Seliger Benedikt von Urbino, Volksmissionar, Kapuziner, + 30.4.1625 - Fest: 30. April

       

Unsere geistliche Mutter, die heilige Kirche, lässt zur Belehrung und Erbauung ihrer Kinder die Heiligen und Seligen bildlich so darstellen, dass man ohne viel Schwierigkeit aus den Darstellungen auch die Haupttugenden dieser christlichen Vorbilder abnehmen kann. Der selige Kapuzinerpriester Benedikt von Urbino wird gewöhnlich abgebildet, kniend vor dem Tabernakel, versunken in Andacht und Anbetung, wie einer der vierundzwanzig Ältesten vor dem Thron des Lammes in der Geheimen Offenbarung des heiligen Johannes.

 

Man kann einen zweifachen goldenen Tabernakel unterscheiden, dem gegenüber im christlichen Leben sich die eucharistische Andacht in besonderer Weise auswirken soll. Der goldene Tabernakel in der Kirche, worin umgeben von den anbetenden Engelchören das heilige Altarsakrament eingesetzt ist, und der goldene Tabernakel im Menschenherzen, worin geistiger Weise die heilige Eucharistie eingesetzt wird, um den Christen durch getreue Tugendnachfolge Jesu Christi in einen wahren Jünger des göttlichen Heilandes umzuwandeln. Den Weg dazu finden wir vorgezeichnet im Leben unseres Seligen.

 

Einem alten Adelsgeschlecht der Fürsten von Passionei in Urbino abstammend, ein naher Verwandter der Päpste Innozenz VIII., Alexander VII. und Klemens XI., musste der junge, hochbegabte Edelmann während seiner Jugend- und Studienjahre auf der Universität den ganzen verführerischen Reiz der Welt überwinden. Doch er kannte keinen anderen Weg als den zur Kirche und zur Schule. In dem zügellosen Treiben und Austoben seiner Studiengenossen erschien er als ein Engel von Reinheit und Frömmigkeit. Das ewige Licht vor dem Tabernakel ließ ihm die Scheinfreuden, Scheingüter und Scheinehren dieser Welt in ihrer armseligen Wirklichkeit erscheinen und leuchtete dem jungen Gott- und Glücksucher als Leitstern auf dem Weg der christlichen Vollkommenheit. Die Frömmigkeit ist zu allem nütze, schreibt einmal der Apostel, und sie förderte auch die Studienfortschritte, so dass der junge Student bald mit dem Doktorat der Rechtswissenschaften ausgezeichnet wurde. Auf Wunsch der Verwandten wollte er die Laufbahn der kirchlichen Würden beginnen, allein eine höhere Berufung führte ihn in den armen, demütigen Franziskusorden der Kapuziner. Wohl suchten die weltklugen Anverwandten diesen Schritt zu hintertreiben, doch wie bald mussten sie erkennen, dass sie vielleicht einen Kirchenfürsten verloren hatten, dafür aber einen Seligen gewonnen.

 

Nach dem Empfang der heiligen Priesterweihe bemühte sich Pater Benedikt nicht bloß im priesterlichen Amt sich ganz dem Dienst des Altares und Tabernakels zu widmen, sondern auch selbst seinem Priesterideal, ein „zweiter Christus“ zu werden, nachzukommen. Der goldene Tabernakel seines Herzens schmückte sich mit allen Ordens- und Priestertugenden. Beständig brannte darin das Ewige Licht und heilige Opferfeuer der erhabensten Gottes- und Nächstenliebe. Mit den heiligen Engeln verband er sich zu fortwährender wirklicher oder doch geistiger Anbetung Jesu Christi im allerheiligsten Altarsakrament. Diese Gebetsweihe verklärte den Seligen mit einem gewissen mystischen Glanz und machte den „Seraph vor dem Tabernakel“ zu „Cherub mit dem Flammenschwert“ auf der Kanzel für Gottes Ehre und der Seelen Rettung. Ununterbrochene, freiwillige Bußwerke für die Bekehrung der Sünder, das eigene gute Beispiel heldenmütiger Tugend krönten den apostolischen Seeleneifer mit reichem Erfolg. Diese priesterliche Vollkommenheit bestimmte auch den heiligen Ordensgeneral Laurentius von Brindisi den Seligen als Gefährten mitzunehmen auf seine apostolischen Missionsreisen nach Böhmen zur Festigung der schwer bedrängten Gläubigen und zur Bekehrung der abtrünnigen Hussiten. Nach drei Jahren schwerer, opfervoller Arbeit in diesem dornigen, verwilderten Weinberg des Herrn wurde Pater Benedikt wieder nah Italien zurückgeschickt, um wichtige Ordensämter zu übernehmen. Wie die Kraftstrahlen eines Magneten, so teilte sich das Gottvertrauen in den größten Nöten, die strenge Observanz und die heilige Freudigkeit des Oberen auch den Seelen der Untergebenen mit. Immer mehr begriffen sie das wundermächtige Losungswort des Seligen: „Wer auf Gott fest hofft und vertraut, kann nicht verloren gehen.“ Er sah in die Zukunft mit prophetischen Blick, er griff mit Wundermacht ein in den Gang der Natur. Endlich, als der Selige seine große Lebensmission der Förderung der Anbetung vor dem goldenen Tabernakel in den Kirchen und der Tugendausstattung der lebenden Tabernakel in den Christenherzen vollendet, durfte er in hohem Alter eingehen zur ewigen Anbetung vor dem Thron des Lammes im Himmel.

 

Christliche Seele! Auch du bist berufen zum Engelsdienst der Anbetung vor dem Tabernakel in der Kirche. Hast du aber schon einmal empfunden, „was das ewige Licht erzählt“, in der hehren Feier einer Frühmesse, wenn die ersten Goldstrahlen der aufgehenden Sonne das ganze Weltall verklären zu einem gewaltigen Dom für das liebeflammende Sonnenherz Jesu Christi dort auf dem Altar, oder den mystischen Zauber einer einsamen, stillen Anbetungsstunde, wo du wie in visionärer Schau die Anbetungsengel auf und nieder steigen siehst auf der goldenen Himmelsleiter, mit reichen Gnadengeschenken für Dich? Ist sodann der Tabernakel deines Herzens für die oftmalige heilige Kommunion rein und weiß bewahrt im Gnadenkleid, frei von jeder lässlichen Sünde? Ist er vergoldet mit dem Gold der guten Werke und Tugenden, geschmückt mit den Perlen und Edelsteinen der christlichen Opfer? Wie oft wird Jesus Christus dort eingesetzt durch die wirkliche und geistige Kommunion? Einer gottbegnadeten Seele zeigte der göttliche Heiland einmal zwei Gefäße, ein goldenes und ein silbernes; im ersten, erklärte er, bewahre er die wirklichen heiligen Kommunionen auf, im letzteren die geistlichen. Der Gradmesser des eucharistischen Eifers und der Liebe ist der Höhenmesser der christlichen Vollkommenheit. Hat dir das „ewige Licht“ vor dem Tabernakel oft geleuchtet, so wird das ewige Licht dir auch einst leuchten durch die finstere Nacht des Todes in glücklichem Heimgang.