Heiliger Johannes Grande (Johannes peccator – der Sünder), spanischer Barmherziger Bruder in Xeres, + 3.6.1600 – Festtag: 3. Juni

       

Carmona, eine kleine Stadt in Andalusien, ist der Geburtsort des heiligen Johannes Grande, genannt „der Sünder“. Obwohl seine Eltern Christoph Grande und Isabella Romano in guten Verhältnissen lebten, so wurde Johannes doch am 6. März 1546 in einem Stall geboren, wohin die Mutter, vor übergroßen Wehen ganz außer sich, geflüchtet war. Am 14. März erhielt der Knabe in der Pfarrkirche zu St. Peter die heilige Taufe und in der Folge eine recht gute Erziehung. Herangewachsen übergaben ihn die Eltern einem frommen Priester der Pfarrei zur weiteren Ausbildung. Der Priester und auch sein Pfarrherr hätten den an Talent und Tugenden reichen Jungen am liebsten dem Priesterstand zugeführt. Allein nach dem Wunsch der Eltern sollte er Kaufmann werden. Es war dies sicher eine Fügung der göttlichen Vorsehung. Als künftiger Gründer mehrerer Hospitäler und als Wiederaufrichter aller durch Misswirtschaft und Verschuldung herabgekommenen wohltätigen Anstalten der Stadt Xeres musste er vor allem ein guter Rechner und Wirtschafter sein. Dazu war Johannes berufen und die notwendige Grundlage an hauswirtschaftlichen Kenntnissen und guter Buchführung erwarb er sich am besten im Kaufmannsstand, dem er sich sechs Jahre mit bestem Erfolg widmete. In seinem 22. Jahr zog er sich in eine Einsiedelei zurück, um sich in zweijährigen frommen Übungen immer mehr auf seinen künftigen Beruf vorzubereiten. Da ließ ihn Gott erkennen, dass Xeres der Ort seiner künftigen Tätigkeit sei. Dort angekommen eröffnete er gleich anfangs in der Beichte, die er jede Woche ablegte, dem Priester sein ganzes Innere. Dieser schickte ihn zu den verurteilten Verbrechern ins Gefängnis, dass er ihnen diene, für sie Almosen sammle und ihnen Worte des Trostes und der Erbauung spende. Diesen Liebesdienst vollzog Johannes drei Jahre lang an den armen Gefangenen mit größter Zartheit und Liebe, um den Dienst dann an den armen Kranken im Spital Mariahilf fortzusetzen.

 

Der Feind alles Guten, der in dem überaus frommen, dem Gebet und der Abtötung ganz ergebenen heiligen Jüngling einen großen Diener Gottes wahrnahm und schon damals dem Johannes Versuchungen und Stürme genug bereitete, als er sich in die Einsamkeit zurückzog, der ihm dann auch bei der Ausübung seiner barmherzigen Liebe bei den armen Gefangenen hindernd in den Weg trat, derselbe Feind alles Guten setzte auch jetzt wieder ein, um mit seinen Ränken und Bosheiten den Johannes wieder aus dem Spital hinauszubringen, in dem durch ihn an den Armen soviel Gutes geschah. Durch Gottes Zulassung ward ihm wirklich nach zweijähriger segensreicher Wirksamkeit die Tür auch zu diesem Ort seiner so liebgewonnenen Tätigkeit versperrt wie zuvor die des Gefängnisses.

 

Wäre die Tugend des Johannes nicht echt gewesen und seine Nächstenliebe nicht rein und lauter wie Gold, dann hätte wohl nach so traurigen Erfahrungen und Misserfolgen Entmutigung eintreten müssen. Allein Johannes setzte seine Liebestätigkeit auf die ihm eben mögliche Weise an Armen und Kranken ruhig fort überall, wo er solche fand, auf den Straßen und in den Häusern und ließ sich hierin nicht im mindesten stören durch den Spott derer, die im Gefängnis und im Hospital seine Widersacher waren oder sich auf ihre Seite gestellt hatten. Unter letzteren war auch der Statthalter. Der ging in seiner Abneigung gegen Johannes soweit, dass er verlauten ließ, am liebsten würde er den Johannes aus der Stadt hinauspeitschen lassen. Bald darauf erkrankte der Statthalter. Johannes, von seinem Beichtvater, dem Kanonikus Rendon, zu ihm geschickt, heilte den Kranken und so wurde der Statthalter sein Freund und Beschützer. Zwei junge Edelleute schenkten dem Johannes ein Grundstück und ein kleines Spital. Mit den Gaben vieler Gutgesinnter erbaute er im Jahr 1574 ein schönes Krankenhaus und vereinigte das kleine alte Spital mit dem neuen unter dem Titel „Spital Mariä Reinigung“.

