine Heilige werden?“ Bei dieser neuen Frage sah man an jenen kleinen Engeln einen Wettstreit des Himmels, der auch die kältesten Herzen zur Andacht bewegt haben würde. Eine jede erklärte, sie wolle die erste sein. Deswegen kam die Lehrerin, die über diesen edlen Wetteifer hoch erfreut war, der Gedanke, die Sache durch das Los mit ungleichen Strohhälmchen entscheiden zu lassen.

 

Man brachte also so viele Strohhälmchen, als Teilnehmerinnen des Spiels waren, und es wurde festgesetzt, dass die die erste sein sollte, die den längsten Strohhalm ziehen würde. Die Lehrerin hielt alle Stücklein in Händen, und alle standen dicht um sie her, voll Erwartung ihr Los zu ziehen, und jede wäre gerne die Glückliche gewesen. Endlich nachdem das Ziehen beendigt war und man die gezogenen Stücklein verglich, fand es sich, dass Bartholomäa den längsten Halm gezogen hatte.

 

Wenn die Gefährtinnen deswegen den Mut nicht verloren, und es doch für ihre Pflicht hielten, miteinander im Guten zu wetteifern, so war Bartholomäa andererseits höchst erfreut über das Los, das ihr zugefallen war.

 

Und was hatte sie um den Erwerb dieses Loses getan? Sie hatte, wie sie selbst einmal derselben Lehrerin bekannte, sobald sie ihren Vorschlag vernommen hatte, sich sogleich innerlich zu Maria gewendet, und im Herzen einige Ave gebetet, um von ihr die Gnade zu erlangen, das größte Hälmchen zu ziehen. Sie versprach dabei zugleich, sich alle Mühe zu geben, um ja gewiss eine Heilige zu werden. Und als sie sich erhört sah, fühlte sie sich in ihrem Herzen ungewöhnlich bewegt und ein besonders großes Vertrauen und zärtliche Liebe zur göttlichen Mutter.

 

Bartholomäa erzählte diesen Vorfall später auch einer Freundin, die mit Erziehung der Mädchen sich beschäftigte, um sie zu ermuntern, ähnliche fromme Kunstgriffe in ihrem Beruf manchmal zu gebrauchen, die anscheinen nur Spiele und unterhaltend sind, aber den Erwerb der Tugenden beabsichtigen und oftmals die erfreulichsten Wirkungen hervorbringen.

 

Schon als Zögling im Kloster hatte sie sich eine bestimmte Anzahl Gebete und Bußwerke zu Ehren Mariens auf jeden Tag festgesetzt, die sie unfehlbar verrichtete.

 

Als sie aus dem Kloster kam, suchte sie die Liebe und Andacht zu Maria bei allen, die sie kannte, zu wecken und zu beleben. Die Mädchenschule, die Bartholomäa auf den Rat ihrer Vorgesetzten nach ihrem Austritt aus dem Klosterinstitut im elterlichen Haus 1825 eröffnete, bot ihr ein weites Feld, diese Andacht in den Mädchen und Jungfrauen zu pflegen und durch sie in die Familien zu verpflanzen. Besonders war sie erfinderisch, neun- und dreitägige Andachten zu verfassen, Tugendkränze, Aufopferungen und andere Gebetsübungen, die ihr die Liebe zu Maria eingab, und so mannigfaltig und reizend waren diese Übungen, dass alle, denen sie in die Hände kamen, dafür eingenommen wurden und Abschriften davon zu erhalten suchten, um sie gleichfalls vornehmen zu können. Diese Abschriften, die sie größtenteils selbst machen musste, verursachten ihr oft nicht geringe Ungelegenheit. Aber so groß war der Trost und die Freude, die sie empfand, wenn sie Maria geehrt sah, dass sie mit Abschreiben der Andachten und Gebetsübungen manchmal ganze Nächte zubrachte.

 

Maria zeigte sich auch dankbar gegenüber ihrer liebenden Pflegetochter. Bartholomäa versicherte öfters, dass sie sicher sei, alle Gnaden, die sie mit besonderem Vertrauen von der seligsten Jungfrau begehrte, zu erhalten: sie habe hierüber die beständige Erfahrung gehabt. Besonders war der Monat Mai, den die Frömmigkeit der Gläubigen Maria geweiht hat, für Bartholomäa eine Zeit der innigsten und heiligsten Freude und verdoppelter Andacht.

 

Die Erziehungsanstalt, die sie gründete, und die unter dem Namen „Töchter der christlichen Liebe“ bekannt ist und so unendlich viel Gutes stiftete, stellte sie unter den besonderen Schutz Unserer Lieben Frau und hinterließ ihr als ein segenvolles Erbteil eine besondere Liebe und Andacht zu Maria. Die heilige Bartholomäa Capitanio starb in einem Alter von sechsundzwanzig Jahren, am 26. Juli 1833, neben dem Kruzifix das Bild der allerseligsten Jungfrau in ihren Händen haltend, auf die sie abwechselnd die zärtlichsten Küsse drückte, und die liebsten Namen ihres himmlischen Bräutigams Jesus und ihrer lieben Mutter Maria aussprechend.