Heiliger Amatus, Bischof und Bekenner bei Sens oder Sitten, + 13.9.690 – Fest: 13. September

 

Dort, wo im Schweizerkanton Wallis der höchste Berg Europas, der Mont Blank, sein schneebedecktes Haupt gen Himmel erhebt, liegt tief im Tal am Ufer der Rhone die Benediktinerabtei St. Moritz, gegründet an jener heiligen Stätte, wo der heilige Mauritius mit seinen Soldaten um des christlichen Glaubens willen den Martertod erlitt. Dort lebte im 7. Jahrhundert ein heiliger Mönch, dem die weiße Spitze des benachbarten Berges ein Fingerzeig zum Himmel schien und der sich die höchste Vollkommenheit zur Lebensaufgabe stellte.

 

Amatus – so hieß jener Mönch – stammte aus einer ebenso frommen, als reichen Familie und machte in seiner Jugend glänzende Fortschritte in der wissenschaftlichen Bildung, besonders aber in der Kenntnis göttlicher Dinge, die ihm als die köstlichste und nützlichste erschien. Schon früh zog es ihn zum stillen, beschaulichen Leben hin. Deshalb ging er in das Kloster St. Moritz, wo Gelehrsamkeit und strenge Zucht herrschte. Da seinem Eifer die klösterliche Zucht nicht streng genug erschien, zog er sich mit Erlaubnis seines Abtes in eine kleine Felsenzelle zurück. Nach seinem Wunsch brachte man ihm nur alle drei Tage Wasser und Brot zu seiner Nahrung. Bald darauf rodete er Waldbäume, bearbeitete mit unsäglicher Mühe den Boden und Säte Korn hinein, um von seiner eigenen Hände Arbeit zu leben. Überfiel ihn bei seiner Andacht Schläfrigkeit, dann mahlte er mit einem kleinen Mühlstein das Korn.

 

Der Bischof von Wallis ehrte den heiligen Amatus sehr hoch und besuchte ihn öfters in seiner Einöde. Einst brachte er ihm eine Summe Geldes mit der Aufforderung, es für die Armen oder für sich zu verwenden. Amatus sprach: „Gib es jenen, die es notwendiger haben. Ich verachte die Umstrickung der Welt. Nackt bin ich aus der Mutter Schoß hervorgegangen, nackt werde ich in die Erde zurückkehren.“ Desungeachtet legte der Bischof bei seinem Weggehen das Geld auf den Altar des kleinen Bethauses „zu Unserer Lieben Frau am Felsen“. Als Amatus das Geld fand, warf er die Lockspeise des bösen Feindes in die tiefste Schlucht mit den Worten: „Der Herr ist mein Erbteil, Geld gebrauche ich nicht.“

 

Die ausgezeichneten Tugenden des abgetöteten Einsiedlers sollten auf den Leuchter gestellt werden. Trotz seines Widerstrebens wurde er um das Jahr 670 auf den bischöflichen Stuhl von Sitten erhoben. Mit der größten Gewissenhaftigkeit erfüllte er seine hohen Pflichten, unterwies das Volk mit regem Eifer, tröstete die Gebeugten, nahm die Sünder liebreich auf und spendete reichliche Almosen unter die Armen. Er selbst fastete streng, begnügte sich in der Fastenzeit täglich mit fünf Nüssen und einem Becher Wasser. Zuweilen aß er drei Tage lang nichts. „Er war heiteren Angesichts, klar und gewandt in der Rede, vorsichtig und bestimmt im Ratgeben, voll Zerknirschung, reich an Tränen, gemäßigt im Glück, sanft und fröhlich in Widerwärtigkeiten, in den Sitten ausgezeichnet, in der Heiligkeit hervorleuchtend, in Liebe allen ergeben.“ Durch die Macht seiner Rede wie durch sein glänzendes Beispiel gewann er viele Seelen für Gott.