 

Immer offenkundiger wurden von jetzt an die Tugenden des Johannes und die ganze Stadt setzte nun unbegrenztes Vertrauen auf ihn. Auch brave Jünglinge kamen und schlossen sich ihm an. Mit diesen trat er im Jahr 1579 zu Granada in die Genossenschaft der Barmherzigen Brüder des heiligen Johannes von Gott. Der dortige Obere, Bruder Rodriguez de Sequenca, nahm die Ankömmlinge mit höchster Freude auf und sandte den Johannes nach Ablegung der heiligen Gelübde mit seinen Gefährten wieder nach Xeres, wo er die Leitung des neuen Spitals weiterführen sollte. Jetzt war das Glück des Heiligen voll. Nicht deshalb, weil er rechtmäßiger Obere einer kirchlichen Ordensgemeinde geworden war, sondern weil nun durch seine und seiner Brüder Einverleibung in eine religiöse Genossenschaft in seinem Spital in allem, was die Brüder und Kranken betraf, eine noch bessere Ordnung einkehrte und er jetzt außer einem für ihn ganz passenden Ort auch treue, durch heilige Gelübde ihm verbundene Mitarbeiter hatte zu freier Betätigung seines Eifers in den Werken der Liebe.

 

Den guten Bürgern von Xeres erschien der Heilige nach seiner Rückkehr aus Granada wie von neuem Glanz umgeben und sie wurden nicht satt, jetzt eine Art höherer Vollkommenheit an ihm wahrzunehmen. Mit welchem Eifer und mit welch zärtlicher Liebe Johannes seine Kranken pflegte und für alle ihre Bedürfnisse Sorge trug, für wie viele Tausende von Armen er bei der eben ausgebrochenen Hungersnot Brot herbeischaffte, wieviel Gutes er aufs neue an den armen Gefangenen getan und was er zugunsten armer schutzloser Mädchen und Frauen gewirkt durch deren gute Versorgung und Unterbringung in ehrbaren Stellungen, das alles ist kaum zu beschreiben.

 

Eine seiner fast täglichen Übungen, und zwar eine seiner liebsten, war, dass er bei seinen Almosensammlungen und anderen Gängen durch die Stadt die Kinder um sich scharte. Er suchte sie auch in ihren Wohnungen auf, um ihnen mit der Liebe einer Mutter in ihren Bedürfnissen zu helfen und sie zugleich zu unterrichten. Der Heilige, der selber die reine Unschuld, die kindliche Einfalt war, der für das Jesuskind und für die jungfräuliche fünfzehnjährige heilige Agnes eine so zärtliche Andacht hegte, musste ja nach dem Beispiel des göttlichen Meisters darin einen Genuss finden, bei den Kindern zu sein. Wenn er schweigsam und in Gott versenkt durch die Straßen ging, so brauchte er nur Kinder zu sehen, die ihn schon kannten und oft auf seinen Wegen erwarteten, da war er auch schon ganz Liebe und Freude. Sogleich bewirtete er sie mit Süßigkeiten, Esswaren und hauptsächlich mit Brot und trocknete damit manche Träne, besonders zur Zeit der Hungersnot. Es entsprang diese seine Handlungsweise nicht etwa aus einem nur natürlichen Mitgefühl. Denn Johannes war zu sehr Geistesmann und ganz mit Gott geeint. Vielmehr wusste er aus eigener Erfahrung, wie angenehm dem lieben Gott die jungfräulichen Empfindungen und Gedanken der Liebe dieser unschuldigen Herzen sind. Deshalb bot er auch alles auf, diese kostbaren Erstlinge Gott darbringen zu können. Denn viele dieser unglücklichen Kinder verlieren aus Mangel an Erziehung und gutem Beispiel den herrlichen Vorzug ihres so schönen, unschuldigen Alters und bleiben unwissend und unbekümmert um Gott, während sie doch wie wahre irdische Engel in ihrer Einfalt schon anfangen sollten, ihn zu lieben und zu verehren. Darum erschien der Heilige nahezu täglich zu bestimmten Stunden schon in seiner Heimat Carmona, dann in Xeres und wo er immer hinkam, mit einem Kreuz auf dem besuchtesten Platz der Stadt, um die Kinder um sich zu sammeln, die von seiner Liebenswürdigkeit und seinen Gaben angezogen, scharenweise herbeiliefen. Er belehrte sie dann über die notwendigsten Dinge aus der christlichen Lehre und gab sich alle Mühe, sie gegen Gott und ihre Eltern folgsam und gut zu machen. Die Eltern waren sehr zufrieden, dass sie ihre Kinder gehorsam und fromm heranwachsen sahen, noch mehr war es Gott, der seinem Diener auf verschiedene Art sein Wohlgefallen zu erkennen gab Ganz wunderbar zeigte sich die Liebe Gottes sowohl für Johannes als auch für die armen Kinder darin, dass Gott beständig dem Heiligen das Brot vermehrte, das er immer für die Kinder im Ärmel trug. Das Volk voll Bewunderung darüber bemühte sich dieses beständige, allgemein bekannte Wunder genau zu untersuchen und es stellte sich heraus, dass dieses Brot von ungewöhnlicher Weiße und Güte war. Oft wurde es den Kindern für Gegengeschenke von Erwachsenen abverlangt.

 

Zur heiligen Weihnachtszeit steigerte sich in ihm mit der Liebe zum göttlichen Kind auch die Liebe zu den Kindern und allen Armen. Dann wusste er sich im Austeilen keine Grenzen mehr zu stecken. Wenn nichts mehr vorhanden war, so hieß er seine Brüder gleichwohl einfach austeilen und sie fanden dann die Vorratskammer wieder neu gefüllt mit bestem Brot und Fleisch. „Gepriesen sei das Jesuskind, das seine Armen so liebt,“ rief dann der Heilige aus, voll Jubel und Dank gegen Gottes liebevolle Vorsehung, die auch in den Tagen der Hungersnot an diesem heiligen Tag ihre Armen glänzend bewirtet und getröstet hat.

 

In der Folge wurde Johannes eingeladen, in S. Lucar und in Jaen neue Spitäler zu gründen und vom Kardinal-Erzbischof von Sevilla beauftragt, die sechs schlecht verwalteten Spitäler der Stadt Xeres mit dem seinigen zu vereinigen. Dieser Auftrag brachte ihm viel Sorge und Feinde. Johannes hatte nun für die verschiedenartigsten Kranken, namentlich auch für Geisteskranke Sorge zu tragen. Aber seine Liebe und seine Tatkraft erlahmten nicht. Wenn ihm natürliche Hilfe nicht mehr ausreichte, stand ihm die Wundergabe zu Gebote. So heilte er einen Irrsinnigen, in dessen Behandlung er sich nicht mehr zu raten musste, einfach durch Auflegung seiner Hand und ein kurzes Gebet.

 

Allmählich rückte auch die von Gott bestimmte Zeit heran, in der die bewunderungswürdigen Taten des Heiligen ihre Krone erhalten sollten. Die Pest war im Jahr 1600 in Xeres ausgebrochen und raffte täglich bei 300 Menschen hinweg. Johannes, dem die Gesamtleitung aller Hospitäler übertragen war, hatte jetzt eine schwere Aufgabe zu lösen: An alles denken, die vielen Spitäler und noch dazu manche andere religiöse Kommunitäten und Familien besuchen, die Transporte so vieler Kranken und der Toten regeln und vor allem trachten, dass bei der allgemeinen Stadtflucht und Stadtmeidung der Landbevölkerung die Lebensmittel nirgends zu Ende gingen. Hierin zeigte sich wieder seine wunderbare Einsicht und Entschlossenheit. Je größer die Schwierigkeiten wurden, um so mehr schien neue Kraft ihn zu beleben. Von einem Sterbenden zum andern eilend, erschien er allen als wahrer Engel des Trostes. Jeder wollte ihn als sicheren Vermittler bei der göttlichen Gerechtigkeit im Sterben an seiner Seite haben. In dieser jammervollen Zeit gab es in Xeres niemand, der ruhiger, sanfter und liebreicher war als er. Und doch war er unter allen am meisten mit Sorgen und Arbeiten überladen und das Haupt von allem, von dem jede Sache ihre Anordnung, Leben und Bewegung bekam. Dabei wusste er ganz gewiss, dass er selbst in wenigen Tagen, von der Pest ergriffen, vor dem ewigen Richter werde erscheinen müssen. Würden auch wir unter solchen Umständen mit gleicher Ruhe unsere Berufspflichten fortsetzen? Je mehr sich Johannes seinem Ende näherte, desto mehr musste man seine ruhige Fassung und die anmutige Art, mit der er von seinem Sterben sprach und sich darauf vorbereitete, bewundern. Er sagte genau alle Umstände von seiner ehrlosen Beerdigung voraus und dass mit seinem Tod die Pest aufhören werde. Alles erfüllte sich. Am 26. Mai ergriff ihn das Fieber. Auf bloßen Brettern in seiner armen Zelle liegend hauchte er nach Empfang der heiligen Kommunion, die täglich seine Wonne und Stärke war, seine reine Seele aus am Nachmittag des 3. Juni. In der folgenden Nacht kamen vier Arbeiter und zogen mit einem Haken an einem Strick den Toten aus der Zelle über die Stiege in den Hof und verscharrten dort schnell die Leiche. Erst nach einigen Monaten grub man ihn wieder aus und legte ihn wenigstens in einen Sarg, in dem er an demselben Ort wieder beigesetzt wurde. Erst gegen Ende des folgenden Jahres 1601 wurde der Leichnam mit allen denkbaren Ehren erhoben und mehrere Tage hindurch feierliche Exequien gehalten, die ehrwürdigen Überreste des Seligen in der Spitalkirche an der Epistelseite beigesetzt. Jetzt ruhen sie in der Kirche des heiligen Dionysius. Am 1. Oktober 1852 wurde der ehrwürdige Diener Gottes von Papst Pius IX. in die Zahl der Seligen aufgenommen und seitdem genießt er im Orden der Barmherzigen Brüder und in Spanien die Ehre des Altares. Papst Johannes Paul II. sprach Johannes Grande am 2. Juni 1996 heilig.

 

„Im Namen Jesu und durch die Fürsprache seiner allerheiligsten Mutter.“ Diese Worte sprach Johannes jedes Mal, wenn er infolge göttlicher Eingebung ein baldiges Wunder von Gott verlangte. Mit diesen Worten heilte er Kranke, gab Geisteskranken die Vernunft und sogar einem Toten das Leben.