 

Auf seinen Missionsreisen kehrte der heilige Amatus einst bei einem reichen Edelmann namens Romarich ein, den er in seinem Entschluss, in den Orden des heiligen Benedikt einzutreten, bestärkte, und den er bewog, ein Kloster zu gründen, in das er mit seinen Dienern und Bediensteten eintrat. Außerdem gründete Romarich noch ein Kloster für Frauen und Amatus richtete es ein, dass alle Klosterfrauen in sieben Abteilungen, die einander ablösten, Tag und Nacht unaufhörlich Gott priesen mit frommen Psalmengesang.

 

Fünf Jahre lang hatte der heilige Amatus den Oberhirtenstab von Sitten geführt, als eine schwere Prüfung über ihn verhängt wurde. Zu dieser Zeit saß Theodorich III. auf dem fränkischen Thron. Sein ruchloser Hausmeier Ebroin ermordete den heiligen Bischof Leodegar, vertrieb die pflichttreuen Bischöfe von ihren Sitzen, verleumdete den Bischof Amatus, der wahrscheinlich das schändliche Treiben am fränkischen Hof getadelt hatte, und der König verbannte ihn, ohne seine Rechtfertigung zu hören, in das Kloster Peronne. Hier wurde er von dem heiligen Abt Ultanus ehrenvoll empfangen. Amatus sah die Verfolgung als eine Gnade Gottes an, die ihm Gelegenheit bot, in stiller Zurückgezogenheit seinen strengen Bußübungen nachzugehen. Nie ließ er eine Klage über die Ungerechtigkeit seiner Verfolger hören, nie seufzte er über die ihm entrissene Würde. Nur eines schmerzte ihn, nämlich dass man seiner geliebten Herde einen unwürdigen Afterbischof als einen Wolf im Schafspelz übergeben hatte.

 

Nach dem Tod des heiligen Ultanus nahm dessen Nachfolger, der heilige Mauront, den verbannten Bischof mit sich in das Kloster Hamay, dann in die von ihm gestiftete Abtei Breuil oder Mervilla und übertrug ihm dort die Leitung. Nach langem Bitten und Zureden willigte Amatus ein und brachte die ihm anvertraute Genossenschaft durch seine Ermahnungen und sein Beispiel zur treuen Übung der evangelischen Vollkommenheit.

 

Als Amatus eine vollkommene Ordnung im Kloster eingeführt hatte, verschloss er sich in eine kleine Zelle neben der Kirche, um sich unter Gebet und Betrachtung auf einen seligen Tod vorzubereiten. Einen Bruder bat er, ihm ein Lager von Asche zu bereiten. Der Bruder entgegnete: „Wie willst du jetzt noch so etwas aushalten, da du durch schweres Fasten und lange Mühseligkeiten ganz abgehärmt bist?“ Amatus erwiderte: „Das habe ich heimlich schon lange getan und der Herr hat mich immer gestärkt. Jetzt aber, da ich aus diesem Leben scheide, will ich auch eine öffentliche Buße tun.“ So geschah es denn auch. Vor den versammelten Brüdern legte er ein öffentliches Bekenntnis aller seiner Sünden ab und erteilte den Brüdern und frommen Klosterfrauen heilsame Ermahnungen. Die Umstehenden beklagten, einen so heiligen Lehrmeister zu verlieren. Er aber freute sich auf die Krone der Gerechtigkeit und entschlief sanft im Herrn um das Jahr 690. Wie er es dringend begehrt hatte, wurde seine Leiche außerhalb der Kirche begraben. Da aber an seinem Grab viele Wunder geschahen, öffneten die Brüder nach einem Jahr das Grab und brachten die Gebeine des Heiligen mit großer Verehrung in die Kirche. Bei den verheerenden Einfällen der Normannen nahmen die Ordensleute von Breuil die Reliquien des Heiligen mit sich und gingen zuerst nach Soissons, dann nach Douai, wo sie sich niederließen und ein neues Kloster gründeten. Dies geschah im Jahr 870. Seit dem wird der heilige Amatus als Patron und Fürsprecher der Stadt Douai verehrt. Die Verfolger des Heiligen erhielten schon in diesem Leben die verdiente Strafe. Ebroin fiel durch Meuchlerhand, der König Theodorich wurde jahrelang von Gewissensbissen gemartert. Um sein ungerechtes Verfahren gegen den heiligen Amatus zu sühnen, beschenkte er die Abtei Breuil reichlich